Ich liebe folgendes Zitat des Aktivisten
und Punkrock-Musikers Jello Biafra:
"Hasst die Medien nicht,
werdet die Medien!"
Ich bin Künstler.
Ich arbeite gerne mit Medien und Technik,
denn einerseits bin ich mit ihnen vertraut
und ich mag die Macht, die sie haben.
Andererseits hasse ich sie
und habe Angst vor Ihrer Macht.
(Gelächter)
Ich erinnere mich, wie ich 2003 ein
Interview von Fox-Moderator Tony Snow
und Donald Rumsfeld sah,
dem damaligen US-Verteidigungsminister.
Sie sprachen über die Invasion des Irak
und Rumsfeld wurde gefragt:
"Wir erfahren, wie viele Tote wir haben,
aber nicht, wie viele Tote
sie haben. Warum?"
Rumsfelds Antwort:
"Wir zählen nicht die Toten der anderen ."
Stimmts?
Man schätzt, dass zwischen 150 000
und 1 Million Iraker, Zivilisten,
infolge der 2003 von den USA
angeführten Invasion starben.
Diese Zahl steht in krassem Kontrast
zu den 4 486 gestorbenen US-Soldaten
im selben Zeitraum.
Ich wollte mehr tun, als nur diese
erschreckende Zahl bewusst zu machen.
Ich wollte ein Denkmal für
die einzelnen Zivilisten erschaffen,
die infolge der Invasion gestorben sind.
Kriegsdenkmäler wie Maya Lins
Vietnam Memorial
sind oft riesig.
Sehr kraftvoll und sehr einseitig.
Ich wollte, dass mein Denkmal
in der Welt lebt und zirkuliert.
Ich erinnere mich an meine Schulzeit,
als unser Lehrer uns
eine klassische Sozialkunde-Aufgabe gab,
und zwar einen Brief an
ein Mitglied der Regierung zu schreiben.
Er sagte, wenn wir einen
wirklich guten Brief schrieben,
wenn wir uns wirklich Gedanken machten,
dann würden wir eine bessere Antwort
erhalten als einen Standardbrief.
Dies ist mein "Notepad".
Was aussieht wie
ein alltäglicher gelber Schreibblock
ist in Wirklichkeit ein Denkmal
für die einzelnen irakischen Zivilisten,
die infolge der US-Invasion umkamen.
"Notepad" ist ein Protestakt
und eine Geste der Erinnerung,
verkleidet als ein
alltäglicher Schreibblock.
Vergrößert man die Linien auf dem Papier,
erweisen sie sich als
mikroskopisch klein gedruckter Text,
der die Namen, Daten und Todesorte
der irakischen Zivilisten darstellt,
die ums Leben kamen.
In den letzten 5 Jahren habe ich also
diese Notizblöcke tonnenweise
in das Schreibmaterial
der Vereinigten Staaten
und der Koalitionsregierungen
geschmuggelt.
(Gelächter)
(Beifall)
Natürlich kann ich hier nicht erklären,
wie ich das gemacht habe.
(Gelächter)
Ich traf aber auch Mitglieder
und ehemalige Mitglieder
der so genannten Koalition der Willigen,
die bei der Invasion geholfen hatte.
Wann immer es möglich ist, treffe ich sie
und spreche mit ihnen über mein Projekt.
Letzten Sommer hatte ich die Gelegenheit,
Alberto Gonzales zu treffen,
den früheren US-Generalstaatsanwalt
und Autor des Folter-Memos.
(Video) Matt Kenyon:
Darf ich Ihnen das geben?
Das ist ein besonderer Notizblock.
Er ist nämlich Teil eines
aktuellen Kunstprojekts.
Alberto Gonzalez:
Das ist ein besonderer Notizblock?
MK: Ja. Sie werden mir nicht glauben,
aber er ist in der Sammlung des
Museum of Modern Art; ich bin Künstler.
AG: Okay.
MK: Diese Linien auf dem
Papier sind in Wirklichkeit ...
AG: Werden sie verschwinden?
MK: Nein, es ist Mikrotext,
der die Namen von
irakischen Zivilisten darstellt,
die seit der Invasion
des Irak gestorben sind.
AG: Ah, ja. Okay.
AG: Danke.
MK: Danke.
(Gelächter)
Die Art, wie er "danke" sagt,
finde ich wirklich gruselig.
(Gelächter)
Ich möchte, dass Sie alle
jetzt unter Ihren Sitz schauen.
Dort ist ein Umschlag.
Bitte öffnen Sie ihn.
Das Papier, das Sie in der Hand halten,
enthält Angaben über irakische Zivilisten,
die als Ergebnis der Invasion starben.
Ich möchte, dass Sie auf diesem Papier
einem Regierungsmitglied schreiben.
Sie können mithelfen,
die Zahl der zivilen Opfer
in die Regierungsarchive zu schmuggeln.
Denn jeder Brief, der an
die Regierung geschickt wird
-- und das gilt natürlich
in der ganzen Welt –-,
jeder Brief wird erfasst,
abgeheftet und archiviert.
Gemeinsam können wir dies in Briefkästen
und vor die Augen der Mächtigen bringen.
Alles, was eingeschickt wird,
wird schließlich Teil des
dauerhaften Archivs unserer Regierung,
Teil der Aufzeichnung unserer Geschichte.
Vielen Dank.
(Beifall)
Tom Rielly: Also, Matt,
wie hattest du die Idee für "Notepad"?
Matt Kenyon: Ich hatte gerade
ein Projekt beendet,
das sich mit dem Krieg aus Sicht
der US-Koalition beschäftigte.
Es war eine schwarze Armbinde mit
dem Titel "Improvised Empathetic Device".
Es sammelte in Echtzeit Namen,
Rang, Todesursache und Todesort
von Soldaten der US-Armee,
die in anderen Ländern starben.
Immer wenn das Verteidigungsministerium
oder CENTCOM ihre Daten bekanntgaben,
stach es mich in den Arm.
So wurde mir klar, dass es eine Art Show
um unsere eigenen Soldaten gab,
die in Übersee starben.
Dabei war ein überproportionaler
Anteil der Opfer Zivilopfer.
TR: Vielen Dank.
MK: Danke.
(Beifall)