Als 2017 der Hurrikan Maria auf Puerto Rico traf, verfolgten wir die Katastrophe auf unseren Bildschirmen. Mindestens 160.000 Menschen wurden vertrieben und nahezu 3.000 starben. Der Strom fiel auf der gesamten Insel aus, und manche Gegenden waren elf Monate lang ohne Stromzufuhr. Viele der Zuschauer wussten nicht wie sie helfen konnten. Einige spendeten an internationale NGOs. Manche beeinflussten die gewählten Mandatsträger. Aber aufgrund vieler anderer Krisen, gaben viele von uns auf und fühlten sich hilflos. Beim "Humanitarian OpenStreetMap Team", ebenfalls als HOT bekannt, haben wir anders reagiert. Wir mobilisierten weltweit 6.000 Freiwillige, die jedes Zuhause und jede Straße in Puerto Rico kartierten. Hier sehen Sie, wie diese Karte Form annimmt. Hilfeleistende konnten hiermit den Zustand von Gebäuden und Straßen beurteilen und Soforthilfe, Wi-Fi und öffentliche Ladestationen bereitstellen, für Menschen deren Zuhause beschädigt war. Alle Krisen, auch die COVID-19 Pandemie, haben verheerende Auswirkungen. Es gibt jedoch oft eine Gemeinsamkeit: Die am meisten betroffenen Personen befinden sich nicht auf der Karte. Mehr als eine Milliarde Menschen leben in nicht kartierten Orten. Wenn Sie online nach diesen Orten suchen, sehen Sie nur einen weißen Fleck. Und dieser weiße Fleck ist nicht nur eine Missachtung gegenüber diesen Menschen, es ist eine Ungerechtigkeit, welche direkt und real vermeidbares menschliches Leid verursacht. Wie verhält es sich, wenn man nicht auf der digitalen Karte zu finden ist? Ich lebe in Peru, und vor einigen Monaten baten uns Gesundheitshelfer aus der Gemeinde um Hilfe. Ihr Aufenthaltsort war nicht kartografiert, also baten wir den Bürgermeister, die Route aufzuzeichnen. Hier sehen Sie die Zeichnung. Dieser Zeichnung zu folgen war nicht einfach. (Lacht) Wir wussten nicht genau, was die Linien darstellen. Er notierte Zahlen, versicherte uns, es sei die Fahrtzeit, aber als wir unterwegs waren, stimmten sie nicht mit der Realität überein. Es geht nicht darum, dass wir uns verirrt haben, oder jemanden wegen schlechter Malkünste zu beschämen. Bedenken Sie, wie ineffizient es ist ein Team zu führen, das dort arbeiten muss und ohne Karte zu sein, die den Weg weisen kann. Und wenn sie in der richtigen Stadt sind, wie können sie Daten sammeln und diese mit dem Ort verknüpfen? Die Gesundheitshelfer wissen um die wichtigen Bedürfnisse vor Ort, insbesondere Anämie und Mangelernährung bei Kindern. Sie wissen aber nicht, wo diese Kinder sich befinden, oder woher diese Probleme kommen. Sie wollen in der Lage sein, die Kinder unter fünf Jahren zu lokalisieren, aber wie können sie dies ohne Karte tun? Nach einer kurzen Einarbeitung, begannen wir mit der Karte und diese Karte wurde von den Helfern erstellt. Die Karte hat alle nötigen Angaben, wie Flüsse und Brücken, aber auch jedes lokale Wahrzeichen, Schule, Fußballfeld und die Plaza. Ich freue mich zu erzählen, dass uns vor ein paar Wochen, die lokalen Gesundheitshelfer kontaktiert haben. Sie nutzen heute die gleiche Karte, um COVID-19 einzudämmen. Sie fragen sich vielleicht: Wieso sind diese Orte nicht auf kommerziellen Karten zu finden? Kurzum, diese Orte zu kartografieren ist keine Priorität von gewinnorientierten Unternehmen, deren Geschäftsmodelle auf Werbung und Datenverkauf basiert. Die ärmsten Gemeinschaften werden ausgegrenzt und jede Hilfsorganisation erstellt eine eigene Karte für den kleinen Bereich, in dem sie arbeitet, in einer Offline-Erfassung, die im Anschluss überholt ist. Es fehlt also an leicht zu teilenden und leicht zu aktualisierenden Daten. Aber wir haben auch eine Lösung. Wir kartografieren mit dem Programm OpenStreetMap, welches 2006 lanciert wurde, eine Open-Source-Software, welche jeder kostenlos nutzen kann. So wie jeder auf Wikipedia Artikel lesen und bearbeiten kann, so kann auch jeder diese Karten nutzen oder bearbeiten, die so entstandene Karte ist ein öffentliches Gut, kostenlos und von jedem benutzbar, eine Karte für alle. Die Karte entsteht in zwei Phasen. Gebäude und Straßen, die noch nicht auf der Karte zu finden sind, sind auf Satellitenbildern leicht zu erkennen. Freiwillige arbeiten weltweit daran, diese Bilder in Karten umzuwandeln, indem Straßen und Gebäude hierauf verzeichnet werden. Wir nennen dies die Grundkarte. Im Durchschnitt kartografiert jeder Freiwillige einen kleineren Abschnitt als 10 Quadratkilometer, aber summiert man diese Beiträge, können ganze Städte innerhalb weniger Tage kartografiert werden. Zweitens, lokale Kartierung. Personen, die an den Orten wohnen und arbeiten, die wir kartieren, nehmen die Grundkarte und erweitern sie, z.B. zum Identifizieren: Ist dies eine Schule oder ein Krankenhaus? Sie ergänzen Informationen, die auf den Satellitenbildern nicht zu sehen sind. Wir haben kompetente und eifrige Personen gefunden, die in den schwierigsten Situationen weltweit arbeiten, wir haben die Software für Handys optimiert, die weniger als 30 Dollar kosten. Zudem funktioniert die Software auch offline, somit können sich auch Personen ohne Internetempfang beteiligen, die Karten ergänzen, während sie ihren normalen Alltag leben, und die Daten hochladen, wenn sie Zugang zu Mobilempfang oder Wi-Fi haben. In den letzten 10 Jahren haben Personen aller Gesellschaftsschichten mitgemacht. Flüchtlinge haben zerstörte Wasserleitungen eingetragen, Landfrauen haben Ortsnamen in der indigenen Sprache ergänzt. Und so wurden die Menschen zu Protagonisten des Wandels in ihrer Gemeinschaft. HOT hat seit 2010 über 200.000 Freiwillige engagiert und eine Region in OpenStreetMap kartografiert, die das Zuhause von über 150 Millionen Menschen darstellt. Diese Karten wurden von Such- und Rettungsdiensten genutzt, um Hunderte von Menschen aus eingestürzten Gebäuden zu retten, nach dem Erdbeben 2020 in Haiti. Sie wurden genutzt, um die Polio-Impfung für Kinder im ländlichen Nigeria zu ermöglichen. Und sie erstellten Karten von Lagern, Routen und dem neuen Zuhause von mehr als acht Millionen Flüchtlinge aus dem Südsudan, Syrien und Venezuela. Wir arbeiten mit den größten Hilfsorganisationen der Welt zusammen, um sicher zu gehen, dass die Karten helfen -- dem Roten Kreuz, Ärzte ohne Grenzen, UNICEF, um ein paar zu nennen -- und wir haben momentan 2.000 Orte in der Warteschlange, welche kartografiert werden müssen. Das ist die bisherige Geschichte. Aber wäre es nicht großartig, wenn diese Orte auf der Karte wären, bevor die Krise stattfindet? Wir sind jetzt für einen Wandel bereit. Die vergangenen Jahre über, haben wir Zugang zu aktualisierten Satellitenbildern. Maschinelles Lernen und AI helfen menschlichen Kartografen, um noch effizienter zu arbeiten. Und weltweit sind mehr und mehr Menschen fähig und bereit, ihre Gemeinschaft zu kartieren. In den nächsten fünf Jahren, werden eine Million Freiwillige, einen Bereich kartografieren, der das Zuhause von einer Milliarde der am meisten gefährdeten Menschen in 94 Ländern darstellt. Um dies zu erreichen, benötigen wir drei Dinge. Erstens, müssen wir auf eine Million Kartografen anwachsen, die eine Welt erschaffen, in der jeder sichtbar ist. Wir werden ein Netzwerk an regionalen Zentren schaffen, um die Freiwilligen zu schulen und zu unterstützen, um die gefährdeten Orte ihrer Heimat zu kartografieren. Zweitens, wir müssen in Technologie investieren. Momentan kann man innerhalb von wenigen Sekunden ein Gebäude oder ein lokales Wahrzeichen hinzufügen, aber kartografieren zu lernen und es auf einem Handy einfach und schnell zu tun, kann ein Problem sein. Wir müssen in Technologien investieren, um mobile Änderungen in großem Umfang zu ermöglichen. Drittens, wir müssen das Bewusstsein schärfen. Globale Hilfsprojekte müssen wissen, dass diese Karten frei verfügbar sind und dass sie Karten für benötige Regionen anfordern können. Für mich ist dies eines der großartigsten Dinge an diesem Projekt. Es geht nicht um HOT oder eine einzelne Organisation. Es geht darum, ein Fundament zu erschaffen, auf dessen Basis viele Organisationen gedeihen können. Wie auch immer wir handeln, Katastrophen und Krisen werden vorkommen, und humanitäre Helfer werden reagieren. Entwicklungsprogramme werden fortgesetzt, aber ohne Karten fehlt es ihnen an kritischen Informationen, um zu wissen, was sie vor Ort erwartet. Mit frei zugänglichen, kostenlosen und aktualisierten Karten können diese Programme einen größeren Einfluss haben und noch mehr Leben retten oder verbessern. Aber es ist noch viel mehr als das. Es ist das Jahr 2020 und eine Milliarde Menschen sind nicht sichtbar. Das ist nicht richtig. Dies ist ein Werkzeug, mit welchem jeder Bewohner der Erde gesehen werden kann und buchstäblich auf der Karte ist. Meine Freunde beschweren sich über zu viel Vernetzung, wie kann es also sein, dass eine Milliarde Menschen immer noch unsichtbar sind. Glücklicherweise ist dies ein Problem, bei welchem jeder helfen kann. Wenn Sie nach rechts oder links wischen können, können Sie bereits helfen. Beginnen Sie heute damit und beeinflussen Sie lebensverändernde Entscheidungen. Humanitäre Helfer und Gesundheitsarbeiter an der Front warten bereits auf Sie. Danke.