Die Leute sagen mir immer,
ich sei so ein netter Mensch.
Das geht so weit, dass es Teil meiner
persönlichen und beruflichen Identität ist
so nett zu sein,
und mit jedem klarzukommen
sogar mit meinen stärksten Gegnern.
Das ist so "mein Ding", so kennt man mich.
(Lachen)
Aber keiner weiß,
dass ich ein Mobber war.
Ehrlich, ich habe selbst
nicht viel daran gedacht.
Ich habe die Erinnerungen
über Jahre vergraben,
und sogar jetzt noch ist
vieles davon sehr verschwommen.
Verleugnung ist also wohl
auch eines meiner "Dinge".
(Lachen)
Je mehr mich Leute dafür lobten
eine Liberale zu sein,
die mit Konservativen auskommt,
je mehr Artikel
ich über das Nettsein schrieb
und Reden darüber hielt, nett zu sein,
desto mehr fühlte ich
die Heuchelei in mir hochsteigen.
Was, wenn ich eigentlich
ziemlich gemein wäre?
Als ich 10 Jahre alt war,
gab es ein Mädchen
in meiner Klasse namens Vicky.
(Seufzen)
Und ich schikanierte sie,
gnadenlos.
Ich meine, jeder tat das.
Sogar die Lehrer hackten auf ihr herum.
Das macht es nicht wirklich besser, oder?
Vicky war definitiv ein geplagtes Kind.
Sie schlug sich selbst blutige Nasen
und sie hatte Hygieneprobleme --
sie hatte große Probleme mit Hygiene.
Aber anstatt diesem Mädchen zu helfen,
das offensichtlich unter Schwierigkeiten
in ihrem Leben litt,
nannten wir sie "klebrige Vicky".
Ich nannte sie "klebrige Vicky".
In meiner deutlichsten Erinnerung
stehe ich auf dem leeren Gang
außerhalb des Klassenzimmers
und warte, dass Vicky
von der Toilette kommt
und ich habe ein Klemmbrett,
Stift und eine erfundene Umfrage
über Shampoo Vorlieben,
so als würde ich eine Studie
für die Wissenschaftsklasse machen.
Und als Vicky von der Toilette kommt,
stürze ich zu ihr und frage,
welches Shampoo sie benutzt.
Um das in Perspektive zu rücken:
Ich erinnere mich nicht an meine Lehrer,
nicht an die Bücher, die ich gelesen habe.
Ich erinnere mich an
fast nichts aus der 5. Klasse,
aber ich weiß noch, dass Vicky
White Rain Shampoo benutzte.
So deutlich wie gestern,
als wäre es gerade erst passiert.
Danach renne ich
den Gang entlang
und rufe zu den anderen Kindern,
"Die klebrige Vicky benutzt
White Rain Shampoo.
Benutzt nicht White Rain Shampoo
oder ihr werdet wie
die klebrige Vicky riechen."
Ich habe das lange vergessen.
Als ich mich wieder daran erinnerte,
musste ich sofort mehr wissen.
Ich kontaktierte Freunde
und soziale Medien,
und ich tat alles,
um Vicky ausfindig zu machen.
Ich musste wissen, dass sie O.K. war
und ich nicht ihr Leben ruiniert hatte.
(Seufzen)
Mir wurde schnell klar,
dass ich nicht nur versuchte
herauszufinden, was mit Vicky geschah.
Ich versuchte herauszufinden,
was mit mir geschah.
Als ich 10 Jahre alt war,
behandelte ich einen anderen Menschen
wie ein wertloses Ding,
als wäre ich besser als sie,
als wäre sie Müll.
Was für ein netter Mensch tut das?
Ich weiß, ich war nur ein Kind,
aber nicht alle Kinder tun das.
Die meisten Kinder
tun so etwas nicht, oder?
Was also, wenn ich
überhaupt nicht nett bin?
Sondern in Wirklichkeit
nur ein abscheuliches Monster.
Dann bemerkte ich an mir
diese gemeinen Impulse,
fiese Gedanken zu denken
und sie aussprechen zu wollen.
Zugegeben, die meisten
dieser Gedanken betrafen Konservative.
(Lachen)
Aber nicht nur Konservative.
Ich ertappte mich auch dabei, fiese Sachen
über verweichlichte Liberale zu denken
und gierige Börsenmakler
und Islamhasser
und langsame Autofahrer,
weil ich langsame Autofahrer
wirklich hasse.
(Lachen)
Wenn ich mich in diesen Momenten
der Heuchelei erwischte,
bemerkte ich sie mehr
oder sie wurden sogar schlimmer,
besonders in den letzten Jahren.
Und je mehr hasserfüllt ich mich fühlte,
voller Wut,
merkte ich, dass die Welt um mich herum
auch immer hasserfüllter wurde.
Als gäbe es diesen ständigen
Unterton von Hass,
der überall um uns herum hochbrodelte
und immer mehr überkochte.
Die gute Seite ist, nehme ich an,
dass ich merkte, dass Hass
nicht alleine mein Problem war,
was so ungefähr die absolut
selbstsüchtigste Sichtweise ist --
(Lachen)
Jetzt hatte ich nicht nur meinen eigenen
Hass und Grausamkeit zu verstehen,
ich hatte eine ganze Welt aus Hass,
die ich entwirren,
verstehen und heilen wollte.
Also tat ich, was alle
übermäßig intellektuellen Menschen tun,
wenn sie ein Problem haben,
das sie verstehen wollen:
Ich schrieb ein Buch.
(Lachen)
Ich schrieb ein Buch über Hass.
Spoiler-Alarm:
Ich bin dagegen.
(Lachen)
In diesem Moment denken Sie vielleicht:
"Warum machst du dir
solche Sorgen um Hass?
Du hast Vicky nicht gehasst.
Mobbing ist nicht Hass."
Ist es nicht?
Gordon Allport,
der Psychologe, der die Forschung
über Hass Anfang des 20. Jh. vorantrieb,
entwickelte eine "Vorurteils-Skala".
An einem Ende der Skala stehen Sachen
wie Genozid und andere Hass-Verbrechen.
Aber am anderen Ende
stehen Dinge wie:
der Glaube, dass deine Gruppe
von Natur aus besser ist
als irgendeine andere Gruppe,
oder die Vermeidung von
sozialer Interaktion mit diesen Leuten.
Ist das nicht alles Hass?
Ich meine, es war kein Zufall,
dass ich als reiches Kind
auf einem armen Kind herumhackte.
Oder dass Vicky
schlussendlich lesbisch wurde.
Arme und homosexuelle Kinder
werden eher gemobbt,
sogar von Kindern,
die selbst homosexuell werden.
Ich meine, es ging vieles in meinem
kleinen 10-jährigen Kopf vor.
Hass war bestimmt nicht
der einzige Grund, Vicky zu hänseln
und ich war bestimmt nicht
bewusst hasserfüllt.
Aber Fakt ist,
die Menschen, die wir in Politik und
in unserer Kultur diskriminieren
gleichwohl die Gruppen von Menschen sind,
die in der Schule gemobbt werden.
Das ist nicht nur Zufall.
Das ist Hass.
Ich definiere Hass in einem weiten Sinne,
weil ich denke, dass wir
ein großes Problem haben.
Und wir müssen es komplett lösen,
nicht nur die extremsten Probleme.
Also zum Beispiel,
wir sind uns wohl einig:
auf der Straße marschieren,
zu fordern, bestimmten Leuten Rechte wegen
Hautfarbe oder Geschlecht zu entziehen,
wir würden alle sagen,
dass das Hass ist, oder?
O.K.
Was wäre, wenn Sie denken,
dass diese Gruppe minderwertiger ist,
aber es nicht sagen?
Ist das Hass?
Oder was wäre, wenn Sie denken,
dass diese Gruppe minderwertiger ist,
Ihnen das aber nicht bewusst ist --
das nennt man "implizite Verzerrung".
Ist das Hass?
Sie haben alle die gleichen Ursprünge
in den historischen Mustern
von Rassismus und Sexismus,
die unsere Geschichte prägten
und weiterhin die Gesellschaft infizieren.
Ist das nicht alles Hass?
Ich sage nicht, das ist alles das Gleiche,
so wie ich genauso wenig sage,
ein Mobber zu sein
ist genauso schlimm wie ein Nazi.
Ebenso wenig wie ein Nazi zu sein
dasselbe ist, wie einen Nazi zu schlagen.
(Lachen)
Aber einen Nazi zu hassen
ist trotzdem Hass, oder?
Wie ist es mit Hass auf jemanden,
der nicht so aufgeklärt ist wie du?
Was ich festgestellt habe,
ist, dass wir alle gegen Hass sind
und dass wir alle glauben,
Hass ist ein Problem.
Wir glauben, es ist deren Problem,
nicht unseres.
Die da sind hasserfüllt.
Wenn ich Leute, die nicht wie ich wählen,
für dumme, rassistische Monster halte,
die nicht Wert sind Amerikaner zu heißen,
okay, fein, ich bin nicht nett,
versteh ich.
(Lachen)
Ich bin nicht hasserfüllt,
ich habe nur recht, oder?
(Lachen)
Falsch.
Wir alle hassen.
Und ich meine das nicht in einem
abstrakten, allgemeinen Sinn.
Ich meine uns alle --
mich und Sie.
Das scheinheilige
Podest der Überlegenheit,
auf das wir uns alle stellen,
dass die da hasserfüllt sind
und wir sind es nicht,
ist eine Manifestation
des grundlegenden Ursprungs von Hass:
dass wir von Grund auf gut sind
und die anderen sind es nicht,
was genau das ist, was sich ändern muss.
Um also Hass zu verstehen und zu lösen,
las ich jedes Buch und jede Studie,
die ich finden konnte.
Aber ich sprach auch
mit einigen früheren Nazis
und früheren Terroristen
und früheren Massenmördern,
weil ich dachte, wenn sie
dem Hass entkommen konnten,
kann es der Rest von uns auch.
Ein Beispiel eines früheren Terroristen,
mit dem ich Zeit verbrachte
im Westjordanland.
Als Bassam Aramin 16 Jahre alt war,
wollte er einen israelischen Militärkonvoi
mit einer Granate sprengen.
Er scheiterte, glücklicherweise,
aber er kam trotzdem
für 7 Jahre ins Gefängnis.
Im Gefängnis zeigten sie einen Film
über den Holocaust.
Bis zu diesem Punkt,
dachte Bassam, der Holocaust wäre
hauptsächlich ein Mythos.
Er ging hin, um den Film zu sehen,
weil er dachte, er hätte Spaß zu sehen,
wie Juden getötet werden.
Aber als er sah, was wirklich geschah,
brach er weinend zusammen.
Nach dem Gefängnis,
machte Bassam einen Master
in Holocaust-Studien
und gründete eine Organisation,
in der frühere palästinische Kämpfer
und israelische Kämpfer zusammenkommen,
zusammen arbeiten,
versuchen Gemeinsamkeiten zu finden.
Nach eigenen Angaben
hasste Bassam Israelis,
aber durch das Kennenlernen von Israelis
und ihren Geschichten
und das Zusammenarbeiten für Frieden,
überwand er seinen Hass.
Bassam sagt, er hasst
nach wie vor nicht Israelis,
auch nicht, nachdem
das israelische Militär
seine [10] Jahre alte Tochter
Abir erschossen,
als sie auf dem Schulweg war.
(Seufzen)
Bassam vergab sogar dem Soldaten,
der seine Tochter tötete.
Dieser Soldat, erklärte er mir,
war nur ein Produkt desselben
hasserfüllten Systems.
Genau wie er.
Wenn ein früherer Terrorist --
wenn ein Terrorist lernen kann,
aufzuhören, zu hassen,
selbst dann nicht hasst,
wenn sein Kind getötet wird,
kann der Rest von uns ganz sicher auch
unsere Gewohnheiten beenden
uns gegenseitig zu erniedrigen
und entmenschlichen.
Ich sage Ihnen, Geschichten wie
Bassam's gibt es überall auf der Welt.
Plus Studie über Studie
über Studie die sagt:
Nein, wir Menschen sind weder so
konzipiert noch dazu bestimmt zu hassen,
sondern eher gelehrt zu hassen
von der Welt um uns herum.
Ich verspreche Ihnen,
niemand von uns kommt zur Welt und hasst
schwarze Leute und Republikaner.
Es gibt nichts in unserer DNA, das uns
Muslime oder Mexikaner hassen lässt.
Was auch immer geschieht,
wir sind alle ein Produkt
der Kultur um uns herum.
Und die gute Nachricht ist,
wir sind auch diejenigen,
die diese Kultur gestalten,
also können wir sie auch ändern.
Zuerst müssen wir beginnen,
den Hass in uns selbst zu erkennen.
Wir müssen uns selbst ertappen
und unsere hasserfüllten Gedanken
in all ihren Formen
in jedem von uns --
und unsere Ideen und
Annahmen hinterfragen.
Das geschieht nicht über Nacht,
das sag ich Ihnen direkt.
Es ist eine lebenslange Reise,
aber eine, die wir alle machen müssen.
Zweitens:
Wenn wir den Hass in unserer
Gesellschaft bekämpfen wollen,
müssen wir Richtlinien, Institutionen
und Praktiken fördern,
die uns als Gemeinschaft verbinden.
Wortwörtlich, wie z.B.
integrierte Nachbarschaften und Schulen.
Das ist genau der Grund,
Integration zu unterstützen.
Nicht nur, weil es das Richtige ist,
sondern weil Integration
systematisch Hass bekämpft.
Es gibt Studien, dass Teenager
durch Teilnahme an
integrierten Klassen und Aktivitäten
ihre Voreingenommenheit reduzieren.
Und wenn kleine Kinder in ethnisch
integrierte Kindergärten
und Grundschulen gehen,
entwickeln sie von vornherein
weniger Voreingenommenheit.
Aber auf so viele Arten und in so
vielen Orten auf unserer Welt
sind wir voneinander getrennt.
In den USA, zum Beispiel,
haben drei Viertel der weißen Bevölkerung
keine nicht-weißen Freunde.
Zusätzlich also zur Förderung
dieser proaktiven Lösungen,
müssen wir den Hass
in unseren Institutionen und
in unseren Richtlinien umkehren,
welche Entmenschlichung und Unterschied
und Ausgrenzung und Hass
aufrechterhalten,
wie die Systeme zur sexuellen Belästigung
und sexueller Übergriffe am Arbeitsplatz
oder unser zutiefst
ethnisch unausgewogenes
und zutiefst ethnisch
voreingenommenes Rechtssystem.
Wir müssen das ändern.
Auch das wird nicht über Nacht geschehen,
Aber es muss geschehen.
Und dann --
wenn wir miteinander verbunden sind
in diesen Räumen der Verbundenheit,
ermöglicht durch Systeme
der Verbundenheit,
müssen wir die Art und Weise ändern,
wie wir miteinander sprechen
und uns miteinander verbinden
und uns mit Großzügigkeit
und Aufgeschlossenheit verbinden
und Güte und Mitgefühl
und nicht Hass.
Und das ist alles.
Das ist alles.
(Applaus)
Ich habe es alles gelöst, richtig?
Das ist es.
Abgesehen von Feinheiten --
das ist so ziemlich alles,
was wir tun müssen.
Das ist nicht so kompliziert, oder?
Aber es ist schwer.
Der Hass, den wir fühlen,
einer bestimmten Gruppe gegenüber
wegen dessen, was sie sind
oder woran sie glauben
ist so in unserem Verstand verwurzelt
und in unserer Gesellschaft,
dass es sich unvermeidbar anfühlen kann
und unmöglich zu ändern.
Veränderung ist möglich.
Nehmen Sie Terroristen,
der ein Friedensaktivist wurde.
Oder die Mobberin, der lernte,
sich bei ihrem Opfer zu entschuldigen.
Die gesamte Zeit, die ich
im Mittleren Osten und Ruanda gereist bin,
und quer durch die USA,
die unglaublichen Geschichten
von Leuten in Gemeinschaften hörend,
die die gesamten Geschichten
des Hasses hinter sich ließen,
war ich immer noch
auf der Suche nach Vicky.
Das war so schwer,
dass ich einen Privatdetektiv
engagierte und er fand sie.
Ich meine, fand sie sozusagen.
Die Wahrheit ist, es wurde klar,
dass die Person, die ich Vicky nenne
außerordentlich weit gegangen war,
um ihre Identität zu verbergen.
Wie dem auch sei: Ein Jahr,
nachdem ich meine Reise begann,
schrieb ich Vicky eine Entschuldigung.
Und einige Monate später
schrieb sie zurück.
(Seufzen)
Ich werde nicht lügen,
ich wollte, dass mir vergeben wird.
Wurde mir nicht.
(Seufzen)
Sie bot mir eine Art
bedingte Vergebung an.
Was sie schrieb war:
"Botschaften wie Ihre können Sie nicht
von vergangenen Handlungen freisprechen.
Der einzige Weg, dies zu tun,
ist, die Welt zu verbessern,
andere davon abzubringen,
sich genauso zu verhalten.
und Mitgefühl fördern."
Und Vicky hat recht.
Weshalb ich hier bin.
Danke.
(Applaus)