WEBVTT 00:00:07.437 --> 00:00:12.000 Ein Mensch überlebt ohne Wasser nur etwa 100 Stunden. 00:00:12.818 --> 00:00:17.539 Doch es gibt ein widerstandsfähiges Wesen, das Jahrzehnte ohne Wasser auskommt. 00:00:18.148 --> 00:00:24.036 Das 1 mm große Tierchen überlebt in den heißesten und kältesten Lebensräumen 00:00:24.708 --> 00:00:27.748 und hält sogar hoher Radioaktivität stand. 00:00:28.519 --> 00:00:32.906 Es ist das Bärtierchen, eines der robustesten Wesen der Erde, 00:00:33.289 --> 00:00:37.399 auch wenn es wie ein rundliches achtbeiniges Gummibärchen aussieht. 00:00:38.049 --> 00:00:40.879 Fast alle Lebewesen brauchen Wasser zum Überleben. 00:00:40.879 --> 00:00:43.059 Wasser ermöglicht Stoffwechsel. 00:00:43.059 --> 00:00:47.987 Dieser Prozess bewirkt alle biochemischen Reaktionen in Zellen. 00:00:49.249 --> 00:00:53.122 Aber Wesen wie das Bärtierchen, auch bekannt als "Wasserbär", 00:00:53.409 --> 00:00:57.693 umgehen diese Beschränkung durch einen Prozess namens Anhydrobiose. 00:00:58.069 --> 00:01:01.100 Dieses griechische Wort bedeutet "Leben ohne Wasser". 00:01:01.100 --> 00:01:04.728 Das ist ungewöhnlich, doch das können nicht nur Bärtierchen. 00:01:04.728 --> 00:01:10.208 Auch Bakterien, Einzeller namens Archaeen, Pflanzen und sogar andere Tiere 00:01:10.208 --> 00:01:12.751 können Austrocknung überleben. 00:01:13.269 --> 00:01:17.902 Deshalb müssen viele Bärtierchen eine Kryptobiose durchlaufen. 00:01:18.571 --> 00:01:20.861 Sie rollen sich zu einem Tönnchen ein, 00:01:20.861 --> 00:01:25.788 ziehen Kopf und 8 Beinchen in den Körper und warten auf Wasser. 00:01:27.000 --> 00:01:31.213 Sobald Wasser knapp wird und Bärtierchen in Kryptobiose verfallen, 00:01:31.501 --> 00:01:34.351 bilden sie spezielle Moleküle. 00:01:34.351 --> 00:01:36.641 Diese füllen die Zellen 00:01:36.641 --> 00:01:39.970 und ersetzen verlorenes Wasser durch Bildung einer Matrix. 00:01:40.430 --> 00:01:43.640 Gegen Trockenheit empfindliche Zellbestandteile 00:01:43.640 --> 00:01:45.996 wie DNA, Proteine und Membranen 00:01:46.001 --> 00:01:48.310 werden in der Matrix eingeschlossen. 00:01:48.580 --> 00:01:51.803 Vermutlich hält das die Moleküle in Position, 00:01:51.973 --> 00:01:56.540 um deren Entfaltung, Auseinanderbrechen oder Verschmelzung zu verhindern. 00:01:56.931 --> 00:02:00.421 Ist der Organismus rehydriert, löst sich die Matrix auf 00:02:00.421 --> 00:02:03.331 und hinterlässt intakte, funktionsfähige Zellen. 00:02:03.887 --> 00:02:08.121 Neben Austrocknung halten Bärtierchen auch andere extreme Belastungen aus: 00:02:08.121 --> 00:02:11.547 Einfrieren, Erhitzen über den Siedepunkt, 00:02:11.830 --> 00:02:16.361 hohe Radioaktivität und sogar das Vakuum des Weltalls. 00:02:17.092 --> 00:02:22.209 Das führte zu der irrigen Annahme, dass Bärtierchen außerirdische Wesen sind. 00:02:22.856 --> 00:02:24.300 Eine witzige Idee -- 00:02:24.300 --> 00:02:27.623 doch die Wissenschaft belegt klar ihren irdischen Ursprung 00:02:27.623 --> 00:02:29.659 und ihre allmähliche Entwicklung. 00:02:29.772 --> 00:02:35.669 Im Lauf dieser Evolution entstanden über 1100 bekannte Bärtierchen-Arten 00:02:36.322 --> 00:02:39.369 und es gibt wohl noch viele weitere zu entdecken. 00:02:39.653 --> 00:02:44.253 Da Bärtierchen so zäh sind, existieren sie fast überall. 00:02:44.783 --> 00:02:48.161 Sie leben auf jedem Kontinent, selbst in der Antarktis, 00:02:48.463 --> 00:02:52.046 sowie in Biomen wie Wüsten, Eiskappen, 00:02:52.046 --> 00:02:55.233 Meeren, Süßwasser, Regenwäldern 00:02:55.233 --> 00:02:57.242 und auf den höchsten Berggipfeln. 00:02:57.242 --> 00:03:00.913 Aber man findet Bärtierchen auch an ganz gewöhnlichen Orten 00:03:00.913 --> 00:03:04.612 wie auf Moos oder Flechten in Gärten, Parks und Wäldern. 00:03:04.963 --> 00:03:08.087 Man entdeckt sie mit etwas Geduld und einem Mikroskop. 00:03:08.403 --> 00:03:10.163 Zurzeit wird erforscht, 00:03:10.163 --> 00:03:14.246 ob Bärtierchen die Kryptobiose, ihre Anti-Austrocknungs-Technik, nutzen, 00:03:14.246 --> 00:03:16.292 um andere Belastungen zu überleben. 00:03:16.292 --> 00:03:18.783 Mit dem Wissen, wie sie und andere Wesen 00:03:18.783 --> 00:03:21.852 ihre empfindlichen biologischen Moleküle stabilisieren, 00:03:21.852 --> 00:03:25.669 könnte man Impfstoffe stabilisieren 00:03:25.833 --> 00:03:28.793 oder stressresistentere Pflanzen züchten, 00:03:28.793 --> 00:03:31.530 die mit dem Klimawandel zurechtkommen. 00:03:31.530 --> 00:03:34.080 Die Erforschung ihrer Überlebenstaktik 00:03:34.080 --> 00:03:37.094 bei längerem Aufenthalt im Vakuum des Weltalls 00:03:37.373 --> 00:03:41.409 könnte Hinweise auf umweltbedingte Grenzen des Lebens 00:03:41.409 --> 00:03:44.205 und Schutzmaßnahmen für Astronauten geben. 00:03:44.205 --> 00:03:48.750 Dabei können Bärtierchen sogar helfen, eine umstrittene Frage zu beantworten: 00:03:49.164 --> 00:03:53.588 Wäre Leben auf wesentlich weniger gastlichen Planeten möglich?