Vorspann-Musik
Ja, schönen guten Morgen.
Wie schon gesagt:
Ich bin Sebastian von Cadus.
Cadus ist eine Hilfsorganisation,
die sich in Berlin
vor ungefähr 1 1/2 Jahren gegründet hat,
aus so subkulturellen Zusammenhängen,
zum Teil mit sehr viel
Erfahrung in der Feldarbeit,
zum Teil über 15 Jahre
in der humanitären Hilfe,
zusammengefunden, deswegen,
weil wir abgegessen waren davon
wie es bei vielen Organisationen läuft.
Deswegen auch dieser hochtrabende Titel
"Refine Global Solidarity".
Ob wir das immer so einhalten,
werden wir sehen.
Das ist ein bisschen ungewöhnlich,
dass ich vor dem Podium hier vielleicht
einen Vortrag halten kann,
weil ich bin von IT so weit entfernt,
wie man das nur sein kann.
Also ich bin froh, wenn ich den Rechner
an und aus kriege.
Meistens lasse ich ihn an,
damit nix passiert.
Lachen
Applaus
Aber tatsächlich kann ich, glaube ich,
ganz gut einen Überblick darüber geben,
wie der Ist-Zustand gerade ist und
mit welchen Problemen wir zu kämpfen haben
im Feld sozusagen.
Ich werde nachher versuchen,
Lösungsansätze darzustellen -
seid geduldig mit mir und seid gnädig,
weil, ähm, ich habe mir die Fachbegriffe
aus Wikipedia rausgezogen.
Die stehen ... lacht
so auf den Folien drin.
Ich glaube, ich kann die Ideen
ganz gut skizzieren.
Tiefgehende Fachfragen
- da wird es irgendwann schwierig,
da bin ich eher über Anregungen dankbar.
Ich möchte ganz kurz darstellen,
was wir als Cadus jetzt machen,
warum wir der Meinung sind, dass man bei
so Kommunikation und Katastrophe
vielleicht nachlegen sollte,
wo wir gerade unterwegs sind,
wo wir jetzt gerade im Einsatz stehen und
an was für Schwierigkeiten wir da stoßen.
Unser Haupteinsatzgebiet momentan
ist Nordsyrien, auch bekannt als Rojava,
das sind die dort
kurdisch befreiten Gebiete,
also mehrheitlich
kurdisch befreiten Gebiete.
Dort arbeite gerade quasi fast niemand,
das ist vielleicht nur eine Handvoll NGOs,
5 an der Zahl, die man dort vor Ort findet.
Wir machen da zum Teil, zur Zeit
Ausbildungsprojekte für paramedics,
für SanitäterInnen und für PflegerInnen
mit dem Schwerpunkt
natürlich chirurgische Versorgung,
weil das ist ein Land im Kriegszustand,
wo wir einfach schauen müssen,
den Leuten wieder die Skills beizubringen,
ihre Gesellschaft selbst zu versorgen.
Wir arbeiten dort mit einer
zivilen Hilfsorganisation zusammen:
Heyva Sor a Kurdistanê,
dem Kurdischen Roten Halbmond.
Das 2. große Projekt ist daraus entstanden,
dass in solchen Bürgerkriegsgebieten
von den Kombattanten gerade Einrichtungen
der zivilen Versorgung - hauptsächlich -
Ziel von Anschlägen und Attacken sind.
Das sind jetzt mal Bilder
von Krankenhäusern aus Kobane.
Kobane ist den meisten von Euch vielleicht
bekannt aus dem letzten Jahr:
die Stadt, die fast vollständig
vom Islamischen Staat eingenommen war,
bis auf wenige Straßenzüge,
und sich dann wieder freigekämpft hat.
Das ist so ein Beispiel für ein Krankenhaus
von MSF, von Ärzte ohne Grenzen
wie es nach dem Granatbeschuss aussieht.
Und da seht ihr uns in einer
Krankenstation, die gerade vor einer Woche
dem Erdboden gleichgemacht wurde,
in Til Temir, also im Frontgebiet zum IS,
wo wir auch ausgebildet haben.
Unsere Reaktion darauf hin war zu sagen:
Hochgefährliches Gebiet, stationäre
Einheiten dort aufzubauen - schwierig.
Weswegen wir gerade an einem Konzept
für ein komplett mobiles Krankenhaus
auf Allrad-Basis arbeiten.
Da sind wir gerade in Berlin dabei
den ersten LKW umzubauen.
Bei den weiteren LKWs mangelt es gerade
noch so ein bisschen an den Finanzen,
aber wir sind dran mit dem Konzept
dann im Nordirak und in Nordsyrien
komplett mobil zweiwöchentlich wechseln
zu können, aus Sicherheitsgründen.
Einfach, um unsere Teams und die Teams
mit denen wir zusammenarbeiten,
nicht zu gefährden.
Wir engagieren uns in der
technischen Rettung vor Ort,
wir versuchen gerade so
Feuerwehr-Basiswissen, was es hier gibt,
in Form von hydraulischen Rettungssätzen,
nach Nordsyrien zu bringen.
Da nicht nur Rojava.
Weil, das muss man auch mal klar sagen:
Das ist nicht die Region,
die es gerade am schlimmsten trifft.
Aleppo z. B. sieht momentan noch
wesentlich ungünstiger aus.
Und unser letztes großes Einsatzgebiet
ist jetzt Lesbos,
wo wir nächste Woche starten
mit einem eigenen Boot.
Das ist daraus entstanden,
dass wir mit den Communities
auf den Inseln selber in Kontakt
getreten sind.
Es gibt ja da dieses massive Problem:
Über 800.000 Rettungswesten, die rumliegen,
woraus wir gerade ein Upcycling-Projekt
machen, welches wiederum die Seenotrettung
vor Ort finanzieren soll.
So viel zu uns, wo wir gerade stehen.
Nun zu dem grundsätzlichen Problem.
Die Folien sind generell in Englisch, aber
das sollte, denke ich, kein großes Problem sein.
Als erstes Beispiel möchte ich da Haiti zeigen.
Haiti 2010, das Erdbeben.
Es gab ein massives Erdbeben
mit mehreren Nachbeben.
Bei dem Erdbeben, das den Hauptschwerpunkt
in Port-Au-Prince, in der Hauptstadt hatte
sind fast 300.000 Menschen
ums Leben gekommen.
Es sind unglaublich viele Menschen
obdachlos gewesen
und es gab eine sehr schnelle, sehr
beispiellose Welle der Hilfsbereitschaft.
Man muss dazu wissen:
Die Infrastruktur war komplett zerstört.
Also, man muss sich das so vorstellen:
Krankenhäuser kaputt,
alle Funkanlagen kaputt,
Telefonnetze kaputt,
Abwasser - egal, was man sich vorstellen kann:
Alles tatsächlich zerstört.
Und innerhalb kürzester Zeit waren
unzählige Hilfsorganisationen vor Ort.
Haiti hatte den großen Vorteil,
dass die USA sehr nahe gelegen ist
und die USA immer so ein bisschen
in der Region auch schaut,
wie sie sich politisch aufstellt.
Die hatten im Nullkommanichts
eine ganze Luftlandeeinheit,
eine ganze Division
- die 82. Luftlandedivision - auf Haiti.
Die haben natürlich technisches Besteck
dabei gehabt, mit dem sie sehr schnell eine
grundsätzliche Telefonnetzversorgung
wieder gewährleisten konnten.
D.h. auf Haiti war es nicht das Problem,
telefonieren zu können, sondern die Frage
war tatsächlich eher:
Mit wem kann denn überhaupt telefonieren?
Wer ist denn überhaupt da?
Dadurch, dass erstmal das Telefonnetz, das
örtliche Telefonnetz komplett zerstört war,
war alles an Wissen, was es vorher gab,
nicht mehr gegeben.
Wie erreiche ich Ministerien?
Wie erreiche ich staatliche Stellen?
Was für Notrufnummern gibt es?
Die waren langfristig ausgeschaltet.
Es wurde ja sozusagen durch die USA
ein komplett neues Notfalltelefonnetz
on top drauf gesetzt.
Was das erstmal verhinderte,
dass jetzt Helferinnen und Helfer
mit den notwendigen Gütern zusammenkamen.
Was mir von damals noch
so in Erinnerung ist:
Ich bin 2 oder 3 Tage lang so ein bisschen
ziellos durch die Gegend geirrt,
um herauszufinden, wo denn jetzt
die große Zentralapotheke ist,
wo die Hilfslieferungen kommen,
wo die kleineren NGOs sich
für ihre mobilen Einheiten
das Material abholen konnten.
Einfach, weil dieses Wissen nicht über
Internet oder irgendetwas abrufbar war.
Es gab, wie gesagt,
nur ein Notfalltelefonnetz.
Das nächste Problem ist dann natürlich die
Frage: Wie koordiniere ich mich vor Ort
mit den Plätzen, wo ich eigentlich
hinkommen möchte?
Es gibt unzählige Einsatzorte. Es gibt
wahnsinnig viele wild gewachsene kleine
Refugee Camps, die Leute suchen
sich irgendwo ihren Space,
wo sie sich zurückziehen,
wo sie sich sicher fühlen.
Wo sie erstmal sagen: Wenn ein
Nachbeben kommt - hier kann nix passieren.
Wie finde ich die? Wie kann ich sicher
sein, dass sie versorgt wurden?
Wie werden Informationen weitergeleitet?
Wie kann ich also dafür sorgen, dass
dieser Kreislauf, diese 3 Dinge, in irgendeiner
Art und Weise miteinander gematched werden.
Hat auf Haiti gar nicht stattgefunden. Haiti
war aus humanitärer Sicht ein Milliardengrab.
Da sind unglaubliche Summen verschütt
gegangen, weil die Hilfsmaßnahmen und
die Hilfsgüter und die Betroffenen nicht
zueinander gefunden haben.
Um das nochmal kurz zusammenzufassen:
Es waren über 900 Hilfsorganisationen
innerhalb kürzester Zeit vor Ort.
Nach 3 Wochen war das tatsächlich ein
unüberschaubarer Schauplatz
von großen Organisationen bis hin zu so
genannten MoNGOs - "my own NGO" -
gerade in den USA ein sehr beliebtes Ding.
Bin christlich motiviert, oder was,
meine, jetzt was tun zu müssen,
evangelikal oder was, und mache halt
eine Hilfsorganisation zu zweit,
packe einen Koffer voll Medikamente und
gehe halt in so ein Krisengebiet
und meine, dort Hilfe leisten zu können.
Könnt ihr euch vorstellen,
was das für eine unüberschaubare Anzahl
an Menschen und Organisationen ist,
die man versuchen muss, in irgendeiner
Art und Weise zusammenführen.
In Woche 3 waren es, glaube ich,
12.000 Helfende vor Ort
- da sind die Soldaten der USA
noch gar nicht mitgezählt.
Unglaublich viele verschiedene working
fields. Es ist ja nicht nur die Medizin.
Das geht von Statik von Gebäuden - welche
Gebäude sind noch sicher, sind einsturzgefährdet?
Über Leichenbergung, über Wasserversorgung,
über Nahrungsmittel. Und selbst innerhalb
von medizinischen Gebieten reden wir ja
über ganz unterschiedliche Dinge:
Langzeitversorgung, Akut-Rettungsdienste,
Gesundheitsvorsorge, Impfkampagnen.
Das alles zu matchen - Wahnsinn.
Das einzige Tool, was es dafür gibt,
wird zur Verfügung gestellt
von der UN OCHA,
vom Office for the Coordination
of Humanitarian Affairs.
Und das nennt sich Cluster Meeting.
Cluster Meeting klingt total gut,
gibt es in linken Zusammenhängen total viel,
nennt sich: Plenum.
Lachen
Das meinen die dann ernst. 900 Organisation
vor Ort und es gibt ein Zelt,
wo dann draußen Pläne dran geheftet sind
und wo sich dann 900 Organisationen
treffen sollen, um sinnvoll abzusprechen,
wie man diese Notfalllage jetzt sozusagen
unter Dach und Fach kriegt.
geht natürlich nicht.
In Folge davon entwickeln sich
zahlreiche Unter-Cluster-Meetings.
Es gibt also ein Health-Cluster, es gibt ein
Technical-Cluster, ein Logistical-Cluster.
Die gibt es dann auch noch teilweise national.
Das THW geht natürlich zur deutschen Botschaft
und sagt: Alle deutschen Hilfsorganisationen
treffen sich jetzt hier. Warum, weiß kein Mensch,
weil die Einordnung nach Nationalität
keine sinnvolle ist in diesem Moment.
Aber, das ist der Ist-Zustand,
wie es 2010 aussah,
und wie es auch heute
bei Katastrophen noch aussieht.
Das ist für das Fallbeispiel Naturkatastrophe
mit massiven weiträumigen Zerstörungen.
Ähnliche Geschichte ist jetzt das Beispiel
Syrien, Rojava, dort wo wir arbeiten.
Wenn man sich diese Karte anschaut
- einige kennen das vielleicht,
die diesen Verlauf dort ein bisschen
aufmerksamer verfolgen in den Medien:
Das schwarze Gebiet ist das Gebiet
des Islamischen Staates.
Das sieht riesengroß aus, wirkt schon
kleiner, wenn man es reduziert
auf die schwarzen Punkte.
Das sind nämlich die bewohnten Siedlungen.
Das heißt ein riesiger Teil ist
unbewohnbare Wüste.
Die ist relativ einfach zu erobern,
denke ich mal.
vereinzeltes Lachen
Der rote Teil ist das, was die Assad-
Regierungstruppen zur Zeit noch besetzen.
Der grüne Teil ist eine Melange
aus syrischen Rebellen -
bekannt aus den Medien ist
die Freie Syrische Armee.
Dazu zählen aber auch viele,
islamistischere-re-re,
noch nicht ganz IS-mäßige Brigaden.
Das ist ein wilder Mix,
wo man immer nicht genau weiß,
welcher Straßenzug,
wer hat dort jetzt
wie wo wann die Oberhand.
Die gelben Gebiete sind mittlerweile das,
Stand Mitte Dezember,
was die demokratischen Kräfte
und die kurdischen Kräfte
zusammen freigekämpft haben.
Man reduziert das immer gerne auf
die bösen Kurden, wenn man sie
mit der PKK vergleicht,
das sind aber wesentlich mehr
Player am Start.
Also, es gibt eine große assyrische
Gemeinde mit eigenen Millizen.
Es gibt eine aramäische Gemeinde, es gibt
arabische Einheiten,
die miteinander unter einer Dachorganisation
diese Gebiete freigekämpft hat.
Jetzt muss man sich das so vorstellen:
In diesen Gebieten gibt es keine
Staatsmacht mehr, zur Zeit.
In diesen Gebieten haben überall
Kampfhandlungen stattgefunden.
In diesen Gebieten sind irrerweise
Flüchtlinge aus dem Nordirak,
die freiwillig nach Syrien gehen,
weil sie den nordirakischen Peschmerga
nicht vertraut haben, sodass in diesem
Bereich Syriens, der total zerbombt ist
und der von allen Seiten mit einem
Wirtschaftsembargo belegt ist,
noch viel mehr Menschen sind aus
dem Nachbarland, ja, die per se schon mal,
da sie in Refugee Camps leben, keine
Kommunikationsstruktur mitbringen
außer ihren mobilen Endgeräten.
In den Städten, die so tatsächlich aussehen.
In dieser Stadt, das ist Kobane, leben zur Zeit
40.000 Menschen in den Trümmern. Und das
sind keine ausgewählten Fotos, um zu zeigen,
wie schlimm das ist, sondern das sieht
rundherum tatsächlich so aus.
Gibt es natürlich auch keine bestehende,
normale Kommunikationsstruktur mehr.
Wie machen die Menschen das da gerade vor
Ort? Internet und Telefon funktioniert nur
über das Netz, das abgestrahlt wird aus
der Türkei. Das heißt, wer das Geld hat
kann sich glücklich schätzen, weil er kann
halt mit Mobilkarten von Turkcell auch
das Internet mobil nutzen. Wer das Geld
nicht hat, der sitzt auf dem Trockenen.
Heißt: Hier auch wieder kein Staat, der in
irgendeiner Art und Weise versuchen würde,
das Ganze wieder zu richten. Assad hat
gerade kein Interesse, in diesem Gebiet
die Kommunikationsstruktur wieder
aufzubauen. Keine UN, spannenderweise,
was bei großen Naturkatastrophen der Fall
ist. Weil die UN hier, in Anführungszeichen,
"nicht zuständig" ist, weil es ein Bürgerkrieg
ist und Assad die Genehmigung zur Arbeit
in diesen Gebieten nicht erteilt.
Die Türkei ist in der Lage das Netz natürlich
nach Belieben abzuschalten,
passiert auch immer wieder.
Wer die Medien gerade verfolgt, es gibt
gerade extreme Clashs im Norden
vom kurdischen Siedlungsgebiet,
was der Süden der Türkei ist.
Da werden regelmäßig Internetdienste,
Telefondienste von der Türkei abgeschaltet.
Das betrifft dann natürlich auch immer
den kompletten Bereich in Syrien,
auf den das vorher abgestrahlt hat.
Das heißt, die komplette Kommunikation -
über Logistik, über Infrastruktur,
wo gibt es Krankenstationen,
wo sind Krankenhäuser etc. -
ist gerade runter gebrochen auf Zettel und
Stift. Die gute alte Briefkommunikation.
Das geht dann halt so weit: Es gibt halt
handgeschriebene Telefonlisten von Menschen,
weil es gibt nicht einmal mehr
internetbasierte Spenderdateien für Blut.
Wenn es also Schwerverletzte gibt durch
die Kämpfe, dann haben die Krankenhäuser
handgeschriebene Listen, wo sie halt
durchgehen, und dann von Handy zu Handy,
wenn das Turkcell-Netz
denn gerade funktioniert
und nicht kollabiert ist oder abgeschaltet
wurde, sozusagen händisch versuchen können,
SpenderInnen für eine
Warmblutspende zu finden.
Also absolut irre Situation 2015 -
kann man sich gar nicht vorstellen.
Das 3. Beispiel sind Massenproteste,
da muss ich gar nicht so viel zu sagen.
Die Beispiele sind vielzählig: Ägypten,
der komplette Arabische Frühling eigentlich,
China: Dauerzustand; Thailand - überall da,
wo Bevölkerung sich auflehnt und wo halt
Organisationsprozesse stattfinden,
innerhalb von demokratischen oder weniger
demokratischen Protestbewegungen, ist
es natürlich so: Wenn die Telekommunikation,
wenn das Internet in den Händen des
Staates ist, kann er nach Belieben Dienste
einfach abschalten oder einschränken.
Was für Lösungsansätze gibt es?
Jetzt kommt der Part, wo ihr mich
gnadenlos vorführen könntet.
Firechat ist einer der 1. Anbieter im
Messaging, die peer-to-peer funktionieren,
wenn denn die Netze nicht da sind,
sagen aber selber,
sie funktionieren bedingt,
ich selber hab keine Erfahrung damit.
Problem bei Firechat ist:
bislang ist das Ganze unverschlüsselt.
Das ist natürlich für Massenprotestbewegungen
dann denkbar ungünstig.
Sie wollen's demnächst verschlüsselt anbieten,
sagt der Hersteller... sagt der Anbieter
Problem ist:
Es ist ein reiner Nachrichtendienst
D.h. damit hab ich vom Organisationsgrad
her noch gar nichts gewonnen.
Ich könnte also in Gebieten
wo das Netz abgeschaltet wird,
wieder über Mesh-Netze
kommunizieren,
aber davon ist diese Organisationslage
noch kein bisschen besser geworden.
Dann gibt es verschiedene Ansätze,
von denen ich 2 vorstellen möchte,
die dieses Mesh-Networking benutzen,
und entweder mit einem Extender arbeiten
oder sogar mit noch komplizierterer
Hardware dahinter.
Das eine ist ein
australisches Projekt,
sogenanntes Serval Project,
die haben 2013 Crowdfunding gemacht,
um ihre Extender, ihre Funkextender
für die Mesh-Netzwerke
refinanziert zu bekommen.
Das hat leider nicht funktioniert damals.
Die hatten einfach die Idee,
dass sie herkömmliche Funkwellen nutzen
über diesen Extender,
um in Katastrophengebieten
wieder für eine Kommunikation
zu sorgen.
Problem ist das Gleiche:
Kommunikation hab ich dann zwar,
Organisationsgrad hab ich
immer noch nicht erhöht.
Eine ähnliche Idee
gibt's in Berlin.
Das sogenannte
Ingenium-Projekt an der TU.
Die sind ein bisschen weitergegangen,
die haben tatsächlich
zu der Hardware-Erweiterung
auch 'ne App entwickelt,
eine App, die halt die Bevölkerung
in die Lage versetzen soll,
Missstände, Probleme
in Katastrophen zu melden.
Ich würd die hier mal selber sprechen
lassen wollen, von ihrer Website,
sie sagen dazu nämlich:
"Hierfür wurde extra eine Website und App
entwickelt, welche die Betroffenen wie auch
die Rettungsdienste und staatliche Organe
in gleichem Maße befähigt,
organisierte Maßnahmen
schnellstmöglich einzuleiten.
Somit können Betroffene und
Menschen vor Ort angeben,
welche Straßen intakt,
welche Hilfe benötigt
und wo welche Hilfe
bereits geleistet wird.
Die Einträge werden analysiert und
an die relevanten Stellen weitergesendet,
sowie in Karten verzeichnet.
Hierdurch kann die Organisation
verbessert, unnötige Wege vermieden und
die Aufbaumaßnahmen
schnellstmöglich eingeleitet werden.
Das System ist so konzipiert, dass es
eine sehr geringe Aufbauarbeit benötigt,
und bis zu einer Woche
in der Luft bleiben kann."
Sie reden von "Luft" weil ihre Idee ist,
den Extender per Luftschiff,
per fixiertem Luftschiff,
in den Katastrophengebieten
zum Einsatz zu bringen.
Könnte man jetzt sagen,
dann ist das Problem ja gelöst,
aber aus der praktischen Sicht
aus der Feldarbeit
kommen da mehrere Sachen,
wo ich sagen würde
schnalzt mit der Zunge
schwierige Geschichte.
Punkt Nr. 1: Das funktioniert nur
in Katastrophengebieten,
die ein hohes internationales
Interesse hervorrufen.
Denn das ist Technikequipment,
was massiv teuer ist.
Sowohl die Funkextender, die
Serval-Projects als auch die Luftschiffe
des Ingenium-Projekts müssen
ja irgendwie refinanziert werden,
d.h. es muss tatsächlich erstmal so sein,
dass diese Katastrophe entweder
medial die Aufmerksamkeit erzeugt hat,
dass freie Spenden zur Verfügung stehen,
oder die UN muss bereit sein,
Gelder dafür zu Verfügung zu stellen.
Das ist in Katastrophen
nicht immer der Fall.
In Syrien war es jetzt über 3 Jahre lang
so,
dass die 'bösen Kurden' im Norden
nicht versorgt wurden, und dass dafür
auch Gelder nicht bereitgestellt wurden.
Man muss aber gar nicht in so
Bürgerkriegsgebiete kucken,
da reicht es schon,
sich die Philippinen anzuschauen,
2013 nach dem Taifun 'Yolanda',
da war's nämlich so, dass ...
das Hauptgebiet das betroffen wurde,
war die Insel Leyte.
Und die war der Zentralregierung
ein Dorn im Auge,
weil dort lokal die Opposition
an der Macht war.
Das hieß für uns als Hilfsorganisationen,
die vor Ort gearbeitet haben,
gab's massive Einschränkung dadurch,
dass der Staat einfach die Hilfeleistungen,
die er hätte leisten können,
gar nicht ausgeübt hat.
Und wieder der Punkt:
Wenn die UN tätig werden will,
muss die UN das immer mit der Genehmigung
des existierenden Staates machen,
d.h. wenn der nicht mitspielt,
hat die Bevölkerung vor Ort halt gelitten.
Das ist der eine Punkt,
der daran schwierig ist.
Der 2. Punkt ist: Gerade in
Bürgerkriegsgebieten wie in Syrien
ist natürlich ein fest
installiertes Luftschiff,
ich hab's vorhin zu den
Krankenhäusern gesagt,
sowas sind als allererstes
die Anknüpfungspunkte,
wo Anschläge und Sabotage ansetzen,
das wäre hier wahrscheinlich auch der Fall.
Das wäre natürlich sowohl für die Türkei,
für den IS, für rivalisierende Brigaden,
wäre es überhaupt kein Problem, dieses
Kommunikationsnetz wieder lahmzulegen.
Ähm, genau...
Es gibt eine weitere Methode,
das ist nämlich die Datensammlung
via Crowdmapping.
Dazu ist die App Ushahidi,
ich glaub auch vor 2, 3, 4 Jahren
richtig an den Start gegangen,
wobei ich auch schon Screenshots
von 2010 gefunden habe.
Die Idee ist grundsätzlich
natürlich total super,
dass halt die komplette Community vor Ort
gemeinsam die Daten sammelt.
Das wollt ich nämlich grad noch sagen,
zu dem Ding vorher,
immer wenn darauf verwiesen wird,
"Daten werden gesammelt,
Daten werden analyisert, Daten werden
an relevante Stellen weitergeleitet",
muss man immer die Frage hinterher
stellen: Wer macht das denn?
Ja? Weil wenn man sich darauf verlässt,
es gäbe eine Institution,
das ist immer wieder eine Institution,
die refinanziert sein muss,
und die auch in irgendeienr Art und Weise
ja wieder 'ne ganz große Steuerfähigkeit
erlangt darüber, ne?
Wenn ich die Informationen zentral leite,
über eine Information bewerten soll,
welche Informationen wichtig sind,
dann geb ich dieser einen Institution
ganz schön viel Macht in die Hand.
Das wäre hier anders
beim Crowdmapping,
wäre aber zeitgleich
auch wieder das Problem.
Crowdmapping heißt: Jeder und jede könnte
tatsächlich bei dieser App drauf zugreifen
und könnte halt irgendwie eintragen,
wozu sie gerade lustig ist,
Jetzt geht man davon aus natürlich,
dass in Krisengebieten
die Menschen nur ernsthafte Informationen
dort eintragen würden,
da übersieht man aber,
dass das humanitäre Geschäft
leider auch perverserweise
ein riesen Wirtschaftszweig ist,
in dem es um Milliarden an Spendengeldern
geht, sodass ich mal sagen würden:
Bei 900 Organisationen, wo auch kleine
und Kleinstorganisationen dabei sind,
wo keinerlei Zertifizierung dabei ist, was
das
Fachwissen dieser Organisationen bedeutet,
wäre ein reines Crowdmapping irgendwann
eine Sammlung von Informationen,
die genauso unüberschaubar wäre
wie das Chaos, das es vorher gab.
Unsere Idee dazu, aus all diesen Ansätzen,
alle Ansätze sind eigentlich ganz gut,
oder haben halt
den richtigen Kernpunkt
des Problems "Katastrophe
und Kommunikation" erfasst,
bei allen Ansätzen ist aber das Problem,
dass sie diese 3 Teilbereiche von Katastrophe,
von Kommunikationskatastrophe,
nicht vollständig erfassen.
Entweder wird die Nummer
"Naturkatastrophe" nicht erfasst,
wie beim Crowdmapping,
da brauch ich ein funktionierendes Netz,
oder es wird der Punkt
nicht erfasst, dass ein Staat
vielleicht auch willentlich versucht,
Kommunikation zu verhindern,
oder es wird nicht erfasst,
dass es diese zentrale Einheit,
die alles analysieren und
zielgerichtet weiterleiten kann,
dass es die gar nicht gibt.
Wir arbeiten momentan da zusammen
mit Prof. Dr. Thomas Schwotzer
von der HTW Berlin,
der hat ein Framework entwickelt,
Sharknet nennt sich das, da hatten
wir vor 1 Jahr mal angefangen,
es ist dann aber eingeschlafen,
weil wir mit Syrien,
das klingt jetzt zwar profan,
aber einfach zu viel zu tun hatten,
um das sinnvoll die ganze Zeit
weiter zu leiten.
Wir sind aber zumindest soweit
gekommen, Ideen zu entwickeln,
wie denn so eine Lösung für Kommunikation
in Katastrophe aussehen könnte,
die jetzt zumindest so in Form von
Mock-ups schon mal vorliegt.
Und zwar, wie gesagt, wenn man so etwas
angeht, dann muss man versuchen,
diese ganze Situation
mehrdimensional zu erfassen.
D.h. auf der einen Seite muss ich
schon mal anfangen,
und muss Organisationen erfassen.
Welche Organisationen sind da,
und was können diese Organisationen?
Ich muss aber auch weitergehen,
ich muss Individuen erfassen
in diesen Organisationen.
Abgeleitet davon muss ich jetzt sagen:
Organisation CADUS e.V. ist vor Ort mit
3 Medizinern/Medizinerinnen, die können ja
ganz unterschiedliche Skills mitbringen
und ganz unterschiedliche Fachgebiete.
Das ist etwas, was vor Ort tatsächlich
ein riesen Problem darstellen kann.
Ihr müsst euch das so vorstellen,
wir machen eine mobile Klinik,
nach einem Erdbeben, ich hab da
einen Anästhesist und eine Chirurgin dabei
und dann kommt jemand
mit einer massiven Augenverletzung.
Und da stellt sich mir die Frage, wie
finde ich jetzt unter 900 Organisationen
und mehreren 1.000 Freiwilligen
in einem Gebiet, das zerstört ist,
und wo ich gar nicht weißt, wo die alle
campen, wo sie ihre Zentralstationen haben,
wie find ich da jetzt vielleicht
einen Facharzt für Augenheilkunde.
Das würd man dadurch lösen,
dass man's mehrdimensional aufstellt,
nicht nur die Organisation muss da sein,
sondern auch das Individuum
mit den jeweils dazugehörigen Skills,
wäre halt so ein Beispiel,
wie so eine Organisation
aussehen könnte.
Und dann müsste diese App,
die man daraus entwickeln würde,
jedem die Möglichkeit geben,
Angebote und Suchanfragen zu erfassen,
sodass tatsächlich die direkte Kommunikation
von Individuum zu Individuum möglich wird.
Ja? Ich kann sagen,
ich brauch einen Anästhesisten,
du kannst sagen,
ich brauch eine Chirurgin,
du kannst sagen,
ich brauch eine Statikerin,
können wir schauen, wie wir
das austauschen können.
Und das Ganze müsste natürlich
noch kartenbasiert sein,
damit ich tatsächlich diese Informationen
weiträumig teilen kann.
D.h. was wir versucht haben,
aufzubauen, ist eine kartenbasierte,
verteilte Datenbank, die über
peer-to-peer funktionieren sollte.
Wenn ich denn auf dieser Grundkarte,
die sich jeder sozusagen runterladen könnte,
einfach nur noch kleine
Zusatzinformationen vermerke,
"diese Straße ist blockiert",
"hier sind noch Leichen zu bergen",
"hier ist ein Flüchtlingslager,
das nicht versorgt wurde, bislang",
"hier ist ein Haus,
das einsturzgefährdet ist",
dann sind die Datenmengen,
die diesen Pin darstellen,
nicht so groß, sodass
unsere Hoffnung war,
wir würden das über ein peer-to-peer
Netzwerk tatsächlich hinbekommen.
Unterstützt dadurch,
dass wir sagen würden,
mir Raspberry Pis könnte man unauffällig
so genannte Datenhotspots aufstellen.
Denn auch in Katastrophengebieten
gibt es eine Sozialstruktur,
die sich sehr schnell und
sehr deutlich abbildet.
Das klingt auch immer
so ein bisschen profan,
aber da, wo's als allererstes wieder
eine offene Kneipe gibt,
da treffen sich irgendwann alle
Hilfsorganisationen, so doof, wie das klingt.
Es gibt also gewisse Hotspots,
wo ist die UN OCHA, wo ist der Airport,
wo ist die erste Bar, die wieder aufmacht,
wo sind Möglichkeiten, heiß zu duschen,
das sind Räume in Katastrophengebieten,
wo sich über kurz oder lang
alle Organisationen über'n Tag
irgendwann mal treffen
oder zumindest einzelne
VertreterInnen treffen würden,
sodass man dieses peer-to-peer
Netzwerk mit Hotspots
mit Datenknotenpunkten
versehen könnte.
Kurz zusammengefasst also:
"Natural Hotspots" in
Katastrophengebieten zu nutzen,
zusammen mit diesem
peer-to-peer-Netzwerk.
Es wäre immer noch sehr sinnvoll,
diese App, diese Datenbank,
wenn denn die Netzwerke
wieder funktionieren,
weil sie dann immer noch natürlich
die Daten erfassen könnten und
untereinander weiter
teilen könnten.
Man kann es also ganz alleine
für sich sogar benutzen,
wieder ein Bsp. aus der Praxis:
Wenn wir grad nen Antrag
schreiben wollen für Nordsyrien,
dann fragen natürlich die Stiftungen,
die ja Gelder ausspucken wollen:
Wie sieht die Lage vor Ort aus?
Wie viele Gesundheitsstationen gibt es?
Wie viele Krankenwagen
gibt es denn vor Ort?
Wie viele Refugee-Camps
gibt's denn vor Ort?
Diese Informationen, die bekommt man
momentan nicht gesammelt,
die könnten alle in so einer App
auch mit gespeichert werden,
und wir könnten damit
diese Ära von Zettel und Stift
hoffentlich langsam der
Vergangenheit angehören lassen.
Soviel von mir,
vielen Dank für's Zuhören.
Jetzt wär' ich offen für Fragen!
Applaus
... ich weiß nicht genau,
wie ihr das macht mit Frage/Antwort.
Engel: Ja, richtig.
Kommen wir jetzt zur Q&A-Session,
Mikrofon ist an.
Erstmal super herzlichen vielen Dank
nicht nur für deinen Vortrag,
auch für euer Engagement,
was ihr dort vor Ort macht und
wo ihr sehr viel Infrastruktur und eben
auch Kommunikationsstruktur leistet,
um sowas zu ermöglichen.
Das Spiel ist immer das Gleiche,
wir machen jetzt eine Q&A-Session,
aber weil wir ja drüben auch im Stream
dafür sorgen wollen, dass die Kollegen,
wie heißt es, die draußen jetzt vielleicht
im Video es sich anhören,
geht bitte, links und rechts
stehen jeweils Mikrofone,
an den Mikrofonen dann die Fragen
sozusagen rein, hat den Vorteil,
dass dann das, was ihr sagt, auch
sozusagen aufgenommen werden kann
damit die Menschen, die das
im Nachhinein sich anhören,
weil gerade dieser Talk war
wirklich, ist prädestiniert dafür,
auch nachgekuckt zu werden,
wird bestimmt sehr gut verbreitet werden.
Ja, dann einfach jetz
zu den Mikrofonen gehen.
Ansonsten, gibt es noch irgendwelche
Sachen? Ich seh auch drüben eben,
aus'm Internet, aus'm Weltnetz
gibt's auch irgendwelche Fragen,
die werden wir dann
danach verlesen lassen.
Aber erstmal zur linken Seite, oder
von mir linken Seite.
Vortragender: Ich nutz die Sekunde noch,
hier vorne liegen so kleine Flyer,
ich weiß, Offlineworld, aber da sind
nochmal unsere Kontaktdaten drauf,
wen dieses Projekt interessiert,
wir sind über Kontaktaufnahme
immer sehr, sehr dankbar.
Da sind auch so E-Mail-Adresse
und was man so hat, steht,
könnt ihr sehr gerne mitnehmen.
Aus dem Publikum:
... Sammelbox
Vortragender: Und ne Sammelbox
steht da auch! Ja! lacht
Frage: Also mein Name ist
Magdalena Sassen,
ich lebe, arbeite und wohne
seit 1968 in Hamburg
und ... als Wahlheimat, und
als Flüchtling, Wirtschaftsflüchtling,
Ausbildungsflüchtling aus
Nordrhein-Westfalen.
Meine Frage ...
Lachen aus dem Publikum
Meine Frage zielt darauf hin,
können Sie... 2 Fragen... 2 Fragen.
Können Sie den Flächenmaßstab von Syrien
und dem ganzen Kriegskontinent
sag ich jetzt mal, vergleichen
mit einem europäischen Land?
Das war die 1. Frage.
2.: Zu Ihrem Krisenmanagement
in Berlin ausgearbeitet,
möchte ich Folgendes sagen:
Stellen Sie sich vor, ein Atommeiler wie
Fukushima, hier in Europa, geht kaputt.
Was für ein Krisenszenarium und
Katastrophenhilfeprogramm
werden wir erwarten können,
wenn unsere Politik und Regierung
nicht mal in der Lage ist, innerhalb
der Zeit das "Flüchtlingsproblem" hier
so zu organisieren und gestalten?
Das macht mich derart
betroffen und wütend,
dass ich gar nicht mehr weiß, wie ich noch
an meine positive Zukunft denken kann.
ich möchte eigentlich hier noch
in Europa 30 Jahre leben.
Dankeschön, ich freu mich, wenn Sie mir
diese beiden Fragen beantworten.
Und nochmal herzlichen Dank
für diesen hervorragenden Vortrag.
Ich werde vieles davon
weitergeben können.
S: Die eine Frage ist
kurz zu beantworten,
Syrien, ich würd jetzt mal so sagen,
das müsste ungefähr die Größe
von Frankreich haben,
das Land Syrien selber.
Aber so genau ...
da würd ich Onkel Google
lacht
mal in die Fremde schicken wollen.
vereinzeltes Lachen aus dem Publikum
Die Grenze, die Nordgrenze
von Syrien zur Türkei,
und es geht ja dann quasi
bis zu der Ostgrenze,
die hat sowas
um die 800 - 1000 km.
Das ist so ungefähr der Maßstab.
Zu der 2. Frage muss ich ganz klar sagen:
Da kann ich leider
nicht viel zu sagen,
denn diese Krisenhilfe
in diesen Maßstäben
ist in industrialisierten Ländern
ganz anders aufgestellt.
Es gibt hier Hilfsorganisationen wie
das THW, wie das Deutsche Rote Kreuz,
Malteser, UNITA usw., usw.
Den Verweis zu der Flüchtlingskrise,
sogenannten "Krise"
... ich find' das Wort ja ... furchtbar
Applaus
Da würd ich jetzt mal nicht
als CADUS antworten, sondern
meine persönliche Meinung,
weil das ist nicht rückbesprochen.
Ich glaube, das eine andere Versorgung
natürlich möglich wäre,
ich hab halt lange für ne deutsche
Hilfsorganisation auch gearbeitet,
die in Deutschland tätig ist.
Es ist so, dass nach dem 2. Weltkrieg
ein sehr umfassendes Bevölkerungs-
Katastrophenschutzprogramm
aufgestellt wurde.
Es sind unwahrscheinliche Ressourcen da,
bei all den großen Hilfsorganisationen.
Das THW ist ne sehr gut finanzierte
Bundesanstalt.
Die 4 großen Hilfsorganisationen
ASB, Johanniter, Malteser und Rotkreuz
sind riesige Organisationen
mit nem riesigen Katastrophenschutz.
Dass es Zustände in Berlin
wie vor'm LaGeSo geben muss,
dass Menschen, dass 1000 Menschen
über Nacht in der Kälte stehen ...
das glaub ich nicht,
dass das nicht bearbeitbar wäre,
wir haben auf einer anderen Veranstaltung
auch ne Vertreterin des Gesundheits... äh...
der Abteilung Gesundheit aus dem Senat
da gehabt, wo wir gefragt haben:
Warum wird denn nicht das
in Gang gesetzt, was eigentlich da wäre?
Es gibt tatsächlich ein sehr umfassendes
Katastrophenschutzsystem.
Wo gesagt wurde: Ja, das würde ja auch
nix bringen, wenn wir den Katastrophenfall
jetzt ausrufen würden.
Das halte ich für falsch.
Man hat da gesagt,
es gibt 2 Argumentationen.
Das eine Argument,
was immer gebracht wird, ist:
Man möchte ja Geflüchtete
nicht als Katastrophe bezeichnen,
das halt ich für vorgeschoben,
weil bei der Oderflut hat man auch gesagt:
Den Menschen, denen jetzt das Wasser
zu den Knien steht,
das ist auch ne Katastrophe.
Also, da seh' ich den Unterschied nicht.
Und der 2. Punkt,
dieses "Würde halt nix bringen",
das stimmt meiner Meinung nach nicht.
Das THW, Rotkreuz, wären
ganz easy in der Lage, die Zuwanderung,
die mhomentan stattfindet,
viel menschenwürdiger abzufangen.
Das ist, mehr oder weniger... Applaus
Vielleicht zu dem Thema
"Was passiert bei einer großen Katstrophe"
Das THW hat ein Datenprojekt,
das dafür da ist,
die großen Hilfsorganisationen
hier zu vernetzen.
So ein Datenprojekt,
da haben wir auch ein bisschen abgekuckt,
wie man so die eine oder andere Sache
organisatorisch lösen könnte,
solche Geschichten sind natürlich
komplett internetbasiert,
weil man hier davon ausgeht,
wenn eine Katastrophe stattfindet,
dann hat man eben das technische Knowhow,
die Ressourcen von ner Bundeswehr,
von THW, von Nachbarstaaten etc.
zur Verfügung,
etwas, worauf wir in Trikont-Ländern
einfach nicht zugreifen können.
Engel: Ok, ich sehe, wir haben
noch 7 Leute an Mikrofonen
und noch Fragen aus dem IRC,
wieviele? Einmal kurz anzeigen!
Noch 2, also haben wir
9 Fragen, 25 Minuten,
nur, damit ihr euch in etwa
so die time slots so vorstellen kann.
Ich wechsle mal ab,
damits keine Bandenbildung gibt.
Hier vorne, das rechte
vordere Mikrofon bitte.
F: Ok. Ich Frage mich,
wenn man z.B. irgendwie WLAN Access Points
oder sowas z.B. in dem Bereich stellt,
inwieweit man das verstecken muss,
also, sind die z.B. vom IS in der Lage,
sowas zu orten, oder reicht es,
wenn man eine Kiste drum macht und
die irgendwie in Tarnfarben anmalt, und
dann finden sie's wahrscheinlich eher nicht?
S: Also, um den IS und
um den Geheimdienst des IS,
da ranken sich wahnsinnige Gerüchte.
Manche sagen, der ist so gut aufgestellt,
man darf nicht mal
bei Facebook irgendwas posten,
sollte man ja eh nicht, ich weiß.
Vereinzeltes Lachen aus dem Publikum
Andere sagen, die sind
auf nem Niveau von anno dazumal.
Ich würde halt mal so sagen:
Alles, was ein beständigerer
Infrastrukturpunkt ist,
der auch bekannt wird,
ist ein Risiko, in den Gebieten,
die, unter Anführungszeichen,
"noch umkämpft" sind.
Ich kann das nur für die
Gesundheitsstation sagen.
Die sind jetzt auch nicht
groß außen markiert,
aber irgendwann ist halt bekannt, wo halt
verletzte Menschen versorgt werden.
Und wenn man die
langfristig dort hat,
Und so ähnlich würde es halt bei
Stromgeschichten, bei Generatoren usw. ...
alles, was eine beständige Infrastruktur
ist, ist natürlich Anschlagsziel
in Bürgerkriegsgebieten.
Deswegen meine Kritik,
dass ich denke, in solchen Situationen
sind halt sehr deutlich sichtbare
Strukturmaßnahmen nicht allzu geeignet.
Deswegen fand ich so diese Idee
mit den Raspberry Pis so sexy,
und natürlich in der Bar ...
das wär vielleicht ne ganz gute Lösung.
Engel: Ok, dann
hinten rechts bitte!
F: Ja , ich bin Karl
aus den Niederlanden,
und ich hab noch eine Frage:
Vergessen Sie nicht ein sehr großes Netz,
das Netz der Radio Synth Amateure
und der Packet Radios?
S: Ja.
lacht
Mit Sicherheit!
Applaus
Ich kann dazu gar nichts sagen,
kommen wir gerne mal in Kontakt,
wenn's da Möglichkeiten gibt
und Ideen gibt,
das sozusagen
on top dazuzunehmen...
F: Zum Bsp. Mit der Überflutung
in den Niederlanden und England in 1953
fiel das Strom- und Telefonnetz aus
und die Radio Synth Amateure
werden berichtet haben,
wo da Flüsse sind,
wo da ein Krankenhaus sind,
wo Flüchtlinge empfangen wurden,
das müssen Sie nicht vergessen.
Und das ist ein weltweites Netz.
S: Mhm (zustimmend).
Engel: So, dann jetzt eine Frage
aus dem Internet, IRC!
F: Ja, die 1. Frage:
"Damit dieses System, diese Datenbank
funktioniert, müssen ja alle auch,
also auch die Großen, mitspielen.
Ist das überhaupt realistisch?"
S: Ich glaube schon.
Die Frage wurde schon öfter gestellt,
ich glaub, da gibt es 2 Stellschrauben,
an denen man drehen kann.
Das eine ist natürlich das UN OCHA selber
mit Sicherheit ein großes Interesse hat,
dass es so Systeme gibt, sie haben nur
keine eigenen Forschungsgelder
um halt diese Systeme anzustoßen.
Und die 2. Schraube ist halt,
dass das Personal, das im Feld arbeitet,
sehr große Lust dazu hat.
Die Großen, und das ist vielleicht auch Teil
so einer gewissen Hilfsorganisationskritik,
ein großes Interesse, die Kommunikation
sehr deutlich zu verbessern,
gibt es von organisatorischer Leitung
manchmal nicht unbedingt.
Was ich schon meinte,
es ist ein riesen Wirtschaftsfeld,
und man hat auch gerne
den für sich abgegrenzten Part,
wo man sich medial
sehr gut einzeln darstellen kann.
D.h. Gelder werden da mit Sicherheit
nicht freigesetzt,
aber wenn so ne Lösung angeboten wird,
die nichts kostet und nur was bringt,
und die UN OCHA sagt,
das macht Sinn,
und das working field personnel
auch noch sagt so, ja, auf jeden Fall,
dann können sich die Organisationen
da eigentlich nicht verweigern.
Engel: Dann hinten links bitte!
F: Was den Aufbau
der Infrastruktur angeht,
bin ich ganz spontan über dieses Mesh-
Netzwerk auch an Freifunk erinnert worden,
bei dem mit extrem geringem
finanziellen Aufwand
du ja auch ne ziemlich große selbst-
organisierendes Netzwerk aufbauen kannst.
Also, wenn du da, was weiß ich, 200, 300
Router hast, die du ins Feld reinschmeißt,
die Dinger sind unauffällig,
die siehst du nicht,
das einzige, was sie brauchen, ist Strom,
und dann mit irgendwie Ras Pis
oder sonstirgendwas dahinter,
was halt auch unauffällig ist
und ein bisschen Plattenplatz
und Speicherplatz hat,
dann glaub ich, bist du da auf ner
Möglichkeit, relativ unkompliziert
irgendwas aufbauen zu können.
Und selbst, wenn einer dann zerbombt wird,
stellst du halt den nächsten hin. Die
20 Euro machen den Kohl ja auch nicht fett.
S: Mhm (zustimmend)
F: Ähm, das war der eine Punkt,
der andere Punkt wär eben
auch die Frage gewesen,
inwiefern diese eigenentwickelte App
tatsächlich ne Chance hat,
auch in der Breite eingesetzt zu werden.
Und ob die Datenstrukturen,
die dahinterstecken, tatsächlich...
- die ihr aus eurer Sicht entwickelt habt
-
ob die tatsächlich für alle
Hilfsorganisationen dann auch passen.
Wär so Frage gewesen.
S: Also, es ist so, dass wir
in der Entwicklung auch noch versuchen,
andere Organisationen mit reinzuziehen,
in Gesprächen stehen auch mit
einigen wenigen größeren Playern,
bei denen wir denken,
dass sie so als Flagschiffe taugen würden,
also wir sind durchaus nicht so arrogant,
zu glauben, dass wir die Lösung
für alle bieten,
sondern versuchen, da schon auch
Fachwissen von außen mit dazuzuholen.
Mit den Freifunklern stehen wir
derzeitig auch in Kontakt,
und es gibt Menschen,
die halt Interesse haben,
da bei der Entwicklung
noch mit zu schauen,
und ... die Lösung wird halt
nachher eine Mischung sein
aus verschiedenen Lösungsansätzen,
die es bislang schon gegeben hat.
F: Danke.
Vielleicht noch kurz eine Anmerkung,
kurz noch ne Anmerkung
zu dem Katastrophenschutz,
ich hab's in meiner Vergangenheit
auch schon oft erlebt,
dass der Katstrophenfall
sehr, sehr ungern ausgerufen wird,
weil da tatsächlich komplett andere
Organisations- und Machtstrukturen
plötzlich zum Tragen kommen. Also ...
S: Ja.
F: Du hast's ja wahrscheinlich...
weißt's ja wahrscheinlich
genauso gut wie ich, wie stark die
Katastrophenschutzeinrichtungen,
Katastrophenschutzplanungen
zurückgefahren in den letzten 20 Jahren.
S: Ja.
F: Von daher ... ja.
Engel: Dann hier vorne links bitte.
F: Hallo erstmal. Danke für den Vortrag
und für die schönen Anregungen.
Ich frage mich, wenn ihr eine verteilte
peer-to-peer Datenbank aufbaut,
über Standorte von Infrastruktur,
inwiefern schützt ihr denn die Helfer
und die Organisationen,
dass die nicht missbraucht werden
um dann wieder gezielte Angriffspunkte
zu sein, für Kriegsparteien?
S: Das ist 'ne gute Frage,
tatsächlich muss man da wieder
den Einsatzfall sich anschauen,
im Fall einer Naturkatastrophe
ist es ja sogar gewünscht,
dass Informationen gespreaded werden
und so viele Einsicht bekommen
wie möglich.
Für den Fall Syrien ist es tatsächlich
eine Fragestellung, an der wir arbeiten.
Genauso wie halt an einem
Sicherheitsprotokoll,
was es vielleicht verhindert, oder
wie man halt... möglichst verhindern kann,
dass Falschmeldungen
in so einer Datenbank auftauchen.
Das ist eine momentan noch etwas
offene Frage, an der wir arbeiten.
Die finde ich genauso spannend wie du.
Da kann ich aber viel mehr auch nicht...
Jetzt würde mir so ein IT-Fachmensch fehlen,
der da vielleicht mehr Ideen zu hat.
Engel: Ja, dann hier vorne
rechts wieder, bitte!
F: Ja, der eine Kollege hat ja schon
gesagt, Low-Tech ist sehr sinnvoll.
UNHCR hat dazu auch Case Studies
ebenso das ICRC,
also vielleicht setzt's euch mit denen
ein bisschen in Verbindung,
Freifunk ist ganz wichtig find ich,
weil das ist eben halt passiv,
kann man gut arbeiten.
Und die meisten Use Cases,
die sie sich rausgesucht haben,
waren aus den 40ern bis 70er/80er-Jahren,
d.h. sehr viel einfache Technik
mit landgebundenen Kabeln usw.,
die man... die auch vor Ort jemand,
also, sagen wir der lokale
Dorfschmied reparieren kann.
S: Mhm, ja.
F: Ja? Damit spread ich's auch.
Zu den Daten von der App:
Auf jeden Fall verschlüsseln.
Sonst hast du da potenzielle Todeslisten,
das ist nicht gut lacht
Ja! lacht
Und zur Flüchtlingskrise, diese Sache
mit den großen Hilfsorganisationen,
die arbeiten auf Einladung.
D.h. viele der Helfer
und viel der Infrastruktur
darf gar nicht eingesetzt werden,
sofern der Staat es nicht beantragt.
Und soweit ich das weiß,
wurde schon angefragt,
ob sie deployen dürfen,
und sie durften einfach nicht.
Ja, also..
die helfen dann privat,
aber nicht mehr mit dem ...
S: Das war auch durchaus als Kritik
am Staat deutlich gemeint. lacht
Lachen aus dem Publikum
Applaus
Engel: Wir haben noch 5 Fragen,
15 min, nur für's... time slots.
F: Ok, ich versuch,
mich kurz zu halten.
Meine Frage betrifft
nicht den Katastrophenteil,
sondern eher den Konfliktteil
eurer Arbeit, eurer Arbeitsbereiche,
und betrifft eher den Schutz vom
zivilen Sicherheitsbedürfnis
bei der Förderung von
lokalen Protestorganisationen.
Und zwar genauer, wie NGOs
im Fall von eurer NGO, oder allgemein,
den Schutz vor, die Zivilbevölkerung
vor katastrophalen Folgen,
von der Aktivität von westlichen NGOs
schützen können.
Ähm, ich wiederhol die Frage nochmal:
Lachen
Entschuldigung, ich bin immer nervös,
ich spreche selten vor Publikum.
Aber ich versuch's nochmal,
mit der Frage vorweg,
und dann erläutere ich das
an 1, 2 Punkten.
Wie gewährleisten NGOs,
die Zivilbevölkerung
vor potenziell katastrophalen Folgen
durch die Aktivität westlicher NGOs
in Konfliktgebieten zu schützen?
Ich will das an einem Schema
für Aktivismus erläutern,
man kann Menschenrechts-,
Sozialaktivismus und sowas dergleichen
in verschiedene Punkt
vielleicht unterteilen.
Einmal gibt es die Sache,
den Weg und das Ziel.
Im Bsp. von NGOs, die Infrastruktur
für Protestbewegungen
in der Arabischen Welt z.B.
unterstützt haben,
die wollen, die haben das Ziel,
die Menschen dort
vor staatlicher Repression
zu schützen,
die Strategie, die die verfolgen,
ist, der Aufbau von Infrastruktur und ...
SJ (leise): Ich hab
die Frage noch nicht...
F: Das Ziel ist, Menschenrechte
und Demokratie zu fördern.
Engel: Entschuldigung, wenn
ich dich kurz unterbreche...
F: Es tut mir leid, es tut mir leid
Engel: Sag 1x bitte die konkrete Frage,
weil wir haben noch 5 andere
und aus dem Internet
und es soll kein Monolog werden.
F: Ich verstehe, es tut mir leid,
es tut mir leid, aber es erfordert...
Manche Fragen sind komplex, ...
Engel: Ja, das glaub ich dir,
darum komm jetzt bitte zur Frage!
F: Genau.
Ok...
Lachen
Im Fall von Syrien...
Klatschen
Die Frage ist:
Wie kann man in Zukunft verhindern,
dass, wie im Fall von Syrien,
westliche NGOs den lokalen Aktivisten,
den Freiheits- und
Menschenrechtsaktivisten
ein Versprechen geben,
das nicht eingehalten werden kann,
Bsp.: Bevor der Syrienkonflikt
eskaliert ist, gab es Investitionen
in Kommunikationsstrukturen von,
durch Avaaz z.B.,
und es gab aber auch externe Akteure,
also Staaten,
die auch das Land destabilisieren wollten,
wie kann man in Zukunft ...
S: Kann ich nur kurz sagen...
Kann ich nicht viel zu sagen,
also tatsächlich, ist mir
jetzt nicht so bekannt,
dass Hilfsorganisationen, also...
Engel: Vielen Dank für..
S: Versprechen nicht einhalten...
vereinzeltes Lachen
Engel: Vielen Dank für die Frage!
Gehen wir weiter, wir kommen jetzt
zu der Frage ausm Internet
und dann geht's wieder
den Kreis rum.
F: Ja, vorher noch
eine Anmerkung von Twitter:
Syrien hat 28,7% der Fläche
von Frankreich. Zum Vergleich.
Und als Frage: Gibt es Fälle von Sabotage
bei oder gegen Hilfsorganisationen?
S: Ja, das hab ich
ja vorhin gezeigt,
z.B. das Krankenhaus
von Ärzte ohne Grenzen.
Oder z.B. auch das andere Krankenhaus,
das vorher zu sehen war,
es ist tatsächlich so,
dass halt Hilfsorganisationen,
gerade vom IS vermerktes Ziel sind,
auch mit der Idee natürlich,
darüber eine Angst zu schüren,
die dafür sorgt,
dass die Helfer/Helferinnen
abgezogen werden
und die Zivilbevölkerung
nicht versorgt wird.
Das hat zum Teil geklappt...
(unverständliche Wortmeldung)
Engel: Ssscht!
S: Es hat zum Teil geklappt,
in Aleppo arbeitet niemand mehr,
meines Wissens.
Auch ich würd mich da
nicht hintrauen, ganz klar.
Und z.B. im Fall von MSF,
die dürfen momentan auch nicht mehr
mehr, oder längere Tage
in Kobanê bleiben,
die müssen tatsächlich
jeden Tag das Land verlassen
um in der Türkei zu übernachten,
wobei ich mich gerade frage,
ob es da jetzt gerade sicherer ist.
Aber das ist natürlich was,
was auch eine Folge davon ist,
dass diese Einrichtungen tatsächlich
gezielt angegriffen wurden.
Engel: Ok. Jetzt hier vorne,
hinten links bitte!
F: Lieber Kollege, vielen Dank
für die Info, 28% von Frankreich
ist die Fläche von Syrien.
Ich frage jetzt: Stichwort Flying Doctors.
Wie können die Hilfskräfte
sich dort fortbewegen?
Nicht gerade mit ner Cessna oder so,
wenn die ...
S: In Syrien meinst du jetzt?
F: In Syrien, ja.
S: Da wurden so Sachen erf...
So Autos!
Lachen
Klatschen
Es gibt in Syrien zur Zeit
keinen Flugverkehr,
außer von den Resten der
syrischen Luftwaffe von Assad
und den bekannten
internationalen Akteurinnen.
F: Mit anderen Worten,
wenn die geordert werden,
woher auch immer,
können die das Ziel
ja vielleicht gar nicht mehr erreichen,
weil's nicht mehr da ist oder was.
S: Was?
Lachen
F: Die Hilfskräfte
oder Ärzte, Flying Doctors,
die Sie geordert haben,
von der Organisation.
Den Anästhesisten da
und den Operateur da, Pipapo,
Entschuldigung,
dass ich mich so ausdrücke.
S: Ja, ja, ja.
F: Wenn Sie die ordern,
und die können doch nicht innerhalb
von einer bestimmten Zeit vor Ort sein,
das ist doch ein ganz enormer
Aufwand, per Auto, wie Sie sagen,
oder LKW, mit und ohne
Hilfsgüter kommen.
S: Den Punkt muss man...
F: Also, ...
S: Momentan ist es
halt so, in Syrien...
F: Problem der Logistik!
S: Ja, ja! Von den Einsatzorten,
tatsächlich, wo halt Krankenwagen
zur Zeit gebraucht werden,
bis zu den Zentren der Versorgung
wie Krankenhäusern, klar, da muss man
teilweise mit 3-4 Stunden Fahrt rechnen.
Das stimmt schon so, ja.
Ist halt Kriegsgebiet.
Engel: Ja, dann hinten
rechts bitte nochmal!
F: Ja, Stichwort Stift und Papier.
Wir haben ja jetzt
diese tolle Smartphone-Technologie
und wollen die natürlich auch einsetzen,
weil Post-Singularität, blabla.
Aber es gab ja auch schon
bevor es das gab Entwicklungshilfe.
Sind die Kompetenzen und Möglichkeiten
aus dieser Zeit bereits im Einsatz
und daraus folgt
diese Organisationskatastrophe,
die Sie jetzt bei Haiti
beschrieben haben?
Oder sind diese mehr oder weniger
zusammengebrochen
und könnten als Übergangslösung
vielleicht doch noch angeschlossen werden.
S: Na, ich glaub man muss dazu
vor allem sehen, dass sich
diese Hilfsorganisationslandschaft massiv
verändert hat. In den letzten 30 Jahren
sind so unglaublich viele
neue Hilfsorganisationen entstanden,
es gab ja eine sehr manifeste Kritik,
beginnend in den 80ern
an den großen, bekannten
Hilfsorganisationen.
Da gab es Desaster wie in Ruanda etc.,
woraus sich eine Kritik entwickelt hat,
wo sehr viele kleine Organisationen
nachgeschossen sind.
Einen Zustand, dass 900 Organisationen
auf so einer Halbinsel wie Haiti
unterwegs sind, das hat's
vor 30 Jahren nicht gegeben,
weil schlicht und ergreifend nicht
so viele Organisationen bestanden haben.
D.h. dieses Organisationschaos hat sich
auch durch den Anstieg der Anzahl
der Organisationen auch
zum Teil erst entwickelt.
Q: Danke.
Engel: Ok, nehmen wir jetzt nochmal eben
kurz die Fragen ausm Internet,
alle anderen Fragen und die,
die noch am Mikrofon stehen
im Zweifelsfall hinterher, du bist ja
bestimmt noch ein bisschen hier,
dann sozusagen im Direkttalk angehen.
Liebes Internet!
Q: Ja, hier sind noch 2 Fragen:
"Habt ihr die Skalierbarkeit mal abgeschätzt?
Wenn da wirklich viele Clients dabei sind,
könnte es eng werden in den Funknetzen."
S: Also tatsächlich gibt es sowieso eine
Debatte darüber, dass man halt überlegt:
Wen möchte man eigentlich vernetzen?
Da bin ich jetz mal ganz kritisch,
wenn da tatsächlich diese
1-Menschen-Organisationen,
die mit nem Koffer unsortierter
Medikamente in die Region reisen,
das wird auch weiterhin so sein,
dass das Satelliten sind,
die dort rumkreisen,
die man nicht einfangen wird.
Wobei der Punkt dann auch ist:
Wenn es Menschen mit hohen Skills sind,
dann werden die nicht einfach nicht so
in der Regel dort aufschlagen,
sondern ein sehr erfahrener Chirurg,
eine erfahrene Statikerin,
die aus dem Arbeitsleben sich die Zeit
freiboxen um dort hinzugehen,
die wird ziemlich früh überlegen:
Welcher Struktur schließe ich mich an?
D.h. es wird immer so sein,
es wird eine Menge an Satelliten geben,
die man über so ein Datennetzwerk
auch nicht erreichen wird.
Das muss man einfach
mit einkalkulieren.
Engel: Die 2. Frage?
Q: Und die 2. Frage wäre, als Zusatzfrage
zur vorherigen, oder davor noch:
"Gab es auch Sabotage zwischen
Hilfsorganisationen?"
S: Ahm...
Ich würd's mal nicht Sabotage nennen,
es gibt unschöne Szenen.
Es gibt unschöne Szenen,
es gibt Platzhirschgehabe,
gerade in Haiti war tatsächlich so
ein bisschen Goldgräberstimmung teilweise,
da wurden Claims abgesteckt, und
man musste teilweise als Einsatzpersonal
so ein bisschen hilflos dabei zusehen,
wie auch dann die Organisationen
auf Entscheidungsebene miteinander
ins Gehake gekommen sind
und wo halt sinnvolle Kooperationen nicht
eingegangen wurden, weil es nicht gewollt
war,
das muss man deutlich so sagen.
Es ist tatsächlich ein Punkt,
Organisationen in der humanitären Hilfe
leben zum großen Ganzen von Spenden
und da gibt's nen Kampf
mit teilweise harten Bandagen.
So weit, in Richtung Sabotage,
würd ich jetzt nicht gehen.
Mir hat noch keiner Abführmittel
ins Essen gemacht, aber ...
Lachen
Mal kucken...
Lachen
Engel: Dann hinten rechts bitte!
F: Ich hätte eine Frage
zu den mobilen Krankenstationen.
Und zwar werden ja auch Hospitäler
und sowas ab und zu mal
von befreundetem Militär beschossen,
wie gut ist denn da die Kommunikation
zwischen den Leuten vor Ort
und dem Militär und vor allem
bei der Mobilstation, wie wird denn da
die Kommunikation sichergestellt?
S: Also ein gewisses Restrisiko bleibt immer.
Also dass halt auch Krankenhäuser,
ihr kennt ja den Fall von Ärzte ohne
Grenzen und dem amerikanischen Militär,
das war mit Sicherheit auch vorher
kommuniziert, wo dieses Krankenhaus war.
Es ist so, dass in den nordsyrischen Gebieten
eine gute Kommunikation besteht,
weil man sich einfach kennt,
weil wir länger dort arbeiten,
sodass wir den Milizen, die dort tätig sind,
durchaus sagen können, wo wir stehen
und wo wir keinen Granatbeschuss wollen.
Es ist aber auch so, man muss es sich
in Nordsyrien jetzt nicht so vorstellen...
Menschen denken immer, da wird überall
an jedem Ort gekämpft - das ist ja nicht
so.
Der gelbe Bereich,
der vorhin gezeigt wurde,
ist wirklich flächendeckend
von Kampfhandlungen befriedet,
und da, wo die Grenzen ineinander übergehen,
dort gibt's dann eine klassische Front,
wo halt gekämpft wird.
Wenn man jetzt nicht so verrückt ist,
und ein mobiles Krankenhaus
in der Frontlinie aufbaut, sondern
dort, wo die Zivilbevölkerung
die Versorgung braucht,
die ja auch nicht an der Front rumspringt,
dann kann man da eigentlich
relativ gesichert sein, und hat eher
das Problem tatsächlich von Anschlägen.
Und da ist eine der Ideen,
das mobile Konzept zu nutzen,
um nicht langfristig...
um die Planbarkeit von Anschlägen
einfach massiv zu erschweren.
Engel: Oh, da kommt noch ne Frage!
Hinten rechts bitte!
F: So, last but not least:
Nr. 1: Danke mal für deinen Einsatz,
weil das zu tun, glaub ich,
fordert schon sehr viel Encouragement.
Applaus
Und ja, man hört's, ich komm aus Österreich,
und ich komm auch aus dieser Gegend,
wo du... also, ca. 40 km von Spielfeld
entfernt, diesem Übergang,
wo jetzt ja viele tausende Flüchtlinge
durchgegangen sind, die letzten Monate.
Die Frage, die sich mir vor allem stellt,
weil ich dort vor Ort mit vielen Hilfskräften
und auch Beamten gesprochen hab:
Wie oft werdet ihr ausgewechselt?
Also wie schauen bei euch dir Circles aus,
die Turnuszeiten vor Ort,
wie lange seids ihr im Einsatzgebiet
und wie kannst du auch ab und an einmal
relaxen, dass du überhaupt das erträgst?
S: Da kann ich ganz klar
keine klare Antwort zu geben,
weil das extrem organisationsabhängig ist.
Also ich weiß das von Ärzte ohne Grenzen,
dass sie z.B. in der Regel
in ihren Hilfseinsätzen,
wenn's um eher Entwicklungszusammenarbeit
geht, von 3 Monaten ausgehen, 3-6 Monaten,
die man vor Ort sein sollte.
Da hat jede Organisation für sich
so ein bisschen ein
Safety Protocol entwickelt.
Bei uns ist es so, da wir momentan
noch vollkommen ehrenamtlich sind,
können wir uns das nicht
so gut aussuchen, in der Regel ist es,
dass wir nicht länger als 2-3 Wochen
ins Bürgerkriegsgebiet gehen,
weil das tatsächlich
eine hohe Belastung ist.
Was die Refugeehilfe gerade anbelangt,
d.h. die Lesbos-Geschichten,
da ist es ja anders planbar
und die Rückkehr in die Normalität
ist auch relativ einfach.
Da kann man auch in die Unterkunft gehen,
die Tür zumachen und hat wieder, in
Anführungszeichen, eine "andere" Normalität
als einem Bürgerkriegsgebiet.
Da kann man durchaus auch länger bleiben.
Aber das bestimmen Organisationen
für sich, quasi intern.
Es gibt leider, gerade bei der
Refugee-Frage, da da sehr, sehr viel
auf freie Volunteer-Kräfte abgeladen wird,
gibt's da durchaus Menschen,
die seit 2 Monaten irgendwo in diesen
Grenzregionen unterwegs sind
und sich auch ganz massiv kaputtmachen.
Also denen gilt mein ganzer Respekt
auf jeden Fall.
F: Danke dir auf jeden Fall.
Applaus
Engel: Ja, dann kommen wir hinten links
jetzt zur letzten Frage, just in time.
F: Hört ihr mich? Ah, so geht's!
Das ganze Hilfsgeschäft ist ja irgendwie
so ein bisschen Community-getrieben
zumindest wenn man
die Spender miteinbezieht,
Und jetzt nochmal zu dem technischen
Aspekt eurer Lösungsansätze,
hab ich bisher in deinem Talk den Begriff
Open Source Community vermisst.
Seid ihr auch da irgendwie in der Richtung
unterwegs, dass ihr versucht,
eben einfach technisches Personal
zur Entwicklung von Lösungen
aus der Open Source Community
zu akquirieren?
S: Total. Ist einfach ein Begriff, den
müsste ich mir wieder bei Wikipedia suchen,
Lachen
aber wenn ich richtig verstehe,
was du meinst, dann, ja, total.
Also es gibt viele verschiedene Menschen
aus verschiedenen Bereichen,
die da gerade Interesse zeigen, mitzuarbeiten,
und das ist ein bunter Kreis gerade,
bin gespannt, wie das wird,
aber, ja.
Engel: Ja, wunderbar,
damit haben wir den 1. Talk des Tages
hier im Saal 6 erleben dürfen,
also ich bin nachhaltig begeistert,
einen herzlichen Applaus
an Sebastian Jünemann!
Applaus
Abspann-Musik
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