Ich verbrachte die letzten Jahre mit dem Versuch, zwei Rätsel zu lösen: Warum ist die Produktivität in allen Unternehmen, in denen ich arbeite, so enttäuschend? Ich habe mit über 500 Unternehmen zusammengearbeitet. Trotz aller technischer Fortschritte -- Computer, IT, Kommunikation, Telekommunikation, dem Internet. Rätsel Nummer Zwei: Warum sehen wir so wenig Engagement bei der Arbeit? Warum fühlen sich die Menschen so elend, gar innerlich losgelöst, und ziehen damit auch ihre Kollegen runter? Sie handeln entgegen der Interessen ihres Unternehmens -- trotz aller Firmenveranstaltungen zur Steigerung des Zugehörigkeitsgefühls, Feiern, Förderung von Eigeninitiativen, der Trainingsprogramme für Führungskräfte, um diese in besserer Teammotivation zu schulen. Erst dachte ich, wir hätten es mit einem Henne-Ei-Problem zu tun: Weil Menschen weniger Engagement zeigen, sind sie weniger produktiv. Oder umgekehrt: Weil sie weniger produktiv sind, erhöhen wir den Druck und sie engagieren sich weniger. Bei unserer Analyse zeigte sich, dass diese Probleme einen gemeinsamen Ursprung haben, der auf elementare Management- Grundlagen zurückzuführen ist. Die Art und Weise, wie wir organisieren, beruht auf zwei Säulen. Das Harte -- Struktur, Prozesse, Systeme. Das Weiche -- Gefühle, Empfindungen, zwischenmenschliche Beziehungen, Charakter, Persönlichkeit. Immer wenn ein Unternehmen sich umorganisiert, restrukturiert oder sich neu erfindet, durchläuft es ein kulturelles Transformationsprogramm. Es wählt dieses Zwei-Säulen-System. Jetzt versuchen wir, sie zu verfeinern; wir versuchen, sie zu kombinieren. Das wahre Problem ist -- und dies ist die Antwort auf beide Rätsel -- diese Säulen sind überholt. Alles, was man in Wirtschaftsbüchern liest, beruht auf der einen oder anderen Säule, oder einer Kombination beider. Sie sind veraltet. Wie funktionieren sie, wenn man versucht, diese Ansätze umzusetzen, angesichts der neuen Komplexität unseres Wirtschaftslebens? Beim harten Ansatz beginnt man mit einer Strategie, Anforderungen, Strukturen, Prozessen, Systemen, Leistungsindikatoren, Wertungslisten, Ausschüssen, Hauptsitzen, wichtigen Drehkreuzen, Clustern etc. Ich vergaß die Matrix, all die Anreize, Komitees, Mittelsmänner und Schnittstellen. Im Grunde geschieht auf der linken Seite, dass man mehr Komplexität erzielt, die neue geschäftliche Komplexität. Wir brauchen Qualität, Kosten, Zuverlässigkeit, Geschwindigkeit. Und mit jeder neuen Anforderung folgen wir demselben Ansatz. Wir schaffen gezielte strukturabhängige Abläufe, um mit der neuen Komplexität der Geschäftsprozesse klar zu kommen. Der harte Weg macht in einem Unternehmen alles bloß komplizierter. Ein Beispiel: Ein Automobilhersteller, der Bereich Maschinenbau, ist eine fünfdimensionale Matrix. Öffnet man jede beliebige Zelle dieser Matrix, findet man eine weitere 20-dimensionale Matrix. Wir haben Herrn Lärm, Herrn Benzinverbrauch, Herrn Antikollisionseigenschaften. Für jede neue Anforderung gibt es eine bestimmte Funktion, die Ingenieure davon abhält, der neuen Anforderung entgegenzutreten. Was passiert, wenn eine neue Anforderung auftritt? Vor einigen Jahren erschien eine neue Maßgabe auf dem Markt: die Länge der Garantiezeit. Die dazugehörige neue Vorgabe ist die Reparaturfähigkeit: Autos sollen einfach zu reparieren sein. Denn anderenfalls: Soll das Auto in die Werkstatt, zur Reparatur eines Lichts, und der Motor muss ausgebaut werden, um an die Lichter zu gelangen, würde das Auto eine Woche in der Werkstatt stehen müssen, statt 2 Stunden, und das Budget für die Garantie würde explosionsartig steigen. Was hat der harte Ansatz also gebracht? Wenn Reparaturfähigkeit die neue Anforderung ist, kreiert man als Lösung eine neue Funktion: Herrn Reparaturfähigkeit. Herr Reparaturfähigkeit löst den Reparaturfähigkeitsprozess aus -- mit einer Reparaturfähigkeitswertungsliste, einer Reparaturfähigkeits-Matrix und vielleicht auch Reparaturfähigkeits-Anreizen. Das kam zu 25 zusätzlichen KPIs hinzu. Wie drückt sich diese Verbesserung in Prozenten aus? 20 %, wenn's hochkommt, geteilt durch 26 KPIs -- Reparaturfähigkeit macht einen Unterschied von 0,8 % aus. Was brachte es ihren Tätigkeiten, ihren Optionen Dinge zu vereinfachen? Null. Aber was implementierte man für diesen Null-Effekt? Herrn Reparaturfähigkeit, Prozesse, Wertungsliste, Evaluation, Koordination mit 25 weiteren Koordinatoren -- alles für einen Null-Effekt. In einer zunehmend komplexeren Geschäftswelt ist die einzige Lösung, keine neuen Einheiten mit zusätzlichen Kommunikationswegen aufzumachen. Es geht vielmehr um das Zusammenspiel -- wie die Abläufe ineinandergreifen: die Verbindungen, die Interaktionen, die Synapsen. Es geht nicht um das Einheiten-Schema; es geht um das Nervensystem der Anpassungsfähigkkeit und Intelligenz. Es geht im Grunde um das Miteinander. Immer wenn Menschen zusammenarbeiten, verbrauchen sie weniger Ressourcen -- bei allem. Nehmen wir die Sache mit dem Reparieren. Es ist eigentlich ein Problem des Zusammenarbeitens. Entwerfen Sie ein Auto, achten Sie bitte auf die Bedürfnisse derer, die es später in einer Werkstatt -- nach dem Verkauf -- reparieren werden. Wenn wir nicht miteinander arbeiten, brauchen wir mehr Zeit, mehr Geräte, mehr Systeme, mehr Teams. Wenn wir bei der Beschaffung, den Ersatzteilen, der Produktion nicht miteinander arbeiten, brauchen wir mehr Lagerbestände, mehr Inventuren, mehr Arbeitskapital. Wer bezahlt dafür die Rechnung? Die Aktieninhaber? Die Kunden? Nein, sie werden sich weigern. Wer bleibt dann übrig? Die Angestellten. Sie müssen durch ihr unermüdliches Engagement das fehlende Miteinander kompensieren -- Stress, Burnout, Überforderung, Unfälle. Kein Wunder, dass sie innerlich kündigen. Wie begünstigt die harte und die weiche Linie das Miteinander? Die harte: Gibt es bei Banken ein Problem zwischen dem Backoffice und dem Hauptbüro, arbeiten sie nicht miteinander. Wie lösen wir das? Sie führen eine mittlere Verwaltungsstufe ein. Was passiert nach einem Jahr? Statt einem Problem zwischen dem Hauptbüro und dem Backoffice hat man nun zwei Probleme. Zwischen dem Backoffice und der Mitte und der Mitte und dem Hauptbüro. Hinzu kommt noch die Zahlung des Verbindungsbüros. Die harte Linie begünstigt kein Miteinander. Sie fügt nur neue Einheiten hinzu, dem Skelett neue Knochen. Die weiche Linie: Für ein gutes Miteinander müssen die Leute sich mögen. Verbessern wir die zwischenmenschlichen Beziehungen: Je mehr sich die Leute mögen, desto besser arbeiten sie miteinander. Das ist gänzlich verfehlt. Sogar kontraproduktiv. Ich habe zu Hause zum Beispiel zwei Fernseher? Wozu? Genau deshalb, um das Miteinander mit meiner Frau zu vermeiden. (Lachen) Um keine Kompromisse mit ihr eingehen zu müssen. Und warum möchte ich keine Kompromisse mit ihr verhandeln? Genau darum: Weil ich sie liebe. Würde ich sie nicht lieben, reichte ein Fernseher aus: Du guckst mein Lieblingsfußballspiel an. Bist du damit nicht zufrieden: Wie wär's mit einem Buch oder der Tür? (Lachen) Je mehr wir uns mögen, desto mehr vermeiden wir wirkliche Zusammenarbeit, die unsere Beziehung belasten würde und taffe Kompromisse zur Folge hätte. Dann kaufen wir einen zweiten Fernseher oder überlassen die Entscheidung einer höheren Instanz. Diese Herangehensweisen sind definitiv veraltet. Um die Komplexität zu erfassen, um ein neues System zu vergrößern, haben wir uns das smarte Einfachheitsprinzip ausgedacht, das auf sehr einfachen Regeln basiert. Einfache Regel Nummer eins: Verstehen Sie, was Ihre Kollegen tun. Worin besteht ihre Arbeit eigentlich? Wir müssen das Einheitensystem überwinden, die Tätigkeitsbeschreibungen müssen über ihre "Einheit" hinaus reichen, um den Kern zu erfassen. Ich, Designer, ich lege hier ein Kabel, dann weiß ich aber, dass das bedeutet, dass wir den Motor entfernen müssen, um an die Lichter zu kommen. Zweitens: Integratoren müssen mehr Macht erhalten. Integratoren sind keine Verbindungsbüros; es sind Manager, die es schon gibt, und die sie stärken, damit sie Macht haben und daran interessiert sind, dass andere sich gegenseitig helfen. Wie können sie diese Manager zu Integratoren werden lassen? Indem sie Zwischenstufen abschaffen. Gibt es zu viele Zwischenstufen, entfernen sich die Menschen zu sehr von der Tätigkeit, deshalb brauchen sie dann KPIs, Matrix, weniger Zwischenvertreter. Sie verstehen die Wirklichkeit nicht und verkomplizieren die Matrix der KPIs. Beseitigen wir die Regeln: Je größer wir sind, desto mehr Integratoren brauchen wir, um so weniger Regeln benötigen wir, um den Managern ein Ermessensspielraum zu ermöglichen. Aber wir machen das Gegenteil: Je größer wir werden, desto größer wird unser Regelwerk. Zum Schluss haben wir Definitionen wie im Brockhaus. [Regel 3] Wir müssen die Qualität der Macht verbessern, damit jeder dazu ermächtigt wird, sein Urteilsvermögen, seine Intelligenz einzusetzen. Man muss den Menschen mehr Spielraum geben, damit sie eine kritische Masse an Karten haben und es riskieren miteinander zu arbeiten und die Isolation aufgeben. Sonst werden sie sich zurückziehen, innerlich kündigen. Diese Regeln stammen aus der Spieltheorie und der Organisationssoziologie. [Regel 4] Wir können den Schatten der Zukunft vergrößern; Feedbackschleifen kreieren, die die Menschen den Konsequenzen ihrer Taten aussetzen. Das ist, was die Automobilunternehmen taten, als sie sahen, dass Herr Reparaturfähigkeit nichts brachte. Sie sagten den Designern: Wenn das neue Auto in drei Jahren auf den Markt kommt, müsst ihr wettbewerbsfähig bleiben und Herr des Budgets der Garantien werden. Und wenn diese explodieren, werden sie in Ihrem Gesicht explodieren. (Lachen) Viel effektiver als die 0,8 % Kompensationsvariabel. [Regel 5] Wir müssen auch die Gegenseitigkeit fördern, indem wir die Puffer beseitigen, die uns selbstgenügsam machen. Wenn man diese Puffer beseitigt, halten Sie mich an der Nase, ich Sie am Ohr. Wir arbeiten miteinander. Entfernen wir den 2. Fernseher. Es gibt zu viele 2. Fernsehapparate am Arbeitsplatz, die keinen Gewinn bedeuten. Sie produzieren nur dysfunktionale Selbstgenügsamkeit. [Regel 6] Wir müssen die, die miteinander arbeiten, belohnen, und die, die es nicht tun, rügen. Der Firmenvorstand der Lego Gruppe, Jorgen Vig Knudstorp, macht das toll. Das Rügen ist nicht für den Misserfolg, es ist für mangelnde Hilfsbereitschaft oder Hilfegesuche. Das verändert alles. Plötzlich möchte ich transparent sein, mit meinen tatsächlichen Schwächen, meinem realen Potenzial, denn ich werde nicht bestraft, wenn ich versage, sondern nur dann, wenn ich nicht helfe oder um Hilfe bitte. Wenn man das tut, hat das große Auswirkungen in der Aufbauorganisation. Man bildet keine neuen Einheiten mehr, gestrichelte und durchgehende Linien, man achtet auf das Zusammenspiel. Es hat große Auswirkungen auf die Finanzpolitik, die wir anwenden, auf die Art und Weise der Personalführung. So kann man die Komplexität in den Griff bekommen, die neue Komplexität der Geschäftswelt, ohne das alles dabei kompliziert wird. Man erzielt mit weniger Aufwand mehr Gewinn. Gleichzeitig verbessert man die Leistung und die Zufriedenheit am Arbeitsplatz, weil man die Ursachen entfernt hat, die die Verkomplizierung auf beiden Seiten verhindert. Kompliziertheit: Dies ist euer Kampf, Unternehmensführer! Der eigentliche Kampf gilt nicht den Konkurrenten. Das ist Unsinn, zu abstrakt. Wann treffen wir auf diese Konkurrenten, um sie zu besiegen? Der wirkliche Kampf ist gegen uns selbst, gegen unsere Bürokratie, unsere Verkomplizierung. Nur Sie können dafür kämpfen und es anpacken. Vielen Dank. (Applaus)