Ah! Einen schönen guten Tag, ihr kleinen Märchenfreunde! Ich freue mich, dass ihr hier seid. Ihr sollt es nicht bereuen. Ich erzähle euch ein Märchen, dass nur wenige kennen. Ihr alle kennt viele Märchen und ich könnte ohne lange Vorrede anfangen. Ich will auch nicht verraten, was es mit meiner Geschichte auf sich hat. Das werdet ihr gleich sehen. Aber hier sind auch Jüngere. Und denen möchte ich noch etwas sagen. Die Älteren nehmen mir das hoffentlich nicht übel. In dem Märchen gibt es hässliche Gestalten. Wenn ihr die Bösewichte seht, denkt einfach: Das ist nur ein Märchen! (Vögel zwitschern.) (Der Vogel pfeift eine Melodie.) (Mehrere Vögel pfeifen die Melodie.) (Der junge Mann pfeift die Melodie nach.) (Die Vögel pfeifen weiter ihre Melodie.) Achtung! Versteckt euch! Der Wolf! (Ziege meckert.) Nanu! Woher kommst du denn? (Der Wolf brüllt und knurrt.) (Er jault.) (Die Vögel zwitschern wieder.) Weißchen! Weißchen! Oh! Wer bist du? - Niemand. Und wer bist du? - Auch niemand. Ich hüte meine Ziege. - Ich brenne Kohle. Wie ruft man dich immer? - Wassja. Wassja. - Und wie ruft man dich? Aljona. - Aljonuschka? Ja. Hier, nimm sie! - Vielen Dank. Was fällt dir ein! Das war aus Versehen. - Aus Versehen? Weißchen ist klug. Leider spricht sie nicht. Das bringen wir ihr bei. Sag "mäh"! - Mäh! Sehr schön! - Jetzt "bäh"! Bäh! Sie lernt leicht. - Sie kann schon zwei Wörter. (Die beiden lachen vergnügt.) (Bedrohliche Musik) Oh! (Rattern eines Motors) (Er lacht.) Töff, töff, töff! Buff, buff! Töff! - Ich bitte um Landeerlaubnis. Einschweben, einschweben! Schweben, schweben! (Motor knattert.) Weiter! Weiter! Weiter! Weiter! Landen! Komm, komm, komm, komm! Bremse anziehen! (Die Hexe lacht.) Sag mal, wohnt hier Gerippe Unsterblich? Was willst du von Seiner Hoheit? - Ich will auf der Hochzeit tanzen. In diesem Fetzen? - Du Flegel, das ist Samt und Seide! Wo kommst du her? - Ich bin die Schwiegermutter! Dann bin ich die Braut! - Gerippe ist mein Schwiegersohn! Hopp, hopp! Ah! Und du willst auf dem Fest tanzen! - Ich wirble übers Parkett! Ich sehe es kommen. Du liegst mir auf dem ... Hatschi! Gesundheit! Das Brautpaar! (Hochzeitsmarsch) (Der Hochzeitsmarsch von Mendelssohn Bartholdy ist zu hören.) Gerippchen Unsterblich, setz dein Mützchen auf! Wie ungebildet! Sie sagt "Gerippchen". Etwas mehr Respekt bitte! - Ihr Klatschbasen! Pfui! Feine Gesellschaft! - Wer war das? Wissen Sie das? Ich bin die Schwiegermutter! - Beim Hexensabbat! Unsere Gäste sind Herr Glatze, Herr Ohrwatschel, Herr von Schnauzbart. (Er brummt.) Wir schenken dem verehrten Brautpaar das allerneueste Fernsehgerät. (Die beiden brummen.) Halt! Wer bist du? - Ich heiße Klößchen. Kleiner Kloß. Wer hat dich hergeschickt? - Mein Herr sandte mich her. Der zwölfköpfige Drache Wurzelsturz aus dem Land der 1002 kahlen Berge. Warum kommt der Flegel nicht selbst? - Er kränkelt. In drei Köpfen hat er Kopfweh und im zwölften wird ihm ständig schwindlig. Man sollte weniger Köpfe haben. - Genau! Er bittet Euch, eine klitze- kleine Gabe anzunehmen. Etwas Klitzegroßes wäre mich lieber. - Genau! Was ist das? Verjüngungsäpfel. - Ah! Einer für Euch, einer für die Braut. Ein Apfel macht 100 Jahre jünger. Und wenn man zwei Äpfel isst? - 200! Warte, Liebste! Wie alt bist du? - Noch nicht sehr alt. Etwas genauer! - Am Donnerstag fängt das Vierte an. Was für ein Viertes? - Das 104. erst! Aha! Wenn du den Apfel isst, dann bist du noch ganze vier Jahre alt. Oh! Da hat er recht. Dann könnte ich nicht seine Frau sein. Iss beide Äpfelchen, Gerippchen! Gut. Oh, ist mir davon heiß geworden! Oh! Oh! Oh! (Die Braut kichert.) Mein Gerippchen, wie hübsch und jung du geworden bist! Ja. Gut, dass du es einsiehst, Omachen! Mach, dass du von hier wegkommst! - Wieso? Ich suche mir ein junges Weibchen! - Hast du gehört, Mutti? Muttilein! Schäm dich! Die Kleine zum Weinen zu bringen! Verschwindet, ehe ich mich vergesse! - An diesen Tränen wirst du ersticken! Schluss jetzt! Die Hochzeit fällt aus! Alle Gerippe sind Betrüger! - Holt die Hunde! Das wirst du bereuen! - Betrüger! Schert euch zum Teufel! Macht das Licht aus! Fort mit den Gästen! Raus hier! Raus mit euch! - Eure Unsterblichkeit! Ja? - Ich sah ein wunderschönes Mädchen. Ich brauche jetzt eine andere Frau. Hole das Mädchen! Ich will dich fürstlich belohnen. (Glückliches Lachen) (Fröhliche Musik) (Er singt ein Lied in russischer Sprache.) (Die Frauen singen mit.) (Er singt weiter.) (Alle singen mit.) Ach, Aljonuschka! Ich möchte mit dir zum Jahrmarkt und Karussell fahren. Du auf einem weißen Pferd, ich auf einem schwarzen. Das wäre schön! Ich fahre gern Karussell. Das ist so, als ob man in einer Troika dahinrast. Seht her! Das ist der Bär Mischka. Er ist ein gelehriges Tier. Er kann tanzen und macht Kunststücke. Ihr müsst zum Jahrmarkt kommen! Habt ihr Mischka gehört? Er kann mich verstehen. Er redet mit mir! Nun haben wir unseren Jahrmarkt gehabt. Wieso? - Das sind alles nur Träume. Wir haben kein Geld. Es ist traurig. - Das ist es nicht. Im Traum erfüllen sich all meine Wünsche. (Spannende Musik) Na, ihr beiden! Wollt ihr mit meiner Troika dahinsausen? Nein. - Wir haben keine Eile. Hü! (Spannende Musik) Ich fahre euch mit meinen Rappen spazieren. Nein, danke! - Wie gehen lieber zu Fuß. Stimmt es? Ja, es stimmt! Hui! (Die beiden lachen fröhlich.) (Spannende Musik) Ihr wolltet meine Rappen nicht. Was sagt ihr zu den Schimmeln? Da könnt ihr nicht widerstehen. Na? - Was meinst du? Hü! Aljonuschka! Aljonuschka! - Wassja! Aljonuschka! - Wassja! Wassja! Aljonuschka! Aljonuschka! Wassja! Rette mich! Wassja! - Aljonuschka! (Dramatische Musik) Wassja! Aljonuschka! Aljonuschka! Aljonuschka! Und nun führe ich dich an den Ort, wo ich mich am wohlsten fühle. Ich zeige dir etwas, was bisher noch keine Menschenseele sah. Komm, meine Liebe! Habe ich dir zu viel versprochen? Der Baumstamm ist aus Silber. (Gebimmel) Die Blätter sind aus Gold. (Gebimmel) Warum? Äh ... Wieso ... warum? - Damit man reich ist. Damit man reich ist. - Wozu dient das? Dazu, dass nur meine Bäume silberne Stämme und goldene Blätter haben. Mir gefallen unsere Bäume besser. - Welche? Die weißen Birken mit ihren grünen Blättchen. Und Wassja auch. Wassja sollst du vergessen! - Wie kann ich Wassja vergessen, Opa? Verwandeln wir sie in einen Frosch? - Misch dich nicht ein! Tu mir den Gefallen und nenne mich nicht Opa! Aber wie sonst? Du bist doch einer. - In einen Frosch! Misch dich nicht ein! Ich bin unsterblich. Ich lebe ewig. Und man muss mich titulieren. - Wie darf man dich titulieren, Opa? Sie sagt schon wieder "Opa"! - In einen Frosch! Schweig! Man tituliert mich "Eure Unsterblichkeit". Eure Unsterblichkeit. - Sehr richtig! Und Vertraute sagen "Gerippchen". - Gerippchen? Komisch, Weißchen, was? Gut, ich sage nur noch "Eure Unsterblichkeit". Gut, dass ich nicht auf dich hörte! - Ich muss jetzt zu Wassja. Stehen bleiben! Haltet sie fest! - Hinterher! Haltet sie! Hinterher! Los! - He! Hiergeblieben! Los, komm her! - Weißchen, such Wassja! Loslassen! Du wirst Wassja für immer vergessen! - Aber warum denn? Ich habe beschlossen, dass dir die Ehre zuteilwird, mich zu heiraten. Aha! - Freust du dich? Als meine Frau lebst du in unermesslichem Reichtum. Gehegt und gepflegt wie eine Perle im Schmuckkästchen! Wie eine Perle im Schmuckkästchen? Ja, genau. - Gehegt und gepflegt! Aua! Sie hat mich gebissen! - Lasst mich gehen! Eine Perle im Schmuckkästchen! Bäh! - Du wirst sehen, was du davon hast! Im Schloss ist es hell. Aber im Turm ist es dunkel. Das ist er! (Eine Krähe krächzt.) Aljonuschka! (Echo) Aljonuschka! (Weißchen meckert.) (Ziege) Wassja! Aljonuschka! (Echo) Aljonuschka! Wassja! Seht mal! Der Palast des Zaren brennt. Seht ihr es? - (alle) Wir sehen es. Fällt euch nichts ein, um Wassja loszuwerden? (alle) Uns fällt was ein! - Dann handelt! Er muss sterben. Hokuspokus! Aljonuschka! (alle) Wassja! Wassja! Hilfe! Es brennt! Wassja, rette die hilflosen Kinder! - Und die Greise! (alle) Wassja! Lauf schnell hin! Hilf den Unglücklichen! (Gelächter) Haben wir ihn angeschmiert! An der Nase herumgeführt! Wassja! (Jemand schnarcht.) (Schnarchen) (Hahn kräht.) (Er lacht.) (Er spielt eine fröhliche Melodie.) Was ist hier los? - Es brennt! Ein Feuer am helllichten Tag! Wo ist mein Schuh? Es brennt, Leute! Ein herrliches Feuerchen! Ist das eine Freude! Wacht auf aus eurem Winterschlaf! Tanzt, springt, lacht, singt! Endlich ist das Unglück über uns gekommen! Besser gesagt: das unsagbare Glück! Der Palast des Zaren brennt! Das Zarenschloss! Diese riesengroße Katastrophe ist ein unsagbares Glück. Es verschafft uns Feuerwehr- leuten Ruhm und Ehre! Wenn wir nicht wären, würden alle Häuser abbrennen. Hoho! (alle) Hoho! - Brust raus! Bauch rein! Den Vorgesetzten immer mit den Augen auffressen! Wo ist deine Brust? - Ich dachte nicht dran. Was heißt "dachte nicht dran"? Hoho! - (alle) Hoho! In diesem Palast lebten meine Ahnen und verdienten sich ihren Ruhm! Aua! Nun ist alles futsch! Ich bin Fedul der Abgebrannte! Guten Morgen! - Ich schwitzte! Wünschen, wohl geschwitzt zu haben! - Helft mir! Eure Majestät, da lag etwas Heißes. - Ich war zu hastig. Wer bist du? Ein Minister ohne Arbeit. - Warum? Wegen des Feuers. - Brandschutz-Minister! Womit verantwortest du das? - Mit etwas Unbekanntem. Ein Hohlkopf! - Und treuer Diener. Alles hört auf mein Kommando! Abteilung kehrt! Linksum! Wo ist links? - Ich weiß nicht. Du schläfst noch! Rechtsum! Soll der Helm blank sein? Er ist nicht geputzt! Es brennt schließlich beim Zaren! Hoho! (alle) Hoho! - Prächtige Truppe! (Geschrei) He! Ist die Bibliothek gerettet? - Die Hälfte. Hier, seht! Wo ist die andere Hälfte? - Verbrannt. Die Möbel sind gerettet. Schön! - Bis auf ein paar Kleinigkeiten. (Frau) Papilein! Papilein! (Er heult auf und jammert.) Alles muss man selber machen! Ihr lasst die Prinzessin verbrennen! Was ist? Hast du geschlafen, Sofjuschka? Ja, Papilein. Ich habe geschlafen. Guten Morgen, Töchterlein! Guten Morgen, Papilein! Papilein! Der Palast brennt! Rette deine Tochter! Dreht mich um! Schneller! Ah! Was steht ihr untätig herum! Habt ihr kein Gewissen und keine Ehre? Rettet meine Tochter! Besser sterben, als sich später vor mir zu schämen! Sich schämen ist leichter. - Soll ich mich in die Glut stürzen? Stürzt Euch, Majestät! Wir machen eine schöne Gedenkfeier. Ja, wir backen Pfannkuchen. - Mit Marmelade. Wir trinken Wodka. - Bis uns die Bäuche platzen! Stürzt Euch, Majestät! - Ja! Wollt ihr wohl aufhören! Schämt ihr euch nicht? Papilein! - Was ist da los? Dreht mich um! (Tochter) Rettet mich niemand? Ich werde euch alle bestrafen! Alle! Ah! Ah! Potz Blitz! - Im Feuer ist er nicht verbrannt! Aber aus dem Wasser ... - ... kommt er nicht heraus! Sofjuschka! Mein Töchterlein! Wo steckst du? Ach, da! Am anderen Ende. Mein Papilein! - Ach, mein Kleines! (singen) "Brenn heller und schneller! Dass die Flamme nicht erlischt!" (singt) "Blickt auf zum Himmel!" (alle) "Vöglein singen! Und die Feuerglöckchen klingen." "Hoho! Brenne heller und schneller!" Hoho! Eure Majestät, die Feuerwehr steht bereit, um das Feuer zu löschen. (Alle lachen.) Meine Männer sind ausgeschlafen. Zufrieden? - Ja. Zufrieden? Still! Wir sind sehr zufrieden. Unser Wohltäter, er lebe hoch! Hoho! - (alle) Hoho! Hoho! Prächtig! Gebt ihnen Wodka als Dank für ihr Aussehen und für die Hilfe! Wassja! Rauchpause! He! Wohin, mein Lebensretter? Ihr müsst doch erst heiraten! Wieso heiraten? Wen denn? Na, mich! Na, mich! - Na, sie! Na, sie! Halt! Kennst du nicht das Gesetz? - Nein. Du hast die Prinzessin gerettet. - Du musst sie heiraten. (alle) Du musst! Du musst! Du musst! - Er muss! Er muss! - Du musst! Und du bekommst das halbe Königreich. - Die halbe Bibliothek reicht auch. Ich kann sie nicht heiraten. - Warum nicht? Ich habe schon eine Braut. - Wen? Aljonuschka. Vielleicht rettet dich mal ein anderer. Ich will ihn aber haben! - Du hast mich. Damit beleidigt er ... - ... Eure Majestät! Ja, damit beleidigt er den Zaren. Dafür muss man ihn bestrafen! - Bestrafen! Gut, bestrafen! Aber wie? - Steckt ihn in einen Sack! Und werft ihn ins Meer! - Ja, gut! Das Wasser ist kalt. - Da kommt er zur Vernunft. Schön, ihr lieben guten Frauen! So soll es sein. Feuerwehr! (Alle lachen.) Gut gemacht, Leute! Wassja! (Heitere Musik) Absetzen! Hoho! - (alle) Hoho! Aufbinden! Rauchpause! - Ich bin Nichtraucher. Du Dummkopf! - Hoho! Abteilung kehrt! Und marsch! Hoho! - (alle) Hoho! (Die Feuerwehrmänner lachen.) (Gelächter) Den Burschen lassen wir nicht laufen! - Jetzt zubinden! (Spannende Musik) Hü! Los! Liebes Mäuschen, weißt du, wo mein Wassja ist? (Tür wird aufgeschlossen.) Hab keine Angst! Ich nehme dich in Schutz. Na? Ist dir klar, wo du dich befindest? - In einem Gebäude. Ach! In einem Gebäude! Das hier ist kein Gebäude, sondern ein Kerker! Stimmt das? Du hast die Maus erschreckt! Warum musst du so brüllen? Ich habe nicht gebrüllt. Ich bin zornig! Stimmt das, was ich sage? Und man darf im Kerker nicht lachen! Ich lache, weil es so lustig ist. - Hör auf! Ich weiß, du verstellst dich nur, um mich zu ärgern! Wie kannst du so böse sein? Wassja wird dich bestrafen. Dein Wassja kann nicht mehr kommen. Schau ins Fernsehgerät! Aufklappen! Die Leute werfen einen Sack ins Meer. Und weißt du, wer darin steckt? Dein Wassja. Ah! O weh! Wassja! Wassja! Hab keine Angst! Sieh mal, wer hier drinsteckt! Zieh das Band auf! Der Teufel! - Ich bin kein Teufel. Du bist aber schwarz im Gesicht! (Er lacht.) Na, sieht so der Teufel aus? - Tatsächlich, du bist kein Teufel. Was bist du dann für einer? - Ich bin ein Ertrunkener. Ach, ertrunken bist du? - Ja. Und was bist du? Auch eine Ertrunkene. - Wir sind Leidensgefährten! Aber ich war nicht schuld daran. - Wer dann? Ich habe damit andere gerettet. - Warum? Seit elf Jahren bedroht der Meerkönig unser Reich. Und womit? - Mit Überschwemmungen! Er will Opfer. Damit nicht alle sterben, sprangen wir ins Wasser. Wir? - Die schönsten Mädchen im Land. Jedes Jahr eine Schönheit. Ich war die erste. In jenem Jahr war ich die Schönste. - Wie kommt man wieder auf die Erde? Pst! Davon brauchst du nicht zu träumen. - Warum nicht? Du brauchst die Erlaubnis von Seiner Wässrigkeit, dem Meerzaren! Und das gab es noch nie. - Ist der Meerzar böse? Er ist nicht böse. Er leidet. - Was fehlt ihm? Oh, er hat seit sieben Wochen die grüne Langeweile. Ach, du grüne Langeweile! Weiß niemand eine Abwechslung? Wie wäre es mit einem Sturm? - So etwas nennt sich ein Berater! Ein Sturm ist keine Abwechslung. Das kann ich alle Tage haben. Schlag mir etwas Neuartiges vor! Ach! - Sollen wir die Jungfern holen? So etwas nennt sich eine Beraterin! Na gut, ruft sie herbei! Schnell! Ihr Jungfrauen, vertreibt dem Meer- zaren mit eurem Tanz die Langeweile! (Sanfte Musik) (Er schnarcht.) Soll das noch lange so gehen? - Gefällt es Euch nicht? Es ist genau wie gestern. - Nein, da gingen sie rechtsherum. Und heute linksherum. Das war meine Idee. Darauf bin ich stolz. - Halt! Darauf bist du stolz? Schäme dich! Deine Idee steht mir bis zum Hals! (Er jammert und schreit.) Womit sollen wir Euch trösten? - Mit einem Lied? Ja, tröstet! - Ihr Jungfrauen! (Sie singen das russische Lied "Kalinka".) Halt! Ich hörte das Lied tausendmal. Gibt es kein anderes? Doch. Wir kennen viele Lieder. Jungfrauen! (Sie singen das Lied "Malinka". Es klingt genau wie "Kalinka".) Halt! Das ist dasselbe Lied wie eben. - Wieso dasselbe? Zuerst "Kalinka" und dann "Malinka". - Erzähle mir keine Märchen! Bietet mir etwas Neues! - Ich habe etwas. Was hast du? - Einen neuen Ertrunkenen. Hole ihn schnell hierher! Sie hat eine Abwechslung! Ihr Jungfrauen, schmückt mich, kleidet mich! Schneller! Macht mich fein! Macht mich schön! Tritt ein, ertrunkener Wassja! Komm! Du brauchst keine Angst zu haben. Da! Grüßt Euch! Wassja! Ich wünsche Euch Gesundheit. - Sei gegrüßt! Wann bist du ertrunken? Heute. - Welch Zufall! Ich hatte mich so gelangweilt. - Stets zu Diensten! Willkommen in unserem wässrigen Reich, Wassja! Kannst du meine Langeweile vertreiben? Womit soll ich Euch unterhalten? - Mit etwas recht Lustigem. Willst du ein Lied singen? - Warum nicht? Fang an! (Er singt das Lied "Kalinka".) Halt! (Geblubber) Wann, sagst du, bist du ertrunken? - Heute. Du singst, als wärst du vor Jahren ertrunken. Kennst du kein anderes Lied, ein unbekanntes? Natürlich kenne ich ein anderes. - Los! (Er singt das Lied "Malinka".) Halt! Was sagt ihr dazu? Auf der Erde singt man dieselben Lieder wie hier! Dann muss ich mir selbst eines ausdenken. Aber kein erdiges. Ein wässriges! (Der Meerzar summt vergnügt vor sich hin.) Ich habe es! (singt) "Sardinchen, Sardinchen, na ja! Sardinchen ..." Das ist die gleiche Melodie! Hilfe! Ach, die grüne Langeweile! Haha! Was ist das? - Ein Buch. Wozu ist das da? - Zum Lesen. Zum Lesen? Kannst du das? - Soll ich was vorlesen? Meinetwegen. Setz dich hierher! Setzt euch auch! "Vor vielen Jahren lebte in einem Königreich ein mächtiger Recke." "Alle guten Menschen liebten ihn, die bösen fürchteten ihn." "Wenn einer etwas gestohlen hatte, dann fand er jedes Mal den Dieb." Wenn jemand meine Perlen stiehlt, würde er ihn finden? Bestimmt. - Habt ihr das gehört? Lies weiter! "Da wollten alle Diebe ihn töten." - Ei, ei, ei, ei! "Sie lockten ihn in eine Höhle im Wald und fesselten ihn." "Dann setzten sie ihn auf ein Pulverfass." Und weiter? - Gib mir zuerst eine Belohnung! Du bekommst eine Belohnung. Aber jetzt lies weiter! Was für eine Belohnung? - Was du willst! Perlen. Einen Wal. Jetzt lies! - Ich habe eine Frage. Frage! - Wie viele Jungfern leben bei Euch? Wie viele? - Na, zehn! Zehn. - Eure Wässrigkeit! Und ich? Ach ja. - Elf. Such dir eine aus! Ich habe schon eine Braut. Auf der Erde. Aljonuschka. Unsere Bräutigame sind auch auf der Erde. Begnadigt uns! Ja! - Bitte, Eure Wässrigkeit! Wir wissen, Ihr habt ein gutes Herz. Nun beweist, dass Ihr ein gutes Herz habt! Lasst sie nach Hause! Alle! (Eine Glocke läutet.) (Die Frauen singen ein trauriges Lied in russischer Sprache.) (Glocke läutet.) Wir entbieten dem Meerzaren unseren Gruß und verneigen uns vor ihm. Wir schlossen einen Vertrag, damit unser Land nicht überflutet werde. Empfange die Opfergabe für dieses Jahr: Das schönste Mädchen unseres Landes, Jungfer Praskowja! (Die Frauen beginnen, laut zu weinen.) (Glocke läutet.) (Lautes Jammern und Weinen) (Junge Frauen beginnen, das Lied "Kalinka" zu singen.) Ließ euch der Meerzar frei? - Ja, Wassja zwang ihn dazu! Wer ist Wassja? - Du wirst ihn bald kennenlernen. (Fröhliches Lachen) Wassja! Wassja! Ertrunkener Wassja! Was ist? - Lies! Nein. - Aber ich ließ alle Jungfern frei. Aber mich nicht! - Weil mir dann niemand mehr vorliest. Lest selbst! - Ich kann nicht. Ich bringe es Euch bei. - Wie willst du das machen? So wie bei uns in der Schule. - Aber ich bin ein Zar! Es ist schwer, mich lesen zu lehren. - Ich lehrte es einer Ziege. Einer Ziege? - Ja. Ihr lernt es auch. Also gut, versuchen wir es! Aber ich mache dir wenig Hoffnung. Dieser Buchstabe heißt M. - M. Ja, und dieser hier B. - B. Bäh! "D-E-R-A-N-F-Ü-H-R-E-R: der Anführer." "D-E-R-B-A-N-D-E: der Bande." "Schi... schi... schi... schießt." - Habt keine Angst! Lest ruhig weiter! "Der Schuss ge... ge... geht... Er geht nicht los!" (singt) "Er geht nicht los! Er geht nicht los! Hurra!" Hast du was von Sadko gehört? - Von Sadko? Ich verleihe dir seinen Rock! - Eure Wässrigkeit ... Streite nicht! - Streite nicht! Genau wie der echte Sadko! - Ach, wie schön! So eine Ähnlichkeit! Setzen wir uns noch einen Moment und schweigen wir! Wassja, tust du mir den Gefallen, mal wieder zu ertrinken? Warum? - Wir könnten lesen und reden. (lacht) Eure Wässrigkeit! - Leb wohl, ertrunkener Wassja! Ach, wie es mir leidtut, dich freizulassen! Nun wird mich wieder die grüne Langeweile überfallen. Eure Wässrigkeit, seid nicht traurig! Lebe wohl! (Beraterin) Drei, zwei, eins! - Los! Ach! Im Feuer verbrannte er nicht! Im Wasser ertrank er nicht! Verblendet ihn mit den Posaunen des Ruhms! Wir versuchen es! - Handelt! Hokuspokus! (Jubel) Geschätzte Hoheit! - Grandiose Hoheit! Elegante Hoheit! Das da ist ein Bräutigam ... - ... für Eure liebreizende Tochter. (Jubel) Donnerwetter! - Ist der schön! Er muss bleiben! - Der Zar bin ich! Der Zar, der Zar! - Der Zar! (Männer) Bleib stehen! Bleib stehen! Hab keine Angst! - Keine Angst! Das war keine Kampfansage. - Das war eine Ehrerbietung. (Fanfaren und Jubel) Wer hat die Töchter unseres Landes befreit? Danach Fragezeichen und Ausrufezeichen! Ein hervorragender Held, ein verwegener Held. Und mir als Landesherr und Zar steht ein angeborenes Recht zu. Ich tituliere ihn Wassili den Stärksten! Den Weisesten! Den Bescheidensten! Den Mutigsten! Was willst du? Den Schönsten! - Du Gans! Er ist so schön wie Ihr! - Und den Allerschönsten! So verfüge ich es. Ausrufezeichen! - Wie klug Ihr seid! Wer soll es sonst sein? (Fanfaren und Jubel) Er ist reingefallen. - Ja, reingefallen! Das haben meine Diener gut gemacht. Nun kann Aljonuschka lange warten! (alle) Er ist reingefallen! Er wird heiraten! Ich danke euch. Ich habe alles gesehen. (Die Diener lachen.) (Lauten-Musik) Was ist das hier? - Das Gebiet der Weisen. Was heißt das? - Hier denken die Weisen nach. Aha! - Nun urteilt, ob sie richtig denken! Gut, rufe sie herbei! - Hört! Der Allerweiseste ist hier! Erklärt mir, ehrwürdige Weise: Worüber denkt Ihr gerade nach? (beide) Über alles. - Wir streiten um diesen Stock. Was gibt es da zu streiten? - Wo sind Anfang und Ende des Stocks? Links der Anfang, rechts das Ende? - Ja. Nein. - Doch, es stimmt! Es stimmt nicht! - Es kann nicht stimmen. Nein. - Doch, es stimmt! Es stimmt nicht! - Es kann nicht stimmen. Denn wenn ich den Stock umdrehe, dann ist das Ende am ehemaligen Anfang. Und der Anfang ist am ehemaligen Ende. Stimmt es? Ja. Es stimmt nicht! - Es stimmt doch! Wir können den Versuch mehrmals machen. Was immer wir tun, es kommt das Gleiche heraus. Der Stock hat weder Anfang noch Ende. Es ist wissenschaftlich erwiesen ... Na, was? Dass jeder Stock etwas Unendliches ist, ihr einfältigen Gelehrten! Das stimmt nicht! - Unendlich! Unendlich! Die Philosophen des Altertums sagen, dass jeder Stock zwei Enden hat. Und was hat er nicht? Einen Anfang! Damit ist erwiesen: Jeder Stock ist etwas Anfangloses. Etwas Anfangloses? - Selbstverständlich! Unendlich! Unendlich! - Anfanglos! Anfanglos! Unendlich! - Nein, anfanglos! Bringt sie zur Vernunft! Ich werde sprechen. Jawohl. Ruhe! Hören Sie auf mit dem Streit! Bitte Ruhe! Der Allerweiseste ergreift das Wort. Streitet Ihr darüber schon lange? - 30 Jahre. Und drei Jahre und drei Tage. - Ja. Schon ziemlich lange. Ich werde Euren Streit für immer beenden. Der Stock wuchs als Baum, mit einem Ende zur Erde und einem zur Sonne. Verstanden? - (alle) Ja! Hier ist der Anfang und da das Ende. - Genial! Unübertrefflich! - Kolossal! Euch gebührt allerhöchster Ruhm! - (alle) Ruhm! Ruhm! Ruhm! Sei nicht traurig, mein Mäuschen! Weißchen wird Wassja finden. Und alles wird gut werden. Du Dummerchen! Wassja! (Weißchen meckert.) Sieh mal! Was sagst du nun? Er hat eine andere, dein treuer Wassja. Ach! - Hinaus! Und nun, meine Liebe, heirate mich! Werde meine kleine Ehefrau! Ich werde nie deine Frau! (Vogel krächzt.) (Spannende Musik) (Sie singen ein feierliches Lied in russischer Sprache.) (Frauen singen das Lied "Kalinka".) (Sie singen in russischer Sprache.) Denkt an Eure Leber! - Dann trinkt Ihr den Wein! (Gesang und Jubel) Der Brautkuss! Küsst euch! Der Brautkuss. Küss mich! Wassja! Aljonuschka! Aljonuschka. - Wer ist das? Meine Braut. - Deine Braut? Und wer bin ich? - Die Zarentochter. Ich lasse dich nicht weg! Bleib da! Haltet ihn fest! Haltet ihn! Halt! Haltet ihn! Die Ziege! Hilfe! Die Ziege! Ah! Ja! Gut so! Der Stock ist anfanglos! Anfanglos! - Unendlich! Das ist eine Beleidigung der Tochter des Zaren! Der Beleidiger wird im allertiefsten Kerker in Ketten gelegt! Bei Wasser und ... ah! - (beide) Väterchen! Papas Leber! (singt) "Ach, wie herrlich ist das Leben, wenn man ..." Verzeihung! Weißchen! (Geschrei) Da staunt ihr, wie viel ich vertragen kann! (Der Zar lacht vergnügt.) Das ganze Fass habt Ihr getrunken! - Es hat mir nicht geschadet. Ihr seid selbst ein Fass! (Frau singt) "Maiglöckchen! Maiglöckchen!" "Ihr läutet uns den Frühling ein." "Maiglöck..." Oh! Wer besucht uns da in unserem Wald? Willst du ein paar Maiglöckchen? Nein, danke! - Wie schade! Mich interessiert das Gerippe. - Still! Nicht so laut! Wo ist das Gerippe? - Beantworte zuerst meine Fragen! Mein Muttilein fragt dich. - Hast du dem Feuer widerstanden? Antworte! - Ja. Und dem Wasser? - Ich wurde freigelassen. Zwei Bedingungen sind erfüllt! - Still! Und die Posaunen des Ruhms? Ich widerstand ihnen. - Die dritte auch! Willst du nun Aljonuschka finden? - Ja, Aljonuschka. Das ist sehr schwer. - Dort wartet das Gerippe! Still! Sein Tod ist in einem Ei ein- geschlossen, in einem Kästchen. Das Kästchen liegt unter einer Eiche. - Still! Du musst das Ei aufdrehen! Verstanden? - Ja. Dann stirbt das Gerippe! Ruhe! Im verzauberten Wald werden die Wald- Bösewichter grässlich zischen. Doch hab keine Angst! Und geh immer rückwärts durch den Zauberwald! An der Eiche machst du sechs Schritte nach links und räumst das Laub weg! Da liegt das Kästchen mit dem Tod vom Gerippe. Aber dreh dich nie um! Warum nicht? - Weil du dann zu Stein wirst. Danke! Euch danke ich auch. - Ich tue das für meine Tochter. Das Gerippe hat mich geärgert. - Sie biss sich schon zwei Zähne aus. Ja! - Hör auf zu heulen! Nun lauf zu! Lauf zu! Lauf zu! Nicht umdrehen und zurückblicken! Sonst wirst du zu Stein. Mein unglückliches Kind! Beruhige dich doch! Mein armes Kind! Mein unglückliches, armes Kind! (Unheimliches Schreien und Zischen) (Höhnisches Gelächter) Au! Meine treuen Diener! Kommt schnell her! Ah! (Unheimliches Gejohle) Oh! (Höhnisches Gelächter) Waldgeister, haltet ein! Nicht anrühren! Wassja! Hab Erbarmen mit mir! - Erbarmen? Gib mir das Ei! Ich werde nur noch Gutes tun! Das glaube ich dir nicht! Ah! Seine Unsterblichkeit ist ein Stein! - Stumm wie ein Fisch! Wem sollen wir jetzt dienen? - Wassja! Wassja! Ja, Wassja! (Romantische Musik) Aljonuschka! Aljonuschka. Wassja! Aljonuschka! Mein lieber Wassja! - Aljonuschka! Lass uns schnell fortlaufen! - Komm, Weißchen! Ruhm dem Allerstärksten! - Ruhm dem Allerweisesten! Ruhm dem Allerschönsten! - Schnell weg! Finger weg! Die gehören mir! - Gib her! (Romantische Musik) Weißchen! Aljonuschka! (Romantische Musik) Wassja! Aljonuschka! Weißchen! Aljonuschka! Oh! Was soll das? - Es war aus Versehen. Aus Versehen? - Ja. Aljonuschka und Wassja feierten Hochzeit. Sie luden viele Gäste und eine Musikkapelle ein. Der Posaunist durfte aber nicht erschienen. Mit den Posaunen des Ruhms wollte es Wassja nicht noch mal zu tun haben. Wie lustig es auf der Hochzeit war! Die Gäste tanzten und aßen und tranken und fühlten sich wohl. Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute. Und damit ist mein Märchen zu Ende! Untertitel: zeile 21 / Frank H. Richter