WEBVTT 00:00:01.006 --> 00:00:06.166 Historische Funde zeigen uns, wie antike Griechen sich kleideten, 00:00:06.166 --> 00:00:07.464 wie sie lebten, 00:00:07.464 --> 00:00:09.020 wie sie kämpften ... 00:00:09.020 --> 00:00:11.478 Aber wie genau dachten sie? NOTE Paragraph 00:00:11.478 --> 00:00:15.902 Vielleicht waren die tiefgründigsten Aspekte menschlichen Denkens -- 00:00:15.902 --> 00:00:17.788 unser Vorstellungsvermögen, 00:00:17.792 --> 00:00:19.219 ein Bewusstsein zu haben, 00:00:19.219 --> 00:00:20.464 zu träumen -- 00:00:20.468 --> 00:00:22.287 immer gleich. 00:00:22.877 --> 00:00:24.711 Eine andere Möglichkeit ist, 00:00:24.711 --> 00:00:28.158 dass soziale Veränderungen, die unsere Kultur prägten, 00:00:28.158 --> 00:00:32.887 auch die strukturellen Säulen menschlichen Denkens verändert haben. NOTE Paragraph 00:00:32.887 --> 00:00:35.485 Vielleicht sind wir alle unterschiedlicher Meinung. 00:00:35.485 --> 00:00:38.656 Eigentlich ist dies eine endlose philosophische Debatte. 00:00:38.656 --> 00:00:42.821 Aber lässt sich diese Frage überhaupt wissenschaftlich beantworten? NOTE Paragraph 00:00:42.821 --> 00:00:45.380 Ich schlage hier vor, 00:00:45.380 --> 00:00:49.686 dass in derselben Art, wie wir antike griechische Städte 00:00:49.686 --> 00:00:52.598 aufgrund von ein paar Steinen rekonstruieren, 00:00:52.598 --> 00:00:56.728 die Schriften einer Kultur archäologische Funde sind, 00:00:56.728 --> 00:00:59.905 quasi Fossilien menschlichen Denkens. NOTE Paragraph 00:00:59.905 --> 00:01:03.349 Bei einer Art psychologischen Analyse 00:01:03.349 --> 00:01:06.739 einiger der ältesten Bücher der menschlichen Kultur 00:01:06.739 --> 00:01:09.567 entwickelte Julian Jaynes in den 70ern 00:01:09.567 --> 00:01:12.986 tatsächlich eine verblüffende und radikale Hypothese: 00:01:12.986 --> 00:01:16.143 Vor nur 3 000 Jahren waren Menschen 00:01:16.143 --> 00:01:19.215 -- so würden wir heute sagen -- 00:01:19.215 --> 00:01:21.355 schizophren. 00:01:21.705 --> 00:01:23.431 Er stellte diese Behauptung auf, 00:01:23.431 --> 00:01:25.776 weil sich laut dieser Bücher 00:01:25.776 --> 00:01:28.844 die ersten Menschen aus unterschiedlichen Traditionen 00:01:28.844 --> 00:01:30.964 und verschiedenen Teilen der Welt, 00:01:30.964 --> 00:01:34.744 durchwegs so verhielten, als hörten sie Stimmen, 00:01:35.140 --> 00:01:36.818 von denen sie vermuteten, 00:01:36.818 --> 00:01:40.096 dass sie von Göttern oder den Musen kamen. 00:01:40.096 --> 00:01:43.902 Heute sagen wir dazu Halluzinationen. 00:01:43.902 --> 00:01:47.534 Erst nach einiger Zeit erkannten sie, 00:01:47.534 --> 00:01:52.749 dass sie selbst diese inneren Stimmen erschufen und besaßen. 00:01:53.162 --> 00:01:56.061 So entwickelten sie die Selbstwahrnehmung: 00:01:56.061 --> 00:01:59.798 die Fähigkeit, über eigene Gedanken zu reflektieren. NOTE Paragraph 00:01:59.798 --> 00:02:03.232 Jaynes' Theorie besagt, dass das Bewusstsein, 00:02:03.232 --> 00:02:06.402 wenigstens so, wie wir es heute verstehen, 00:02:06.402 --> 00:02:09.966 wo wir unsere eigene Existenz zu beherrschen meinen, 00:02:09.966 --> 00:02:13.457 eine sehr moderne kulturelle Entwicklung ist. 00:02:13.457 --> 00:02:17.502 Diese Theorie ist recht spektakulär, hat aber auch ein offenkundiges Problem: 00:02:17.502 --> 00:02:21.045 Sie basiert auf nur wenigen, sehr spezifischen Beispielen. 00:02:21.045 --> 00:02:23.007 Die Frage ist also, ob diese Theorie, 00:02:23.007 --> 00:02:27.663 dass die menschliche Selbstwahrnehmung erst 3 000 Jahre alt ist, 00:02:27.663 --> 00:02:31.543 quantitativ und objektiv untersucht werden kann. NOTE Paragraph 00:02:31.543 --> 00:02:35.146 Das Problem dieser Herangehensweise ist klar. 00:02:35.146 --> 00:02:38.630 Es ist ja nicht so, dass Plato einst aufwachte und schrieb: 00:02:38.630 --> 00:02:40.303 "Hallo, ich bin Plato 00:02:40.303 --> 00:02:43.812 und habe ab heute ein vollkommenes Bewusstsein meiner selbst." NOTE Paragraph 00:02:43.812 --> 00:02:45.543 (Lachen) NOTE Paragraph 00:02:45.543 --> 00:02:49.468 Das zeigt uns den Kern des Problems. 00:02:49.468 --> 00:02:54.435 Wir müssen die Entstehung eines Konzepts finden, das nie ausgesprochen wurde. 00:02:54.435 --> 00:02:58.964 Das Wort "Selbstwahrnehmung" taucht nie in den Büchern auf, 00:02:58.964 --> 00:03:01.737 die wir analysieren möchten. NOTE Paragraph 00:03:01.737 --> 00:03:06.565 Wir müssen also eine Wortlandschaft erstellen, 00:03:06.571 --> 00:03:09.898 einen riesigen Raum, der alle Wörter beinhaltet, 00:03:09.898 --> 00:03:13.274 in dem die Entfernung zwischen zwei Wörtern anzeigt, 00:03:13.274 --> 00:03:15.731 wie eng sie miteinander verbunden sind. 00:03:16.460 --> 00:03:17.531 Zum Beispiel: 00:03:17.531 --> 00:03:20.632 Man will die Wörter "Hund" und "Katze" nah zusammen haben, 00:03:20.632 --> 00:03:24.817 aber die Wörter "Grapefruit" und "Logarithmus" weit auseinander. 00:03:24.817 --> 00:03:29.625 Dann muss das für jedes Wortpaar im Raum gelten. NOTE Paragraph 00:03:29.626 --> 00:03:33.007 Es gibt verschiedene Methoden, um diesen Raum herzustellen. 00:03:33.007 --> 00:03:34.694 Bei einer fragt man die Experten, 00:03:34.694 --> 00:03:36.904 so wie wir das mit Wörterbüchern tun. 00:03:36.904 --> 00:03:39.534 Eine andere ist die einfache Annahme, 00:03:39.534 --> 00:03:43.186 dass zwei miteinander verbundene Wörter auch dazu neigen, 00:03:43.186 --> 00:03:46.133 in den gleichen Sätzen, in den gleichen Absätzen 00:03:46.133 --> 00:03:51.367 und in den gleichen Dokumenten öfter als nur zufällig aufzutauchen. 00:03:52.231 --> 00:03:54.301 Diese einfache Hypothese, 00:03:54.305 --> 00:03:55.651 diese einfache Methode, 00:03:55.651 --> 00:03:57.519 ist mithilfe von Rechenkniffen, 00:03:57.519 --> 00:04:02.283 die aufgrund des sehr komplexen, hoch-dimensionalen Raumes nötig sind, 00:04:02.283 --> 00:04:04.152 sehr wirksam. NOTE Paragraph 00:04:04.155 --> 00:04:07.017 Nur um Ihnen einen kleinen Einblick zu geben, 00:04:07.017 --> 00:04:11.613 sehen Sie hier das Ergebnis der Analyse von bekannten Wörtern. 00:04:11.613 --> 00:04:14.122 Zuerst erkennt man, dass sich die Wörter automatisch 00:04:14.122 --> 00:04:16.074 in semantische Bereiche anordnen. 00:04:16.074 --> 00:04:18.255 Man erhält Bereiche für Obst, Körperteile, 00:04:18.255 --> 00:04:21.114 Computerbauteile, wissenschaftliche Begriffe usw. NOTE Paragraph 00:04:21.119 --> 00:04:25.861 Der Algorithmus zeigt auch begriffliche Hierarchien. 00:04:25.861 --> 00:04:28.333 Zum Beispiel sind die wissenschaftlichen Begriffe 00:04:28.333 --> 00:04:30.554 in zwei Unterkategorien aufgeteilt, 00:04:30.554 --> 00:04:33.338 in die astronomischen und physikalischen. 00:04:33.338 --> 00:04:35.614 Es gibt auch ganz feine Unterschiede. 00:04:35.614 --> 00:04:37.563 Zum Beispiel beim Wort Astronomie, 00:04:37.563 --> 00:04:39.392 dessen Position bizarr erscheint, 00:04:39.392 --> 00:04:41.644 ist aber tatsächlich genau da, wo es sein soll. 00:04:41.644 --> 00:04:44.403 Zwischen echten Wissenschaften 00:04:44.403 --> 00:04:47.657 und astronomischen Beschreibungen. NOTE Paragraph 00:04:48.052 --> 00:04:50.103 Damit könnten wir ewig fortfahren. 00:04:50.103 --> 00:04:52.197 Wenn man sich das eine Weile anguckt 00:04:52.197 --> 00:04:54.739 und aufs Geratewohl Entwicklungspfade konstruiert, 00:04:54.739 --> 00:04:58.029 fühlt es sich so an, als mache man Poesie. 00:04:58.029 --> 00:05:00.770 Ein Spaziergang durch diese Landschaft 00:05:00.770 --> 00:05:04.064 ist wie ein Spaziergang durch unsere Denkweise. NOTE Paragraph 00:05:04.064 --> 00:05:05.664 Zu guter Letzt 00:05:05.668 --> 00:05:09.748 zeigt dieser Algorithmus auch unsere Erwartung, 00:05:09.748 --> 00:05:13.678 welche Wörter in die Gegend der Selbstwahrnehmung gehören. 00:05:13.678 --> 00:05:14.915 Zum Beispiel Wörter 00:05:14.915 --> 00:05:18.918 wie "selbst", "Schuld", "Grund", "Gefühl" 00:05:18.918 --> 00:05:20.831 sind der "Selbstwahrnehmung" sehr nah. 00:05:20.831 --> 00:05:22.166 Dagegen sind andere Wörter 00:05:22.166 --> 00:05:24.197 wie "rot", Fußball", "Kerze", "Banane" 00:05:24.197 --> 00:05:26.063 sehr weit entfernt. NOTE Paragraph 00:05:26.063 --> 00:05:28.836 Wenn wir also den Raum geschaffen haben, 00:05:28.840 --> 00:05:31.696 wird die Frage zur Geschichte der Selbstwahrnehmung, 00:05:31.696 --> 00:05:34.103 oder irgendeines anderen Begriffs, 00:05:34.103 --> 00:05:38.846 der zuvor abstrakt oder vage erschien, 00:05:38.850 --> 00:05:40.544 plötzlich konkret -- 00:05:40.544 --> 00:05:43.676 wissenschaftlich quantitativ zugänglich. NOTE Paragraph 00:05:44.216 --> 00:05:48.438 Wir müssen nur die Bücher digitalisieren, 00:05:48.438 --> 00:05:51.246 den Wortschwall als Entwicklungspfad sehen 00:05:51.246 --> 00:05:53.239 und in einem Raum abbilden. 00:05:53.239 --> 00:05:55.831 Dann fragen wir uns, ob dieser Entwicklungspfad 00:05:55.831 --> 00:06:00.763 geraume Zeit um das Konzept der Selbstwahrnehmung kreist. NOTE Paragraph 00:06:00.763 --> 00:06:01.996 Mit dieser Methode 00:06:01.996 --> 00:06:04.182 können wir die Geschichte der Selbstwahrnehmung 00:06:04.182 --> 00:06:06.077 in der alten griechischen Tradition, 00:06:06.077 --> 00:06:09.643 zu der wir die besten schriftlichen Aufzeichnungen haben, rekonstruieren. 00:06:09.643 --> 00:06:11.926 Wir nahmen uns also alle Bücher vor, 00:06:11.926 --> 00:06:14.224 ordneten sie chronologisch 00:06:14.224 --> 00:06:17.930 und bildeten die Wörter aus jedem Buch in dem Raum ab. 00:06:17.930 --> 00:06:20.861 Dann suchten wir ihre Nähe zur Selbstwahrnehmung 00:06:20.861 --> 00:06:22.605 und berechneten einen Mittelwert. 00:06:22.605 --> 00:06:25.828 Danach beschäftigte uns die Frage, ob im Laufe der Zeit 00:06:25.828 --> 00:06:28.694 diese Bücher dem Konzept der Selbstwahrnehmung 00:06:28.694 --> 00:06:31.052 immer näher kommen. NOTE Paragraph 00:06:31.052 --> 00:06:35.707 Tatsächlich geschah das genauso in der antiken griechischen Tradition. 00:06:35.707 --> 00:06:38.705 In den ältesten Büchern in der Tradition Homers 00:06:38.705 --> 00:06:42.291 gibt es nur eine geringe Annäherung an die Selbstwahrnehmung. 00:06:42.291 --> 00:06:44.521 Aber vier Jahrhunderte vor Christus 00:06:44.521 --> 00:06:48.967 gab es fast 5-mal so viele Bücher, 00:06:48.967 --> 00:06:54.177 die sich der Selbstwahrnehmung immer weiter annäherten. 00:06:54.177 --> 00:06:56.343 Das Schöne dabei ist, 00:06:56.343 --> 00:06:58.545 dass wir jetzt prüfen können, 00:06:58.545 --> 00:07:02.976 ob das auch für andere, eigenständige Traditionen gilt. NOTE Paragraph 00:07:02.976 --> 00:07:06.168 Wir analysierten genau so die jüdisch-christliche Tradition 00:07:06.168 --> 00:07:09.543 und erhielten dasselbe Muster. 00:07:09.548 --> 00:07:14.233 Man erkennt eine leichte Annäherung in den älteren Büchern des AT 00:07:14.233 --> 00:07:16.171 und danach nimmt sie 00:07:16.171 --> 00:07:18.024 im Neuen Testament viel rascher zu. 00:07:18.024 --> 00:07:20.550 Im Buch der Bekenntnisse des Heiligen Augustinus, 00:07:20.550 --> 00:07:22.471 400 Jahre nach Christus 00:07:22.471 --> 00:07:25.112 erreichen wir den Höhepunkt der Selbstwahrnehmung. 00:07:25.112 --> 00:07:26.881 Dies ist äußerst wichtig, 00:07:26.881 --> 00:07:31.898 denn Sankt Augustinus hielten Gelehrte, Philologen und Historiker 00:07:31.898 --> 00:07:35.076 für den Begründer der Selbstwahrnehmung. 00:07:35.076 --> 00:07:39.017 Andere halten ihn für den Vater der modernen Psychologie. NOTE Paragraph 00:07:39.017 --> 00:07:40.931 Unser Algorithmus, 00:07:40.931 --> 00:07:45.027 der den Vorzug hat, quantitativ und objektiv 00:07:45.028 --> 00:07:47.074 und natürlich extrem schnell zu sein 00:07:47.074 --> 00:07:49.505 -- er arbeitet in Sekundenschnelle -- 00:07:49.505 --> 00:07:52.986 zeigt die wichtigsten Schlussfolgerungen 00:07:52.986 --> 00:07:56.358 dieser langen Forschungstradition auf. 00:07:56.358 --> 00:07:59.822 Darin besteht auch die Schönheit von Wissenschaft, 00:07:59.822 --> 00:08:02.638 dass dieses Konzept jetzt 00:08:02.638 --> 00:08:06.763 auf ganz andere Bereiche übertragen werden kann. NOTE Paragraph 00:08:06.769 --> 00:08:08.230 Genauso wie die Frage 00:08:08.230 --> 00:08:11.230 nach der Vergangenheit des menschlichen Bewusstseins 00:08:11.230 --> 00:08:15.066 ist die vielleicht herausforderndste Frage an uns selbst, 00:08:15.066 --> 00:08:19.547 ob uns das etwas über die Zukunft unseres eigenen Bewusstseins sagen kann. 00:08:19.550 --> 00:08:21.040 Genauer gesagt, 00:08:21.044 --> 00:08:23.520 ob unsere heute gesprochenen Worte 00:08:23.520 --> 00:08:27.175 uns etwas über unseren Geisteszustand 00:08:27.175 --> 00:08:29.876 in einigen Tagen, einigen Monaten 00:08:29.876 --> 00:08:32.092 oder einigen Jahren sagen kann. NOTE Paragraph 00:08:32.092 --> 00:08:34.647 So wie einige von uns Messfühler 00:08:34.647 --> 00:08:36.477 für unsere Herzfrequenz, 00:08:36.477 --> 00:08:37.770 unsere Atmung 00:08:37.770 --> 00:08:39.441 und unsere Gene tragen, 00:08:39.441 --> 00:08:43.116 in der Hoffnung, dadurch Krankheiten zu vermeiden, 00:08:43.116 --> 00:08:46.191 können wir uns fragen, ob die Analyse der Wörter, 00:08:46.191 --> 00:08:49.388 die wir sprechen, tweeten, e-mailen und schreiben, 00:08:49.388 --> 00:08:55.090 uns vorzeitig eine Einschätzung liefert, ob mit unserer Psyche etwas nicht stimmt. 00:08:55.090 --> 00:08:59.671 Mit Guillermo Cecchi, meinem Projektpartner, 00:08:59.671 --> 00:09:02.225 nahm ich mich dieser Aufgabe an. 00:09:02.228 --> 00:09:07.800 Wir analysierten die Sprachaufnahmen von 34 jungen Leuten, 00:09:07.800 --> 00:09:11.435 die ein hohes Schizophrenierisiko hatten. NOTE Paragraph 00:09:11.435 --> 00:09:14.225 Wir untersuchten die Aussagen am Tag 1 00:09:14.225 --> 00:09:15.651 und untersuchten dann, 00:09:15.651 --> 00:09:20.131 ob die sprachlichen Eigenheiten innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren 00:09:20.131 --> 00:09:23.440 eine zukünftige Psychose vorhersagen könnten. 00:09:23.440 --> 00:09:25.823 Aber trotz unserer Hoffnungen 00:09:25.823 --> 00:09:29.784 erlitten wir einen Rückschlag nach dem anderen. 00:09:29.793 --> 00:09:33.715 Wir hatten einfach zu wenige semantische Informationen, 00:09:33.715 --> 00:09:36.532 um die zukünftige Verfassung der Psyche vorauszusagen. 00:09:36.532 --> 00:09:38.345 Es funktionierte ausreichend, 00:09:38.349 --> 00:09:42.564 um eine Gruppe Schizophrener mit einer Kontrollgruppe zu vergleichen, 00:09:42.564 --> 00:09:45.310 ähnlich unserer Analyse alter Texte, 00:09:45.310 --> 00:09:49.188 aber nicht um zukünftige Psychosen vorherzusagen. NOTE Paragraph 00:09:49.188 --> 00:09:50.920 Dann erkannten wir, 00:09:50.920 --> 00:09:55.092 dass womöglich nicht so wichtig war, was gesagt wurde, 00:09:55.092 --> 00:09:57.689 sondern wie man es sagte. 00:09:57.689 --> 00:09:58.979 Genauer gesagt, 00:09:58.979 --> 00:10:01.780 die semantische Umgebung war nicht wichtig, 00:10:01.780 --> 00:10:04.474 sondern die Schnelligkeit und die Länge der Sprünge 00:10:04.474 --> 00:10:07.239 von einer semantischen Gegend in die andere. 00:10:07.239 --> 00:10:11.408 Wir nahmen nun Messungen semantischer Kohärenzen vor. 00:10:11.408 --> 00:10:16.369 Dabei wird die Beständigkeit einer Aussage in einer semantischen Thematik, 00:10:16.369 --> 00:10:19.292 einer semantischen Kategorie untersucht. NOTE Paragraph 00:10:19.294 --> 00:10:23.381 Für diese Gruppe von 34 Menschen stellte sich heraus, 00:10:23.381 --> 00:10:26.754 dass der Algorithmus auf Basis der semantischen Kohärenz 00:10:26.754 --> 00:10:29.578 mit 100 % Genauigkeit voraussagen konnte, 00:10:29.578 --> 00:10:31.468 wer eine Psychose entwickeln würde 00:10:31.468 --> 00:10:32.699 und wer nicht. 00:10:32.979 --> 00:10:37.473 Dies konnte bisher nicht einmal annähernd 00:10:37.485 --> 00:10:42.535 mit anderen klinischen Methoden gemessen werden. NOTE Paragraph 00:10:42.545 --> 00:10:46.124 Ich erinnere mich noch genau, 00:10:46.128 --> 00:10:48.505 wie ich an meinem Computer 00:10:48.505 --> 00:10:51.174 eine Menge Tweets von Polo las 00:10:51.174 --> 00:10:54.325 -- Polo war mein erster Student damals in Buenos Aires gewesen 00:10:54.325 --> 00:10:56.419 und lebte gerade in New York. 00:10:56.419 --> 00:10:58.181 Da war was mit seinen Tweets, 00:10:58.181 --> 00:11:02.056 ich wusste nicht genau, was, denn es wurde nicht explizit gesagt -- 00:11:02.056 --> 00:11:05.631 doch ich hatte den starken Verdacht, 00:11:05.631 --> 00:11:08.370 dass irgendetwas nicht stimmte. 00:11:08.370 --> 00:11:11.080 Ich griff zum Hörer und rief Polo an 00:11:11.094 --> 00:11:13.363 und es ging ihm tatsächlich nicht gut. 00:11:13.363 --> 00:11:15.329 Diese simple Tatsache, 00:11:15.329 --> 00:11:17.874 dass ich beim Lesen zwischen den Zeilen 00:11:17.874 --> 00:11:21.804 durch seine Worte seine Gefühle erraten konnte, 00:11:21.804 --> 00:11:26.013 war eine einfache und wirksame Hilfe. NOTE Paragraph 00:11:26.013 --> 00:11:27.925 Ich möchte Ihnen heute sagen, 00:11:27.925 --> 00:11:30.187 dass wir kurz davor sind, 00:11:30.187 --> 00:11:35.907 die Intuition, die wir alle haben und teilen, 00:11:35.907 --> 00:11:38.097 in einen Algorithmus zu verwandeln. 00:11:38.102 --> 00:11:39.733 Auf diese Weise 00:11:39.733 --> 00:11:44.327 erleben wir zukünftig vielleicht eine andere Form psychischer Gesundheit, 00:11:44.327 --> 00:11:46.932 die auf einer objektiven, quantitativen, 00:11:46.932 --> 00:11:49.932 automatischen Analyse der Wörter basiert, 00:11:49.932 --> 00:11:52.825 die wir schreiben und sagen. NOTE Paragraph 00:11:53.216 --> 00:11:54.751 Gracias [Danke]. 00:11:54.751 --> 00:11:58.118 (Applaus)