Wenn Leute über Metro Exodus reden,
benutzen sie oft den Begriff "immersiv".
Aber was genau meinen sie mit damit
eigentlich?
Denn dieser Begriff ist sehr ungenau
definiert.
Ich habe gesehen, wie er benutzt wurde, um
ultra-realistische Grafik zu beschreiben.
Survival-Horror Spiele. VR Titel. Immersive
Simulatoren.
Und Leute nennen ein Spiel immersiv,
wenn es so fesselnd ist, dass du die Welt
um dich herum vergisst.
Es ist ein sehr schwammiger Begriff, und er
wird häufiger als ein Werbe Schlagwort benutzt,
statt für seriöses Gamedesign.
Und doch verstehe ich, was die Leute meinen,
wenn sie sagen, dass Metro Exodus immersiv ist.
Denn dieses Spiel schafft etwas, was nicht
viele Spiele schaffen - nämlich das ich
mich wirklich so fühle, als ob ich in
der Spielewelt bin.
Tatsächlich hab ich mich so erst einige Male
gefühlt - in Spielen wie Subnautica, STALKER:
Shadow of Chernobyl, Event[0] und Far Cry 2.
Es geht aber nicht so weit, dass ich vergesse,
dass ich vor einem Fernseher sitze und denke
das ich durch eine Afrikanische Wüste oder
Post-Apokalyptisches Russland wandere.
Ich bin nicht vollkommen blöd.
Aber es vermittelt mir dieses Gefühl wirklich
da zu sein - deutlich effektiver als die
meisten anderen Spiele.
Und in einem Jahr, das bereits voll-
gepackt ist, mit Post-Apokalyptischen
Open-World-Shootern mit Crafting-Systemen
und Fahrzeugen, ist Metro Exodus das
einzige, was das Gefühl eines nuklearen
Ödlands wirklich einfängt.
In diesem Video möchte ich also
dieses Schlagwort untersuchen und
spezifische, konkrete Entscheidungen von
Entwickler 4A Games aufzeigen, die uns
in die Spielwelt von Metro Exodus entführen.
Kurz zum Hintergrund, die ersten beiden Metro
Spiele - Metro 2033 und Metro Last Light, spielen
in den Ruinen von Moskau, nachdem dort ein
Nuklearer Krieg ausgebrochen war.
Die Oberfläche ist eine tödliche, verstrahlte
mit mutierten Kreaturen bewohnte Welt -
aber die Metro Tunnel im Untergrund sind
sicher, warm und voll mit Leben.
Diese beiden Spiele sind hauptsächlich
lineare Shooter.
Aber Exodus ist etwas ganz anderes.
Hier beschließen Held Artyom und
seine Kumpel, die Metro zu verlassen,
Nachkriegs-Russland zu durchqueren und
einen sicheren Platz zu suchen - an der Obefläche.
Zuerst per Fuß, später dann mit dem Zug.
Während deiner Reise hältst du an den
verschiedensten Orten.
Manchmal führt das zu linearen Leveln,
die wieder an die ursprünglichen Spiele erinnern.
Anderswo, wirst du in Miniatur Open-Worlds
geworfen, wie die eisigen Ufer der Wolga, oder
eine kargen Sandwüste, die in Wirklichkeit
das ausgetrocknete Kaspische Meer ist.
Und in diesen kleinen Open-Worlds ist
Metro Exodus am meisten immersiv.
Der erste und offensichtlichste Grund,
warum Exodus so immersiv ist, hat damit
zu tun, dass das Spiel dich selten aus
seiner Spielwelt reißt.
Deine Karte ist auf eine Ledermappe
geklebt, und dein Quest-Marker ist ein
Kompass, der an deinem Handgelenk
befestigt ist.
Und wenn du etwas herstellst, musst
du deinen Rucksack auf den Boden
absetzen, um deine Materialien zu
bekommen.
Wo andere Spiele, dies in Menüs oder HUD-
Elemente auslagern würden, macht Exodus
sie physische und greifbare Teile der Welt,
was bedeutet, das du nur im Pausemenü
oder im Ladebildschirm von der Spielwelt
getrennt wirst.
Und es gibt ein interessantes Nebenprodukt
dieser Entscheidung - nämlich dass du
verwundbar bist, während du diese
Sachen benutzt.
Du pausierst das Spiel nicht, um Sachen
in der Sicherheit eines Menüs herzustellen,
sondern in Echtzeit, in der Welt.
Wenn du also schnell ein Medkit
inmitten eines Gefechts benötigst, musst
du einen sicheren Platz finden, deinen Rucksack
absetzten und dich mit Superpflastern heilen.
Natürlich kann man so etwas auch zu
weit treiben.
Ein Spiel wie Red Dead Redemption 2
fokussiert sich stark auf greifbare Interaktionen
mit der Spielwelt, mit ultra-realistischen Animationen
und Menüs, die dich einen authentischen Katalog
von Coybow Hüten durchschauen lassen.
Zuweilen fühlt sich das aber zu Eintönig an
und selten hat es zu interessantem
Spielgeschehen beigetragen.
Aber hinter Exodus' bodenständigem
Design steckt noch mehr.
Etwas, was wir in vielen Open-Worlds sehen,
sind Upgrades.
Während du spielst erhältst du eine Währung,
die du benutzt um in einem Menü neue Kräfte
freizuschalten - normale bis hin zu Superkräften.
Und wieder macht Exodus so etwas in der Spielwelt.
Die einzigen Upgrades die du mit deinem Charakter
machen kannst, sind Dinge, die du finden kannst -
das können Zielfernrohre oder Schalldämpfer sein,
die du weggeworfenen Waffen abnimmst, oder
nützliche Objekte die du auf deiner Reise findest.
Metro Exodus fühlt sich wirklich wie
ein Plündermarsch an.
Wohingegen andere Spiele sich eher wie - naja -
eine Einkaufstour anfühlen.
Ein weiterer, wichtiger Punkt, wie Exodus Immersion
erreicht, ist, dich dazu zu bringen, mehr auf deine
Umgebung und deine Werte zu achten.
Das tut es, zum Teil, indem es dich ständig
Sachen reparieren lässt.
Deine Gasmaske braucht z.B. alle paar
Minuten einen neuen Filter.
Und die Risse und Löcher im Glas,
müssen überdeckt werden.
Du hast ein gasbetriebenes Gewehr und
du musst es händisch wieder aufpumpen,
wenn du es benutzen willst.
Deine Waffen müssen regelmäßig gereinigt
werden oder sie klemmen in der Hitze des Gefechts.
Deine elektrische Ausrüstung, deine Kopflampe und
Nachtsichtbrille, müssen per Hand aufgeladen werden,
wenn die Batterie schwach wird.
Und dein Leben regeneriert sich nicht,
also musst du dich mit Medkits selbst verarzten.
Es ist diese Art von regulärer, persönlicher Pflege,
die dich ständig an deinen Charakter und seine
Bedürfnisse denken lässt.
Diese Art von Spiel, sehen wir meistens in
Survivalspielen, wo du ständig Energie verlierst,
und hungrig wirst - was dich darüber nachdenken
lässt, wo du deine nächste Mahlzeit bekommst,
und so in die Spielwelt gesogen wirst.
Ich würde allerdings argumentieren, dass viele
dieser Spiele zu weit gegangen sind.
Diese Werte sinken so schnell, dass du dich
einfach nur ärgerst, ständig mit niedriger
Energie rumzulaufen.
Damit denkst über die Welt nicht mehr als
realer Ort, sondern als Ansammlung von
Sims-Ähnlichen Werten, die immer
aufgefüllt sein müssen.
Exodus hat eine viel sanftere Art: Artyom
muss kein Sandwich essen, oder zur Toilette gehen
und die einzige Bestrafung, wenn etwas
kaputt geht, ist ein kurzer Rückschlag.
Aber es ist genug, um im Hinterkopf zu
bleiben und bewusster über dich
nachzudenken.
Dasselbe gilt für die harsche Ressourcen Knappheit.
Du hast ständig zu wenig Munition in diesem
Spiel, bis zu dem Punkt, wo du deine Patronen
vor jeder Begegnung zählst, weil du sicherstellen
musst, dass du genug Munition hast um da
heil rauszukommen.
Vielleicht ist es besser die Gegner
einfach vorbeilaufen zu lassen.
Du kannst Sachen herstellen, aber auch dort
gibt es Einschränkungen.
Das ist keines der Spiele, wo du mit
Klebeband einen Helikopter basteln kannst.
Zum einen hat Exodus nur zwei Materialien:
Metall und Chemikalien.
Und weil alles von diese beiden Dingen abhängt,
musst du ständig Entscheidungen darüber treffen,
worein du investierst.
Machst du dir ein Medkit? Oder Munition? Oder Filter?
Oder doch lieber Granaten? Du kannst nicht alles haben.
Exodus schränkt außerdem basierend auf deinem
Standort ein, was du herstellen kannst.
Denn du kannst zwar Munition herstellen, wenn du
vor einer Werkbank stehst, allerdings ist die einzige
Munition die du auf freiem Feld herstellen kannst,
für dein gasbetriebenes Gewehr.
Du musst also voraus planen, was du
mitnehmen willst.
Hauptsächlich macht Exodus dich der Umgebung
bewusster, indem es nicht das tut, was die meisten
Open-World Spiele machen, nämlich die Karte mit
Icons und Fragezeichen zu füllen, sowie haufenweise
kleine interessante Punkte.
Nein. In Exodus ist deine Karte leer (mit Ausnahme
deines Quest Markers ) und es liegt an dir
sie zu füllen.
Das kannst du machen, indem du einen hohen
Punkt erklimmst, dein Fernglas zückst, und die
die Linse auf interessante Orte fokussierst.
Wenn du dann diesen Ort tatsächlich mal erreichst,
ist Exodus - wieder mal - anders als dein
übliches Open-World Spiel.
Die dritte Art, wie Exodus dich in seine
Welt zieht, ist dir niemals zu viele
Informationen zu geben.
Schau dir zum Beispiel ein Spiel wie Rage 2
an, das erzählt dir ganz genau, was jeder Ort ist,
sobald du näher als 100 m bist.
In diesem Fall ist es ein Banditen Camp.
Und genau wie die 20 anderen Banditen Camps
in dieser Welt, weißt du, das dieser Ort eine
bestimmte Anzahl an Gegner hat, die du
töten musst.
Das Spiele sagt dir sogar, welche Ressourcen du
dort finden kannst, denn wer mag nicht Checklisten?
Aber Exodus gewinnt viel dadurch, dir nicht
jeden Information über seine Welt mitzuteilen.
Hier bin ich an einem zerstörten
Flugzeughangar vorbeigekommen.
Außerhalb habe ich einen fliegenden
Gargoyl Mutant gefunden und getötet.
Dann bin ich reingegangen und eine Haufen
Monster gefunden - nur um plötzlich eine
Gruppe Banditen zu hören, die draußen auftauchen
und anfangen mich zu beschießen.
Ich bekämpfte sie, bis einer schließlich aufhörte
und sich ergab.
Ich hatte keine Ahnung was gerade passierte und
wusste nicht was ich erwarten sollte.
Und ich wusste nicht das ich später für meine
Mühen belohnt werden sollte.
Ich war einfach vollkommen ins Geschehen
verwickelt.
Denn wenn dem Entwickler Systeme zur
Verfügung stehen, dann liegt es an ihm
wie viel er davon dem Spieler offenbart.
Spiele wie Rage 2 und Far Cry New Dawn
sind sehr offen darüber, aber immersivere
Spiele halten diese Informationen zurück,
und lassen dich im Ungewissen, was gleich
passieren wird.
Du fragst dich zum Beispiel, was passiert, wenn Feinde
sich ergeben ... und du sie laufen lässt?
Werden sie dich hinterrücks angreifen? Oder weglaufen?
Was passiert, wenn du sie tötest? Du weißt es einfach nicht.
Hier ist eine andere Geschichte.
Es gab einen Punkt in dem Kaspischen Areal,
wo ich von Banditen in einem Truck überfallen wurde
und in ein hektisches Feuergefecht verwickelt wurde.
Und eine kleine Weile später, ruhte ich mich in einem
sicheren Unterschlupf aus, nur um von Gegnern
geweckt zu werden, die mich draußen umstellt hatten.
Ich habe immer noch keine Ahnung, ob das geskriptete
Events waren, oder systematische, geplant von einer
künstlichen Intelligenz.
Aber das ist nicht wichtig, denn der Effekt war
der selbe: es war ein überraschend und unvorhersehbarer,
angsterfüllender Moment.
Vergleich das mit den Plünderern aus
Far Cry New Dawn.
Sie haben ein Icon über ihrem Kopf
und einen Hinweis in der Ecke des Bildschirms
und es ist sofort offensichtlich, dass dies eine
klar getrennte, gewollte Begegnung ist,
die sich wiederholen wird.
Es fühlt sich unecht an.
Wie immer, gibt es eine Balance zu treffen.
Manche Spiele geben so wenige Informationen preis,
dass überhaupt nicht klar ist, was man machen soll.
Spieler brauchen einen gewissen Grad an Information
und Vorhersehbarkeit um effektiv Pläne zu schmieden
und bewusst zu spielen.
Es geht als nicht darum, komplett zufällig zu sein -
es geht darum Spieler davon abzuhalten die
Grenzen der Simulation zu finden.
Der letzte Punkt, ist die Reaktivität des Spielers.
Ich glaub die glaubwürdigsten und immersivsten
Momente in einer Spielwelt, sind die, die am effektivsten
zu deiner Präsenz und deinen Entscheidungen reagieren.
Metro Exodus hat einiges davon.
Du kannst deine Waffe wegstecken, wenn du dich
Leuten annäherst und sie bemerken das -
und einige sind dafür dankbar.
Und deine Wahl, Sklaven oder Gefangene zu retten,
kann im späteren Verlauf Konsequenzen
haben.
In einem Abschnitt der Wolga habe ich ein paar
Leute gerettet und von ihnen einen Schlüssel bekommen.
Und später habe ich dann mit diesem Schlüssel
eine verschlossene Tür in einem überfluteten Bahnhof
geöffnet und ein Nachtsichtgerät gefunden.
Das fühlte sich toll an und das Nachtsichtgerät wurde
zu einer lebhaften Erinnerung an mein Ödland Abenteuer.
Exodus hat außerdem Charaktere die dich
beauftragen Sachen für sie zu finden, wie eine
Gitarre oder ein verlorener Teddybär.
Das verwandelt sich aber nicht in eine
Checkliste und es gibt selten eine
greifbare Belohnung für deine Arbeit.
Aber die Art, wie das Spiel auf deine
Freundlichkeit mit herzerwärmenden
Momenten reagiert, mach es das Ganze wert.
Das alles hat mit dem Moralsystem zu tun, welches
eines der Schwächeren Elemente von Exodus ist.
Es ist eines dieser System, die deine
"guten" und "bösen" Aktionen bewertet,
und dann jeweils eine gutes oder schlechtes
Ende abspielt.
Und das schlechte Ende wird dann wahrscheinlich
für den nächsten Teil als nicht kanonisch eingestuft.
Es gibt also Spiele die Spieler-Reaktivität besser
drauf haben, als Exodus und zu denen
komme ich noch in der Zukunft.
Es ist ein wichtiger Teil der Immersion
und es wert, darüber zu reden.
Metro Exodus hat also 4 wichtige Punkte,
die das Spiel immersiv machen.
Es hält Dinge bodenständig, indem es all
deine Interaktionen greifbar, taktisch und
in der Spielwelt lässt.
Es bringt dich dazu, ultra-bewusst von deiner
Umgebung zu sein, indem es dich deine Ausrüstung
reparieren lässt, und dich mit dem Fernglas spähen lässt.
Es hält Informationen über die dem Spiel
zugrundeliegenden Systeme zurück, wodurch
du nie ganz weißt, was hinter der nächsten Ecke wartet.
Und es reagiert auf dich, indem es kommentiert,
belohnt und sich an deine Taten erinnert.
Der immersive Nervenkitzel von Metro ist mehr
als nur die realistische Grafik, der gute
Sound oder der Fakt, dass du russische
Synchronsprecher einstellen kannst.
Anna: Spricht Russisch.
Und da ist mehr als der einfache Fakt, dass
das Spiel in First Person ist, und der
Hauptcharakter nicht spricht.
Das ist alles wichtig, aber es sind diese
Design Entscheidungen die - zusammen -
Metro Exodus nach mehr als einem Spiel
anfühlen lassen.
Es ist ein grauenvoller, unkennbarer, unerforschter
Ort zu dem du reist.
Hey, danke fürs Zusehen!
Denk dran, dass der GMTK Game Jam in August beginnt -
die vollen Details dazu kommen nächsten Monat.
GMTK wird durch Fans bezahlt, die diese Serie
auf Patreon unterstützen, und ich bedanke mich
für jeden, der die Show unterstützt, egal wie viel,
oder wie lange!