Von Roy Price haben die meisten noch nie gehört, obwohl er wahrscheinlich für 22 mittelmäßige Minuten Ihres Lebens am 19. April 2013 verantwortlich ist. Wahrscheinlich auch für 22 sehr unterhaltsame Minuten, aber nicht für sehr viele von Ihnen. Das geht auf die Entscheidung zurück, die Roy vor drei Jahren traf. Roy Price ist leitender Angestellter bei Amazon Studios, der TV-Produktionsfirma von Amazon. Er ist 47 Jahre alt, schlank, hat eine Igelfrisur und beschreibt sich auf Twitter als "Filme, TV, Technik, Tacos". Roy hat einen sehr wichtigen Job, weil er dafür verantwortlich ist, die Shows und den Inhalt auszusuchen, den Amazon produzieren wird. Natürlich ist das eine sehr hart umkämpfte Branche. Es gibt schon so viele TV-Serien, dass Roy nicht irgendeine auswählen kann. Er muss Shows finden, die sehr, sehr gut sind. In anderen Worten, er muss Shows finden, die sich ganz rechts auf dieser Kurve befinden. Diese Kurve ist die Bewertungsverteilung von über 2500 TV-Serien auf der Website IMDB. Die Bewertung geht von 1 bis 10 und die Höhe zeigt, wie viele Shows diese Bewertung erhalten. Wird Ihre Show mit neun und höher bewertet, ist diese ein Gewinner. Dann hat man eine erfolgreiche Show. Das sind Shows wie "Breaking Bad", "Game of Thrones", "The Wire" -- all die Shows, die süchtig machen, wo, nachdem man eine Staffel geschaut hat, Ihr Gehirn fragt: "Wo gibt es mehr von diesen Episoden?" Diese Art von Show. Auf der linken Seite, hier an diesem Ende, sind Shows wie "Toddlers and Tiaras" -- (Lachen) -- das sollte Ihnen genug sagen, was an diesem Ende der Kurve abgeht. Roy Price sorgt sich nicht darum, auf die linke Seite der Kurve zu geraten, denn ich glaube man braucht schon besondere Intelligenz, um "Toddlers and Tiaras" zu unterbieten. Er macht sich mehr Gedanken über die mittlere Ausbeulung, das durchschnittliche Fernsehen -- die Shows, die weder gut noch schlecht sind, sie begeistern einfach nicht. Also muss er sicherstellen, dass er wirklich auf der richtigen Seite ist. Der Druck ist vorhanden, und natürlich ist es auch das erste Mal, dass Amazon so etwas macht, deshalb will Roy Price nichts riskieren. Er will Erfolge kreieren. Er benötigt garantierten Erfolg, also hält er einen Wettbewerb ab. Er nimmt viele Ideen für TV-Shows und wählt durch eine Auswertung acht Kandidaten für TV-Shows aus, dann produziert er die erste Episode jeder dieser Shows und stellt sie online, wo sie jeder kostenlos anschauen kann. Und wenn Amazon umsonst Sachen herausgibt, greift man doch zu, richtig? Millionen von Zuschauern schauen sich diese Episoden an. Jedoch wissen sie nicht, dass sie beim Anschauen dieser Shows beobachtet werden. Sie werden von Roy und seinem Team beobachtet, die alles aufnehmen. Sie erfassen, wann man die Show startet, wann man pausiert, welche Teile man überspringt bzw. nochmal anschaut. Sie sammeln Millionen von Daten, um mit diesen Daten dann zu entscheiden, welche Show sie produzieren sollten. In der Tat sammeln sie die Daten, verarbeiten diese und daraus ergibt sich die Antwort, und diese lautet: "Amazon sollte eine Sitcom über vier republikanische US-Senatoren machen." Sie machten diese Show. Kennt jemand den Namen dieser Show? (Publikum: "Alpha House") Ja, "Alpha House", aber es scheint, dass sich nicht viele an diese Show erinnern können, weil sie nicht so gut war. Es ist nur eine Durchschnittsshow -- im wahrsten Sinne des Wortes -- da der Durchschnitt dieser Kurve 7,4 beträgt und Alpha House landet bei 7,5 -- also etwas über dem Durchschnitt, aber nicht gerade das, worauf Roy und sein Team hinarbeiteten. Etwa zur gleichen Zeit bei einer anderen Firma hat ein anderer Manager eine Top-Show durch Datenanalyse plaziert. Sein Name ist Ted, Ted Sarandos, der Manager für Programmgestaltung von Netflix. Genau wie Roy ist er immer auf der Suche, diese eine Super-Show zu finden und er benutzt auch Daten dafür, aber er macht es etwas anders. Anstatt einen Wettbewerb zu veranstalten, haben er und sein Team sich die vorhandenen Daten über die Netflix-Zuschauer angeschaut, also die Bewertungen, die sie den Shows geben, deren Verlauf, welche Shows sie mögen etc. Dann nutzen sie diese Daten, um diese kleinen Details über die Zuschauer herauszufinden: welche Shows sie mögen, welche Produzenten, welche Schauspieler. Als sie all die Teile zusammen hatten, gingen sie ein Wagnis ein und entschieden sich dazu, nicht eine Sitcom über vier Senatoren, sondern eine Drama-Serie über einen Senator zu machen. Kennen Sie diese Show? (Lachen) Ja, "House of Cards". Netflix hat damit einen Hit gelandet, zumindest für die ersten zwei Staffeln. (Lachen) (Applaus) "House of Cards" bekommt eine 9,1-Bewertung auf dieser Kurve. Also genau dort, wo sie hin wollten. Natürlich ist nun die Frage: Was ist hier passiert? Man hat zwei sehr kompetitive, Daten versierte Firmen. Sie verbinden diese vielen Daten miteinander und es funktioniert super für eine von ihnen, aber nicht für die andere Firma. Woran liegt das? Weil die Logik irgendwie besagt, dass das bei allem funktionieren sollte. Wenn man Millionen Daten sammelt, für eine Entscheidung, die man trifft, dann sollte man eine gute Entscheidung treffen können. Man hat 200 Jahre an Statistik als Back-Up. Man optimiert es durch sehr leistungsfähige Computer. Das Mindeste, was man erwarten kann, ist gutes Fernsehen, oder? Wenn Datenanalyse so nicht funktioniert, dann ist dies etwas erschreckend, weil wir in einer Zeit leben, in der wir mehr und mehr zu Statistiken greifen, um ernsthafte Entscheidungen zu treffen, weit über das Fernsehen hinaus. Kennt jemand hier die Firma Multi-Health Systems? Niemand. Ok, das ist sogar gut. Multi-Health Systems ist eine Software-Firma und ich hoffe, dass niemand in diesem Raum jemals in Berührung mit dieser Software kommt. Kommen Sie damit in Berührung, sind Sie im Gefängnis. (Lachen) Wenn jemand hier in den USA im Gefängnis ist und um Entlassung bittet, ist es wahrscheinlich, dass die Datenanalyse dieser Firma benutzt wird, um zu bestimmen, ob eine Entlassung erfolgt oder nicht. Genau wie bei Amazon und Netflix. Aber anstatt zu entscheiden, ob eine Show gut oder schlecht sein wird, wird entschieden, ob eine Person gut oder schlecht sein wird. Mittelmäßiges Fernsehen, 22 Minuten, das kann echt schlecht sein, aber noch mehr Jahre im Gefängnis sind schlimmer. Leider gibt es Beweise dafür, dass diese Datenanalyse, trotz der vielen Daten, nicht immer die besten Resultate erzeugt. Das liegt nicht daran, dass eine Firma wie Multi-Health Systems nicht weiß, wie man Daten nutzt. Auch die Daten versiertesten Firmen liegen mal falsch. Ja, selbst Google macht manchmal Fehler. 2009 gab Google bekannt, dass sie durch Datenanalyse Ausbrüche von Grippe, der schlimmen Art, voraussagen können -- durch Datenanalyse der Google-Recherchen. Es funktionierte wunderbar und war eine große Nachrichtensensation. Der Erfolg gipfelte in einer Veröffentlichung im Magazin "Nature". Es funktionierte einwandfrei, Jahr um Jahr um Jahr, bis es plötzlich nicht mehr funktionierte, und niemand konnte sagen warum. Es funktionierte einfach nicht, dies war erneut eine Sensation, einschließlich des Widerrufs der Veröffentlichung im Magazin "Nature". Selbst die Daten versiertesten Firmen wie Amazon und Google missverstehen manchmal etwas. Trotz all dieser Fehler strömen Daten zusehends in Entscheidungen des Lebens ein -- am Arbeitsplatz, bei der Rechtsdurchsetzung, in der Medizin. Also sollten wir lieber sicherstellen, dass Daten hilfreich sind. Auch ich kenne viele Schwierigkeiten mit Daten. Ich arbeite in der computergestützten Genetik -- ein Gebiet, bei dem einige sehr kluge Menschen unvorstellbar viele Daten nutzen, um ernsthafte Entscheidungen zu treffen, wie die Entscheidung für eine Krebstherapie oder die Entwicklung eines Medikamentes. Über die Jahre habe ich einige Muster erkannt über den Unterschied zwischen erfolgreichen Entscheidungen anhand von Daten und nicht erfolgreichen Entscheidungen. Dieses Muster sollte verbreitet werden. Müssen Sie je ein komplexes Problem lösen, tun Sie hauptsächlich zwei Dinge: Als Erstes zerlegen Sie dieses Problem in seine Einzelteile, sodass Sie die Einzelteile analysieren können; als Zweites setzen Sie die Einzelteile wieder zusammen, um einen Entschluss zu fassen. Manchmal müssen Sie dies mehrmals tun, aber es sind immer zwei Dinge: auseinander nehmen und wieder zusammensetzen. Und nun das Wichtigste: Daten und Datenanalyse sind nur gut für den ersten Teil. Daten und Datenanalyse, egal wie machtvoll, können nur dabei helfen, ein Problem zu zerlegen und seine Teile zu verstehen. Sie sind nicht dazu geeignet, die Teile wieder zusammenzusetzen und dann zu einem Entschluss zu kommen. Dafür gibt es ein anderes Werkzeug und wir besitzen es alle: unser Gehirn. Wenn es etwas gibt, bei dem das Gehirn gut ist, ist es Teile und Stücke wieder zusammenzusetzen, auch wenn die Informationen unvollständig sind, um dann einen guten Entschluss zu fassen -- besonders wenn es das Gehirn eines Experten ist. Darum, glaube ich, war Netflix so erfolgreich, weil sie Daten und Verstand genutzt haben, wo sie auch im Prozess hingehören. Sie nutzen Daten, um ihr Publikum besser zu verstehen, wozu sie sonst nicht fähig gewesen wären. Aber die Entscheidung, wie man all diese Teile nehmen, wieder zusammensetzen und daraus eine Show wie "House of Cards" macht, das stand nicht in den Daten. Ted Sarandos und sein Team trafen diese Entscheidung für diese Show, was bedeutete, dass sie ein großes persönliches Risiko mit dieser Entscheidung eingingen. Amazon hingegen tat dies auf die falsche Weise. Sie nutzten Daten, um all ihre Entscheidungen zu steuern, zuerst als sie um TV-Ideen wetteiferten, dann als sie "Alpha House" als Show auswählten. Es war eine sichere Entscheidung, weil sie immer sagen konnten: "Das sagen uns die Daten." Es führte nicht zum gewünschten Ergebnis. Daten sind hilfreich für bessere Entscheidungen, aber ich glaube, dass Dinge schief laufen, wenn Daten anfangen unsere Entscheidungen zu steuern. Egal wie machtvoll sie sind, Daten sind nur ein Werkzeug, und um das nicht zu vergessen, ist dieses Gerät ziemlich nützlich. Vielen von Ihnen werden ... (Lachen) Bevor es Daten gab, war dies das Gerät für Entscheidungen. (Lachen) Viele kennen es. Es wird auch "Magic 8 Ball" genannt. Es ist erstaunlich. Für Entscheidungen mithilfe einer Ja- oder Nein-Frage müssen Sie nur den Ball schütteln, um eine Antwort zu bekommen. "Höchst wahrscheinlich" -- genau hier in diesem Moment. Ich werde es später mit einer Technikdemo ausfechten. (Lachen) Ich habe bisher einige Entscheidungen in meinem Leben getroffen, wobei ich im Nachhinein auf den Ball hätte hören sollen. Aber, wie Sie natürlich wissen, wenn Sie die Daten verfügbar haben, möchten Sie diese durch etwas viel Ausgeklügelteres ersetzen, wie Datenanalyse, um bessere Entscheidungen zu treffen. Aber dies verändert nicht den Grundaufbau. So wird vielleicht der Ball klüger und klüger und klüger. Letztendlich liegt es an uns, Entscheidungen zu treffen, wenn wir etwas außergewöhnliches am Ende der rechten Kurve erreichen wollen. Und ich empfinde dies als sehr ermutigende Nachricht, dass es sich trotz der großen Menge an Daten immer noch auszahlt, Entscheidungen zu treffen, ein Experte in dem zu sein, was man tut, und Risiken einzugehen. Denn am Ende sind es nicht die Daten, sondern die Risiken, mit denen Sie am rechten Ende der Kurve landen. Danke schön. (Applaus)