rC3 hacc Vorspannmusik
Herald-Engel: Okay, wir sind wieder live.
Weil es schon 32 ist, halte ich mich ganz
kurz und sag nur, das jetzt der Talk "Wie
gründe ich eine Genossenschaft?" kommt. In
dem Video, was jetzt abgespielt wird,
sieht man Estelle, die aufgezeichnet ist.
Die kann aber heute leider dann nicht da
sein bei dem Panel und wird durch
Martin ersetzt. Der ist aber auch von der
Host Sharing IG. Und ich würde sagen
Martin, du kannst jetzt anschalten und
dann geht's los.
Ajuvo: Ja, dann mal herzlich willkommen
beim RC3 und beim Thema "Wie gründe ich
eigentlich eine Genossenschaft?" Da ihr
hier seid, nehme ich an, dass das Wort
Genossenschaft euch in irgendeiner Form
interessiert und daher haben wir uns hier
mal unter 5 Genossenschaftlern
zusammengetan, um mal zu erklären, was das
ist, wie man so etwas gründet und was der
Vorteil damit ist und was man damit machen
kann. Ich begrüße in der Runde mal ganz
kurz, sozusagen in der Reihenfolge des
Erscheinens die Erika. Hallo Erika. Die
Manuela.
Manuela: Ja, hi.
Ajuvo: Den Philippe.
Philippe: Hallo!
Ajuvo: Und die Estelle.
Estelle: Hallo!
Ajuvo: Hervorragend. Ja, wir befinden uns
in diesen modernen Zeiten im virtuellen
Raum und hoffen mal, dass Übertragung und
Aufzeichnung uns nicht verlassen.
Ansonsten bitten wir vorsorglich um
Entschuldigung. Ja, also Genossenschaften
oder auf englisch cooperatives sind eine
uralte Sache, so um die 170 Jahre alt. Und
da könnte man sich ja fragen, was man im
21. Jahrhundert damit machen soll. Naja,
es gibt eine Renaissance. Es werden
Genossenschaften gegründet. In der IT und
außerhalb. Vertreterinnen dieser
Unternehmensform haben wir hier heute auch
dabei. Der Plan ist, ungefähr eine Stunde
in mehreren Abschnitten mit wenigen
Bildern zu informieren und anschließend
uns für eine halbe Stunde live zu einem
Q&A zusammenzufinden. Informationen gibt's
ansonsten in diesem Internet auf deutsch
unter genossenschaften.de. Weitere Links
gegebenenfalls in den Shownotes. Ja. Damit
leite ich über an Erika, die ihr Brot beim
Genossenschaftsverband in Bayern verdient
und uns erzählen wird, was ist eigentlich
eine Genossenschaft?
Erika: Ja, Ajuvo, ich danke für die
Einführung. Erika Henger ist mein Name.
Ich arbeite seit 12 Jahren beim
Genossenschaftsverband und begleite dort
schon seit mehreren Jahren die Gründung
von Genossenschaften zum einen und zum
anderen begleite ich neugegründete
Genossenschaften so in den Anfängen grad
beim Unternehmensstart, wenn's losgeht. Zu
deiner Frage "Was ist eine
Genossenschaft?" also in erster Linie ist
eine Genossenschaft einfach erst einmal
eine Unternehmensform, von der wir
sprechen, wie eine GmbH, wie ein Verein,
wie eine Aktiengesellschaft. Also ein
rechtliches Konstrukt, was man braucht, um
eben in irgendner Form aktiv zu werden.Und
das ist keine neue Erfindung, die
Genossenschaften, sondern ganz im
Gegenteil schon seit Mitte des 19.
Jahrhunderts in etwa bekannt. Warum grad
da? Naja, letztendlich, wenn mal so ein
bissel zurückblickt, dann war es ja so,
dass die Zeiten relativ hart waren für die
Bauern, für Landwirte, für Handwerker. Und
das war eben auch die Zeit, wo sich dann
die Leute überlegt haben, so, wie können
wir denn jetzt aus unserer Misere da
rauskommen? Ganz alleine wird es nicht
funktionieren. Also haben die Leute eben
beschlossen, sich zusammenzuschließen mit
dem, was sie können, mit dem, was sie
wissen, auch mit ihren finanziellen
Mitteln und haben da eben angefangen,
Genossenschaften insbesondere in der
Landwirtschaft zu gründen und haben dann
auch so Einkaufs- und Absatzverbünde
gegründet. Also im Prinzip angefangen zu
kooperieren, zusammen zu arbeiten und zwar
unter den Begrifflichkeiten, wie es im
Genossenschaftsbereich heißt oder
Friedrich Wilhelm Raiffeisen so gesagt
hat, so das Thema Selbsthilfe, also Hilfe
zur Selbsthilfe zusammen,
Selbstverantwortung, Selbstverwaltung.
Also dass man einfach alles selbst in die
Hand nimmt, was man da machen möchte. Und
letztendlich kommen auch aus dieser Zeit
das Thema Kreditgenossenschaften, im Sinne
von Darlehenskassen oder
Vorschussvereinen, die man schon damals
hatte. Und wenn man so zurückblickt, warum
haben sich Genossenschaften gegründet und
warum gründen sich heute auch noch? Warum
sind sie heute auch noch total modern und
im Trend? Dann ist es eben einfach so,
dass diese gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen zum einen, wenn wir so
an heute denken, wir haben die Sharing-
Mentalität, wir haben das Thema
Partizipation, wir haben das Thema
Kooperation stärker denn je. Und das sind
auch so die Anlässe, warum sich
Genossenschaften heute gründen. Wir können
uns anschauen, die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen, demografischer Wandel
zum Beispiel. Wir können in die
politischen Rahmenbedingungen schauen.
Wenn wir gerade da in den Energiebereich
uns angucken mit dem Erneuerbare-Energien-
Gesetz, dann sind das natürlich ganz große
Aufhänger. Diese gesellschaftlichen
Bedürfnisse und Vorgaben seitens der
Politik oder Förderungen seitens der
Politik, die natürlich das Thema
Genossenschaftgründungen auch anstoßen und
deshalb haben wir da auch in den letzten
Zeiten einfach nen Boom zu verzeichnen.
Und wenn wir uns anschauen, wie
funktioniert denn eine Genossenschaft? Was
macht denn, was zeichnet denn eine
Genossenschaft eigentlich aus? Dann ist es
einfach so, dass der große Vorteil ist,
dass einfach schonmal jeder mitmachen
kann. Also egal, ob ich jetzt eine
einzelne Person bin, ob es mehrere
Unternehmen sind, ob es Vereine sind, ob
es Kommunen sind. Also letztendlich kann
jeder mitmachen. Wenn ihr euch das
Bildchen anguckt, dann ist das einfach so
ein bisschen plakativ dargestellt, wie
eine Genossenschaft funktioniert. Wir
haben ein gemeinsames Ziel, ein
gemeinsames Projekt. Das ist der
Unternehmensgegenstand. Hier bei uns in
dem Fall - ich hab extra als Beispiel die
7-it genommen, weil das auch eine
Genossenschaft im IT-Bereich ist, die
verschiedene Dienstleistungen anbietet.
Und was die Genossenschaft eben
auszeichnet, ist insbesondere, dass der
Fokus auf den Mitgliedern liegt und
deshalb gar nicht so auf dem Gewinn oder,
dass die Genossenschaft große Gewinne
erzielt, sondern dass eben die
Genossenschaft was Gutes für die
Mitglieder tut. Weil letztendlich sind die
Mitglieder der Dreh und Angelpunkt. Wir
können es auch auf der Folie nochmal
nachschauen. Das Mitglied hat
verschiedenste Funktionen und verschiedene
Hüte auf in der Genossenschaft. Es ist zum
einen Mitglied im Sinne von der Teilnahme.
Sie ist, das Mitglied ist Eigentümerin der
Genossenschaft. Das heißt, jedes einzelne
Mitglied hat die Möglichkeit
mitzubestimmen, was die Genossenschaft tun
soll. Die einzelnen Mitglieder geben aber
auch Geld in die Genossenschaft und
letztendlich ist das Unternehmen dafür da,
was für die Mitglieder zu tun. Die
Mitglieder bieten Leistungen an über die
Genossenschaft, die Mitglieder können aber
auch gleichzeitig selbst Leistungen von
der Genossenschaft nutzen. Das ist so die
Quintessenz. Und die Genossenschaft ist
eben da, um ihre Mitglieder sozusagen zu
fördern, aus dem gesetzlichen
Förderauftrag her und ist dafür da, um den
Mitgliedern einen guten Nutzen zu bieten
und einen Mehrwert. Und wenn man sich dann
die einzelnen Gremien anguckt, dann haben
Vorstand und Aufsichtsrat die gleichen
Funktionen wie in anderen
Unternehmensformen letztendlich auch. Im
Gegensatz zu anderen Unternehmen ist es
so, dass hier der Vorstand entweder
ehrenamtlich unterwegs ist. Das ist bei
ganz vielen Genossenschaften der Fall,
weil letztendlich, wenn man Angestellte
hat, muss man ja die auch erstmal bezahlen
können. Also das Thema Ehrenamt ist bei
den Genossenschaften auch ein ganz
wichtiger Punkt. Nichtsdestotrotz haben
wir auch Genossenschaften, die zum
Beispiel einen hauptamtlichen Vorstand
haben. Der ist dann einfach bei der
Genossenschaft angestellt. Und wenn wir
uns anschauen, was der Aufsichtsrat macht,
letztendlich wie bei anderen Unternehmen
auch, kontrolliert der Aufsichtsrat den
Vorstand und schaut, dass da alles mit den
richtigen Dingen zugeht. Um nochmal auf
die Mitglieder zurückzukommen. Wir reden
hier von einer demokratischen Rechtsform.
Das heißt, ich hatte vorhin gesagt, die
Mitglieder geben Kapital in die
Genossenschaft. Aber egal, wie viel Geld
ein Mitglied in die Genossenschaft gibt,
im Sinne von einem Geschäftsanteil oder
Geschäftsanteilen hat es immer nur eine
Stimme, wenn es darum geht, Entscheidungen
zu treffen. Man muss das wissen, wenn man
einer Genossenschaft beitritt. Es gibt
gleiche Spielregeln für jedes Mitglied. Es
gibt eine Stimme für jedes Mitglied und
letztendlich ist die Genossenschaft dazu
da, um eben diesen Member Value zu heben
oder überhaupt Member Value den
Mitgliedern zu gewähren. Und dieses
Kapital unabhängige Stimmrecht, was wir in
der Genossenschaft haben, gepaart mit
diesem kooperativen Ansatz, also grad
dieser Netzwerkorganisation, was ja dann
auch den Zeitgeist heutzutage trifft, das
macht es natürlich aus, warum die
Genossenschaft heute noch mindestens
genauso modern und angesagt ist wie Mitte
des 19. Jahrhunderts.
Ajuvo: Ja, vielen Dank! Bis erst einmal
hierhin. Also es scheint mir wichtig
festzuhalten, dass verschiedene Leute ein
gemeinsames Ziel erreichen wollen, und sei
es einfach, dass ihnen bei ihren Dingen
geholfen wird. Und das mit der Aktualität
ist so ein Ding. Ja, dass manche alte Idee
immer mal wiederkommt, wenn ihre Zeit mal
wieder gekommen ist. Vielen Dank bis
hierhin. Ich nehme an, wir können ohne
Umschweife weitermachen. Und zwar gebe ich
mal den Stab weiter an Manuela, die mal
ganz kurz gleich sagt, was sie macht und
ein bisschen was davon erzählt, wie das so
ist, wenn man eine Genossenschaft gründet.
Manuela: Ja, danke Ajuvo. Ich bin Manuela.
Ich bin Gründungsmitglied einer
Genossenschaft, der Olywelt, die ihr da
gerade seht. Ich war dann zunächst im
Vorstand und bin jetzt dort im
Aufsichtsrat. Das ist jetzt keine IT-
Genossenschaft, wie Erika grade
angesprochen hat.Trotzdem geh ich bisschen
drauf ein dann. Ich bin noch Mitglied im
FIfF, bei Digitalcourage und bei NeuP.eu
und unterstütze ehrenamtlich auch den BVD
bei Datenschutz, Geht zur Schule und bin
hauptamtliche Datenschützern beim GVB.
Also Kollegin von der Erika und berate
eben Genossenschaften im Datenschutz.
Genau, das was ihr hier seht das ist die
Ladenstraße im Olympischen Dorf, wo ich
wohne. Das Olympische Dorf ist tatsächlich
ein Dorf mit einer Ladenstraße, also einer
Nahversorgungszone und allem, was sonst
noch ein Dorf hat. Das heißt, man trifft
sich meistens auch eben beim Einkauf. Und
diese Ladenstraße dort um eine Aufnahme
von 2009, 2010 sah irgendwann mal ziemlich
heruntergekommen aus, also Müll und zu
geklebte Fensterscheiben links und rechts,
das heißt wir hatten, wir haben uns da
nicht mehr wohlgefühlt wir Dorfbewohner.
Und haben uns dann zum Ziel gesetzt, dass
wir das Ganze verbessern. Beschäftigt man
sich eine Weile damit. Zu dem Zeitpunkt
gab's also natürlich noch keine
Genossenschaft. Man beschäftigt sich damit
und wir haben dort 36 Läden, 25 Eigentümer
und wie das so ist bei uns, wir haben
kapitalistisches Wirtschaftssystem, das
heißt die Mieten wurden halt hochgehalten
und man kann dann vor allen Dingen gut
Handwerker da unterbringen, Bäcker
beispielsweise oder Friseure, weil da das
Einkommen beziehungsweise die Preise und
die Produkte nicht so gut vergleichbar
sind. Das heißt, man kann sehr hohe Mieten
erzielen. So ungefähr 10 Euro pro
Quadratmeter zahlt ein Bäcker, wohingegen
der Tengelmann vielleicht so 3 Euro
bringt. Heißt also, als Vermieter besorgt
man sich Bäcker. Und wir hatten dann zu
dem Zeitpunkt auch hier ein Hörnchen
Eldorado hier im Dorf, weil wir 5 Bäcker
hatten, 3 Friseure und auch noch 3 Call-
Shops. Das ist dann nicht unbedingt, was
man braucht für die tägliche
Nahversorgung. Und ja, also ihr seht dann
nochmal hier, wie wir das gefunden haben.
Wir haben dann so eine, ja, man spricht
dann von einer Trading-Down-Spirale, wenn
das also so schlecht aussieht, dann gehen
nämlich auch nicht Läden dahin in diese
Einkaufszone, die man eigentlich sehen
möchte als Konsument. Wir saßen dann
zusammen und haben uns überlegt, wie kann
man das Problem... Wir war ein hier
ansässiger Verein, die
Einwohnerinteressengemeinschaft im
Olympischen Dorf und da aus diesem Verein
hat sich dann eine kleine Gruppe, eine
Ladenstraßengruppe abgespalten und die
haben gesagt prima, alles ganz einfach.
Wir kaufen die Läden um die Mieter selber
zu bestimmen. So wie das auch ist in
großen Einkaufszentren, wo einfach einer
sagt, welche Läden da drin sind. Und dann
haben wir einen hochpreisigen Laden neben
einem niedrigpreisigen Laden oder
Mietladen. Und insgesamt ist aber das
Angebot eben sehr ausgewogen und attraktiv
für die Leute, die da wohnen. Problem ist
nur: Wie kommen wir zu Geld? Ja, und da
haben wir uns erst überlegt, oh, eine AG
könnte vielleicht das sein, was relevant
ist für uns oder eine GmbH. Problem ist in
beiden Fällen, wir müssen ja einen gewissen
Startbetrag haben, zumindest bei der GmbH
mit 50.000 Euro, äh, 25.000 Euro jetzt.
Das muss ja erst einmal jemand aufbringen.
Und irgendwann saß dann jemand bei uns in
der Ladenstraßengruppe und meinte, wir
sollten eine Genossenschaft gründen. Das
war jemand, der Mitte 70 war, und ich
kannte Genossenschaften bis dato nur als
Bank. Was haben wir dann als nächstes
gemacht? Wir haben uns ein
Informationspaket von unserem ansässigen
Genossenschaftensverband besorgt. Das ist
dann einfach ein ganzes Päckchen, wo dann
drinsteht, was sind denn die gesetzlichen
Voraussetzungen? Man musste damals
mindestens sieben Leute haben. Wie geht
man da vor? Dann muss man eine Satzung
machen, Geschäftsordnungen muss man sich
überlegen. Dort sind dann aber eben
entsprechende Vorlagen bereits drin
gewesen, die wir anpassen konnten, sodass
das Wichtigste auf unserem Weg zur
Genossenschaftsgründung tatsächlich erst
einmal war jemanden zu finden, der
mitmacht im Vorstand und im Aufsichtsrat.
Das hatten wir glücklicherweise dann schon
bei diesen ... aus dieser
Ladenstraßengruppe und dann die Geldgeber.
Das waren dann in unserem Falle die
Dorfeinwohner. Das Olympische Dorf ist ein
sehr abgegrenzter Bereich. Also gehört
zwar zu München, ist aber mit 6.400
Menschen, die hier wohnen eigentlich ein
Stadtteil für sich. Wir leben und lieben
unser Dorf und dementsprechend sind die
Leute auch bereit hier mit rein zu
investieren. Wir haben dann versucht den
Betrag, den Anteil, den man einzahlen
muss, sehr niedrig zu halten. Also so bei
200 Euro ist man dabei, damit eben
möglichst viele Leute ansprechen kann
hier. Stand heute sind wir 422 Mitglieder.
Das ist etwas mehr als als 10 Prozent,
also ungefähr 15 Prozent hier der
Wohneinheiten, die es hier gibt. Im
sogenannten Oberdorf. Das Unterdorf ist
das Studentendorf hier bei uns und wir
haben inzwischen eine Million Euro, die
hauptsächlich in Betongold investiert
sind. Ich würde euch gerne noch erzählen,
was die Erfolgsfaktoren da waren aus
meiner Sicht. Die wichtigste Sache, es
waren ein sehr diverses Kernteam, also
Vorstand, Aufsichtsrat, diese
Ladenstraßengruppe von ungefähr 10
Personen. Das war halt altersgemischt. Es
war sehr gemischt von den Erfahrungen und
jeder dieser Personen hatte Netzwerke für
sich. Also beispielsweise hier die
Kontoeröffnung war ein Problem. Wir hatten
ja noch kein Geld eingenommen zu dem
Zeitpunkt. Wir waren bei drei Banken.
Keiner hat uns nehmen wollen. Und
letztendlich durch die Privatinitiative
eines unserer Mitglieder konnten wir dann
überhaupt nur ein Konto eröffnen, wo dann
die Anteile der Mitglieder oder der
künftigen Genossen eingehen konnten. Also
die Gründung selbst der Genossenschaft hat
diese kleinere Kerngruppe gemacht von 10
Leuten mit Satzung und so weiter. Dann
sind wir mit Marketing, Plakatierung etc.
in unserem Dorf an die Welt
gegangen und dann erst haben wir
tatsächlich entsprechendes Geld einnehmen
können. Und das floss dann auf dieses
Konto, was natürlich am Anfang erst mal
leer war. Wir hatten bei diesem Kernteam
dann auch verschiedene Wissensquellen und
zwar ist da besonders hervorzuheben, also
Architekten, wir wohnen hier in einem an
einer Wohnsiedlung, die fast 50 Jahre alt
ist. Also in zwei Jahren haben wir
50-jähriges Jubiläum hier. Die Architekten
sind natürlich sehr hilfreich, wenn man
beurteilen möchte, wie eine Ladeneinheit
denn jetzt noch drauf ist. Muss man die
gleich kernsanieren oder ist es eine
Einheit, wo der Preis, der dann dafür
gefordert wird, letztendlich auch
gerechtfertigt ist? Dann hatten wir das
ganz große Glück, dass wir auf einen
Menschen zurückgreifen konnten, der in der
Einzelhandelsberatung tätig ist, der
natürlich dann entsprechend Unterlagen
auch aufbereiten konnte. Wie interessant
ist es denn hier überhaupt für Läden oder
für Gewerbetreibende hierher zu kommen? Da
sind dann Fragen wichtig wie: Wie ist denn
das Kaufverhalten hier? Wie ist denn die
Kaufkraft und wie viele Läden sitzen denn
hier außen rum? Wenn das Geschäft hier
keinen Erfolg hat, dann macht man halt
nach einem Jahr nämlich wieder zu und das
muss man ja verargumentieren können. Also
so sind unterschiedlichste Menschen hier
zusammengekommen. Und ja, das Umfeld hier
im Olympischen Dorf ist sehr
begeisterungsfähig. Wir lieben das. Das
Dorf ist eben nicht nur einfach hingebaut
worden, sondern wir hatten da einen Effekt
der Sechzigerjahre. Entsprechend auch
Sozialwissenschaftler, Psychologen,
Soziologen, die hier mitgebaut haben und
deswegen, ja wohnen wir hier in dritter
Generation teilweise. Ja, Menschen sind
eingezogen. Inzwischen wohnen die Kinder
hier und haben wiederum Kinder. Also wir
lieben das Dorf und deswegen hier dieses
begeisternde oder begeisterungsfähige
Umfeld. Deswegen die vielen Leute, die
auch mit teilweise sehr hohen Beträgen in
die Genossenschaft dann reingegangen sind.
Ja, unkonventionelle Wortwahl. Wir haben
am Anfang nicht von einer Genossenschaft
gesprochen, sondern von einer
Bürgergesellschaft. Einer der Kollegen,
der uns am Anfang beraten hat, kam aus dem
Gewerkschaftsumfeld und hat
Genossenschaften wie die taz
beispielsweise auch beraten. Dann kann ich
auch nochmal zeigen, was wir uns dann
vorstellen, wenn es dann mal realisiert
ist. Wir haben jetzt drei Einheiten von
diesen 36 Einheiten erworben. Das hier ist
eine Visualisierung eines Architekten
bezüglich des Beleuchtungskonzeptes, was
wir mal realisieren möchten. Ja, es ist
keine Sache, die jetzt innerhalb von zwei
Jahren zum Ziel kommt, sondern wir haben,
müssen längeren Atem haben hier. Immer
erst wenn eine Ladeneinheit frei ist,
können wir eben die nächste Einheit wieder
kaufen. Und ja, wir hoffen, dass es dann
in Zukunft so aussehen wird. Danke.
Ajuvo: Danke. Prima. Ja, gutes Beispiel,
wie man so gemeinsam was unternimmt und
ein gemeinsames Interesse hat, hier so das
eigene Wohnumfeld. Und ich finde es auch
sehr schön, wie man mal eben so in der
Nachbarschaft eine Million Euro zusammen
kriegt. Das ist nämlich auch ein wichtiger
Aspekt bei Genossenschaften. Also ich
denke, gerade so in Chaoskreisen, wie das
so ist, wenn man, was weiß ich, einen
Hackspace gründen will und vielleicht
gleich eine passende Immobilie kaufen.
Denkt dran, dann ist vielleicht
Genossenschaft gar keine so schlechte
Idee. Das war jetzt ein Beispiel für eine
Genossenschaft, die ein konkretes Problem
adressiert hat, was Leute gemeinsam privat
haben. Das geht genauso gut, auch
sozusagen genuin geschäftlich. Und dafür
haben wir Philippe hier. Hallo Philippe.
Der arbeitet bei der 7-it. Wir sehen da
auch gleich ein paar schöne Bilder und das
ist keine Werbesendung, sondern wir wollen
hier wirklich mal zeigen, wie sich so das
Genossenschaft-Sein eigentlich auswirkt.
Also, einfach mal Schilderungen aus der
Praxis. Wie ist das eigentlich so in einer
Genossenschaft mit IT zu arbeiten?
Philippe: Ok, vielen Dank für die
Einführung, Ajuvo. Also wir sind ein
klassisches Systemhaus im Prinzip. Wir
wurden 2002 gegründet. Damals stand der
Wunsch der Gründer, mehrere Selbstständige
zusammenzubringen, also das
Netzwerkprinzip. Und der zweite
Hintergrund war natürlich, wenn, dass wir
als Firma auftreten wollten, unseren
Kunden gegenüber und eben nicht als Solo-
Selbstständige. Und dafür bietet die
Genossenschaft ein sehr gute Form, weil
sehr heterogene Personen durchaus ein
Netzwerk bilden können und die
Genossenschaft sozusagen das Mantel oder
das Dach für dieses Netzwerk ist. Wie
Manuela schon erzählt hat, so war es
damals noch vor der Genossenschaftsreform.
Deshalb musste man mindestens sieben Leute
damals sein. Deshalb der Name 7-it. Wir
sind ein Team aus IT-Spezialisten aus
verschiedenen Bereichen. Unser Schwerpunkt
liegt natürlich in der Systembetreuung,
aber auch in der Softwareentwicklung, wir
machen aber auch Webentwicklung oder IT-
Sicherheit. Mittlerweile zählt die 7-it 17
Mitglieder. Es sind entweder Solo-
Selbstständige so wie ich zum Beispiel
oder eben kleine GmbHs. Man kann durchaus
hier in der Genossenschaft beides
miteinander vermischen. Das ist auch
interessant. Warum eine Genossenschaft?
Der erste Grund war, dass einer unserer
Gründer auch schon vorher eine GbR
gegründet hatte und - ich sag mal so
salopp - auf die Nase gefallen war.
Deshalb suchte er da eine andere Form und
da er aus der SPD kam, kam dann der
Hinweis aus diesem Kreis, dass eine
Genossenschaft doch etwas sein könnte. Und
nach den Hürden der Gründung hat sich das
als richtig erwiesen für uns. Heutzutage
ist die Gründung einer Genossenschaft viel
einfacher. Man muss nicht mehr sieben
sein, sondern nur noch drei. Und die
Reformen, die da passiert ist, Ich glaube,
es war 2008, hat einiges dazu beigetragen,
dass auch die Anzahl der Neugründung stark
gestiegen ist. Was sind die Vorteile einer
Genossenschaft? Also für uns sehe ich die
Vorteile erstens in der Mischung aus,
könnte man sagen, einem Verein und einer
GmbH. Dadurch ist es einfach, neue
Mitglieder zu akquirieren oder sich von
einem Mitglied wieder zu trennen, wenn man
nicht mehr miteinander passt. Also wenn
die Chemie nicht passt oder wenn die Ziele
nicht mehr die gleichen sind. Dann gibt es
auch einen geregelten Abschied sozusagen
des Mitglieds. Und das Schöne ist, man
muss nicht zum Notar. Ja. Bei einer AG
oder einer GmbH muss man bei jeder
Änderung der Anteile sozusagen zum Notar
gehen. Das andere Schöne an einer
Genossenschaft ist die Gleichberechtigung.
Das heißt, man vermeidet hier, dass
jemand, der mehr Geld oder mehr Kapital,
einfach sagen kann, er hat das Sagen, nur
weil er das Geld hat. Das ist aber auch
gleichzeitig das, was man sich darauf
einlassen muss. Ja. Das heißt, wenn man
nicht bereit ist, an diese demokratischen
Form der Gesellschaft mitzumachen, dann
sollte man vielleicht keine Genossenschaft
gründen. Der Vorteil aber ist, dass man
auf die Art und Weise eben den Einfluss
nicht durch das Geld bekommt. Wir waren ja
viele Einzel-Selbstständige, deshalb war
es wichtig für uns, eine Form zu finden,
wie wir als Netzwerk uns zusammenschließen
können und gegenüber unseren Kunden als
sozusagen eine Firma auftreten können. Und
das erlaubt die Genossenschaft voll und
ganz. Und im Gegensatz zu, was man
vielleicht in dem Wort denkt, es ist nicht
so, dass eine Genossenschaft keinen Gewinn
machen darf. Ja, im Gegenteil. Eine
Genossenschaft ist eine ganz normale
Firma, die ja auch einen Gewinn machen
kann. Das Interessante daran ist aber, es
gibt eine sehr spezielle Möglichkeit bei
den Genossenschaften. Das nennt man
Umsatzrückvergütung. Und hier hat man den
Vorteil, dass man praktisch auf den
Gewinn, den man hat, bevor man ihn als
Gewinn deklariert, man kann diesen Gewinn
zurück an die Mitglieder austeilen. Und
zwar je nach dem Umsatz, den sie
eingebracht haben. Das heißt, man belohnt
hier die - ich sag mir mal so - die
Fleißigen. Und das Schöne ist, diese
Umsatzrückvergütung passiert vor Steuer.
Also bevor die Genossenschaft die Steuer
bezahlt. Und das ist eine einmalige Sache
in der Genossenschaft. Und in der
Unternehmensform. Vielleicht wissen es
nicht viele, aber die DATEV, die
sicherlich im IT-Bereich bekannt ist, ist
auch eine Genossenschaft. Ich denke, die
Steuerberater, die sich da zusammengetan
haben, durchaus wussten, was sie machten.
Was auch für uns wichtig war, das hat sich
aber im Nachhinein eher herausgestellt,
ist, dass die Genossenschaft einen sehr
guten Ruf besitzt als Rechtsform. Es gibt
in der Regel in den Genossenschaften sehr
wenige Pleiten. Das kommt auch davon, weil
die Genossenschaften von den
Genossenschaftenverbänden kontrolliert
werden. Und das war für uns auch sowohl am
Anfang als auch im Laufe der Jahre immer
wieder sehr gut. Wir hatten immer wieder
sehr gute Prüfer, die uns da auch beraten
haben. Und das war für uns auch eine gute
Hilfe, da in unserer Weiterentwicklung.
Was sind die Unterschiede zu anderen
Gesellschaftsformen, würde ich sagen.
Durch diese demokratische Form der
Genossenschaft muss man bereit sein, dass
Entscheidungen über die strategische
Ausrichtung der Firma sozusagen nicht von
einem Einzelnen, der einfach das Geld hat,
gemacht wird, sondern einfach von der
Generalversammlung. Und in der
Generalversammlung hat jeder eine Stimme
und nur eine. Und deshalb muss man da
bereit sein, da mitzumachen bei diesem
demokratischen Spiel und als Vorstand, ich
bin hier der geschäftsführende Vorstand,
muss man natürlich auch einen eher
kooperativen Stil und sehr stark auf
Kommunikation geprägt sein, weil man sonst
die Genossenschaft nicht zusammenhalten
kann. Das Ganze funktioniert am Ende durch
Kommunikation.
Ajuvo: Ja, absolut.
Philippe: Man kann eben den Mitglieder
nichts befehlen. Man kann sie nur zur
Zusammenarbeit sozusagen anleiten.
Ajuvo: Genau.
Philippe: Aber mehr auch nicht. Das, was
ich natürlich hier sage, gilt für, muss
ich hier einschränken, für kleinere
Genossenschaften, weil es gibt natürlich
auch sehr große Genossenschaften wie Edeka
als Beispiel. Und da ist es natürlich
anders. Da gibt es natürlich viele
Angestellte. Ja. Da funktioniert es
anders, aber in kleineren
Genossenschaften, so wie wir es sind und
wo, in dem die Mitglieder sozusagen
gleichzeitig die Umsätze bringen, dann
muss man bereit sein, hier
zusammenzuarbeiten und zu kooperieren.
Ajuvo: Ja, genau. Also da sieht man, dass
man mit einer überschaubaren, aber doch
nennenswerten Menge an Leuten, ihr seid
zurzeit 17 Leute, die sonst IT-
Freiberufler gewesen wären, als
Selbständige oder auch in Form einer
kleinen GmbH, dass man sich
zusammenschließen kann. Und, dass eine
Genossenschaften Unternehmen ist, in das
man ein- und austreten kann, das man
benutzen kann, wenn man es gerade braucht.
Und was einem als kleinem Freischaffenden
die Möglichkeit gibt, eben Mitglied eines
großen seriösen Unternehmens zu sein und
damit natürlich auch einen anderen
Auftritt zu haben als als Kleiner alleine.
Aber eben nur bei Bedarf. Das heißt, die
Mitglieder können in so einer
Genossenschaft schon selbst entscheiden,
in welchem Umfang sie selbst auftreten
oder namens ihrer Genossenschaft auftreten
im Rahmen der aufgestellten Regeln. Das
mit der Rückvergütung ist interessant. Das
heißt also, diejenigen, die viel Umsatz
mit ihrer Genossenschaft haben, die können
etwas zurückbekommen, noch bevor
irgendwelcher Gewinn festgestellt,
besteuert oder gar verteilt wird. Das ist
in der Tat betriebswirtschaftlich eine
äußerst sinnvolle Angelegenheit und
demonstriert eigentlich auch Gewinn und
Verlust soll letztlich bei den Mitgliedern
anfallen und die Genossenschaft soll sie
fördern. Ja, genau. Solange die Mitglieder
sich alle noch kennen, herrscht recht viel
Demokratie. Wenn das in einer großen
Genossenschaft nicht mehr so ist, dann
gibt es Parlamente und kollektive
Führungsgremien. Wie sowas sein kann,
werden wir noch hören. Ich will mal
überleiten als nächste Beitragsgeberin
hierzu Estelle. Estelle ist bei der
hostsharing Genossenschaft. Wie der Name
schon sagt, eine Genossenschaft für
Hosting und Internet Services, aber das
wird Estelle uns gleich näher und genauer
erklären.
Estelle: Ja, vielen Dank, Ajuvo. Mein
Hintergrund ist ein
rechtswissenschaftlicher und zu
Genossenschaften habe ich erst relativ
spät gefunden. Seit 2017 engagiere ich
mich da und hab seitdem Feuer gefangen und
bin in mehreren Genossenschaften
engagiert. Bei hostsharing Marketing und
Vertrieb und bei wechange war ich auch bis
vor Kurzem aktiv im Aufsichtsrat und jetzt
gründen wir gerade die Hacker eG oder WTF
Kooperative eG. Da wird aber vielleicht
Ajuvo abschließend nochmal kurz was zu
erzählen. Zur Hostsharing, die nehme ich
jetzt mal hier heraus. Als Beispiel einer,
ich sag jetzt mal, digitalen Plattform-
Genossenschaft, die ihre eigene
Infrastruktur betreibt. Gegründet wurde
die hostsharing am Nikolaustag im Jahr
2000 von einer Interessengemeinschaft
ehemaliger Kunden eines damals großen
Hosting-Anbieters, der ein S im Namen hat,
aufgrund der Tatsache, dass es dort sehr
häufig zu Unverlässigkeiten kam und auch
der Service nicht richtig funktionierte.
Daraufhin haben sich eben die Gründer
zusammengeschlossen und gesagt: Wir
brauchen alle für unsere Unternehmen oder
unseren Beruf einen zuverlässigen sicheren
Hosting-Provider und den gibt's nicht nach
unseren Vorstellungen und wir sind genug
Leute. Also gründen wir eine
Genossenschaft als geeignete Form, weil
eben wie Philippe schon sagte, Mitglieder
leicht aufgenommen werden können und die
Generalversammlung, also die
Mitgliedschaft eben Kontrollrechte hat und
demokratische Mitbestimmungsrechte, was
die strategische Ausrichtung angeht. Heute
hat hostsharing ziemlich genau 250
Mitglieder, Tendenz steigend. Die
Mitglieder sind Unternehmen,
gemeinnützige, aber auch am Markt mit
Gewinnerzielungsabsicht tätige
Unternehmen, die Hosting und die
Dienstleistungen der hostsharing eben als
unternehmenskritische Leistung benötigen.
Aber natürlich auch Genossenschaften,
Vereine, Einzelunternehmer, auch
vereinzelt Blogger, die direkt Mitglied
bei hostsharing sind. Meistens mit starker
IT-Affinität. Die Verwaltung und so weiter
erfolgt eben über ein Open Source Tool,
was hostsharing selbst entwickelt hat, wo
die Mitglieder, auch wenn sie eine
Funktion benötigen, eingeladen sind, daran
mitzuwirken und die Funktionen einzubauen.
Was machen die Mitglieder? Es sind ja nur
einige dazugekommen zu den ursprünglichen
Gründungsmitgliedern und die betreiben
eben von Webseiten über Onlineshops eigene
SaaS-Distribution, Software as a Service,
teilweise auch Dax-Konzerne als Kunden,
die dann quasi nicht hostsharing Mitglied
sind, sondern einfach Kunden unserer
Mitglieder in eigener Architektur und
entsprechendem eigenem Staff, der sich
darum kümmert. Bei Bedarf kann hostsharing
natürlich da auch bisschen mithelfen.
Deshalb haben wir diesen Webmaster Service
ins Leben gerufen. Der Hintergrund ist,
dass eben die Mitglieder gesagt haben:
Okay, sie haben jetzt grade keine
Kapazitäten dieses und jenes umzusetzen
oder hier ein Sicherheitspatch
einzuspielen. Könnt ihr das nicht machen?
Und diese Nachfrage, der Input der
Mitglieder hat dann dazu geführt, dass
dieses Angebot umgesetzt wurde. Also noch
ein bisschen stärker als Anpassung an
Kundennachfrage bei einer Genossenschaft.
Die Mitglieder können Eingaben machen, sei
es Anträge bei der Generalversammlung oder
durch Gruppenbildung. Also
Interessengruppen, die sagen: Okay, wir
brauchen eine Lösung. Und die
Genossenschaft muss ja die Mitglieder
fördern in ihrer Wirtschaft und ist dann
auch angehalten, diese Wünsche umzusetzen,
soweit sie eben die Genossenschaft
wirtschaftlich auch voranbringen und nicht
andere Mitglieder schädigen. Also sollte
sich von selbst verstehen. Die Leistungen,
die jetzt auf der Folie seht, das ist eben
das, was die Mitglieder so bisher
brauchen. Teilweise auch noch ein bisschen
mehr. Und damit das auch alles reibungslos
funktioniert, braucht die hostsharing auch
tatsächlich angestellte Mitarbeitende,
also mit reiner ehrenamtlicher Tätigkeit
ist es da nicht mehr getan. Schließlich
müssen 24/7 die Server bewacht werden. Und
es muss eben schnell jemand einspringen,
falls es zu Komplikationen, Problemen oder
Sonstigem käme. Mittlerweile neun
Mitarbeitende, die auch alle bisher
Mitglied der Genossenschaft sind. Das kann
eine Genossenschaft eben so gestalten. Ist
ja nicht zwingend, aber hat sich jetzt bei
hostsharing so ergeben. Also ich bin auch
selbst Mitglied und Mitarbeitende. Mir
gehört ein klitzekleiner Teil des
Unternehmens, das mich anstellt auch.
Damit bildet hostsharing als
Genossenschaft quasi die Basis für die
Mitglieder. Also es wird auch nur
Mitgliedergeschäft gemacht. Ausnahmen
bestehen nur für öffentlich-rechtliche
Körperschaften und Organisationen, die da
ein Beitrittshindernis haben. Die oberste
Leitlinie der Genossenschaft ist digitale
Souveränität. Das ist leider heutzutage
ein total ausgelutschter Begriff. Aber bei
uns wird es eben so verstanden, dass die
Infrastruktur also die man schön links im
Bild sieht oder zumindest ein Blick in
einen der Server Racks, bedeutet für uns,
dass die Infrastruktur der Genossenschaft
gehört. Also wir kaufen quasi kein Hosting
ein und verkaufen das wieder, sondern
machen das exakt selber um die volle
Kontrolle zu haben. Vom Blech quasi bis
zur Operations-Plattform und zu den
Anwendungen der Mitglieder dann.
Hostsharing engagiert sich auch für die
Weiterbildung in Sachen Hosting und zwar
mit Open Source. Dafür sind wir regelmäßig
auf Open-Source-Messen anwesend. Und
dieser Bildungsauftrag, der steht in der
Satzung und wird so auch von Mitgliedern
in der Regel ehrenamtlich erbracht. Also
die Mitglieder sind eben auch engagiert in
Open Source Communities. Ganz rechts sehen
wir unsere Aufsichtsräte, die weisen
Herren, die mit viel unternehmerischer und
Lebenserfahrung das Führungsteam, sag ich
mal so, zu einem sehr guten, stabilen Team
machen. Das ist auch so eine Sache, die
ich bei Genossenschaften beobachte. Je
besser und kompetenter Vorstand und
Aufsichtsrat sind und je besser die
zusammenwirken, desto erfolgreicher ist in
der Regel auch die Genossenschaft und die
Weiterentwicklung der Genossenschaft. Ich
musste noch dieses Buzzword einfügen.
Cooperative Community Cloud also
hostsharing ist nach NIST-Definition eine
Community Cloud, weil sie nur die
Mitglieder bedient und Cloud, weil sie
eben virtuelle Maschinen hat, die auf
neudeutsch jetzt Cloud heißen. Und es sind
auch nicht anderer Leute Computer, sondern
eben der Genossenschaft ihre Computer. Und
ich wollte euch das nicht vorenthalten,
dieses kleine Wortspiel. Warum wurde
hostsharing als Genossenschaft gegründet?
Ja gut, die Gründer waren IT-Unternehmer,
die sich gedacht haben: Okay, es ist
besser, die Kontrolle über den Hosting-
Anbieter zu haben, als einem Konzern zu
vertrauen, der vielleicht nicht unbedingt
die Kundeninteressen stets so im
Vordergrund hat wie eine Genossenschaft.
Und die Einflussmöglichkeiten sind da
natürlich auch begrenzter. Der Sinn und
Zweck der hostsharing ist jetzt die
Abdeckung eines Teils der Lieferkette oder
Erzeugungskette in der IT, nämlich das
Internet Service Provider darauf bauen
quasi die Mitglieder, die ja meistens
Unternehmer sind, ihre Leistungen auf.
Also die Genossenschaft bietet die Server-
Infrastruktur, Security Management,
Betriebssystem-Upgrades im Manage-Bereich.
Bei Root-Servern muss das das Mitglied
selbst übernehmen oder eben den Webmaster
dafür buchen. Management und Maintenance
des Open Source Softwarestacks, der bei
hostsharing zum Einsatz kommt. Diverse
Services, die sich eben an die
Mitgliedschaft richten. Das Mitglied
deployt auf der hostsharing-Cloud
oder Infrastruktur oder Plattform as a
Service, seine eigenen Anwendungen. Man
weiß, wo die Daten liegen. Genau. Und die
Mitglieder gestalten das Angebot eben
demokratisch mit. Und wir haben auch eine
lebhafte Community. Genau, hier mein
klitzekleiner Ausschnitt von ein paar
Mitgliedern der Genossenschaft. Die
Community, die verschiedentlich
stattfindet, eben über die eigene
Mastodon-Instanz für Mitglieder. Also
jedes Mitglied kann sich da einen Account
klicken und das nutzen und sich damit im
Fediverse mit allen anderen von Matrix-
Protokoll-Nutzern quasi verbinden. Vielen
Dank.
Ajuvo: Ja, danke auch.
Estelle: Soll ich jetzt noch kurz was zur
WTF sagen oder will ...
Ajuvo: Ja, du bist ja in vielen Funktionen
und in der Tat Mitgründerin der
Werkkooperative der Technikfreundinnen.
Und ein schönes Bild haben wir auch schon.
Das können wir hier noch anfügen. Also es
gibt auch in diesem Chaos, wie vielen
bekannt ist, unter dem Arbeitstitel Hacker
eG ein Genossenschaftsprojekt, was gerade
abhebt. Und ja, erzähl doch mal kurz, was
die so tun.
Estelle: Die WTF ist sozusagen eine
chaotisch agile Genossenschaft. Ja, die
jetzt kurz vor der Eintragung ins
Genossenschaftsregister steht. Also der
Antrag liegt schon vor und wir warten
jetzt jeden Tag auf die Rückmeldung, ganz
gespannt, damit es dann endlich losgehen
kann. Und wir entwickeln das
Geschäftsmodell der WTF, anhand der
jeweils hinzutretenden Mitglieder, sind da
also jetzt noch nicht festgelegt.
Ajuvo: Also Handel zumindest wird es
geben, von daher auch unverständlich
Estelle: Genau. Genau, da kannst du
vielleicht ein bisschen mehr dazu
erzählen, Ajuvo. Weil ich bin eher mit so
Satzungsfragen und Verband ...
Ajuvo: Jaja.
Estelle: Dann würde ich dich bitten, das
auch ein bisschen zu ergänzen.
Ajuvo: Okay. Also diese Inhalte. Also
zunächst mal, ich war hier auch angegeben.
Um die Genossenschaft zu gründen, haben
wir erst mal einen Verein gegründet. Das
muss so. Der ist im Internet vertreten
unter vebit.xyz. Da gibt's Informationen.
Wir sind jetzt inzwischen so 150 bis 200
Leute, die sich entschieden haben, eine
Genossenschaft zu gründen, um eben ein
Unternehmen zu haben, wenn man es mal
braucht. In das man ein und austreten
beziehungsweise, das man benutzen kann,
wenn man es benötigt. Sei es nebenbei oder
auch mal in der Hauptsache, um Dinge zu
tun, um zu veranstalten, um zu importieren
und zu exportieren, Raketen zu starten,
Geld zusammenzulegen, Crowdzu funden,
Resourcen, was auch immer. Eine
unverständlich würde das gemeinsame
Interesse der Mitglieder ist hier
eigentlich, dass wir irgendwie im Chaos
ein Unternehmen brauchen für den Fall,
dass man halt mal ein Unternehmen braucht.
Und das zeigt auch, dass ganz verschiedene
Leute, die ganz verschieden große und
kleine Interessen und Vorhaben haben und
ganz unterschiedlich große Geld Volumina
dabei bewegen wollen, durchaus gemeinsam
in eine Genossenschaft passen. Wir
launchen das Ganze jetzt. Paar Henne-Ei-
Probleme, die gerade von dieser
Eigenschaft befreit werden, gibt's noch.
Aber in einigen Monaten, denken wir, wird
das Ganze sozusagen in den operativen
Vollbetrieb gehen können. Ja, das reicht
eigentlich zu dieser Seite. Es gibt auf
derselben Plattform, wo das hier
erscheint, auf media.ccc.de unter dem
Arbeitstitel Hacker eG diverse Vorträge
und Werke dazu. Wir haben für jeden noch
eine Minute von euch, mal kurz was zu den
anderen zu sagen oder ein Resümee zu
sagen. Ich schlage vor, wir gehen mal in
der Reihenfolge vor wie vorher. Das heißt
Erika, so eine Minute Kommentare.
Erika: Ja, ich hab grad festgestellt, dass
das Spektrum von den Genossenschaften noch
fehlt und was der Verband macht. lacht
Sollte ich das auch in der ersten Runde
eigentlich präsentieren?
Ajuvo: Kein Problem.
Erika: Aber können wir noch aufzeichnen,
nehme ich an?
Ajuvo: Genossenschaften.de als Portal wird
weiterhelfen. Wir haben ansonsten jetzt
gleich auch noch ein Q&A von einer halben
Stunde, was wir hier live hinten dran
kleben. Das wird also funktionieren.
Erika: Was heißt das dann? Soll ich das
dann nochmal aufsprechen oder wie wollen
wir das dann machen? Bei der Zeit bin ich
vorhin so rasant durchgerutscht,
sozusagen.
Ajuvo: Ja, ich glaube, das ist aber
trotzdem rund. Und wenn Fragen dazu sind,
können die ja im Anschluss beantwortet
werden.
Erika: Okay.
Ajuvo: Ja, Manuela, wie ist das so für
dich, so als nebenbei ... Also du
arbeitest für einen Genossenschaftsverband
und hast nebenbei in deiner Nachbarschaft
eine Genossenschaft mitgegründet?
Manuela: Ja, es ist also eigentlich nichts
weiter zu sagen. Es ist eine tolle Sache,
weil, ja, man trägt selber was dazu bei.
Also dieses soziale Ziel, nicht immer das
Geld im Vordergrund, das soziale Ziel. Wir
wollen hier unsere Nahversorgung erhalten.
Das macht einfach Spaß. Steht und fällt -
da stimme ich jetzt dann auch Philippe und
Estelle zu, also eigentlich allen. Jeder
hat es erwähnt. Es steht und fällt damit,
dass man redet miteinander und dass die
Leute natürlich gut miteinander auskommen.
Ajuvo: Ja. Weitere Informationen dazu
unter olywelt.de. Ich habe mich immer
gefragt, was olywelt ist. Jetzt weiß
ich's. Olympia. Olympisches Dorf in
München und so. Ich kann mich sehr dunkel
dran erinnern. Prima. Ja, Philippe. Wie
hat es dir gefallen? Kommentare zu den
anderen?
Philippe: Ja, ich finde es immer
faszinierend, wie modern eigentlich die
Genossenschaftsidee nach wie vor ist und
wie unterschiedlich die Ziele sein können
und was man damit realisieren kann. Also
man muss sich auch bewusst sein, dass es
in der Genossenschaftswelt durchaus sehr
große Genossenschaft, zum Beispiel in
Spanien, die Mondragon das ist ein riesen
Unternehmen oder in der Schweiz Migros und
Quelle, das sind auch sehr große
Genossenschaften. In Deutschland Edeka als
Beispiel.
Ajuvo: Oder Denic, genau.
Philippe: Oder die Denic hier in der IT-
Welt. Und was man damit machen kann. Es
kann von der einen Seite in den sozialen
Aspekt gehen. Es kann aber auch ganz
normal ein sozusagen kapitalistisches
Unternehmen sein. Und dennoch, was
interessant ist, ist dass für mich der
Netzwerkgedanke, der in unsere neue Welt
sehr gut passt, finde ich. Und ich bin
persönlich auch noch in vielen anderen
Genossenschaften beteiligt, die ... also
als Privatmann, die in anderen Bereichen
tätig sind. Und ich kann da nur die Leute
aufmuntern und unterstützen selber sich da
Gedanken zu machen und die
Genossenschaftsform als Gesellschaftsform
in Betracht zu ziehen, weil es sehr oft,
wenn man eine Firma gründen will, gar
nicht erwähnt wird. Leider.
Ajuvo: Ja. Ja, so ist das. Man sucht sich
das ein bisschen aus. Ja, Estelle. Dann
haben wir die Stunde voll. Gleich begrüßen
wir alle Zuhörer, die live zugesehen und
gehört haben, zu einer halben Stunde Q&A
und Ask us anything. Dein Resümee des
Ganzen? Du hast das Schlusswort.
Estelle: Ja, danke, Ajuvo. Tatsächlich ist
das Genossenschaftswesen so ein wenig das
Stiefkind unverständlich Bildung. Also
im Jurastudium zum Beispiel, wird
Genossenschaft oder zumindest war es bei
mir so nicht ein einziges Mal behandelt.
Das resultiert dann darin, dass
Rechtsanwälte Genossenschaft beraten.
Oftmals reagieren so: Oh, Genossenschaft!
Oh, das ist kompliziert. Da versuchen dann
die Verbände, sag ich mal, eine Lücke zu
füllen. In Sachen Wissensvermittlung und
auch rechtlicher Beratung. Aber ich finde
es durchaus schade. Und genauso werden
Genossenschaften auch in
betriebswirtschaftlichen oder
unternehmerisch orientierten Studiengängen
eigentlich nicht behandelt. Ich bin nicht
angetreten, um das zu ändern.
Genossenschaft muss ins Bewusstsein der
Bevölkerung mehr vordringen und bietet
halt die Chance, dass viele sich
zusammenschließen und ein
unternehmerisches Ziel gemeinsam umsetzen
oder auch mehrere, wenn es genug Genossen
und Genossinnen sind.
Ajuvo: Ja, genau. Und das ist wieder ein
Beitrag dazu heute. Dann freuen wir uns
gleich alle auf Fragen und Antworten im
Q&A und danken für diesen rc3 und wünschen
guten und unfallfreien Weiterflug.
Herald: Okay, es geht weiter. Wir sind
also mit dem Voraufgezeichneten durch.
Jetzt fängt das Q&A an. Ich glaube, ihr
könnt euch alle, alle mal das Mikro
anschalten.
Ajuvo: Jupp.
Herald: Und dann hören wir euch alle.
Ich habe im Chat keine Fragen
wirklich wahrgenommen.
Deswegen kann ich leider keine Fragen
stellen. Ich weiß nicht, wie das Format
von euch genau überlegt. Sonst könnt ihr
einfach anfangen irgendwie zu reden. Dann
schauen wir mal, wie das wird.
Ajuvo: Ja.
Herald: Wir müssen aber auch nichts
erzwingen. Wenn's früher fertig ist, ist
es halt früher fertig.
Ajuvo: Ja, absolut genau.
Herald: Und an alle Zuschauer kann ich
sagen: Nochmal jetzt falls irgendwelche
Fragen da sind, einfach Fragen stellen und
dann werden sie beantwortet.
Ajuvo: Kannst du nochmal die Hashtags für
Twitter und Mastodon sagen?
Herald: Die Hashtags für Twitter und
Mastodon müssten #rc3-hacc sein auf beiden
Plattformen. Und irgendjemand von euch hat
gerade den Stream noch an und man hört
ihn.
Ajuvo: Ja, macht mal die Streams aus,
damit man das nicht doppelt hört.
Herald: Genau.
Ajuvo: Irgendjemand hat noch den Stream
an. Macht den mal aus, bitte.
Herald: Ah hier. Ich habe eine Frage
gefunden. Von satan @hackertvger: "Wie
lange dauert denn der formale
Gründungsprozess im Durchschnitt? Ich
denke aktuell mit circa 20
Veranstaltungstechnikbetrieben eine eG zu
gründen aufgrund der Pandemie." Und,
erstmal beantworten wir die Frage und dann
kommt die nächste.
Ajuvo: Okay, also eine Genossenschaft ist
eine große Rechtsform. Das ist nicht wie
bei einem Verein und der GmbH in paar
Wochen getan. Du musst hier mit mehreren
Monaten rechnen. Da wir mittlerweile so
schöne Gesetze haben wie das
Geldwäschegesetz, musst du allein schon
einmal Leute sammeln, die das Geld
zusammenlegen für die Kosten der Gründung.
Die sind auch nicht ganz gering. Wir haben
das so gelöst, dass wir zunächst mal einen
nicht gemeinnützigen, also wirtschaftlich
tätigen Verein gegründet haben, wo die
Mitglieder Geld eingezahlt haben, um die
Gründungskosten zu decken. Es war dann
auch der Vereinszweck. Und nur so bekommst
du überhaupt ein Konto, wo du Kapital
sammeln kannst für die Genossenschaft.
Ansonsten hängts ein
bisschen davon ab, wie gut und schnell du
beraten bist. Aber ich kann nur sagen fang
so schnell wie möglich an. Wenn du es
jetzt tust, dann könntest du im
Optimalfall so per 1. April mit deiner
Genossenschaft loslegen.
Herald: Okay, und die zweite Frage auch
von Satan: "Fließen aus einer
Genossenschaft auch Gewinne an die
Mitglieder?"
Ajuvo: Das kann so sein, das muss aber
nicht. Also Gewinn machen, ist wie gesagt,
nicht die Hauptsache. Nicht die
Genossenschaft soll ihre Mitglieder
fördern. Aber natürlich braucht sie
Rücklagen. Also es hat ja keinen Sinn,
wenn eine Genossenschaft sofort in die
Knie geht und alle Mitglieder Geld
nachschießen müssen, wenn mal irgendwie
ein Verlust entsteht. Und steuerlich sieht
das genauso aus wie bei einer
Aktiengesellschaft oder einer GmbH. Und
eine Genossenschaft kann auch Dividende
zahlen wie eine Aktiengesellschaft, wenn
die Mitglieder das denn gerne wollen.
Interessanter Move dabei ist - Philippe
hats vorhin gesagt - du kannst, wenn du
sozusagen zu viel verdient hast oder erst
einmal etwas zu hohe Entgeder an deine
Mitglieder festgelegt hast aus
Vorsichtsgründen, vor Jahresende den
Mitgliedern Geld zurückgeben und zwar
steuerfrei. Das ist natürlich etwas
Besonderes, was nur in der Genossenschaft
geht. In einer AG ginge das nicht.
Martin: Ja also es gibt auch einen
Nachteil bei der, wenn man Gewinne
ausschüttet, einfach steuerlich. Also,
wenn der Zweck ist, da die Mitglieder zu
fördern und deswegen, wenn man die Wahl
hat, sozusagen den Mitgliedern jetzt
unmittelbar Leistungen zukommen zu lassen,
dann ist das ja steuerlich immer viel
günstiger, als wenn man hinterher Geld
ausschüttet und das wieder versteuern
muss. Das heißt, es muss dann sowohl die
Genossenschaft versteuern als auch das
Mitglied, was das Geld bekommt. Und
außerdem ist es natürlich ein gigantischer
Aufwand, das auch überhaupt abzuwickeln,
je nachdem. Na, man muss ja dann die
entsprechenden steuerlichen Vorschriften
beachten, man muss die Kirchensteuer
verarbeiten, je nach Mitglied, wenn es
natürliche Personen sind und lauter so
Kram, deswegen machen wir das z.B.,
vermeiden wir das bisher. Allerdings sind
wir jetzt auch nicht so erfolgreich
gewesen bisher dass wir überhaupt hätten
Gewinne ausschütten können muss man
fairerweise dazu sagen. Wir haben das Geld
immer investiert.
Phillipe: Also wir haben es bei uns
unterschiedlich gemacht. Wir haben oft
benutzte das Mittel der
Umsatzrückvergütung, weil es ja sehr
einfach ist. Und damit kann man die
Mitglieder oder ich sag hier mal so die
fleißigen Mitglieder sehr schnell wieder
belohnen. Dann haben wir natürlich auch
einen Teil unseres Gewinns – wie Ajuvo es
gesagt hat – in unserer Reserve getan,
damit wir wie jede Firma oder wie jeder
gute Kaufmann auch Reserven, genügend
Reserven haben. Und das dritte haben wir
auch mal gemacht. Also wir hatten auch mal
den Wunsch von unserer Mitgliedschaft,
dass wir wirklich an alle Geld ausschütten
und wir haben es einmal tatsächlich
gemacht, dass wir Gewinn ausgeschüttet
haben, genauso wie eine AG oder GmbH es
macht. Und wie Martin es jetzt sehr
treffend gesagt hat wenn man sowas macht,
ist es sehr aufwändig, haupsache wegen der
Steuergesetze. Weil an dem Tag wo man die
Ausschüttungen macht, muss man auch
gleichzeitig Steuererklärungen an die
Steuerbehörde zusenden.
Ajuvo: Ja genau. Also Quintessenz: Wenn du
das Gefühl hast, du hast so viel Geld als
Genossenschaft, dann gibt's den
Mitgliedern rechtzeitig wieder, und
ansonsten behalte das Geld in deiner
Rücklage und zahle halt Körperschaft und
Gewerbesteuer als Genossenschaft darauf.
So Faustregeln: Drittel ist weg, wenn du
100 000 Euro in die Rücklage tun willst,
musst du 150 000 verdienen. Aber das ist
ja immer so. Also Genossenschaften sind
kein Steuersparmodell. Das ist ja
vielleicht auch wichtig, auch wenn man
hier und da als Mitglied, wenn man in der
eigenen Genossenschaft angestellt ist,
durchaus mal was sparen kann. Vor allem,
wenn es nur ein bescheidenes Gehalt ist.
Manuela: Du hattest vorhin gesagt,
Ajuvo, Nachschusspflicht vielleicht. Da
würde ich gern nochmal drauf eingehen.
Ajuvo: Hatte ich nicht.
Manuela: Aber wer war es?
Ajuvo: Ne, ich hatte nur gesagt, wenn die
Genossenschaft nun droht in die Knie zu
gehen, dann werden die Mitglieder wohl
Geld nachschießen müssen. Das kann man
freiwillig oder verpflichtend regeln. Wir
haben das nicht gemacht, sondern wir haben
gesagt: Erstens Wir sammeln im Vorwege
genügend Geld, damit wir nicht beim ersten
kleinen Problem in die Knie gehen und zum
zweiten werden wir erst einmal verdientes
Geld in die Rücklage tun, bis da
sechsstellig Geld ist. Denn man hat ja so
als es in unserem Fall als kleine Hacker
Genossenschaft auch nicht nur Freunde und
wird mal abgemahnt, verklagt und
ähnliches. Es ist ja auch Sinn der Sache,
dass wir das Ganze dann abwehren können.
Manuela: Also wir haben Nachschusspflicht
bei uns ausgeschlossen.
Ajuvo: Wir auch
Manuela: Ok, genau.
Ajuvo: Gleichwohl ich meine, wenn deine
Genossenschaft droht pleite zu gehen. Und
du bist viele Leute, wenn du 200 Member
hast und du brauchst was weiß ich was?
Keine Ahnung. 100 000 Euro, weil irgendein
Riesenfuckup passiert ist. Dann sind das
pro Member im Durchschnitt 500 und ich bin
recht überzeugt davon, dass je nachdem wie
jeder kann, das dann in bedarfsgerechten
Portionen auch zusammen käme. Aber das ist
ja nun der Worst Case, den willst du ja
vermeiden.
Erika: Aber das ist ja auch das Schöne an
der Genossenschaft letztendlich, dass du
bestimmte Sachen, ob du nun
Nachschusspflicht festlegen magst, ob sie
ausschließen magst, dass du ja auch alles
in der Satzung bzw. die gleichen
Spielregeln wie die Satzung ja auch
darstellen für alle Mitglieder. Dass man
dann das auch festlegen kann und weiß,
jeder muss sich danach halten oder jeder
hat diese Rechte und Pflichten, die auch
eben da festgehalten sind in der
genossenschaftlichen Satzung.
Ajuvo: Ja genau.
Herald: Gut, unterbreche ich gerade
jemanden oder kann ich noch eine Frage
einwerfen? Okay, wir haben noch eine Frage
und zwar von Hans Achterbahn: Gibt es
große Unterschiede bei den verschiedenen
Genossenschaftstypen? Wir wollen ein
Hausprojekt als Genossenschaft starten.
Erika: Ja, das äh – Ich antworte da drauf
einfach mal. Das Spektrum von
Genossenschaften, das ist natürlich
wirklich sehr breit und das Leute jetzt
zum Beispiel gerade so kleine Wohnprojekte
haben, das hat natürlich auch mit diesen
gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun,
auch einen demografischen Wandel. Und auch
wir haben im Verband einige kleine
Wohnprojekte, z.B. ambulant betreute
Wohngemeinschaften. Das ist so das, was
wir schon in mehreren Bereichen begleitet
haben in mehreren Kommunen. Und ja, es
gibt große Genossenschaften. Es gibt
kleine Genossenschaften mit ganz vielen
Mitgliedern, mit ganz wenigen Mitgliedern,
Genossenschaften, die mit weniger
Mitgliedern viel Umsatz machen.
Genossenschaften, die mit vielen
Mitgliedern weniger Umsatz machen. Also
das kommt ganz auf das Projekt oder auf
das Unternehmensziel an.
Ajuvo: Ja, genau. Aber grundsätzlich
Wohnungsbaugenossenschaft ist ein
definierter Fall, so auch in der
Immobilienfinanzierungswelt, es hat schon
Vorteile. Also wenn du mit einer größeren
Anzahl von Leuten ein größeres Objekt
finanzieren willst, damit meine ich also
sagen wir mal über 25 Member, eher so 40
oder 50 und die sollen vielleicht über
längeren Zeitraum von 10 Jahren oder so
jeder jeden Monat ein paar hundert Euro
einzahlen. Dann ist so eine
Wohnungsbaugenossenschaft schon eine gute
Sache, auch weil du recht kreditwürdig
bist damit. Solche Dinger gehen nämlich
sehr selten pleite. Insofern ist das
durchaus ein Modell für ein Wohnprojekt,
sobald man ein paar mehr Leute ist. Ich
würde das nicht machen, wenn ich nur zu
7/8 Mensch bin, dann ist es wahrscheinlich
ein bisschen over.
Erika: Genau da gebe ich Ajuvo recht.
Gerade bei so guten Projekten kommt es
darauf an muss ich ein Grundstück kaufen?
Kann ich das pachten? Wieviel
Mieteinnahmen? Also das muss ich schon
durchdenken. Und wie gesagt, es gibt
kleinere Wohnprojekte und
Wohnbaugenossenschaften. Wenn wir uns
jetzt hier München angucken oder größere
Städte, wo tatsächlich die Mieten sehr
teuer sind, sind Genossenschaften im
Wohnbaubereich natürlich optimale, können
optimale Konstrukte sein, da möchte ich
ein bisschen vorsichtiger sein. Aber es
sind natürlich auch Projekte mit einem
hohen Investitionsvolumen und da muss man
natürlich auch schauen, wie man dieses
Investitionsvolumen, was man hat, stemmen
kann. Also mit den Mitgliedern zusammen
das Hinbekommen kann.
Ajuvo: Genau. Also es ist mal wieder die
Sache: Sobald du mit vielen Leuten größere
Beträge stemmen willst, ist das durchaus
lohnend. Also als Beispiel wenn du sagst
30 Leute legen mal jeder über 10 Jahre 30K
zurück. Also realistische Sparziel
sozusagen. Dann haste so Größenordnung ne
Million zusammen und damit kriegst
natürlich schon eine recht große Immobilie
finanziert, wenn du musst.
Phillipe: Außerdem kann man bei
Genossenschaft bei solchen
Wohnbaugenossenschaft auch sozusagen die
Eigenleistung der Mitglieder auch da mit
einrechnen. Das ist auch interessant. Also
wenn wenn sich die Mitglieder selber am
Bau beteiligen.
Ajuvo: Ja, genau. Das war ja früher fast
der Normalfall. Also das kommt ja aus
einer Zeit, wo tatsächlich – was weiß ich
was – 100 Arbeiter sich so ihren eigenen
Wohnblock gemauert haben. Und das geht im
Prinzip auch heute noch. Also wenn man
Leute hat, die gerade mit ihrer
Arbeitskraft auf dem Markt nicht so viel
anfangen können und die Bauhandwerker
sind, dann ist das durchaus eine
Möglichkeit.
Martin: Genau, das geht auch beim Hosting.
lachen
Ajuvo: Stimmt, genau. Man kann auch Admin
bei seiner eigenen Genossenschaft sein und
Eigenleistung bringen, genau.
Martin: Genau so ist es auch zustande
gekommen, ja.
Herald: Hier gibt's noch ein kleines
Update zu der Frage – ähm – Und zwar wir
sind zwischen 10 und 25 Erwachsenen plus
Kinder. Ich glaube, da geht's
wahrscheinlich von der Frage in die
Richtung, ob es da irgendeine Empfehlung
von eurer Seite gibt. Wenn ich das richtig
interpretiere.
Ajuvo: Wie ich eben sagte, so 10 bis 25
ist so ein bisschen die Todeszone. Bei so
unter 10 ist klar es lohnt sich
Wohnungsbaugenossenschaft nicht und bei
über 25 auf jeden Fall. Und dazwischen ist
man in der kommt-drauf-an-Phase.
Erika: Ja kommt genau. Es-kommt-drauf-an-
Phase – was man tatsächlich mit den 10 bis
25 Personen stemmen oder machen möchte.
Was für eine Art von Wohnprojekt. Und da
muss man sich auch die Frage stellen
braucht es dafür die Genossenschaft oder
braucht es dafür einen rechtlichen Rahmen?
Also dass so Themen, die im Vorfeld auch
erstmal abzuklären sind, was denn wirklich
das konkrete Ziel ist, auch nur hinter
einem Wohnprojekt. Was ja letztendlich
eher so man könnte normal denken Standard
sein könnte. Aber letztendlich ist es
nicht wirklich ein Standard, sondern da
muss ich Ajuvo Recht geben, Es kommt
darauf an hier.
Ajuvo: Ja, also es ist auch die Frage, wie
gesagt, was man will, ob man sich sicher
ist, dass die Gemeinschaft der
Wohnungsunternehmer so konstant bleibt.
Ein Vorteil der Genossenschaft ist: Wenn's
für jemanden auf dem Weg auf der Reise
nicht mehr passt, dann kommt man aus einer
Genossenschaft relativ schmerzfrei
raus und es können auch noch Leute an Bord
kommen. Das ist bei anderen
Konstruktionen, irgendwelchen
Eigentümergemeinschaften, Vereinen usw.
durchaus schwieriger. Also da muss man,
wenn man so in dieser Mittelphase ist,
muss man einfach kucken. Hat man Leute,
die möglicherweise noch aus und eintreten
oder hat man das nicht?
Ajuvo: Also es ist schon. Es ist halt ein
gewisser Aufwand, wie ich vorhin sagte,
wir haben für unsere Hackergenossenschaft
auch erstmal einen Verein gegründet und
erst einmal fünfstellig Geld eingesammelt
für die ganzen Kosten, bis es dann soweit
ist. Es ist halt eine große Rechtsform,
genau wie die AG auch und das ist äh – das
gründet man nicht mal so eben.
Martin: Also eine Hürde ist bei der
Genossenschaftsgründung vor allen Dingen
auch die Anfangsprüfung durch einen
Verband. Ja, wie wir ja auch die
Vertreterin hier haben
Erika: lacht
Martin: Und da muss halt nachgewiesen
werden, dass tatsächlich ein insbesondere
der Paragraph 1 Absatz 1
Genossenschaftsgesetz erfüllt ist, also
die Förderung der Wirtschaft der
Mitglieder, wie das da so schön formuliert
ist. Und das muss halt durch das Konzept,
was vorgelegt wird, auch deutlich werden,
dass das funktionieren kann. Auch
wirtschaftlich tragfähig funktionieren
kann. Das ist, glaube ich so die
schwierigste Hürde bei der
Genossenschaftgründung, dass man das
darstellen kann, oder?
Erika: Und deshalb ist es auch wichtig,
dass man eben einen Businessplan hat, der
natürlich Chancen, Risiken hat, der – auf
dessen Basis man ja erst sieht, wie
finanziert sich oder wie entwickelt sich
die Genossenschaft wirtschaftlich gesehen
in den nächsten paar Jahren? Das ist auch
wichtig und wir seitens des
Genossenschaftsverbands gucken uns den
Businessplan sehr genau an, weil wir auch
auf der Basis und Zusammenarbeit mit den
Gründern dann die gemeinsamen Spielregeln
in der Satzung festlegen. Und das sind
natürlich Punkte, die essentiell wichtig
sind, weil wir seitens des Verbandes dann
auch die Aufgabe haben, ein Gutachten für
die Gründung aufzustellen, also einen
positiven Bescheid so zu sagen, dass das
ein tragfähiges, wirtschaftlich
nachhaltiges Modell ist, weil nur so wird
das dann auch letztendlich die
Genossenschaft bei uns im Verband
aufgenommen. Wenn dieses positive
Gutachten vorliegt, das sie ja dann auch
wiederum brauchen als Gründer für den
Notar bzw. auch für die Eintragung beim
Registergericht letztendlich, ja.
Herald: Wir haben noch eine Rückfrage auf
eine Aussage, die glaub ich vorhin
gefallen ist. Und zwar ist die
Nachschusspflicht bei Insolvenz der eG
nicht gesetzlich vorgeschrieben bzw. nicht
durch die Satzung ausschließt.
Ajuvo: Nein, das das war mal. Also es ist
insoweit bist du geschützt. Wenn deine
Genossenschaft pleite geht, dann verlierst
du das Geld, was du da eingelegt hast und
mehr nicht.
Phillipe: Das muss man aber regeln. In der
Satzung, das muss man schreiben. Man kann
es schreiben.
Ajuvo: Ja. Also das ist kein Problem
heutzutage. Ich muss auch sagen, wir haben
mit unserem Genossenschaftsverband
diesbezüglich eigentlich gute Erfahrungen
gemacht. Es ist ja immer noch so ein
bisschen altbacken. Man wird dann manchmal
gefragt: So was? Was soll die
Genossenschaft in drei, vier Jahren
machen? Das kannst du insbesondere bei der
Hacker Genossenschaft natürlich nicht
wissen. Aber für unseren Verband war z.B.
ganz wichtig, dass wir einfach eine
dreistellige Anzahl von Mitgliedern sind,
dass wir schon mal namhafte Geldbeträge
eingesammelt haben und dass wir
verbindliche Beitritts- und
Zeichnungsversprechen von unseren
Mitgliedern haben, sodass die ganze Sache
solide finanziert ist. Und wenn du das
geschafft hast und ansonsten halt den
längeren Fragebogen betriebswirtschaftlich
und juristisch sagen wir mal
alphabetisiert beantworten kannst, dann
geht das schon.
Herald: Hier ist noch eine –
Erika: In der Tat ist es so, dass man das
in der Satzung festlegt, ob eine
Nachschusspflicht besteht oder nicht, in
der Regel wird es bei uns auch eher
ausgeschlossen. Letztendlich haften die
Mitglieder einfach mit den
Geschäftsanteilen was in der Genossenschaft
haben. Und es ist ja auch ein Vorteil von
dem ganzen Konstrukt letztendlich.
Ajuvo: Genau. Du hast vor allem nicht das
Problem wie bei der GmbH, das du erst
erstmal die Gesellschafter alle überzeugen
muss Beschlüsse zu fassen, zum Notar zu
rennen, sondern du kannst halt wie so in
unserem Fall, wenn so ein Riesenfuckup
passiert und du brauchst außer der Reihe
Geld, dann kannst du halt quasi unter
deinen Membern ein Crowdfunding
veranstalten und die tun halt entsprechend
Geld rein und dann ist das gut.
Phillipe: Und es gibt eines das, was man
wissen muss, wenn man zu viel Verluste
macht. Also wenn die Verluste die Hälfte
des Kapital der Genossenschaft erreichen,
muss eine außerordentliche
Generalversammlung stattfinden, um darüber
abzustimmen, was mit der Genossenschaft
dann passiert. Das heißt, man in der
Regel, wenn man es richtig gemacht hat,
schlittert man nicht so schnell in eine
Pleite.
Ajuvo: Ne, genau. Also vorher ein bisschen
Geld einsammeln ist wichtig. Und wir haben
natürlich unsere Genossenschaft auch so
konstruiert, dass das alles schön Remote
geht, sowohl die Verwaltung wie auch die
die Mitgliederversammlung,
Generalversammlung usw. Und ansonsten
machen wir das wie im Chaos üblich. Es
gibt ein Kernteam und wer macht, hat Recht
und wer mitarbeitet, bestimmt mit. Es
kommt ganz entscheidend darauf an, dass
vielleicht auch nochmal wichtig in einer
etwas größeren Genossenschaft mit vielen
Mitgliedern, dass man halt die richtigen
Leute im Aufsichtsrat hat. Das ist das
zentrale Gremium, der Aufsichtsrat
bestellt, normalerweise auch den Vorstand.
Und da müssen die richtigen Leute sitzen.
Und ansonsten sollte man neben diesen
formalen Dingen einfach je nachdem, wie
man es braucht, die Mitglieder beteiligen,
z.B. so, wie wir es gewohnt sind, eben
indem wir ein Kernteam haben, wo man
onboarden und offboarden kann, je
nachdem, wie es gerade nötig ist und
ansonsten so die üblichen Methoden der
remoten Kommunikation und Abstimmung löst.
Also wir machen das auch Kryptografisch
recht aufwendig und haben aber auch
Tools um Abstimmungen und Meinungsbilder
und sowas einzuholen, damit die Teams halt
auch wissen, was sie tun. Und wir haben
die Arbeit parallelisiert. Das kann ich
auch nur Leuten raten. Das ist ja auch der
Vorteil unserer Chaos nahen
Hackerstrukturen, dass wir gewohnt sind in
parallelisieren Teams zu arbeiten, wie wir
das bei großen Veranstaltungen auch
kennen. Wenn du jedes mal versuchst bei
200 Member nachzufragen, was richtig und
was falsch ist, dann kommst du nicht weit.
Erika: Aber das finde ich jetzt auch
nochmal ganz wichtig, dass sich die
Mitglieder ja auch quasi immer beteiligen
können. Sie können sich nicht nur
beteiligen, wenn sie im Vorstand oder im
Aufsichtsrat unterwegs sind, sondern die
Genossenschaft lebt ja quasi davon, dass
die Mitglieder auch mitmachen, dass sie
Ideen einbringen. Und diese Ideen können
sie ja dann über den Vorstand auch weiter
ins ganze Unternehmen spielen. Aber
wichtig ist halt tatsächlich, dass die
Mitglieder bei Laune gehalten werden und
auch aktiv sind. Letztendlich ja.
Ajuvo: Wobei wir es auch okay finden bei
uns. Wir haben auch Member, die noch nicht
genau wissen, was sie damit machen wollen,
die einfach Proud Member of Hacker eG
sein wollen und ihre Kohle reintun, das
ist ja auch okay. Ja und wie gesagt wie
wir. Wir haben ein Unternehmen gegründet,
was man benutzen kann, wenn man es mal
braucht und ansonsten freut man sich, dass
es da ist. Und irgendwo gibt's einen
Vorstand und Aufsichtsrat, die nach außen
das Gesicht in den Wind halten. So wie das
beim Club eben auch ist. Und ansonsten
muss man gucken, was. Was die Zukunft
bringt. Wir sind jedenfalls erstmal guten
Mutes und naja, so eine Idee braucht seine
Zeit, bis sie – bis ihre Zeit gekommen
ist. Und ja, jetzt ist es soweit.
Herald: Ich weiß nicht, ob die Frage schon
beantwortet wurde, weil ich ein bisschen
beschäftigt war und euch nicht ganz
zugehört habe, aber hier kam noch eine
Rückfrage zu dieser Nachschusspflicht:
Also können unbefriedigte Gläubiger der eG
die Genossen in Haftung nehmen?
Ajuvo: Nein.
Nerald: Nein. Okay. Und dann haben wir
noch –
Ajuvo: Nur im Rahmen der
Nachschusspflicht. Ja, genau.
Herald: Dann haben wir noch eine
Konkretisierung von diesem Hausprojekt.
Und zwar liegt die Investitionssumme zirka
bei 300 000 Euro für das Haus und eine
Million Euro für die Renovierung. Sie
wollen dort langfristig ein
Mehrgenerationenhaus machen.
Ajuvo: Ja, das ist eigentlich schon die
Kragenweite. Durchaus. Du musst ja immer
gucken, ob die Adminkosten sozusagen im
Verhältnis zur Investition stehen. Das
wäre hier schon der Fall. Zumal
Wohnungsbaugenossenschaft ist auch ein
definierter Use Case für Genossenschaften,
wo auch nochmal festgelegte Regeln gelten,
auch für die Finanzierung. Das klingt
schon sinnvoll und wie sie wollen, sie
sind zwischen 10 und 20 Leuten oder so.
Also von daher ist es sinnvoll, die Option
Wohnungsbaugenossenschaft mal zu prüfen.
Herald: Und dann auch gleich noch: Ist ein
Ausschluss der Nachschusspflicht nicht
hinderlich für die Kreditaufnahmen.
Ajuvo: Nö. Also es mir ist mir nichts
bekannt deswegen; die Kreditwürdigkeit
einer Genossenschaft beurteilt sich
letztlich genauso wie die anderer
Kapitalgesellschaften auch. Also du musst
natürlich für Kredite Sicherheiten
bringen, oder bei geringen Summen kommt es
darauf an, wie viele Leute sind da und
wieviel Geschäftsguthaben haben die
gezeichnet? Oder wieviel Anteile. Ob dann
Nachschusspflicht drin ist oder nicht,
das spielt betriebswirtschaftlich für den
Kreditgeber heutzutage kaum noch eine
Rolle. Das war vor Jahrzehnten mal anders,
aber dadurch, dass im Grunde zu viel Geld
in der Wirtschaft kreist, hat sich auch
das ein bisschen erledigt gerade.
Martin: Gut bei Immobilien ist ja ohnehin
so, dass die Immobilie wahrscheinlich als
Sicherheit dann dient für den Kredit genau
Ajuvo: Genau, genau. Also bei einer
Wohnungsbaugenossenschaft ist das sowieso
sehr stark formalisiert. Da wird ein
formaler Wert für die Immobilie festgelegt
und dann kriegst du für festgesetzte
Prozentsätze quasi automatisch Geld gegen
Verpfändung dieser Immobilien.
Herald: Und das hört gar nicht mehr auf
mit den Fragen.
Ajuvo: Ja, das ist ja gut, weiter
Herald: Gibt es Unterschiede zwischen
Privatpersonen oder Firmen bei der
Mitgliedschaft und was sind die gängigen
Beweggründe für Firmen bei einer
Mitgliedschaft? Gerne auch mit Bezug zu
WTF.
Ajuvo: Ach so, mit Bezug zur WTF hätte ich
gesagt, Martin kann das dann beim
Hostsharing erklären, die haben so viele
Firmenmember. Hostsharing ist auch Member
bei der WTF. Ja, auch juristische Personen
können in eine Genossenschaft eintreten.
Ist bei uns eher nicht so der Hauptfall.
Aber es gibt ja im Chaos namentlich auch
noch einige andere wirtschaftliche
Aktivitäten, die was mit Hosting und
Servern und Streaming und so zu tun haben.
Da kooperiert man natürlich. Insoweit
spricht nichts dagegen, dass eine GmbH
oder Genossenschaft oder
Aktiengesellschaft Mitglied bei einer
anderen eG wird. Die muss dann halt
Vertreter bestellen, die dann das
Stimmrecht ausüben. Denn auch eine
juristische Person hat eine Stimme, genau
wie eine natürliche Person.
Phillipe: Ja, das ist bei uns genauso.
Also wie gesagt, wir sind auch ein
Konglomerat aus selbständigen, also
Privatperson, könnte man sagen, und kleine
GmbHs. Das ist eben das Schöne bei der
Genossenschaft, dass man das ohne große
Probleme mischen kann. Ajuvo: Genau.
Genau. Ihr seid ja auch im Grunde so eine
Art Systemhaus, ne, und eure, eure
Mitglieder sind entweder Einzelkämpfer
oder haben eine kleine GmbH
Phillipe: Ja
Martin: Genau. Also bei uns ist halt so
typischerweise das. Also wir haben ja auch
ne Mischung von Privatpersonen und
Selbstständigen und auch
Kapitalgesellschaften, also vor allem eben
GmbHs. Und ja. Und das ist halt so, dass
die sozusagen ein Teil ihrer Sachen bei
uns halt machen lassen, was halt zentral
von der Genossenschaft für alle gemacht
wird, nämlich das Hosting. Und die
betreiben dann irgendwelche Anwendungen
für ihre speziellen Themen, ja
also z.B. unsere Logistik-Dienstleister
wäre ein typisches Beispiel. Mit der
Logistik-Dienstleistung haben wir ja
nichts zu tun. Aber wir sorgen dafür, dass
ein zuverlässiges Hosting dann als
Grundlage da ist, mit Ausfallsicherheit
rund um die Uhr und Pipapo und solchen
Geschichten. Das ist eigentlich so der
Vorteil halt. Also eigentlich ist das ganz
ähnlich beim Hosting, irgendwie wie ein
traditioneller Landmaschinen-Ring, ja wo
halt die Maschinen gemeinsam sozusagen
betrieben werden, oder? Ja genau.
Ajuvo: Genau. Also es gibt eigentlich
moderne Use Cases für eine alte Idee. So
wie die Bauern sich früher ihre
Mähdrescher gegenseitig verliehen haben.
Martin: Genau
Ajuvo: machen wir das halt mit rotierenden
Blech, ne.
Martin: Genau
Erika: Und im Prinzip ist ja kann, kann ja
jeder sich beteiligen, der einfach das
Projekt gut findet oder die Idee von euch.
Ajuvo: Und das finde ich auch noch
wichtig. Also Genossenschaften sind ja
auch ein Netzwerk. Also es gibt ein
weltweites Netzwerk von Genossenschaften
und genossenschaftlichen Organisationen
und es ist durchaus so, dass du als
Genossenschaft bei einer anderen
Genossenschaft wiederum auch auf eine
gewisse Solidaritätsmoment in der Regel
hoffen kannst in unterschiedlichem Umfang.
Aber ich bin noch zu einer Zeit
großgeworden, da bekamst du als
Genossenschaftlichter Mitarbeiter
natürlich Rabatt bei deiner Winzer
Genossenschaft oder so etwas. Ob das heute
noch so ist, weiß ich nicht. Aber
tatsächlich kann man auch gucken der
genossenschaftliche Himmel ist weit und
man bekommt auch tatsächlich auf der
Kundenseite manchmal besser Kontakte, weil
man halt eine Genossenschaft ist. Ist
tatsächlich so.
Erika: Ja, letztendlich gibt's ja auch so
ein kleines Netzwerk, sag ich mal so. Wenn
man mit der Volks- und Raiffeisenbanken
z.B. als Genossenschaft zu tun hat, als
Finanzierer oder Unterstützer oder so, da
ist man nicht unbedingt allein, wenn man
ein bisschen umguckt.
Ajuvo: Genau. Genau so ist das. Manche
Sachen machen sich da tatsächlich
einfacher. Haben wir noch Fragen?
Herald: Ich sehe gerade keine.
Ajuvo: Aber es sind ja auch –
Herald: Ja, wir haben, wir haben ganz
schön viel Zeit geschafft.
Ajuvo: Ich weiß jetzt gar nicht, wie viel
Lücke im Fahrplan ist bis zum nächsten
Talk.
Herald: Doch da ist noch, also der nächste
Talk, der ist um 17 Uhr. Von daher wäre
noch eine Stunde Zeit. Aber wir brauchen
es auch nicht künstlich in die Länge zu
ziehen.
Ajuvo: Nee, nee, eben. Ich schreib noch
mal kurz rein.
Herald: Ah ja.
Phillipe: Was man auch noch sagen kann zu
den Leute da, die etwas an dieser
Wohnungsbaugenossenschaft gründen wollen,
eventuell: die Genossenschaftanteile, die
man hat, die lassen sich natürlich auch
vererben.
Ajuvo: Genau. Wobei das dann schon so eine
persönliche Sache ist. Die Erben sind dann
erst einmal nur vorübergehend Mitglied.
Aber ja, natürlich. Es ist jetzt nicht so,
dass die Kohle weg ist, wenn man irgendwie
den ewigen Congress betritt.
Martin: Man kann sie eben auch verkaufen
an jemand anderem. Mit Zustimmung des
Vorstands kann man also Geschäftsanteile
direkt an jemand anders weitergeben, das
geht auch.
Ajuvo: Genau genau. Also wie gesagt
Onboarding und auch Offboarding ist bei
einer Genossenschaft, wenn man es gut
organisiert, eine relativ einfache Sache
und bei weitem nicht so ein Hassle, als
wenn man irgendwo GmbH Anteile kaufen muss
oder so.
Erika: Man muss nur aufpassen, wenn jemand
kündigt oder austreten mag, dass man auch
seine Geschäftsguthaben zurückzahlen kann
und soviel Geld in der Kasse hat.
Ajuvo: Genau. Und genau das kann man hier
in der Satzung auch regeln. Wenn das jetzt
um größere Mengen an Geld geht, dann kann
man sich damit ja auch ein bisschen Zeit
lassen. Es kommt halt drauf an, was in der
Satzung steht.
Phillipe: Genau, aber deshalb braucht man
auch Reserve, damit man durchaus solche
Fluktuationen in der Mitgliedschaft auch
ohne Problem durchstehen kann.
Ajuvo: Ja, genau. Jo, gute Sache. Also ich
finde es erst einmal gut, dass so viele
Leute dann doch interessiert sind und laut
Anzeige im Stream sind da ja auch ne Menge
Zuseher gewesen. Das ganze kommt
irgendwann mal auf media.ccc.de, nehm ich
an?
Herald: Exakt.
Ajuvo: Okay, ja, Shownotes sind ja
vorhanden. Ansonsten hilft euch die
Suchmaschine des geringsten Misstrauens.
Und wir beantworten weiter gerne Fragen
nicht nur zur WTF, sondern auch zu
Genossenschaften allgemein. Schließlich
haben wir hier ja auch Leute vom
Genossenschaftsverband Bayern, die auch im
Chaos sind. Das ist ja schonmal gut. So,
dann. Vielen Dank! Ja, vor allem vielen
Dank euch, dass ihr uns hier den Platz
gegeben habt und dass wir hier mit einem
mit einem Hilarius Stunt dann kurz vor
knapp noch den Stream hingekriegt haben.
Herald: Ja, das ganze hinter den Kulissen
sieht man leider im Stream immer nicht.
Ajuvo: Ja schade eigentlich. Club ist,
wenn es trotzdem klappt.
Herald: Genau, dann sag ich nochmal Danke
an euch alle, dass ihr hier wart.
Phillipe: Vielen Dank für die Organisation
und für die Möglichkeit.
Erika: Ja. Danke, dass wir dabei sein
durften.
Herald: Schön, danke ich mich auch von
euch und sag noch den nächsten Talk an!
Der ist um 17 Uhr "Type Theory and Meaning
in Linguistics" auf Englisch. Und bis dahin
haben wir noch unseren schönen Infobeamer
hier. Genau.
Martin: Das hört sich advanced an
Herald: Bis noch umgestaltet wird, haben
wir hier irgendein wunderschönes Bild, was
mir jemand an die Wand gezeichnet hat?
Okay. Mal schauen.
Herald: Ah, obs hilft. Alles klar. Okay.
Vielen Dank. Bis bald.
Phillipe: Vielen Dank
Erika: Ciao
Phillipe: Gutes Gelingen weiterhin.
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