Mit das Demütigendste, das man über jemanden sagen kann, ist der Satz: "Er hat versagt." Oh Mann, ich weiß, wie sich das anfühlt. In meiner Jugend liebte ich Sport. Ich spielte in erster Linie Fußball und zwar als Torhüterin. Auf dem Platz ist das sowohl die beste als auch die schlechteste Position. Als Torhüter kriegt man einen speziellen Dress, eine Menge Applaus, wenn man einen tollen Schuss hält, aber man kriegt auch das Elend, wenn man ein Tor reinlässt. Als Torhüterin sind alle Augen auf mich gerichtet und das macht richtig Druck. Ich erinnere mich noch genau an ein Spiel in der Highschool. Ich spielte für das California-State-Team, das zum olympischen Entwicklungsprogramm gehört. Ich spielte super, bis ich merkte, dass der Nationaltrainer genau hinter mir stand. Das veränderte alles. In Sekundenschnelle spielte ich nicht mehr auf meinem Top-Niveau, sondern auf meiner untersten Schiene. Allein das Wissen, bewertet zu werden, veränderte meine Leistung und von da an auch meine Ansicht über den psychischen Aspekt von Leistung. Plötzlich schien sich der Ball in Zeitlupe zu bewegen und ich war auf jede meiner Bewegungen fixiert. Der nächste Schuss rutschte mir weg, aber er landete zum Glück nicht im Tor. Beim darauffolgenden Schuss hatte ich mehr Pech: Ich schlenzte ihn direkt ins Netz. Mein Team verlor, der Nationaltrainer ging weg. Ich hatte unter dem Druck der mich bewertenden Augen versagt. Das passiert fast jedem einmal, denn es gibt so viele Gelegenheiten: Wenn man eine Prüfung hat, einen Vortrag hält, ein Kundengespräch führt oder die spezielle Folter durchmacht, wie ich Vorstellungsgespräche gern bezeichne. (Lachen) Es fragt sich nur, warum. Warum bringen wir unter Druck manchmal nicht die volle Leistung? Das gibt besonders Rätsel bei Sportlern auf, die so intensiv an ihrer körperlichen Form arbeiten. Und an ihrer Psyche? Viel weniger. Das gilt auch für Bereiche außerhalb des Sports. Egal, ob wir eine Prüfung machen oder einen Vortrag halten: Es ist leicht, sich in Bestform für die Aufgabe zu fühlen und dann eine miese Leistung zu bringen, wenn alles auf dem Spiel steht. Tatsächlich proben wir selten unter den Bedingungen im Ernstfall. Also passiert es manchmal, dass wir unsere Leistung vermasseln, wenn alle Augen auf uns gerichtet sind. Die Frage lautet natürlich: Warum ist das so? Meine Erfahrungen auf dem Spielfeld -- und in anderen wichtigen Aspekten meines Lebens -- brachten mich zur Kognitionswissenschaft. Ich wollte wissen, wie wir unser grenzenloses Potenzial erreichen können. Ich wollte verstehen, wie wir unser Wissen über Psyche und Verstand nutzen können, um psychologische Hilfsmittel zu finden, die zu Höchstleistungen führen. Warum passiert das also? Warum bringen wir manchmal, wenn wir unter Druck stehen, nicht die Leistung, zu der wir fähig sind? Es ist wohl wenig überraschend, dass wir uns unter Stress Sorgen machen: Sorgen über die Situation, die Folgen, darüber, was andere über uns denken. Doch überraschenderweise stehen wir uns oft selbst im Weg, weil unsere Sorgen uns dazu veranlassen, uns zu stark zu konzentrieren. Das ist es: Wir achten zu sehr darauf, was wir gerade tun. Wenn wir es ganz besonders gut machen wollen, versuchen wir oft, Vorgänge unseres Tuns zu steuern, die besser automatisch außerhalb unseres Bewusstseins ablaufen sollten. Aus diesem Grund versagen wir. Stellen Sie sich vor, Sie gehen eine Treppe hinunter. Was, wenn ich fragen würde: "Was tun Sie eigentlich gerade mit Ihrem Knie?" Vermutlich würden Sie hinfallen. Wir Menschen können uns nur auf wenige Dinge auf einmal konzentrieren. Deshalb ist es auch keine gute Idee, beim Autofahren zu telefonieren. Wenn wir unter Druck stehen und unbedingt unser Bestes geben wollen, können wir versuchen, Aspekte unseres Tuns zu steuern, die nicht der bewussten Steuerung überlassen werden sollten. Das Ergebnis ist: Wir patzen. Mein Forschungsteam und ich haben das Phänomen der übermäßigen Aufmerksamkeit studiert. Wir nennen es Paralyse durch Analyse. In einer Studie baten wir College-Fußballer, den Ball zu dribbeln und dabei auf ein Detail zu achten, das sie sonst nicht beachten würden. Wir baten sie, darauf zu achten, welche Seite des Fußes Ballkontakt hatte. Wir bewiesen, dass die Darbietung langsamer und fehleranfälliger war, wenn wir die Aufmerksamkeit auf die Details des Tuns lenkten. Unter Druck wollen wir oft um jeden Preis unser Bestes geben. Deshalb versuchen wir, das zu steuern, was wir tun, um eine Bestleistung zu erzwingen. Das Ergebnis ist, dass wir Murks bauen. Beim Basketball bezeichnet der Begriff "unbewusst" einen Spieler, der hundertprozentig trifft. Tim Duncan, der Star der San Antonio Spurs, sagt: "Wenn man darüber nachdenkt, was man tut, dann geht es schief." Der große Choreograf George Balanchine beschwor seine Tänzer: "Denkt nicht -- tanzt einfach." Wenn wir unter Druck stehen und glänzen wollen, versuchen wir ironischerweise oft, unser Tun zu steuern. Das führt dazu, dass wir schlechtere Leistungen bringen. Also was tun? Auch wenn wir von unserer hyperaktiven Aufmerksamkeit wissen: Wie schaffen wir es, volle Leistung zu bringen? Das liegt in hohem Maß am präfrontalen Cortex, dem vorderen Teil des Gehirns, der über den Augen liegt und gewöhnlich dabei hilft, uns positiv zu orientieren. Er blockiert oft aufgrund falscher Gegebenheiten. Wie lässt sich die Blockade lösen? Manchmal kann man einfach ein Lied singen oder den kleinen Zeh anschauen, wie Profigolfer Jack Nicklaus es angeblich tat, um von diesen lästigen Details abzulenken. Auch wenn wir unter Bedingungen wie im Ernstfall üben -- so schließt sich die Lücke zwischen Training und Wettbewerb --, kann das helfen, sich an das Beobachtetwerden zu gewöhnen. Das gilt auch außerhalb des Spielfelds. Egal, ob man sich auf eine Prüfung oder einen wichtigen Vortrag vorbereitet, der vielleicht mit etwas Druck verbunden ist: (Lachen) Sich an Situationen wie im Ernstfall zu gewöhnen ist wirklich wichtig. Machen Sie vor einer Prüfung Ihr Buch zu. Geben Sie sich die Antworten unter Zeitdruck aus dem Gedächtnis. Üben Sie einen Vortrag vor anderen. Wenn Sie keine Zuhörer finden, üben Sie vor einer Videokamera oder sogar vor dem Spiegel. Die Fähigkeit, sich an den Ernstfall zu gewöhnen, kann den Ausschlag geben, ob wir versagen oder glänzen. Wir haben auch ein paar Möglichkeiten gefunden, wie man in Stresssituationen lästige Sorgen und Selbstzweifel loswird. Forscher sagen, wenn man vor einer Stresssituation einfach seine Gedanken und Sorgen niederschreibt, hilft das, sie aus dem Kopf zu bekommen -- und sie tauchen im Ernstfall seltener auf. Es ist, wie wenn man nachts aufwacht und sich wirklich über die morgigen Pflichten sorgt. Man versucht, an alles zu denken, was man tun muss, schreibt es auf und legt sich wieder hin. Wenn man die Gedanken notiert, Buch darüber führt, entstehen sie im Ernstfall weniger leicht, um uns abzulenken. Das Ergebnis: Man bringt Bestleistung, wenn es am meisten darauf ankommt. Bisher habe ich beschrieben, was passiert, wenn wir uns selbst beschränken, und ein paar Tipps gegeben, wie wir unser Bestes geben können. Doch vergessen wir nicht: Nicht nur wir selbst können uns beschränken und schlechte Leistungen bringen. Auch die Umwelt hat Einfluss darauf, ob wir versagen oder glänzen. Eltern, Lehrer, Trainer, Chefs -- sie alle haben Einfluss darauf, ob wir im Ernstfall Bestleistungen bringen können. Nehmen wir Mathematik als Beispiel. Ja, Sie hören richtig: Mathematik. Viele sagen, sie versagen in Mathematik oder haben Angst davor, egal, ob sie geprüft werden oder nur im Restaurant das Trinkgeld berechnen, wenn unsere schlauen Freunde zuschauen. Es ist durchaus gesellschaftsfähig, über Versagen oder schwache Leistungen in Mathematik zu sprechen. Man trifft nie hochgebildete Menschen, die darüber sprechen oder damit prahlen, wie schlecht sie lesen können, aber man hört Leute ständig damit prahlen, dass ihnen Mathe nicht liegt. Und leider tendieren in den USA dazu eher Frauen und Mädchen als Männer und Jungen. Mein Forschungsteam und ich versuchen zu verstehen, woher diese Angst vor Mathematik kommt, und haben mit Kernspintomografie die Gehirne von Menschen untersucht, die Angst vor Mathematik haben. Wir haben gezeigt, dass Mathematikphobie mit einem konkreten Körpergefühl wie Schmerz zusammenhängt, und davor haben wir mit vollem Recht Angst. Wenn Menschen mit Angst vor Mathematik kurz vor einer Mathematikprüfung stehen -- sie schreiben noch nicht, stehen aber kurz davor --, sind Teile des Gehirns aktiv, die an neuralen Schmerzreaktionen beteiligt sind. Wenn man sagt: "Mathe tut weh", trifft das für einige Leute teilweise zu. Aber woher kommt diese Angst? Angst vor Mathematik ist erwiesenermaßen ansteckend. Wenn Erwachsene sie haben, bekommen sie auch Kinder in ihrer Umgebung. Schon in der ersten Klasse lernen Schüler bei Lehrern, die ihr eigenes Talent in Mathematik anzweifeln, im laufenden Schuljahr weniger. Das gilt für Mädchen mehr als für Jungen. In diesem jungen Alter ahmen Kinder gern Erwachsene ihres Geschlechts nach, und zumindest in den USA sind Lehrer an Grundschulen zu über 90 % Frauen. Natürlich ist nicht allein der Unterricht schuld. Auch die sozialen Medien spielen hier eine große Rolle. Vor nicht allzu langer Zeit konnte man eine sprechende Barbiepuppe kaufen. Wenn man an der Schnur zog, sagte sie Dinge wie: "Werden wir je genug zum Anziehen haben?" und: "Mathe ist schwer." Vor ein paar Jahren verkauften große Handelsketten den Mädchen T-Shirts mit Aufschriften wie: "Ich bin zu hübsch für Mathe" oder: "Ich bin zu hübsch für Hausaufgaben, die macht mein Bruder für mich." Und vergessen wir die Eltern nicht. Oh, die Eltern. Wenn Eltern ihre eigenen Talente in Mathematik infrage stellen und ihren Kindern oft bei der Mathehausaufgabe helfen, lernen die Kinder im laufenden Schuljahr weniger. Ein Vater drückte es so aus: "Ich beurteile die Mathehausaufgabe meines Erstklässlers danach, ob ich nur ein Bier brauche -- oder drei für den ganzen Abend." (Lachen) Wenn Erwachsene ihr Mathetalent infrage stellen, färbt das auf ihre Kinder ab und entscheidet darüber, ob sie versagen oder gut sind. Doch so wie wir anderen Grenzen setzen können, können wir sie auch aufheben. Unser Forschungsteam hat gezeigt: Wenn wir Eltern helfen, mit ihren Kindern interessante Matheaufgaben zu lösen -- es gibt also Gutenacht-Mathematik statt Gutenachtgeschichten oder Bettlektüren, d. h. Rechenaufgaben, die den Kindern Spaß machen -- dann bessert sich nicht nur die Meinung der Kinder über Mathe, sondern auch ihre Leistung in der Schule. Unsere Umgebung ist wichtig -- Schule, Eltern, Medien -- und sie kann wirklich entscheidend sein, ob wir versagen oder gut sind. Springen wir von meinem Fußballmatch in der Highschool zu meinem ersten College-Jahr. Ich war im Chemiekurs, Hauptfach Naturwissenschaften, und da gehörte ich überhaupt nicht hin. Obwohl ich für meine erste Zwischenprüfung büffelte -- ich glaubte, das sei zu schaffen --, fiel ich krachend durch. Ich bekam die allerschlechteste Note in einem Jahrgang von 400 Studenten. Ich war sicher: Dieses Studium war nicht zu schaffen, ich würde vielleicht sogar das College ganz aufgeben. Doch dann änderte ich meine Lernweise. Anstatt allein zu lernen, lernte ich mit einer Gruppe von Freunden, die am Ende jedes Treffens ihre Bücher zuklappten und um die richtigen Antworten wetteiferten. Wir lernten, unter Stress zu üben. Bei einem Blick in mein Gehirn bei der ersten Zwischenprüfung hätten Sie wohl eine neurale Schmerzreaktion bemerkt, genau wie bei meinen Testpersonen mit Mathematik-Angst. Die hatte ich wahrscheinlich auch während der stressigen Lernsituationen. Doch als ich ins Finale zog, war mein Kopf ruhig und ich bekam eine der besten Noten des gesamten Jahrgangs. Ich hatte nicht nur den Stoff gelernt, sondern auch, wie ich meine Grenzen überwinden konnte, wenn alles auf dem Spiel stand. Wichtig ist, was in unserem Kopf passiert. Wenn man das weiß, kann man lernen, sich und andere auf Erfolgskurs zu bringen, und zwar nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch im Konferenzsaal und im Klassenzimmer. Danke. (Applaus)