Okay!
Jetzt geht es um Wissenschaft,
schließen Sie also bitte die Ausgänge,
halten Sie Leute davon ab zu flüchten und
wir werden sehen, wohin uns das bringt.
In meinem Vortrag geht es um Evolution.
Vieles wurde darüber schon gesagt,
vieles wurde schon getan.
Ein Haftungsausschluss:
Die Organisatoren haben mir nur 2,5 Std
Zeit für meinen Vortrag gegeben,
also ist eine kurze Einführung über einige Aspekte –
eine Zusammenfassung der Evolution nötig.
Ich werde Dinge überspringen
und vereinfachen,
das müssen Sie hinnehmen.
Meine Aussagen werden aber
hoffentlich Sinn ergeben.
Evolution: Jeder kennt die Theorie
oder glaubt, sie zu kennen.
Sie ist noch unfertig;
das ist sehr wichtig.
Wir verstehen vieles.
Viele Fakten zeigen uns,
dass die Evolution stimmt.
Es gibt keinen einzigen
Wissenschaftler,
der wirklich wissenschaftlich arbeitet,
der Tatsachen sieht, Theorien ableitet
und die Evolutionstheorie anzweifelt.
Das bedeutet nicht, dass
die Evolutionstheorie unveränderlich ist.
Wir entdecken immer mehr und
müssen unsere Theorie anpassen.
Das ist sehr wichtig.
Manche Menschen glauben,
weil wir manchmal
etwas entdecken
und unsere Theorie leicht
verändern müssen,
dass die Theorie nicht stimmt.
Stattdessen formen sie eine Theorie,
für die es gar keinen Beweis gibt
und glauben, das sei
die viel bessere Alternative.
Das glaube ich nicht.
Ok! Beginnen wir mit
diesem Typen.
Eindeutig modebewusst:
ein Franzose.
Jean-Baptiste Lamarck.
Er war einer der ersten mit einer
schlüssigen Evolutionstheorie.
Er hat viel mehr getan, aber seine
Theorie ist doch außergewöhnlich.
Einer der Aspekte der Theorie ist
sein Glaube an die Vererbung
erworbener Eigenschaften.
Damit meint er –
sehen Sie sich diese Giraffen an.
Damit kann man dieses Konzept
Lamarcks ganz leicht erklären.
Jeder weiß, dass eine Giraffe einen
auffallend langen Hals hat.
Wie kommt sie dazu?
Sie versucht, Blätter
von Bäumen zu fressen,
und streckt dabei ihren Hals.
Deshalb sind die Hälse der
Giraffenkinder etwas länger.
Das wiederholt sich und so bekam
die Giraffe einen langen Hals.
Das klingt ein bisschen absurd,
ist in Wahrheit aber eine tolle Idee.
Er bediente sich der Daten, die er besaß.
Wunderbare Theorie,
leider stimmt sie nicht.
Dann kam Darwin.
Über Darwin wurde schon
genug gesagt und getan,
besonders im letzten Jahr.
Er war großartig.
Er stellte
2 Schlüsselkonzepte vor:
Variation und Selektion.
Bezüglich Variation sagte er:
Diese Giraffen strecken
ihre Hälse nicht,
– nun ja, vielleicht doch –, aber sie werden
mit kürzeren und längeren Hälsen geboren.
Unter Giraffen gibt es
eine natürliche Variation.
Die mit den langen Hälsen haben
Glück und erwischen mehr Blätter.
Bekanntlich denkt man erst an Sex,
wenn man keinen Hunger mehr hat.
Also – (Lachen)
pflanzen sie sich fort, weil
sie nicht mehr hungrig sind.
Sie bekommen kleine Giraffen
mit etwas längeren Hälsen,
und so passiert Evolution.
Das war also die Selektion,
es gibt auch
natürliche Variation.
Er hat nicht gesagt, wie
natürliche Variation entsteht,
darauf hatte er keine Antwort.
Er hat viel darüber nachgedacht.
Aber am Ende hat er beide
Vorgänge getrennt.
Deshalb ist er so umstritten,
weil es sehr grausam ist,
eine grausame Evolution.
Giraffen sterben.
Die armen Giraffen mit den
kurzen Hälsen sterben.
Ok!
Dieser Typ hier schaut sehr streng aus.
Ein Deutscher.
(Lachen)
August Weismann, ein großartiger Biologe.
Er versuchte zu beweisen,
dass Variation und Selektion
voneinander völlig unabhängig sind.
Seine Methode war –
er versuchte also, das alte
Konzept Lamarcks zu vernichten –
dass die Halslänge der Giraffe
in Wahrheit nichts
mit ihrer Tätigkeit im Leben
zu tun hatte: dem
Strecken nach Bäumen.
Sein Experiment –
dafür ist er berühmt,
obwohl es nicht sein
bestes Experiment war –
er nahm neugeborene Mäuse,
schnitt den Schwanz ab und
züchtete weitere Mäuse.
Sobald welche
geboren wurden,
schnitt er den Schwanz
erneut ab und wiederholte das.
Am Ende bemerkte er,
dass alle neuen
kleinen Mäuse,
sogar nach 30 Generationen
Schwanzabschneiden
immer noch gleich lange Schwänze
wie die ursprünglichen Mäuse hatten.
Ein toller Weg, Lamarck
zu widerlegen.
Ich hätte ihm geraten, sich zu
entspannen, zurückzulehnen,
an die männliche jüdische
Bevölkerung zu denken,
und wir hätten dieses Experiment
nicht nötig gehabt. (Lachen)
Er hat aber meiner Meinung nach
etwas viel Wichtigeres entdeckt.
Eine wirklich erstaunliche Sache.
Er sagte in Wahrheit,
dass wir früh in unserem
Leben, als Embryos,
die er unsere Keimzellen nannte –
diese Zellen werden für die
Fortpflanzung verwendet –
vom Rest des Embryos
getrennt werden.
Sie sehen sie hier als kleine Punkte.
Sie trennen sich, und wir wissen,
wo sie schließlich landen.
Das Starke dabei –
da hatte er völlig Recht –
das Starke dabei ist, dass –
was er sagte, war –
wenn die Giraffe ihren Hals streckt,
streckt sie nicht ihre Hoden.
Wie soll sich das also auf
Ihre Keimzellen auswirken?
Das ist ein gutes Argument,
zumindest für komplexe Organismen
hat er Variation und Selektion getrennt.
Die Kräfte, die Sie selektieren,
sind unabhängig von Ihren Variationen.
Ein wenig später arbeiteten
diese beiden Herren hier,
Luria und Delbrück,
im Labor Cold Spring Harbor in den USA.
Dort führten sie viele
tolle Experimente durch,
und eines davon brachte
ihnen den Nobelpreis ein.
Sie arbeiteten an
diesem Virus hier,
der ein bisschen wie ein
Mondlander ausschaut,
aber er ist ein bisschen kleiner.
Man nennt sie Bakteriophagen.
Gute Neuigkeiten für Sie.
Als Nichtwissenschaftler ist
Ihnen vielleicht nicht bekannt,
dass diese krankmachenden Bakterien
selber krank werden, auch sie
bekommen Virusinfektionen.
Die einzigen Organismen,
die nicht krank werden,
sind Viren selbst.
Bakterien bekommen also Virusinfektionen
und sterben tatsächlich daran.
Das haben diese Männer erforscht.
Sie wollten auch Folgendes
näher anschauen:
Ist Variation unabhängig von Selektion?
Sie machten ein sehr
schlaues Experiment.
Sie sagten: "Beginnen wir
bei einer Bakterienzelle.
Geben wir ihr viel Nahrung, dann
produziert sie viele kleine Bakterien."
Bekanntlich teilen sie sich immer,
Bakterien vermehren sich,
indem sie sich zweiteilen,
klonen – genetisch ident,
so passiert das.
Und sie sagten:
"Das sind also die sich
ständig teilenden Bakterien.
Irgendwann geben
wir einen Virus hinein
und schauen, was passiert."
Sie haben bemerkt, wenn ein
Virus auf viele Bakterien trifft,
schaffen es ein paar Bakterien
immer zu überleben.
Das ist genetisch, weil ihre kleinen
Bakterienkinder auch überleben,
also ist es ganz klar
genetisch bedingt.
Etwas geschieht mit ihrer DNS,
mit ihrem Genmaterial.
Es ist also etwas geschehen.
Ein paar dieser Bakterien
werden resistent.
Die Frage ist jetzt –
diese Variation,
denn das ist es –
passiert sie, bevor die Bakterien
mit dem Virus in Kontakt kommen?
Oder werden bei der
Infektion dieser Kultur,
dieser 100 Mio. Zellen,
plötzlich ein paar resistent?
Das ist eine sehr interessante Frage.
Sie waren schlau.
Sie sagten: "Angenommen,
es gibt einen Mechanismus,
durch den das Bakterium bei
seiner Infektion durch den Virus
irgendwie versucht,
resistent zu werden."
Wenn es einen Mechanismus gibt.
Wenn man das also mit
100 Mio. Zellen macht,
ein paar Mal mit 100 Mio. Zellen,
erwartet man fast, dass immer
eine ähnliche Zahl Bakterien
resistent wird,
die es schafft, richtig?
Ein paar, die Glück haben.
Aber angenommen, ein paar Bakterien
werden während der Vermehrung
resistent – die blauen Punkte hier –
dann entstehen beim nächsten
Versuch ganz andere Zahlen.
Es kann nämlich Folgendes passieren:
Hier haben wir ein Bakerium,
das erst sehr spät
in der Fortpflanzung
resistent geworden ist.
Es gibt nur eines unter allen Bakterien,
das resistent wurde und nicht
vom Virus getötet wurde.
Hier haben Sie aber ein
sogenanntes Jackpot-Ereignis.
Der Name sagt alles.
Sehr früh im Fortpflanzungsstadium
dieser ersten Zelle hier
wird eines von zwei Kindern –
oder vielleicht ein Elternteil – resistent
und beginnt sich zu teilen.
Und jetzt ist die Hälfte der Kultur –
wir sprechen von Millionen
Zellen hier – resistent.
Das ist eine riesige Veränderung.
Sie haben also experimentiert
und das herausgefunden.
Daraus schlossen sie:
Ganz klar – das haben sie
mathematisch bewiesen –
ganz klar waren einige
Bakterien in dieser Kultur
einem Virus gegenüber resistent,
dem sie noch nie begegnet sind.
Variation muss aber unabhängig
von der Selektion sein.
Ich könnte jetzt behaupten,
und einige haben es getan,
dass dieses Experiment einen
ziemlich schweren Fehler aufweist.
Ich sage jetzt nicht, dass sie
den Nobelpreis nicht verdient hätten,
sie haben ihn auf jeden Fall verdient.
Aber ihr Experiment beinhaltet
klarerweise ein Problem:
Sie benutzten einen tödlichen Virus.
Vielleicht besitzen Bakterien
einen Mechanismus, Resistenz
oder Toleranz diesem Virus
gegenüber zu entwickeln,
aber nicht bei einem,
der sie sofort tötet.
Vielleicht hätten sie geringeren
Stress auslösen sollen,
eine sanftere Selektion.
Das ist hier also das Problem.
Später haben wir natürlich,
nachdem Watson und Crick
und Rosalind Franklin hier
die DNS-Struktur entdeckt haben,
und die ganze Molekularforschung
richtig losgegangen ist,
die Evolutionstheorie zu
einer so genannten
"neuen Synthese" zusammengestellt.
Das ist unsere aktuelle
Evolutionstheorie,
bei der Veränderungen im DNS-Code
mehr oder weniger zufällig passieren,
sie sind unabhängig von der Selektion
und produzieren Unterschiede,
was all die Unterschiede
unter uns verursacht.
Darum können einige kein AIDS bekommen,
die meisten von uns aber schon.
Das stimmt übrigens.
Das ist so im Groben unsere Theorie.
Ich bin aber noch nicht fertig.
Wir haben gesehen, dass
es immer mehr Beweise für
eine größere Komplexität gibt.
Vielleicht sind Variation und Selektion
voneinander nicht so völlig
unabhängig wie manche dachten.
Das erfuhr ich, während
ich das hier studierte:
Ich machte meinen PhD in
einem Labor für Bierbrauerei.
Das ist einer der besseren Orte
für die Forschungstätigkeit
eines Studenten.
Ich erforschte Hefezellen,
die übrigens ein toller genetischer
Modellorganismus sind.
Es ist in Wahrheit
frustrierend, wenn man
von seinen Geldgebern
oder auf der Konferenz
ernst genommen werden will
und mit Bier arbeitet.
Man sagt z. B.: "Vertrauen Sie mir, ich
mache wirklich ernsthafte Genforschung."
Ok, eines meiner
Studienobjekte waren
verklumpte Hefezellen.
Flockung.
Hier sehen Sie ein
paar Hefezellen,
die aneinander kleben und sich
in dieser Kultur hier absetzen.
Das ist beim Bier wichtig, denn
es geschieht am Ende der Gärung.
Das ist grob umrissen der
Unterschied zwischen klarem Bier,
das keine Hefezellen beinhaltet,
und dem, was wir "Weißbier"
oder "Weizenbier" nennen,
in dem noch immer Hefezellen
herumschwimmen.
Wir wollten die entsprechende
Genetik erforschen.
Wir fanden dieses eine Gen hier –
"Flo 1", was für "Flockung 1" steht.
Es ist ein Gen, und das
Besondere daran ist,
dass es einen
extrem instabilen Mittelteil hat.
Dieses Gen besteht natürlich
wie jedes andere aus DNS.
Der Mittelteil der DNS
ist extrem instabil.
Er verändert sich stärker
als jede andere DNS.
Im Besonderen
beinhaltet er die sogenannten
"tandem repeats".
Das ist ein DNS-Bestandteil, der
sich immer wiederholt.
Er ist in Wahrheit viel länger,
aber Sie verstehen, was ich meine.
Die Instabilität rührt daher,
dass sich die Anzahl der
Wiederholungen sehr schnell ändert.
Nach jedem Kopiervorgang der DNS
ist die Anzahl höchstwahrscheinlich
anders als vorher.
Das ist schon seit Langem bekannt.
Man hat sich aber bei Genen
nicht allzuviel erwartet.
Normalerweise finden diese
tandem repeats nicht in Genen statt.
Aber hier und bei einigen
anderen Genen kommt es vor.
Hier ist ein Stück DNS
oder ein bestimmtes Gen, das sich
schneller als andere Gene verändert.
In diesem Fall bedeutet es,
dass sich die Flockung verändert.
Diese Eigenschaft der Hefe,
diese Besonderheit –
vergleichen Sie sie mit
einem langen Hals –
verändert sich schneller als einige
andere Eigenschaften der Hefe.
Falls Sie jetzt denken,
– das macht nichts –
falls Sie denken, dass das nur
auf Hefe zutrifft, liegen Sie falsch.
Ungefähr zur gleichen Zeit, als wir
unsere Geschichte veröffentlichten,
wurde eine tolle Geschichte
über Hunde veröffentlicht.
Ich weiß nicht, ob
Sie das wussten,
aber Hunde sind einige
der wandelbarsten Wesen
auf dieser Erdoberfläche.
Das betrifft speziell
ihre Körperform.
Schauen Sie sich zum Beispiel
diesen Chihuahua und
diesen Bernhardiner hier an.
Sie gehören zur selben Gattung.
Prinzipiell. Und ich
meine "prinzipiell".
Sie können sich
fortpflanzen.
Hoffentlich ist der Chihuahua
nicht das Weibchen.
(Lachen)
Sie werden von
Menschen gezüchtet.
Wir haben diese Hunde durch
Selektion etc. geschaffen.
Wir haben dafür aber nicht
so viel Zeit gebraucht.
Aus evolutionärer Sicht
sind diese Dinge neu.
Sie sind brandneu und
sie wurden irgendwie –
sie haben sich in sehr
kurzer Zeit entwickelt.
Man hat herausgefunden,
dass einer der
Schlüsselregulatoren
– und ich spreche
wieder vom Gen –
ein regulierendes Gen ist.
Es reguliert die Schädelform,
auch die Körperform des Hundes.
Auch hierin kommen diese
instabilen tandem repeats vor.
Forscher haben herausgefunden,
dass es einen schönen
Zusammenhang zwischen
der Anzahl der Wiederholungen
in diesem Gen
und der Krümmung oder der Länge
der Schnauze gibt.
Sie haben auch herausgefunden, dass einige
andere Veränderungen in einem weiteren
regulierenden Gen zu
einer sechsten Zehe führen.
Dieser kleine extra Zeh hier.
Ich wusste nicht, dass
das eine Eigenheit
einer speziellen Art von
Dänischen Doggen ist.
Deshalb ist das geschehen.
Es ist in sehr kurzer
Zeit geschehen,
und jetzt sehen Menschen
dieses sechste Zehe
als Eigenheit.
Es passiert also
nicht nur bei Hefe.
Es gibt noch etwas.
Seit einiger Zeit ist bekannt,
– daran forschen wir auch –
dass das Ende
von Chromosomen
– Chromosomen sind
im Grunde DNS-Stränge,
so sitzt unsere DNS in der Zelle –
also das Ende von
Chromosomen – hier,
ganz am Ende – sie
verändern sich viel schneller.
Es gibt höhere Mutationsraten.
Die DNS ist nicht so stabil.
Auch die Gene hier
drinnen entwickeln sich.
Falls Sie sich jetzt fragen, welche Gene
sich bei Menschen hier befinden:
Das sind die Gene,
dank derer wir
z. B. riechen können.
Natürlich müssen wir viele
verschiedene Gerüche erkennen.
Diese Gene kopieren
und verändern sich
sehr schnell.
Bei Pflanzen ist der
Mechanismus ganz anders.
Er ist komplizierter.
Ich werde versuchen,
das kurz zu erklären.
Es gibt da ein besonderes Protein.
Es ist ein bisschen wie Ihre Mutter.
Dieses Protein ist die Zellmutter.
Es überprüft all die kleinen Proteine
und fragt: "Geht's dir gut?
Du schaust nicht gut aus.
Hier ist dein Mantel.
Mach dieses, und
mach nicht jenes."
Es ist wie eine
Lehrmutter.
Das Protein kümmert
sich darum, dass sie sich
– trotz kleiner Mutationen,
Veränderungen in anderen
Proteinen – richtig verhalten.
Wenn sie sich falsch verhalten,
werden sie abgestuft.
Hier sehen Sie, dass
in stressigen Zeiten
– und Pflanzen spüren auch Stress –
Stress ist ein biologisches
Wort für Selektion.
Es bedeutet, dass man an eine
Bedingung nicht angepasst ist.
Es bedeutet, dass man den
Druck der Evolution spürt
und der Druck stark
auf einem lastet.
In stressigen Zeiten wird diese
Funktion des Mutterproteins
einen Gang zurück gefahren.
Plötzlich verhalten sich
diese Pflanzen anders.
Sie spinnen.
Weil jetzt plötzlich einige der zuvor
unsichtbaren Mutationen
an die Oberfläche kommen.
Es ist zwar nicht bewiesen,
aber es ist wahrscheinlich,
dass das vielleicht ein
Mechanismus ist,
dem Stress zu entkommen.
Weil es plötzlich gut ist,
anders sein zu wollen
als deine Mutter.
Ein paar dieser Pflanzen
überstehen den Stress
also vielleicht besser
und kommen zurecht. Vielleicht kann
diese Mutation repariert werden.
Und so weiter.
Bakterien liefern ein
weiteres Beispiel.
Ich überfliege das
jetzt nur wieder.
In stressigen Zeiten
aktivieren Bakterien
– nur damit Sie einen
Eindruck haben,
es ist nicht sehr wichtig –
in stressigen Zeiten
aktivieren sie ein anderes Protein
zum Kopieren ihrer DNS.
Natürlich ist ein Protein, das
Ihre DNS kopiert, sehr wichtig.
Es sollte nämlich nicht
zu viele Fehler machen,
weil das die DNS verändert.
So entsteht natürliche Variation.
Man braucht ein wenig davon,
aber nicht zu viel,
denn die meisten
Variationen sind nicht gut.
Es wäre nicht so toll, wenn die Giraffe
einen 3x so langen Hals bekäme,
weil das Herz damit
nicht zurechtkäme.
Aber in stressigen
Zeiten wiederum
muss man manchmal zwischen
Tod und Glücksspiel wählen.
Bakterien sind vielleicht Glücksspieler.
Sie aktivieren dieses schlampige Gen.
Die DNS wird also kopiert, aber
es gibt viel mehr Veränderungen.
Vielleicht – aber das ist
schwer zu beweisen –
vielleicht ist das eine Strategie der
Bakterien, die Selektion zu überstehen,
den Evolutionsdruck,
der auf ihnen lastet.
Ein noch viel schöneres Beispiel
ist vielleicht der Wasserfloh hier.
Es ist immer noch ein
ziemliches Geheimnis.
Aber Wasserflöhe – sie schwimmen
herum, schöne Organismen –
haben auch Feinde. Und wenn sie –
da ist eine Wasserflohfamilie,
und Papa wird gefressen –
dann werden Chemikalien
ins Wasser abgesondert,
die die Bildung des
Nackenzahns hier auslösen.
Der Nackenzahn macht die Wasserflöhe
für ihre Jäger weniger attraktiv.
Das ist alles wunderbar,
nichts Besonderes,
eine Chemikalie, die
Formveränderungen auslöst.
Das Verrückte daran ist, dass die Wasserflohkinder
auch einen Nackenzahn haben.
Auch wenn sie noch nie einen
Räuber gesehen haben.
Sogar wenn man alle
Räuber entfernt.
Sie werden ihn trotzdem
noch eine Weile haben,
ein paar Generationen lang.
Das erinnert uns stark
an Lamarck, oder?
Etwas geschieht im Laufe des
Lebens dieser Organismen.
Das verändert etwas und gibt
die Information an die Kinder weiter.
Das kommt Lamarck sehr nahe.
Das Fazit aus diesem Vortrag
ist – und das ist wichtig:
Bedeutet das, die Evolutionstheorie muss
im größeren Stil neu überdacht werden?
Ganz und gar nicht.
Menschen haben oft missverstanden,
– glaube ich –, was ich gesagt
und veröffentlicht habe.
Kürzlich ist das in diesem flämischen,
oder niederländischen, Magazin passiert,
worin ich über dieselben Dinge
geschrieben habe wie heute hier.
Das war dann das Titelbild.
Ich fand das nicht so toll, weil es so aussieht,
als ob ich den Boden unter Darwin wegsägen würde.
Nein.
Das hier hat Darwin wortwörtlich
über Variation und
Selektion geschrieben:
Er sagt, grob ausgedrückt:
"Ich habe die natürliche Variation in
meinem Buch als völlig willkürlich dargestellt.
Als ob sie purer Zufall ist.
Das wollte ich aber
natürlich nicht andeuten.
Es bedeutet einfach, dass ich nicht
wirklich weiß, was geschieht.
Und vielleicht gibt es einen
Mechanismus. Es ist viel komplexer."
Darwin war sehr klug. Er dachte
über seine Theorie nach.
Er wusste genau,
wo die Löcher waren
und wo er nicht die eine oder andere
Möglichkeit bevorzugen sollte.
Er hat also mit eingeschlossen –
erst später sind wir ein bisschen
zu weit von Lamarck abgewichen.
Er hat Lamarcks Theorie
nicht völlig abgelehnt.
Das bedeutet aber nicht, dass
Lamarcks Theorie stimmt.
Ich glaube noch immer, dass
es hauptsächlich Zufall ist,
aber es gibt hie und da ein
paar kleine Veränderungen,
die es etwas weniger zufällig
als rein zufällig machen.
Ich glaube, dass sich
durch die Evolution
Mechanismen entwickelt haben, die aus
der Evolution keinen reinen Zufall machen.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht:
Wie kann das stimmen?
Da würde ich antworten, dass dies einfach
durch den Evolutionsprozess passiert:
Angenommen, ein Gen
wird sehr instabil
und es hat eine
organisatiorische Funktion,
ein Gen, das sich
nicht verändern muss,
oder sich nicht so schnell
verändern muss.
Oder eine Veränderung
wäre eher nachteilig.
Wird ein solches Gen instabil,
wird es für den Organismus
zu einem riesigen Nachteil.
Also wird es wegselektiert.
Wenn aber ein Gen
z. B. ein Gen, das Ihren Schädelknochen
ein bisschen flexibler macht,
wie bei einer Giraffe, und
vielleicht gibt es dann
mehr Giraffen mit längeren Hälsen.
Wenn ein solches Gen
rein zufällig entsteht –
und es ist purer Zufall –
ist es vielleicht vorteilhaft für
den Organismus und es bleibt da.
Es bleibt gleich instabil.
Vielleicht haben sich diese
Dinge genau so entwickelt.
Wie schon gesagt, wird unsere Arbeit
manchmal missverstanden.
Manchmal ist es ziemlich lustig.
Besonders wenn die Leute,
die die Schöpfung als einen "Intelligenten
Entwurf" sehen, sich unsere Arbeit aneignen.
Das war eines der lustigen Ereignisse.
Diese Website heißt "uncommon descent"
[ungewöhnliche Abstammung].
Wenn Sie darüber nachdenken,
sagt der Titel alles. Diese Leute glauben
nicht an eine gewöhnliche Abstammung,
die natürlich das Kernstück
unserer Evolutionstheorie ist.
Also haben wir einen
Artikel veröffentlicht.
Ein Kollege in den USA – als ich noch
in den USA gearbeitet habe – und ich.
In diesem Artikel haben wir die Sache
gründlicher besprochen als hier,
und uns war klar, dass einige
Leute das falsch verstehen könnten.
Im Abstract, der Zusammenfassung
unseres Artikels, schrieben wir
– was so ziemlich jeder
herauslesen wird –
deutlich, dass unsere Ideen
Darwin nicht widersprechen.
Dann lasen diese
Leute hier den Artikel
und wollten ihn noch immer
für ihre Konzepte verwenden.
Sie sagten: "Für die Veröffentlichung in
einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift
mussten die Autoren sagen, dass
ihre Ideen Darwin nicht widersprechen,
aber das meinen sie nicht so.
Es ist nur ein geheimes Handzeichen,
um in dieses gute Journal zu kommen."
Das hier ist also das
geheime Handzeichen.
Glücklicherweise gab es –
dann wird es richtig lustig, weil
Leute in diesem Forum reagieren,
und ich kann es selbst kaum
lesen, aber ich werd's versuchen.
Das ist eine der Reaktionen
darauf. Diese Person sagt –
sie zitieren einige unserer
Passagen im Artikel –
und er sagt: "Eine fehleranfällige
DNS kopiert Enzyme und
produziert in stressigen Zeiten
stoßweise Variationen.
Diese Mechanismen scheinen
die Veränderlichkeit einer Eigenschaft
abzustimmen, um zur Veränderlichkeit
der Selektion zu passen."
Das haben wir geschrieben.
Und er sagt: "Meine Güte! Es klingt fast
wie ein eingebauter Antwortmechanismus.
Wer hätte das gedacht. Darwin ist
soooo tot!" Das hat er geschrieben.
Es gibt aber auch Leute, die
unseren Artikel richtig verstanden haben
und darauf reagiert haben.
Es ist auch lustig, diese
Diskussion zu lesen,
weil die Leute vom
"Intelligenten Entwurf" weitermachen.
Wir sind alle eine
große Familie.
Es ist ganz lustig – Ich mag
diese Diskussionen sehr.
Ich habe nichts gegen Leute,
die andere Theorien haben.
Sie haben einfach unrecht –
(Lachen) – aber
es ist lustig, mit ihnen zu diskutieren.
Das führt mich zu den Danksagungen.
Ich muss mich bei fast allen
diesen Leute hier bedanken,
die die ganze harte Arbeit
in meinem Labor verrichten.
Während meines Vortrags haben sie
wahrscheinlich weitere Ergebnisse bekommen,
und ich kann wieder einen tollen Vortrag
halten und hier den Helden spielen.
Sie sind an ihre Bänke gefesselt.
Ich darf nicht vergessen,
sie heute Abend zu füttern.
Aber sie sind in Wahrheit
die Helden des Labors.
Es gibt natürlich noch
viel mehr von ihnen,
unser Team ist sicher nicht
das einzige, das daran arbeitet.
Für Wissenschaftler, die gern
mehr darüber wissen wollen:
Das hier sind einige
der Publikationen.
In dieser hier besprechen wir alles.
Auf der Website gibt es
weitere Informationen.
Das ist auch wichtig,
das sind die Leute, die uns bezahlen.
Nicht mich, sondern die Forschung.
Danke.