Es ist 2006. Mein Freund Harold Ford ruft mich an. Er kandidiert für den US-Senat in Tennessee, und sucht verzweifelt nach nationaler Presse. Also rief ich eine Freundin an, die in New York war, bei einem der erfolgreichsten Medienunternehmen der Welt, und sie sagte: "Wir organisieren für Harold ein Mittagessen mit dem Vorstand. Du gehst mit ihm." Wir kommen also nach New York, geschniegelt und gestriegelt, in unserer besten Kleidung. Wir gehen zur Rezeptionistin und sagen: "Wir möchten zum Lunch." Sie bittet uns, ihr zu folgen. Wir laufen durch einige Korridore und plötzlich sind wir in einem kahlen Raum. Dann schaut sie uns an und fragt: "Wo sind Ihre Uniformen?" Gerade in diesem Moment eilt meine Freundin in den Raum und wird kreidebleich. Da fehlen einem die Worte, oder? Ich schaue sie an und sage: "Findest du nicht, dass es mehr Schwarze im US-Senat geben sollte?" Harold und ich -- (Applaus) -- lachen heute noch darüber. Diese Situation hat mich auf dem falschen Fuß erwischt, aber tief in meinem Inneren war ich eigentlich nicht überrascht. Und das deshalb, weil meine Mutter mich vor 30 Jahren etwas gelehrt hat. Sie war gnadenlos realistisch. Ich kam als einziges schwarzes Kind einmal von einem Geburtstag nach Hause und statt normaler Fragen wie "Hattest du Spaß?" oder "Wie war der Kuchen?" schaute sie mich an und fragte: "Wie haben sie dich behandelt?" Ich war sieben und verstand nicht. Wieso sollte ich anders behandelt werden? Aber sie wusste wieso. Sie schaute mir in die Augen und sagte: "Sie werden dich nicht immer gut behandeln." Beim Thema Rassismus fühlen sich die Amerikaner sehr unwohl. Erwähnt man es beim Essen oder bei der Arbeit, ist es so, als würde man das schlimmste Tabu brechen. Schock, gefolgt von langem Schweigen. Ich erzählte Freunden, dass ich über Rassismus sprechen würde, und sie rieten mir davon ab, da es riskant für mich sein könnte, wenn ich darüber spräche. Und ich wie eine militante schwarze Frau wirken und so meine Karriere ruinieren könnte. Ich muss zugeben, ich war kurz eingeschüchtert, aber dann habe ich erkannt: Probleme löst man nicht, indem man sich versteckt. Sie werden durch Aufklärung gelöst. Also habe ich mich entschieden, über Rassismus zu sprechen. Und entschieden, dass, wenn ich meine Erfahrungen mit Ihnen teile, wir alle hoffentlich weniger Angst und mehr Mut haben werden, über dieses Thema zu sprechen. Ich weiß, es gibt Menschen, die sagen, dass mit Barack Obamas Wahl die Rassendiskriminierung vorbei sei, und das für immer. Ich bin im Investmentbereich tätig und unser Motto ist: "Zahlen lügen nicht." Und hier gibt es erhebliche, messbare Rassenunterschiede, die man nicht ignorieren kann, in Hinblick auf Vermögen, Einkommen, Berufsaussichten, Gesundheitswesen. Ein Beispiel aus der US-Geschäftswelt: Obwohl weiße Männer nur 30 % der US-Bevölkerung ausmachen, sitzen 70 % von ihnen im Vorstand. In den Top-250-Unternehmen gibt es nur sieben Firmenchefs, die einer Minderheit angehören. Und in Tausenden von Börsenunternehmen gehören nur zwei schwarze Frauen zum Vorstand. Eine davon schauen Sie gerade an, die vor nicht allzu langer Zeit, für eine Küchenhilfe gehalten wurde. Das ist Tatsache. Manchmal stelle ich mir Folgendes vor: Ich betrete einen Raum eines Großkonzerns wie ExxonMobil und jeder Einzelne im Sitzungsaal ist schwarz. Das fänden Sie seltsam. Aber wenn ich ein Top-500-Unternehmen betrete und jeder am Tisch ist weiß und männlich, wann werden wir das seltsam finden? Ich weiß, wie es dazu kam. (Applaus) Ich weiß, wie es dazu kam. Diskriminierung in unserem Land war institutionalisiert und einst legalisiert. Das steht außer Frage. Während ich mich damit auseinandersetze, liegt die Frage meiner Mutter in der Luft: "Wie haben sie dich behandelt?" Ich spreche nicht darüber, um mich zu beschweren oder eine Art Mitleid hervorzurufen. Ich führe ein erfolgreiches Leben, das all meine Erwartungen übertrifft. Und jeder hat mich gut behandelt, schlecht dagegen selten. Ich erzähle das mit der Uniform, weil es so passiert ist. Ich zitiere die Statistiken der Vorstandsvielfalt, weil sie wahr sind. Ich bin heute hier und spreche über Rassendiskriminierung, weil ich glaube, dass einer weiteren Generation die Möglichkeiten geraubt werden, die wir für unsere Kinder möchten, unabhängig von Farbe oder Herkunft. Das Geschäftsleben wird so auch zurückgehalten. Wissenschaftler haben den Begriff "Farbenblindheit" geprägt, um das Verhalten zu beschreiben, mit dem wir vorgeben, Rassismus nicht zu bemerken. Wenn wir von Menschen umgeben sind, die aussehen wie wir, dann ist das purer Zufall. Ich finde, Farbenblindheit heißt nicht, dass es keine Rassendiskriminierung, sondern Gerechtigkeit gibt. Ganz und gar nicht. Farbenblindheit ist sehr gefährlich, da das Problem ignoriert wird. Eine Unternehmensstudie zeigte, dass smarte Unternehmen Rassismus nicht ignorieren, sondern sich direkt damit beschäftigen. Sie haben erkannt, dass die Förderung von Vielfalt, die Anerkennung aller Volksgruppen bedeutet, einschließlich der großen. Aber ich kann Ihnen sagen, dieses Thema ist schwierig, heikel und unangenehm, aber darum geht es. Um rassistische Stereotypen wie "Schwarze schwimmen nicht gerne." zu widerlegen, sage ich Ihnen, wie sehr ich das Schwimmen liebe. Ich liebe das Schwimmen so sehr, dass ich heute mit einem Trainer schwimme. Einmal zwang er mich dazu, 25 Meter in einem Becken zu schwimmen, ohne dabei zu atmen. Ich musste immer wieder von vorne anfangen, wenn ich versagte. Und ich habe oft versagt. Am Ende hat es geklappt. Ich war danach sauer, müde und genervt, und fragte: "Warum machen wir diese Atemübung?" Er schaute mich an und sagte: "Mellody, das war keine Atemübung. Es sollte dir helfen, dich wohlzufühlen, wenn du dich unwohl fühlst, weil die Mehrheit so ihr Leben verbringt." Wenn wir mit unserem Unwohlsein umgehen können und locker lassen, werden wir ein besseres Leben führen. Deshalb ist es an der Zeit sich wohlzufühlen, beim unangenehmen Thema Rassismus: schwarz, weiß, asiatisch, hispanisch, männlich, weiblich, wir alle. Wenn wir wirklich an Gleichberechtigung glauben und an Chancengleichheit in den USA, müssen wir mit dem Thema offen umgehen. Wir dürfen nicht farbenblind sein, sondern farboffen. Wir müssen bereit sein, als Lehrer und Eltern, als Unternehmer und Wissenschaftler. Wir müssen bereit sein, offene Gespräche über Rassismus zu führen, ehrlich, verständnisvoll und mutig. Nicht, weil es richtig ist, sondern weil es klug ist, da unsere Unternehmen und Produkte, unsere Wissenschaft und Forschung, von einer größeren Vielfalt profitieren wird. Mein Lieblingsbeispiel für Farboffenheit ist John Skipper, Chef des TV-Senders ESPN. Er ist aus North Carolina, ein typischer weißer Gentleman aus dem Süden. Er schloss sich ESPN an, wo Gleichstellung und Vielfalt bereits auf der Tagesordnung standen, aber er wollte mehr. Er verlangte für jede offene Stelle vielfältige Kandidatenlisten. Die Geschäftsführung sträubte sich anfangs dagegen und fragte: "Sollen wir Minderheiten oder die Besten einstellen?" Skippers Antworten waren immer gleich: "Ja." Indem sie "Ja" zu Vielfalt sagen, halte ich ESPN für den weltweit wertvollsten TV-Sender. Ich denke, darin liegt das Geheimnis. Wissen Sie, in meiner Branche, bei Ariel Investments, wird Vielfalt als Wettbewerbsvorteil gesehen. Und dieser Vorteil kann über das Geschäftliche hinausgehen. Scott Page von der University of Michigan ist der Erste, der eine Formel zur Berechnung der Vielfalt entwickelt hat. Wenn man versucht, ein Problem zu lösen, es wirklich versucht, dann sollte das in einer vielfältigen Gruppe mit vielfältigen Intellekten passieren. Sein Paradebeispiel ist die Pockenepidemie. Sie brachte alle Wissenschaftler zusammen, als sie durch Europa wütete. Und sie waren ratlos. Die Anfänge des Heilmittels entsprangen einer unerwarteten Quelle. Ein Milchbauer bemerkte, dass die Milchmädchen keine Pocken bekamen. Die Pockenimpfung basiert auf dem Kuhpockenvirus, dank diesem Milchbauern. Ich bin mir sicher, dass Sie sich jetzt sagen: "Ich leite keinen Fernsehsender, keine Investmentfirma, ich bin kein Milchbauer. Was kann ich tun?" Ich sage Ihnen, seien Sie farboffen. Wenn Sie Personalleiter oder Teil des Zulassungskomitees sind, dann können Sie farboffen sein. Wenn Sie versuchen, ein schwieriges Problem zu lösen, können Sie das Wort ergreifen und farboffen sein. Viele werden sicherlich sagen, dass das nicht viel ausmacht, aber ich bitte Sie darum, etwas wirklich Einfaches zu tun: Beobachten Sie Ihre Umgebung, bei der Arbeit, der Schule, zu Hause. Beobachten Sie die Menschen um sich herum, gezielt und gewollt. Lernen Sie Menschen kennen, die anders aussehen, anders denken, sich anders verhalten, von woanders herkommen. Sie können Ihre Thesen in Frage stellen und Sie können daran wachsen. Sie können durch diese Menschen neue Einblicke gewinnen. Sie können, wie mein Mann, der weiß ist, lernen, dass Schwarze -- Männer, Frauen, Kinder -- jeden Tag Bodylotion verwenden. Ich denke auch, es ist wichtig, dass die nächste Generation den Fortschritt als hilfreich ansieht, denn wir sind ihre Vorbilder. Meine Mutter war gnadenlos realistisch. Sie war ein unglaubliches Vorbild. Sie war ein Mensch, der so wurde, weil sie alleinerziehend mit sechs Kindern in Chicago war. Sie war im Immobilienhandel tätig, wo sie sehr hart arbeitete, aber oft Probleme hatte, über die Runden zu kommen. Das heißt, es gab manchmal kein Telefon, keinen Strom oder wir wurden von zu Hause vertrieben. Danach haben wir manchmal in ihren Wohnungen gewohnt, oft in einem oder zwei Zimmern, da sie noch nicht fertig waren. Das Badewasser haben wir auf Kochplatten erhitzt. Aber sie gab die Hoffnung niemals auf und wir durften es auch nicht. Ihre knallharte Pragmatik ... Ich war vier und sie sagte: "Mama ist der Weihnachtsmann." (Lachen) Sie war knallhart. Sie hat mir so viel beigebracht, aber das Wichtigste war, dass sie mir jeden Tag sagte: "Mellody, du kannst alles erreichen." Aufgrund dieser Worte bin ich morgens aufgestanden. Aufgrund dieser Worte liebte ich die Schule mehr als alles andere. Aufgrund dieser Worte dachte ich im Schulbus an meine größten Träume. Aufgrund dieser Worte bin ich hier, voller Leidenschaft, und bitte Sie, für die Kinder mutig zu sein, die heute diese Träume haben. (Applaus) Die Kinder sollen den Firmenchef im Fernsehen sehen und sagen: "Ich kann wie sie sein.", oder "Er sieht aus wie ich.". Sie sollen wissen, dass alles möglich ist, dass sie alles erreichen können, wovon sie träumen. Dass sie in jedem Vorstand willkommen sind und jedes Unternehmen führen können. Das Konzept der Freiheit und des Muts ist in den USA tief verankert. Wir Amerikaner nehmen jede Herausforderung an und weichen nicht zurück. Wir setzen uns ein und zeigen Mut. Also bitte ich Sie, hier und jetzt, zeigen Sie Mut. Ich bitte Sie, seien Sie kühn. Als Geschäftsfrau bitte ich Sie, tun Sie Ihr Möglichstes. Als Bürger bitte ich Sie, lassen Sie kein Kind zurück. Ich bitte Sie, nicht farbenblind zu sein, sondern farboffen, so dass alle Kinder wissen, dass ihre Zukunft wichtig ist und ihre Träume möglich sind. Vielen Dank. (Applaus) Danke schön. Danke. Danke. (Applaus).