Virtuelle Realität begann für mich an einem eher ungewöhnlichen Ort. Das war in den 1970er Jahren. Ich habe früh angefangen: Damals war ich sieben Jahre alt und meinen Zugang zur virtuellen Realität fand ich damals über das Evel-Knievel-Stunt-Motorrad. Dies ist ein Werbefilm für jenes Gerät. (Video): Was für ein Sprung! Evel fährt sein fantastisches Motorrad. Der Düsenantrieb bringt es auf Höchstgeschwindigkeit. Das machte mir damals großen Spaß. Ich fuhr dieses Motorrad überall. Ich war dort mit Evel Knievel und übersprang mit ihm den Snake River. Ich wollte die Rakete, aber habe sie nie bekommen, nur das Stunt-Motorrad. Ich fühlte mich dieser Welt so verbunden, dass ich später kein Geschichtenerzähler, sondern Stuntman werden wollte. Ich war da. Evel Knievel war mein Freund. Ich fühlte mich ihm so nahe. Aber es klappte nicht mit uns. (Lachen) Ich ging zur Kunstschule. Ich begann Musikvideos zu machen. Hier ist eines meiner ersten Videos: (Musik: "Touch the Sky" von Kanye West) Sie bemerken hier bestimmt einige Ähnlichkeiten. (Lachen) Dabei bekam ich auch die Rakete! (Lachen) So wurde ich also ein Filmemacher oder versuchte einer zu werden und begann das Werkzeug zu nutzen, das mir dafür zur Verfügung stand, um damit meinem Publikum die fesselndsten Geschichten zu erzählen. Denn Film ist ein tolles Medium, mit dem wir uns in Menschen, die anders sind als wir, und in Welten, die uns völlig fremd sind, einzufühlen. Leider teilte Evel Knievel unsere Gefühle in keinster Weise und verklagte uns für dieses Video. (Lachen) Also kurz darauf. Das Tolle daran war, dass der Mann, den ich als Kind so bewunderte und der ich als Erwachsener so gerne werden wollte, mir schlussendlich sein Autogramm gab. (Lachen) (Applaus) Sprechen wir nun über Film. Film ist ein unglaubliches Medium, aber im Prinzip das Gleiche wie früher: eine Serie von rechteckigen Bildern, die nacheinander abgespielt werden. Wir haben wirklich unglaubliche Dinge mit diesen Bildern gemacht. Aber ich fing an, darüber nachzudenken, wie ich neue Technologien dafür benutzen kann, Geschichten anders zu erzählen und andere Geschichten zu erzählen, als es die traditionellen Mittel, die wir seit 100 Jahren verwenden, erlaubten. Daher begann ich zu experimentieren und versuchte eine ultimative Empathie-Maschine zu entwickeln. Hier ist eines der ersten Experimente: (Musik) Es heißt "The Wilderness Downtown" in Zusammenarbeit mit Arcade Fire. Sie geben am Anfang die Adresse ein, an der Sie aufgewachsen sind. Es ist eine Website, von der aus sich unterschiedliche Browserfenster öffnen. Sie sehen einen Teenager eine Straße entlang laufen und dann Google Street View und Bilder von Google Maps und Sie erkennen, dass die Straße Ihre eigene ist. Wenn er dann vor einem Haus hält, ist es Ihr eigenes Haus. Das Tolle daran war, dass Menschen darauf emotional stärker reagierten als auf meine rechteckigen Bilder. Ich nehme hier also ein Stück aus Ihrer Vergangenheit und verwende es im Rahmen der Geschichte. Aber dann überlegte ich: Das ist ein Teil von Ihnen, aber wie bekomme ich Sie als Ganzes da hinein? Also begann ich mit Kunstinstallationen. Diese hier heißt "Der Verrat der Heiligtümer". Es ist ein Tryptichon und dies die dritte Klappe. (Musik) Nun habe ich Sie innerhalb des Rahmens. Darauf hatten Menschen eine noch tiefere emotionale Reaktion als auf die vorangegangene Arbeit. Dann überlegte ich, wofür Rahmen eigentlich stehen. Ein Rahmen ist im Grunde nur ein Fenster. Alle Medien, die wir sehen, ob Fernsehen oder Kino, sind Fenster in andere Welten. Da dachte ich: Großartig, jetzt habe ich Sie in einem Rahmen. Aber da möchte ich Sie gar nicht haben. Ich möchte Sie auf der anderen Seite des Rahmens oder Fensters haben, als Bewohner dieser Welt. Und das bringt mich zurück zur virtuellen Realität. Reden wir also über virtuelle Realität. Leider kann man darüber so gut sprechen wie über Architektur tanzen. (Lachen) Hier tanzt jemand über Architektur -- in einer virtuellen Realität. (Lachen) Es ist also schwierig zu erklären. Warum ist das so? Es ist schwierig, weil es ein sehr experimentelles Medium ist. Sie fühlen sich Ihren Weg da hinein. Es ist eine Maschine, aber innen drin fühlt es sich wie echtes Leben an, wie die Wahrheit. Sie sind dann ein Teil dieser Welt und fühlen sich den Menschen dort zugehörig. Ich zeige Ihnen nun eine Demo-Version eines Virtual-Reality-Films: eine Vollbildversion von allen Informationen, die wir bei dieser Art Dreh einfangen. Wir erfassen dabei jede Richtung. Dieses Kamerasystem haben wir dafür gebaut. Es hat 3D-Kameras, die in jede Richtung blicken, und binaurale Mikrofone in alle Richtungen. Wir bauen daraus eine bewohnbare Sphäre. Ich zeige Ihnen also nicht einen Blick in diese Welt, sondern die gesamte Welt auf ein Rechteck erstreckt. Dieser Film heißt "Wolken über Sidra" und ist eine Zusammenarbeit unserer Virtual-Reality-Firma VRSE mit den Vereinten Nationen und einem weiteren Beteiligten namens Gabo Arora. Wir waren dafür im Dezember in einem syrischen Flüchtlingslager in Jordanien und filmten die Geschichte eines 12-jährigen Mädchens namens Sidra. Sie floh mit ihrer Familie von Syrien durch die Wüste nach Jordanien und lebt seit eineinhalb Jahren in diesem Camp. (Video) Mein Name ist Sidra. Ich bin 12 Jahre alt. Ich bin in der fünften Klasse. Ich stamme aus der Provinz Daraa, nahe der Stadt Inkhil in Syrien. Ich lebe hier, im Camp Zaatri, Jordanien, seit eineinhalb Jahren. Ich habe eine große Familie: drei Brüder, einer ist noch ein Baby. Er weint oft. Ich fragte meinen Vater, ob ich auch so oft geweint habe. Er sagt nein. Ich glaube, ich war stärker als mein Bruder. Wenn Sie Maske und Kopfhörer aufhaben, sieht das nicht so aus wie hier. Ihr Blickwinkel ist aus der Welt heraus, wobei Sie sich darin in einem 360°-Winkel umschauen können. Und wenn Sie dort in ihrem Raum sitzen und sie beobachten, ist es nicht durch den Fernsehbildschirm, nicht durch ein Fenster hindurch. Sie sitzen dort mit ihr. Wenn Sie nach unten blicken, sitzen Sie auf dem gleichen Fußboden. Und weil das so ist, fühlen Sie ihre Menschlichkeit auf eine tiefgründigere Art. Sie fühlen viel stärker mit. Deshalb denke ich, dass diese Maschine unsere Gedanken verändern kann. Wir haben auch bereits angefangen und versuchen gerade einige zu verändern. Diesen Film haben wir im Januar auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos gezeigt, einer kleinen Gruppe von Menschen, deren Entscheidungen Auswirkungen auf das Leben von Millionen haben. Diese Menschen würden sonst wohl kaum in einem Zelt in einem Flüchtlingslager in Jordanien sitzen. Aber an einem Januartag in der Schweiz, befanden sich plötzlich alle genau dort. (Applaus) Und sie waren davon betroffen. Also werden wir mehr davon machen. Wir arbeiten aktuell mit den Vereinten Nationen daran, eine ganze Serie dieser Filme zu machen. Eine Arbeit über Liberia ist gerade fertig und nun werden wir in Indien drehen. Wir nehmen dann diese Filme und zeigen sie den Vereinten Nationen, den Mitarbeitern und Besuchern. Wir zeigen sie den Menschen, die tatsächlich die Leben der Menschen in den Filmen verändern können. Genau hier denke ich, dass wir gerade erst an der Oberfläche der Macht virtueller Realität kratzen. Es geht nicht um Videospiele, sondern darum, die Menschen auf eine so intensive Art zu verbinden, wie ich es noch in keiner anderen Medienform gesehen habe. Das kann die gegenseitige Wahrnehmung verändern. Mein Gedanke ist folgender: Virtuelle Realität hat das Potential die Welt wirklich zu verändern. Es ist zwar eine Maschine, aber durch diese Maschine werden wir teilnahmsvoller, wir werden empathischer, fühlen uns einander näher und werden so letztendlich dadurch auch menschlicher. Dankeschön! (Applaus)