WEBVTT 00:00:13.909 --> 00:00:16.685 Um 1469 beauftragte ein wohlhabender Geldwechsler 00:00:16.685 --> 00:00:18.547 einen jungen Maler namens Sandro Botticelli, 00:00:18.547 --> 00:00:19.883 ein Altarbild zu malen. 00:00:19.883 --> 00:00:21.385 Botticelli sollte natürlich 00:00:21.385 --> 00:00:23.560 als einer der größten Maler der Hochrenaissance bekannt werden, 00:00:23.560 --> 00:00:25.179 mit Werken wie "Der Frühling" 00:00:25.179 --> 00:00:26.614 und "Die Geburt der Venus". 00:00:26.614 --> 00:00:30.393 Aber im Jahr 1469 hatte er sich noch keinen Namen gemacht. 00:00:30.393 --> 00:00:32.986 Die Szene, die dieser junge Künstler malen sollte, war bekannt: 00:00:32.986 --> 00:00:34.822 die drei Weisen oder die heiligen drei Könige 00:00:34.822 --> 00:00:37.268 bei der Ankunft in der Geburtsstadt von Jesus Christus. 00:00:37.268 --> 00:00:39.482 Botticelli strebte danach, dieses verbreitete Thema zu nehmen 00:00:39.482 --> 00:00:41.656 und ein ganz originelles Werk zu schaffen, 00:00:41.656 --> 00:00:42.578 wobei er zur Geltung brachte, 00:00:42.578 --> 00:00:45.199 zu den bedeutendsten Bürger von Florenz zu gehören. 00:00:45.199 --> 00:00:47.289 Viele frühere Gemälde zeigen die heiligen drei Könige, 00:00:47.289 --> 00:00:49.412 wie sie an einer stabilen, stattlichen Krippe ankommen, 00:00:49.412 --> 00:00:50.945 angemessen für den Sohn Gottes. 00:00:50.945 --> 00:00:52.752 Der junge Botticelli wählte jedoch 00:00:52.752 --> 00:00:55.669 für die Szene eine verfallene römische Ruine aus. 00:00:55.669 --> 00:00:56.923 In der Mitte dieser Struktur 00:00:56.923 --> 00:00:58.925 platzierte er einen robusten Felsen für Maria und Jesus, 00:00:58.925 --> 00:01:00.761 damit diese hoch über ihren Besuchern saßen. 00:01:00.761 --> 00:01:02.903 Mit dieser Entscheidung schien Botticelli zu sagen, 00:01:02.903 --> 00:01:05.794 dass das Christentum auf einem massiveren Fundament als Rom gebaut werden würde. 00:01:05.794 --> 00:01:07.761 Botticelli bevölkerte dann das Gemälde 00:01:07.761 --> 00:01:09.394 mit wichtigen Männern aus seiner Stadt. 00:01:09.394 --> 00:01:10.612 Auf der rechten Seite malte er den Mann, 00:01:10.612 --> 00:01:12.917 der ihn für diese Arbeit bezahlte, Gaspare del Lama, 00:01:12.917 --> 00:01:14.035 mit Blick auf den Betrachter 00:01:14.035 --> 00:01:15.560 und getrost auf sich selbst zeigend, 00:01:15.560 --> 00:01:16.604 damit kein Zweifel besteht, 00:01:16.604 --> 00:01:18.703 wer für dieses Meisterwerk verantwortlich ist. 00:01:18.703 --> 00:01:20.263 Obwohl del Lama der Sohn eines Barbiers war, 00:01:20.263 --> 00:01:22.068 hatte er in seinem Leben eine stolze Summe Geld 00:01:22.068 --> 00:01:24.327 durch Devisenwechsel angehäuft. 00:01:24.327 --> 00:01:26.161 Er verdiente genug Geld, um eine Kapelle zu kaufen 00:01:26.161 --> 00:01:28.203 und sie mit einem schönen Gemälde zu verzieren. 00:01:28.203 --> 00:01:30.415 Die drei Weisen erscheinen in der Mitte des Gemäldes 00:01:30.415 --> 00:01:31.917 und knien vor Maria und Jesus. 00:01:31.917 --> 00:01:33.626 Als Modell für diese wichtigen Figuren 00:01:33.626 --> 00:01:36.831 verwendete Botticelli Mitglieder der bedeutenden Medici-Familie. 00:01:36.831 --> 00:01:38.407 Del Lamas Karriere als Geldwechsler 00:01:38.407 --> 00:01:39.509 wäre ohne die Hilfe der mächtigen Medici-Familie 00:01:39.509 --> 00:01:41.353 nicht möglich gewesen, 00:01:41.353 --> 00:01:43.335 besonders Cosimo de' Medici, 00:01:43.335 --> 00:01:45.387 der namhaft zu Marias Füßen erscheint. 00:01:45.387 --> 00:01:47.009 Die anderen weisen Männer können 00:01:47.009 --> 00:01:49.143 als Piero und Giovanni de' Medici identifiziert werden, 00:01:49.143 --> 00:01:50.646 die beiden Söhne von Cosimo. 00:01:50.646 --> 00:01:51.936 Das Geschäft des Geldwechsels 00:01:51.936 --> 00:01:54.605 hatte zweifelhafte ethische und rechtliche Verbindungen, 00:01:54.605 --> 00:01:57.193 daher war die Freundschaft mit dieser mächtigen Familie wichtig. 00:01:57.193 --> 00:01:59.445 Der junge Erbe der Medici, Lorenzo, 00:01:59.445 --> 00:02:02.241 durfte auf diesem Gemälde nicht weggelassen werden. 00:02:02.241 --> 00:02:04.303 Er erscheint links neben der Krippe. 00:02:04.303 --> 00:02:05.981 Dieses Bild scheint zu sagen, 00:02:05.981 --> 00:02:08.308 dass das Vermächtnis der Medici mit seinen vielen gesunden Erben 00:02:08.308 --> 00:02:10.976 auf einem massiveren Fundament als Rom gebaut werden würde. 00:02:10.976 --> 00:02:12.648 Botticelli füllte dann den restlichen Freiraum 00:02:12.648 --> 00:02:15.149 mit anderen Freunden und mächtigen Persönlichkeiten aus Florenz. 00:02:15.149 --> 00:02:16.683 Unter die Florentiner Elite 00:02:16.683 --> 00:02:18.732 malte sich der junge, selbstbewusste Künstler selbst 00:02:18.732 --> 00:02:20.527 mit direktem Blick in Richtung Betrachter. 00:02:20.527 --> 00:02:22.196 Botticellis Präsenz in diesem Gemälde 00:02:22.196 --> 00:02:24.031 stellt eine radikale Verschiebung in der Wahrnehmung 00:02:24.031 --> 00:02:26.097 der Künstler in jener Epoche dar. 00:02:26.097 --> 00:02:27.768 Botticelli sah sich selbst nicht 00:02:27.768 --> 00:02:30.178 als einfachen Handwerker, der für eine einfache Arbeit engagiert wurde. 00:02:30.178 --> 00:02:31.416 Er betrachtete sich selbst als Freund 00:02:31.416 --> 00:02:33.697 der mächtigen Familien von Florenz. 00:02:33.697 --> 00:02:35.629 Gemälde wie "Die Anbetung der heiligen drei Könige" 00:02:35.629 --> 00:02:38.601 offenbaren viel mehr als eine einfache Nacherzählung der biblischen Geschichte. 00:02:38.601 --> 00:02:40.878 Sie können, unter anderem, die Geschichte 00:02:40.878 --> 00:02:42.633 von einem bescheiden geborenen Geldwechsler erzählen, 00:02:42.633 --> 00:02:44.552 der versuchte, sein Geld tugendhaft auszugeben, 00:02:44.552 --> 00:02:46.899 indem er eine lokale Kapelle noch schöner machte, 00:02:46.899 --> 00:02:48.722 oder die Geschichte eines ehrgeizigen jungen Malers, 00:02:48.722 --> 00:02:50.349 der den Ruf seines Handwerks hervorhebt, 00:02:50.349 --> 00:02:53.832 indem er mitten unter der wohlhabenden Elite seiner Stadt steht.