KIKI SMITH IN KUNST IM 21. JAHRHUNDERT Es gibt keine Skulpturen, die Hexen gewidmet sind. Darum wollte ich diese Frauen auf dem Scheiterhaufen machen, mit ausgestreckten Armen, wie Jesus der sagt: „Warum hast du mich verlassen?“ Die sollten in all diesen Städten in Europa sein. Niemand brauchte die eigentlich in ihrer Stadt. Aber, weißt du was? Ich dachte eben, dass ich die trotzdem mache. Kunst ist etwas, was von unserem Inneren in die materielle Welt hervordringt, und zugleich unser Inneres in einer anderen Form repräsentiert. Ich denke, dass Kunst eine Denkweise ist. Da stehst du sozusagen im Wind, und lässt ihn deine Richtung bestimmen, wohin auch immer. Und dann hörst du Dinge wie, „beachte dies und mach das.“ Als ich zur Schule ging, fand ich es schwer, lesen zu lernen. Darum lernte ich es darin, mir Dinge anzuschauen. Ich sah ein Bild der Geneviève im Louvre, sitzend mit Wölfen und Lämmern. Geneviève ist die Schutzpatronin von Paris. Also malte ich meine Freundin Geneviève als die Geneviève, und machte aus ihr Cut-Ups und Cartoons. Danach machte ich Skulpturen. Die erste war von Geneviève, neben einem Wolf stehend. Dann machte ich „Rupture“ (Entrückung), bei der die Frau aus dem Wolf heraustritt. Das ist eine Art Auferstehung. Ich habe eben dieses Inventar an Bildern, die ich vermischen kann. Und wenn du ihnen einen Charakter gibst, dann fangen sie an zu leben. Sie entwickeln neues Leben außerhalb dieser einen Version. ATELIER JOHNSON MERCERVILLE, NEW JERSEY Ich hab eine stehende Geneviève. Da mach ich dann mehrere Cut-Ups draus, und durch Rekonfiguration gestalte ich die Kannten weicher. - Das könnte man etwas erhitzen, damit es weicher wirkt Oft mach ich aus den Formen Pappmaché Skulptuturen, die man leicht zerschneiden und wieder zusammenfügen kann. Mit Wachs ist das viel komplizierter, und wir brauchen eine Menge Zeit sie zu reparieren. Es geht eigentlich schneller, wenn man eine neue Person gießt, aber ... Es macht mir einfach Spaß, die alle aus einer Skulptur entstehen zu lassen. Die hier wird aus Aluminium gemacht. Die geht dann auf ... ... Krücken aus Holz, und lehnt sich zurück ... ... lehnt sich sozusagen zurück, als ob sie in der Luft schwebt. Skulpturen sind für mich interessant, wenn sie schweben, oder eben einen anderen Bezug zum Boden haben. So ungefähr ... Oder so ... - Noch fünf Minuten. - Das ist gut! Das wird eine tote Hexe unter einem Haufen Holz. Das erinnert mich an die böse Hexe im Zauberer von Oz, da sie unter dem Haus wohnt. Ich bin sozusagen unter einem Haufen Holz. Als ich klein war, hatte mein Vater die Totenmaske meiner Großmutter. Sie starb ungefähr 20 Jahre vor meiner Geburt. Und als mein Vater starb, machten meine Schwester Bebe und ich eine Maske von seinem Kopf und den Händen. - Willst du dich setzen? - Ja ich jezt mich hin. Und als meine Schwester starb, machte ich wieder eine, diesmal von ihr. Ich habe also drei Generationen von Totenmasken. Das ist ziemlich gut! Wir waren so eine Art „Adams Family“. Wir hatten ein großes Haus mit einem Grabstein davor. Dann hatten wir diese Riesenskulptur im Garten. Wir waren ziemlich unbeliebt, und die Kinder beschimpften mich als Hexe. Mein Vater hatte einen Bart und fuhr einen Porsche. Wir waren entsetzt! Es war peinlich so ein Auto zu haben, anstelle eines alten Kombis. Wir machten für ihn Papiermodelle, tausende von Tetraedern und Oktaedern. Die bauten wir immer nach der Schule zusammen. In unserer Familie herrschte diese Morbidität. Mein Vater sagte, das sei normal bei irischen Katholiken. Ein Teil unseres Hauses war voll von den Klamotten meiner Großeltern, aus dem 17. Jahrhundert ... ... und da waren Zähne, Gebisse! Wir waren vom Tod umgeben. Der Tod war überall. Ein paar Jahre lang malte ich tote Tiere. Ich glaubte, ich könnte eine neue Arche Noah bauen, allerdings mit toten Tieren. Als meine Katze starb, machte ich all diese Sebstportrait-Pietàs, in denen ich meine tote Katze hielt. Ich fertigte 50 Milliarden Drucke von toten Tieren an. Keine Ahnung warum ich die immer noch habe. Meine Investition für meine Zukunft. - Beruhig dich, Süße ... Bist du einfach zu fangen! Komm runter, du dummer Vogel! Hier ... Ich mag es einfach Drucke zu erstellen. Diesen Kratzen dabei ... Das find ich am besten. Diese Klinge ist so warm. Da trocknet das Zeug sofort. Ihr müsst verstehen, wie sie arbeitet. Das ist ganz normal. Denn ... ... jede Faser ihres Körpers BILL GOLDSTON DRUCKERMEISTER ist Kunst. Sie kann nichts anderes als das. Mein Vater lehrte uns, auf Intuition zu vertrauen. Meine Mutter sagte immer: „Glaubt an euere Intuition, sonst bekommt ihr Ärger.“ Ich glaube zwar nicht, dass ich mich daran im Alltag halte, aber in meiner Kunst, tue ich das schon. Manchmal gefällt mir nicht, wie sich meine Werke entwickeln, und dann frage ich mich, warum ich das überhaupt mache, oder ob das nicht eigentlich peinlich ist, aber dann glaube ich, dass es angemessen ist, das zu tun. Ich versuche einfach so viel wie möglich zu erleben, und dabei mit unterschiedlichen Formen zu spielen. Ich mag Haushaltsgegenstände, wie Schränke, Decken und Geschirr. TEXTILWERKSTATT PHILADELPHIA Die erste Decke, die ich machte, war eine Hexe mit all ihren Angehörigen und Tieren. Ich dachte dabei an eine Frauenfigur mit Tieren. Ich bin ein Fan der Jungfrau Maria. Im Katholizismus geht es viel darum, etwas zu beschreiben, und diese mythologischen Geschichten immer wieder neu zu erfinden, Puppen und solche Dinge sind im Fiktiven wohnhaft. Die trage ich mit mir herum, und dann breche ich ein Bein ab, oder den Kopf, oder sonst was. Davon sieht man am Ende zwar nichts, aber es bedeutet mir sehr viel bei der Entstehung. Diese Dinge machen mich nervös, da sie so spezifisch sind. Wie in einer Geschichte, will ich nicht zu plakativ sein. Da mach ich lieber etwas mir offenem Ende, da mir das etwas bedeutet, und jemand anders kann seine eigene Bedeutung darin finden. - Oh! - Das macht nichts. - Hallo, wie geht's? - Gut, und dir? Ich habe wenig handwerkliches Talent. Darum muss ich alles lernen und selbst versuchen. Aber gerade das macht mir Spaß. Als der Sohn eines Freundes starb, war ich auf einer baptistischen Beerdigung Ich war noch nie in einer baptistischen Kirche. Die Frauen trugen alle die Kleidung von Krankenschwestern. Die Amtsdienerinnen auch, und sie standen da mit Tempo-Packungen. Es war schon bewegend, sie wie Gottes Krankenschwestern zu sehen, all diese Frauen mit Tempotaschentüchern. Das war so einfach und so schön. Ich dachte dabei an die Heiligen, an kleine Skulpturen von Heiligen. Jede von denen ist einzigartig. Je mehr du sie veränderst, umso lebendiger werden sie. Vielen gefällt es nicht, wenn du sagst, dass du eigentlich gar keine Veranlagung für das Handwerk hast. Sie sagen dann: „Das stimmt doch gar nicht!“ Sie haben diese Fantasie, dass Künstler immer schaffend und inspiriert sind. Was ich an meiner Arbeit liebe ist, dass zu 90 Prozent alles aus dem Lernen von Fehlern entsteht. Es gibt einem diese Freiheit, an den Fehlern zu feilen und stundenlang daran zu arbeiten. Mir fällt immer etwas ein. Ich hatte noch nie einen Moment, in dem mir nichts mehr eingefallen ist. Es gibt immer etwas, an dem man noch feilen kann. DANKE Deutsche Untertitel: Mati Kinz