36C3 Vorspannmusik Herald: So, unser nächster Vortrag für heute hat den Titel "Geheimdienstliche Massenüberwachung vs. Menschenrechte." Darin gibt es ein Update zu den Verhandlungen am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte über die durch Ed Snowden aufgedeckten Überwachungen. Zurzeit laufen da ja drei Verfahren. Einmal das um den britischen GCHQ, einmal um den schwedischen Geheimdienst und gegen das BND-Gesetz. Die Sprecherin ist Dr. Constanze Kurz, Sprecherin des CCC, Autorin bei Netzpolitik.org und selbst auch eine der Beschwerdeführerinnen im britischen Verfahren, also dem des GCHQ. Begrüßt sie mit einem herzlichen Applaus. Applaus Constanze Kurz: Ja, vielen Dank, ich freue mich sehr, dass so viele Fans der geheimdienstlichen Massenüberwachung den Weg hierher gefunden haben. Ich sage es nochmal, obwohl es der Herald natürlich schon gesagt hat: Ich bin in einem Fall selber Beschwerdeführerin. Bedeutet natürlich, dass ich nicht unbedingt objektiv über die geheimdienstliche Massenüberwachung sprechen werde, sondern ich bin hier ganz klar Partei, also... aber das wird man wahrscheinlich durch den gesamten Vortrag merken. Ich habe quasi drei Schwerpunkte, die ich machen will. Einmal die beiden Verfahren, die in Straßburg, Straßburg laufen. Die laufen seit mehr als, ja, fast fünf Jahren. Und ich will ein bisschen sprechen über das BND-Gesetz. Das BND-Gesetz hat nämlich überraschenderweise jetzt, Anfang Januar, eine mündliche Anhörung und das wird sicherlich ein sehr grundsätzliches Urteil geben. Und der CCC hat dazu eine Stellungnahme abgegeben und die werde ich am Ende des Vortrags kurz zusammenfassen und ein bisschen auch während des Vortrags vergleichen: wie unterscheiden sich denn die technischen und auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für geheimdienstliche Massenüberwachung zwischen Schweden, zwischen Großbritannien und Deutschland? Mir geht es also tatsächlich um diese Form der millionenfachen Erfassung, vor allen Dingen von Telekommunikationsdaten, aber ich will auch ein bisschen darauf kommen, warum das eigentlich keine Telekommunikationsdaten im engeren Sinne mehr sind. In Europa gibt es eigentlich vier Länder, die massenhaft solche Daten erfassen, Verkehrsdaten, und zwar durch einen Zugriff auf die Infrastrukturen, die eh in der Regel also in diesen vier Ländern gesetzlich geregelt sind. Das ist Großbritannien, Schweden, Frankreich und Deutschland. Über Frankreich werde ich jetzt hier nicht reden, aber auch da laufen Verfahren. Ich will nur darauf hinweisen, dass der GCHQ, was sozusagen die technische Geheimdienstbehörde ist für Großbritannien, in einer anderen Liga spielt als die anderen drei Länder, weil die ein sehr viel höheres Budget haben und sehr viel mehr Personal. Vielleicht kann man zusammenfassend zu all diesen Ländern sagen, aber vor allen Dingen auch zu den drei Beispielen, die ich bringen werde, nämlich Großbritannien, Schweden und Deutschland: die gesetzlichen Regelungen sind oft vage. Das werde ich nachher auch ein bisschen am Beispiel klarmachen. Sie sind in der Regel technisch lückenhaft, weil es natürlich rechtliche Befugnisse sind, aber sie sind vor allen Dingen auch in der Aufsicht und Kontrolle der Geheimdienste ebenfalls sehr lückenhaft, da wurde ja in Deutschland auch schon sehr viel darüber gesprochen. Ich will also beginnen mit dem britischen Fall, der mir natürlich auch am Herzen liegt, schlicht, weil ich selber eine der Beschwerdeführerinnen bin, weil ich aber auch glaube, dass er von der Art, wie er behandelt wurde, am Menschenrechtsgerichtshof eine gute Chance hat. Dass wir nächstes Jahr ein Urteil kriegen werden, was sehr klare und deutliche Worte findet für die geheimdienstliche Massenüberwachung. Da geht es also um GCHQ, dieses Bild wird jeder kennen, das ist ja mittlerweile schon, quasi schon eine Ikone geworden, also eine riesige Behörde mit Tausenden von Mitarbeitern, Millionen Budget. Wir wissen aber vor allen Dingen jetzt sehr viel mehr über das GCHQ, über die Veröffentlichungen der Journalisten aus den Snowden-Papieren. Und von den Veröffentlichungen gibt es kein Programm, und ein paar Programme werde ich gleich erwähnen, die nämlich auch vor Gericht dann quasi angegriffen werden, die von der britischen Regierung quasi in ihrer Existenz bestritten werden. Da gibt's welche, die werden nicht kommentiert, aber es gibt eigentlich keine wo man, wo man den Fall hätte, dass ein Programm aus den Snowden-Veröffentlichungen, die ja alle so einen merkwürdigen Namen haben, da kommen wir nachher nochmal drauf, nicht stattgefunden hätte oder das es nicht existiert. Das erwähne ich deshalb, weil natürlich diese Programme im Rahmen der Beschwerdeverfahren einfach auch erwähnt wurden und die Vertreter der britischen Regierung in Straßburg sich natürlich auch diesen Themen dann widmen mussten. Ich will mal kurz das Verfahren klarmachen: Man, man erwartet in der Regel, wenn man vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ein Verfahren beginnt, nicht, dass es eine mündliche Anhörung gibt, sondern das sind in der Regel Verfahren, die ohne Anhörung gemacht werden. Wir hatten verdammtes Glück. "Wir" ist eine Gruppe von NGOs, nämlich die Open Rights Group, Big Brother Watch und die Schriftstellervereinigung Pen aus Großbritannien und ich selbst, wobei natürlich, ich als einzige Ausländerin bin, das ist vielleicht ein bisschen wichtig für die Ausgestaltung. Und man erwartet nicht unbedingt, dass man eine mündliche Anhörung hat. Wir hatten aber zum einen eine Priorisierung, dafür gibt es bei dem Gericht eine Möglichkeit, dass man sozusagen einem Fall eine Priorität einräumt. Und wir hatten sogar zwei mündliche Anhörungen, die ich dann gleich nochmal erwähnen werde. Das ist ungewöhnlich. Ein Verfahren ist ganz anders, als man es hier in Karlsruhe kennt. Wer das jemals schon erlebt hat, das ist also sehr viel strukturierter. Es gibt keinen Dialog wie in Karlsruhe sehr häufig, sondern das ist ein sehr standardisiertes Verfahren, wo also die Beschwerdeführerseite spricht, dann spricht der Vertreter der britischen Regierung oder einer anderen Regierung und dann gibt es eine Fragerunde. Dann hat man eine kurze Pause, sich auf die Fragen vorzubereiten, und dann werden die Fragen in sehr, sehr kurzer Zeit beantwortet. So ungefähr läuft das ab. Und es gibt keine Urteilsverkündung wie in Karlsruhe, sondern das ist dann auch wieder ein schriftliches Verfahren. Man bekommt das Urteil quasi dann schriftlich, es gibt kein Verlesen wie in Karlsruhe, aus meiner Sicht ist das eigentlich eine gute Sache in Karlsruhe, aber das gibt es dort in Straßburg nicht. Ich will mal sozusagen den Kern der Beschwerde kurz darstellen, das ist natürlich die Massenüberwachung über das TEMPORA-Programm und ich rufe nochmal in Erinnerung, wer sich jetzt daran nicht erinnert. TEMPORA ist eine mehrteilige geheimdienstliche Operation und umfasst die Hard- und Software an den Glasfaserkabeln, denn irgendwo müssen die Rohdaten ja herkommen, dann ein sogenanntes MVR-System, das ist einfach nur um die riesenhafte Menge, man muss auch mal YouTube und YouPorn wegschmeißen, ja, man muss also die Volumina reduzieren. Und dann gibt's ein Programm, was POKERFACE heißt – ich glaube, die haben da einen extra Angestellten für bekloppte Geheimdienstoperationsnamen – das ist eine Datenbereinigung und schnelle Löschroutine. Und dazu gehört dann das hier auch bekannte XKEYSCORE-System, das haben ja auch deutsche Geheimdienste probieren dürfen, damit verbindet man dann die gefundenen gefilterten Datensätze. Also das ist sozusagen, wenn man das mal zusammenfassen will, das TEMPORA-Programm, viele werden sich erinnern, das ist ja ganz am Anfang schon der Snowden- Veröffentlichungen, also 2013, öffentlich geworden, und kurz danach hatten wir auch schon die Beschwerde im Gange. Allerdings zog es sich trotz der Priorisierung sehr, sehr lange, schlicht deshalb, weil andere NGOs, große NGOs wie Privacy International und Amnesty hinzugezogen wurden. Also wir hatten dann so einen Fall, wo, weil die Beschwerden sehr ähnlich waren, die zusammen verhandelt wurden. Ich will nochmal kurz beschreiben, was in Großbritannien gesetzlich erlaubt ist. Das Gesetz ist allerdings mittlerweile bereits einmal novelliert worden, das heißt die Beschwerde läuft eigentlich gegen ein Gesetz, was gar nicht mehr, so nicht mehr existiert, und zwar erlaubt ist "external communication". Wenn also Nicht-Briten beteiligt sind, in Deutschland wäre das sozusagen wie die Auslandsfern- meldeüberwachung im BND-Gesetz oder die internationalen Verbindungen. Es ist also ein Unterschied. Es müssen also Nicht-Briten beteiligt sein. Innerbritische Kommunikation darf also gesetzlich so nicht überwacht werden. Und ich will daran erinnern, dass ein Großteil der innerbritischen Kommunikation aus ökonomischen Gründen, aber auch aus technischen Gründen übers Ausland geleitet wird, weswegen das einmal von Bedeutung ist für den Geheimdienst, aber zum anderen auch die Frage "Wie viel von dem transatlantischen Datenverkehr können Sie damit abgreifen und weitergeben?", denn Großbritannien ist ja Teil der Five Eyes und ist natürlich auch eng mit der NSA in Kooperation. Ich habe es nochmal, einmal – wahrscheinlich werden viele diese Grafiken kennen – damit man eine Idee hat, von wieviel Kabeln wir da ungefähr sprechen. 2013, als wir die Beschwerde eingereicht haben, waren das so ungefähr 200 Unterwasserkabel. Man sieht hier vor allen Dingen: Cornwall ist sozusagen der Kern der Anlandestation, wo die transatlantischen Kabel rübergehen, aber es gibt natürlich auch eine Verbindung innerhalb, also ein Geheimdienstnetz innerhalb von Großbritannien, weil ja die Daten dann irgendwo auch weiterverarbeitet werden müssen und mit den Satelliten verbunden werden. Man sieht hier von euch aus auf der linken Karte die Satellitenstationen, mit denen man noch das ja auch noch verbinden will. Also das ist ja nicht nur Glasfaser, sondern auch Satellitenkommunikation wird erfasst, genauso wie in Deutschland auch und auch in anderen europäischen Ländern, weswegen man die natürlich auch in schneller, mit schneller Verbindung weiter transportieren will. Das ist ein "Full take", so wie in Deutschland auch. Also "Full take" bedeutet man nimmt den gesamten Rohatenstrom. Sie haben aber nicht wegen sozusagen wegen der Menge, also 2013 reden Sie von über 20 Terabyte, haben Sie manchmal schneller wegschmeißen müssen, als Sie filtern konnten. Darüber ist ja relativ viel berichtet worden. Und dass sind, sozusagen, die technischen Voraussetzungen auf die man die Beschwerde stützen kann und sagen kann "Wir haben eine europäische Menschenrechtskonvention, die hat einen Artikel 8, und der gibt uns ein Menschenrecht auf Privatsphäre. Und diese massenhafte Überwachung, wo ja sozusagen im Geheimsprech heist das dann "Bulk Collection", also wie die Massen der Daten da angesammelt werden, widerspräche der Menschenrechtskonvention, darauf gründet sich das. Ich habe jetzt mal nochmal ein Bild mitgebracht von diesem Gerichtshof. Der hat allerdings natürlich auch schon öfter mal über Massenüberwachung geurteilt. Auch schon in der Zeit wo es digital los ging. Also die ersten Urteile, ich hab es hier mal aufgelistet, wenn sich jemand dafür interessiert, die kann man natürlich nachlesen, sind auch nicht uninteressant. Dass ging in neueren Bereich von 2008 bis über 2009 bis 2013. Das sind die Fälle um automatisierte Datensammlung und jeweils ist auch festgestellt worden, wie bei anderen Höchstgerichten in Europa, dass diese Form von automatisierter Datensammlung begrenzt sein muss. Denn wenn man so eine Beschwerde aufsetzte, das hab natürlich nicht ich geschrieben, sondern britische Anwälte, die wir bezahlt haben und die auch durch eine große Spendenaktion 2013 europaweit finanziert wurden. Die stützen sich natürlich immer auf ältere Urteile. Deswegen, wenn man die Beschwerden liest, die hängen auch im Netz, dann kann man sich immer nochmal Rückgriff nehmen auf die alten Urteile. Vielleicht noch mal eine kurze Sache zu diesem ganzen Verfahren. Es gab eine Anhörung 2017, dann gab es ein Urteil 2018, und dieses Jahr gab es eine neuerliche Anhörung. Da fragt man sich "Wie kann das sein, wenn ein Urteil gefallen ist?" Das ist anders in Straßburg. Wenn in Karlsruhe ein Urteil fällt, dann ist es ja endgültig, dann ist das ein Urteil. In Straßburg ist es aber so, dass man auch noch danach die große Kammer anrufen kann, wenn man gute Argumente vorbringt. Das heist, man kann quasi einen Widerspruch gegen ein höchstrichterliches Urteil einlegen und sagen "Wir möchten die gesamte Kammer anrufen, weil wir haben diese und jene Argumente." Davon habe ich jetzt ein Teil gleich nochmal gebracht. Das ist hier geschehen, und die Richter haben das angenommen, weswegen es eine zweite mündliche Anhörung gab. Jetzt, im Frühsommer, und da ist das ein ganz merkwürdiges Prozedere, ich will das nun mal beschreiben, weil ich das selber auch noch nicht erlebt habe und weil so viele Menschen wahrscheinlich auch nicht unbedingt nach Straßburg fahren, um sich sowas anzusehen. Es ist ein richtig, so richtig, so eine Papierschlacht. Da kommen die mit Koffern, die Anwälte, und schleppen ihre großen Akten hin. Sowohl die Vertreter der britischen Regierung wie auch unsere eigenen Anwälte, die natürlich auch in großer Menge da waren, weil mittlerweile zehn NGO's zusammengezogen wurden, die ja alle ein, zwei Anwälte haben. Das war bei dem schwedischen Fall genauso. Der wurde dann am selben Tag nachmittags verhandelt. Man sitzt dann halt da und schreibt auf Papier, weil man keine Telefone und keine Rechner mit haben kann. Das sind damals meine Mitschriften, wo mir erst spät auffiel, dass ich tatsächlich auf einem Stasi-Unterlagen Block geschrieben habe. lachen Also, das war wirklich ein Zufall, mir ist das erst später aufgefallen. OK, festgestellt ist zum einen, dass ein Teil der britischen Gesetzgebung gegen Artikel 8 der Menschenrechtskonvention, die bereits 1953 in Kraft trat, verstößt. Interessant an diesem ersten Urteil ist natürlich auch, dass die Risiken von dieser geheim hinter dem Rücken der Menschen laufenden Massenüberwachung schon benannt wurden. Nämlich sozusagen ein - ich übersetze das jetzt mal - ein Risiko, dass diese geheime Überwachung, die eigentlich der nationalen Sicherheit dienen soll, die Demokratie unterminiert, sozusagen unter dem Deckmantel, sie zu verteidigen. Das sind schon relativ klare Worte. Es gibt ein langes Urteil, da geht es um drei Aspekte. Das eine ist die Massenüberwachung selbst, und wie gut die Filter dafür eigentlich funktionieren. Dann die Frage der Kontrolle: Wer kontrolliert diese Geheimen? Wer guckt sich mal an, welche Technik an den anderen Stationen angebracht wird? Wer genehmigt die? Und zum anderen, der dritte Aspekt sind die Datenkarusselle. Also die Frage, wer von welchen Geheimdiensten gibt was an andere Geheimdienste weiter? Und das sind exakt auch die Fragen, die jetzt im BND- Gesetzverfahren, was im Januar in Karlsruhe besprochen wird, auch eine Rolle spielen. Da sind eine Menge Ähnlichkeit. Das ist mir erst später klargeworden, denn das BND Gesetz gab es ja noch nicht, als wir die Beschwerde gemacht haben. Snowden hat sich damals sehr gefreut. Ich habe mal den alten Tweet mitgebracht. Er sagt: "For five long years, governments have denied that global mass surveillance violates your rights. And for five long years, we have chased them through the doors of every court. Today, we won. Don't thank me: thank all of those who never stopped fighting." Ich denke, das war ein bisschen voreilig. Denn wenn man sich das Urteil, was natürlich dann in voller Länge rauskam, genauer ansieht, dann ist so ein typisches Urteil von Höchstgerichten, wo man sagen kann: "Ja... aber." Das heißt, es gibt Verstöße gegen das Menschenrecht auf Privatsphäre, also Artikel 8, aber das ist nicht so, dass das Gericht alle Punkte, die die Beschwerdeführer von diesen verschiedenen NGOs vorgebracht haben, tatsächlich auch anerkannt haben. Und da will ich mal ein paar Aspekte nennen, weswegen es ja jetzt auch noch vor die Große Kammer kam. Also nicht, dass ich mich nicht gefreut hätte. So nicht. Aber die Anwälte haben eigentlich gleich an dem Tag gesagt: "Na, da gucken wir mal, ob wir was schreiben." Zum einen hat diese unendliche Berechtigung, hat die Kammer nicht anerkannt. Also die Frage, wenn ich ein warrant, also eine Berechtigung für eine Massenüberwachung, ausstelle, bleibt das eigentlich ewig bestehen. Es gibt in Großbritannien nicht wie bei uns ein Richtervorbehalt. Da sagt kein Richter, auch kein Geheimrichter, sondern das geht über den Tisch des Ministers dort. Und dass es so sei, wie wir in der Beschwerdeschrift gesagt haben, dass die sozusagen unendlich läuft, das hat das Gericht so nicht anerkannt. Und dagegen haben wir uns gewehrt. Das nennt sich "rolling warrant renewals", weil die nie enden. Indem wir gesagt haben, zum einen ist es eine faktische Befugnis, die keine Zeitbegrenzung hat, einfach weil es so ist. Es ist nie unterbrochen worden, wenn man auch erst einmal so ein Y-Stück an einem Glasfaserkabel - oder jedenfalls an einem Teil von einem Glasfaserkabel - hat, dann wird es nicht wieder abgestellt. Und weil auch die Definition, warum man das machen kann, so vage ist. Genau wie bei uns, das ist nationale Sicherheit. Bei uns heißt es, im BND-Gesetz heißt es - ich habe das mal zitiert - "Besondere Relevanz für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland". Das sind Begriffe, die sehr vage sind. Und da kann man natürlich immer davon ausgehen, dass es erneuert wird. Das ist auch faktisch so geschehen. Und offenbar war diese Argumentation gut genug, dass das Gericht die Große Kammer dazu angerufen hat. Aber nicht nur das, sondern teilweise sind diese Berechtigungen, diese "warrants", gar nicht geschehen. Das konnte man dann in der Zeitung lesen. Zum Beispiel in dem Programm DISHFIRE. Da ist sozusagen in Kooperation mit der NSA vor allen Dingen SMS-Nachrichten, aber auch noch andere Metadaten, weitergegeben worden. Dafür hatten sie nicht mal eine Berechtigung, das hat man dann in der Zeitung lesen können. Also das heißt, dieses System der Kontrolle, dass das zumindest über den Ministertisch geht, hat gar nicht immer stattgefunden, und konnten wir natürlich dann vorbringen, weil im Rahmen des Verfahrens gingen ja die Veröffentlichungen immer noch weiter. Es hat sich so ergeben, dass im Rahmen des Verfahrens relativ viel nachgereicht wurde an Papieren. Es haben aber auch sehr viele NGOs europaweit mit Unterstützungsschreiben diese Verfahren schriftlich unterstützt, das war sehr wichtig für uns. Und ein dritter Punkt, den finde ich auch, die Anwältin, Helen Mount hieß die, die gesprochen hat - das Video kann man sich auch ansehen, das Gericht zeichnet diese Anhörung auf, ist der wichtigste Punkt, den wir machen wollten. Dass wir nicht mehr nur auf das Telekommunikationsgeheimnis wollen. Sondern wir wollen klar machen, ich habe jetzt hier eine Liste, die mir gestern Morgen einfiel: Arbeiten, Lesen, Entertainment, Banking, Shopping, Dating, politisches Engagement, Lernen. Wir wollten sagen, dass es nicht um Telekommunikation geht, sondern dass es sozusagen das digitale Ich abbildet. Diese Art von Massenüberwachung hat nicht mehr nur diesen engen Telekommunikationsrahmen. Und ich glaube, diesen Punkt, den konnten die Anwälte sehr gut machen, sowohl schriftlich, als auch mündlich. Ich muss natürlich der Fairness halber mal sagen, was die Vertreter James Edie der britischen Regierung gesagt hat - im Wesentlichen hat er immer gesagt: "Aber Terror." Klar. Und dann muss man natürlich auch nicht sehr viel begründen, weil dieses "Die nationale Sicherheit ist bedroht." zieht natürlich als Argument. Aber faktisch gibt es drei Gründe, weswegen Massenüberwachung geheimdienstlicher Art gemacht werden kann. Das ist einmal sozusagen nationale Sicherheit, aber es ist auch schwere Verbrechen. Und das ist in Großbritannien so, dass die Geheimdienste auch Schwerverbrecher jagen dürfen. Und das dritte ist Wirtschaftsspionage. Also das ist anders formuliert, aber man die Interessen der britischen Wirtschaft sind auch ein Grund, weswegen man Massenüberwachung machen kann. Da geht es vor allen Dingen um Export, Proliferation und so weiter. Damit will ich, weil ich zu den anderen Fällen noch kommen kann, mal abschließen mit diesem britischen Fall. Ich sehe sehr gute Chancen, dass wir ein besseres Urteil kriegen, sonst hätten sie es auch nicht vor die große Kammer gebracht, und dass Sie die anlasslose geheime Massenüberwachung insofern kippen. Wir haben eigentlich schon beim EuGH so ein Urteil bekommen - also beim Europäischen Gerichtshof- da gab es ja im Rahmen der Vorratsdatenspeicherungs- Verhandlungen schon mal so einen Punkt, dass der EuGH gesagt hat, dass es unzulässig ist, dass man Eingriffe, die anlasslos sind und sich auf sämtliche Verkehrsdaten erstrecken, ohne dass man eine Einschränkung oder Ausnahmen oder Differenzierung hat, dass man die so nicht durchführen kann. Wir hoffen natürlich auch, dass das Gericht in Straßburg das jetzt so klar sagt. Mir ist schon klar, dass nachher nicht die Geheimdienste weder die britischen noch die anderen sagen: Na gut, dann klappt mal die Sachen zusammen, dann machen wir nicht weiter. Aber ich glaube schon, dass, wenn man den europäischen Raum als Rechtsraum versteht und wenn es die Länder gibt, die die Europäische Menschenrechtskonvention ratifiziert haben, dass das eine Rolle spielt. Aber ich glaube auch, dass wir dazu beitragen müssen. Ich sehe es an mir selber - und das wird wahrscheinlich auch jeder von euch kennen: Man regt sich sehr schnell auf über Urteile, die einem nicht gefallen, oder Aspekte von Urteilen - aber ich zumindest tue mich schwer damit, Urteile, die ich sehr wichtig finde, auch zu puschen und zu sagen: "Das ist ein wichtiges, vielleicht sogar höchstgerichtliches Urteil, da müssen wir uns hinterstellen. Und wir müssen auch fordern, dass es politisch umgesetzt wird." Ich hoffe, dass wenn nächstes Jahr das Urteil kommt, es dann auch viel Unterstützung gibt von einer breiten und auch europäischen Öffentlichkeit. Es geht aber weiter. Also während wir fünf Jahre verhandelt haben und jetzt ein zweites Urteil bekommen werden - und hoffentlich ein Gutes - da sind die Briten schon einen weiter: Sind sie von der bulk surveillance - also von der der Massenüberwachung - jetzt schon bei der bulk equipped interference. Das ist also schon eine Form von bulk hacking. Das GCHQ will jetzt nicht mehr nur massenhaft Daten sammeln, sondern will auch massenhaft hacken. Da sind wir also schon ein Stück weiter. Man muss schon sagen, dass gerade in Großbritannien die Geheimdienste Unterstützung auch sehr groß ist, ich glaube, größer als bei uns. Im Rahmen des NSA-BND-Untersuchungsausschusses gab es ja auch eine Menge Kritik. Dort ist es ein bisschen anders. Die haben aber noch ein anderes Parteiensystem und hatten vielleicht auch noch ein paar andere Sorgen. Ich will noch kurz zu dem Schweden-Verfahren kommen. Nicht so furchtbar lange, aber ich will zumindest mal darstellen, wo die Unterschiede sind. Wie die Kammer dazu entscheiden wird, das natürlich schwer abzusehen. Aber dadurch, dass sie das an denselben Tag gelegt haben, gehe ich davon aus, dass sie auch ein sehr ähnliches Urteil fällen werden. Aber der schwedische Fall ist ein bisschen anders gelagert: Das läuft schon seit 2008. Die haben also den nationalen Rechtsweg beschritten, während wir ja gleich nach Straßburg gezogen sind, was möglich ist und ja auch angenommen wurde. Aber die ziehen das dann halt schon seit mehr als zehn Jahren und das ist ein Beschwerdeführer, der klassische Litigation macht, also eine strategische Prozessführung. Die wollten das strategisch gesetzlich geklärt haben. Das ist eine Vereinigung von Anwälten, die das sozusagen auch mit echt langem Atem tut. Und ich will die Unterschiede jetzt mal kurz darstellen. Obwohl - vielleicht sollte ich vorher noch etwas Anderes sagen: Was machen die da eigentlich? Die haben vor allen Dingen die Glasfaserkabel an der Ostsee - auch genau mit dem Gesetz, das 2008 erlassen wurde, dürfen die sozusagen die Kommunikation - es geht wieder um external communication - die nach Schweden reingehen und aus Schweden kommen, aufzeichnen. Aber nicht nur Metadaten, sondern auch Emails, SMS und Inhalte der Telefonate und so weiter. Das Interessante daran ist eigentlich etwas Anderes: Ein Großteil der russischen Kommunikation geht darüber, weswegen Obama eigens dahin geflogen ist. Und da gab es, als Obama noch Präsident war, hochkarätige Gespräche über eine Kooperation bereits seit 2011. Weil natürlich klar war: Wenn ein Teil der russischen Kommunikation darüber geht, dann wollen die natürlich da ran. Und ich habe jetzt den Vergleich mal gemacht: Das eine ist, in dem Fall wurden die Rechtsmittel innerhalb von Schweden erschöpft (das ist sehr selten), aber haben aber auch einige von den britischen Beschwerdeführer gemacht, denn es gibt in Großbritannien das IPT. Das ist ein Geheimgericht. Und das heißt, dass einige der Beschwerdeführer, die jetzt mit uns zusammen klagen, haben innerbritisch schon geklagt. Das stünde mir übrigens auch offen als Ausländer, aber das ist natürlich nur eine theoretische Möglichkeit. Die haben eine unabhängige vorab-Autorisierung, dass gibt es nicht, genauso wie einen Richtervorbehalt in Großbritannien. Die haben auch eine Mitteilungspflicht in ihrem Gesetz, das gibt es auch nicht in Großbritannien. Die haben eine sehr viel genauere Spezifizierung, warum überwacht werden darf, während das in Deutschland und auch in Großbritannien ganz vage Begriffe sind, so National-Security halt, und die haben die Nutzung von faktischen Namen, also im Sinne von Vor- und Zunamen begrenzt. Das ist schon nicht ganz unwichtig, wie speziell man in die Gesetze schreibt, was die eigentlich dürfen. Wenn man so eine Generalerlaubnis hat, wie das jetzt in Deutschland in dem BND-Gesetz ist oder in Großbritannien, ist das natürlich etwas ganz anders. Und sie haben eine qualitativ bessere Kontrolle des Geheimdienstes, aber ich will jetzt mal kurz darstellen, was es bedeutet, wenn ich sage "qualitativ besser", heißt: es existiert theoretisch. Deswegen habe ich mal ein Beispiel, was allerdings von den Beschwerdeführern selbst ist: Alle Beschwerden, die jemals an den Justizminister gingen gegen den Geheimdienst, sind ohne Verfahren abgelehnt worden und in 22 Jahren hat der eigens dafür zuständige parlamentarische Ombudsmann, den es in Schweden gibt, einmal ein Telefonat geführt. Also das "qualitativ besser", man muss sich also vorstellen, dass es nur dieser Form von Kontrolle gar nicht gibt in Großbritannien, da gibt es halt nur dieses Geheimgericht, das ist wirklich ein Geheimgericht. Die verhandeln halt nicht öffentlich, sondern geheim. Und es gibt keine Möglichkeit in Großbritannien, dass man als Einzelperson sich versucht zu wehren, wie man hier sich beschweren kann, etwa bei dem Ombudsmann. Also gut, ich will zu den Schweden sonst nichts weiter sagen, einfach weil ich, mir fällt es da schwer zu orakeln. Man kann sich natürlich die Anhörung ansehen, und auch da haben die Richter sehr kritische Fragen gestellt. Ich empfehle es auch jedem mal anzusehen, die waren aber auch sehr ähnlich. Also wird da ordentlich gefiltert, werden da keine Schweden miterfasst, wer kontrolliert es? Die Fragen waren dieselben und ich vermute mal, dass die Urteile auch ähnlich ausfallen. Im schwedischen Fall ist nämlich bereits auch ein Urteil ergangen im letzten Jahr. Und die haben halt keine Feststellungen bekommen, nach zehn Jahren Prozessführung, dass es gegen Artikel 8 der Menschenrechtskonvention verstößt. Das wird sich sicherlich ändern für den schwedischen Fall. Aber das Gesetz ist auch nicht ganz so vage wie in Deutschland oder in Großbritannien. So. Dann will ich zu dem letzten Fall kommen. Ich habe jetzt noch, weiß nicht, so ungefähr eine Viertelstunde oder so, muss mich also ein bisschen sputen. Zum BND: das ist das sympathische neue Gebäude in Mitte, werden wahrscheinlich viele kennen. Übrigens fällt mir gerade ein, die hatten ja vorher, also bevor in Berlin-Mitte dieses riesenhafte Ding mit dieser modernen Architektur und der Überwachungspalme eröffnet wurde, auch einen tausend-Mann- starken Standort in Lichterfelde und ich las gerade kurz vor der feierlichen Eröffnung, wo die Architekturexperten durch das BND-Gebäude gewandert sind und schöne Artikel geschrieben haben, dass die tausend Mann in Lichterfelde, das ist auch so eine hässliche Kaserne, möchte ich auch nicht arbeiten, bleibt erhalten, weil jetzt schon diese riesen Zentrale in Mitte zu klein ist. Also die behalten ihren Standort in Lichterfelde, wo auch ein Teil der technischen Aufklärung läuft. Die Abhörpraktiken des BND sind im Wesentlichen nicht durch Edward Snowden, sondern im Wesentlichen durch den NSA-BND- Untersuchungsausschuss klar geworden. Da wurde doch eigentlich aus der Tatsache, dass von der NSA und vom GCHQ sowieso niemand kam und irgendwas gesagt hat, da schon ein gewisses Verfahren gegen den BND. Da waren ja auch einige Sachen überraschend, insbesondere die wirklich dreiste Weltraum-Theorie zur Frage, ob man sozusagen im Weltraum überwachen kann, also die Satellitenkommunikation; aber auch die Funktionsträger-Theorie, also wenn jemand sozusagen ein Mensch ist, aber gleichzeitig Funktionsträger ist, darf man ihn abhören. Aber es ging auch um die Frage, ob das Telekommunikations-Geheimnis eigentlich für jeden gilt oder nur für Deutsche. Auf jeden Fall war eine Folge, dass 2016 das BND-Gesetz verabschiedet wurde (das ist mit Abstand die größte Geheimdienst-Reform der letzten Jahrzehnte) ist deshalb interessant, weil natürlich das Bundesverfassungsgericht schon mal über die Befugnisse zur Massenüberwachung des BND gesprochen hat, nämlich 1999, da gab es schon mal ein Urteil. Und das Interessante, und da werden wir sicherlich im Januar auch nochmal daran erinnert werden, ist, dass nach dem damaligen Recht dieses strategische Abhören, diese Massenüberwachung gerade noch als verhältnismäßig erklärt wurde, schon deshalb, weil nur ein Bruchteil der Telekommunikations-Verkehre dabei aufgezeichnet wurde. Heute ist das natürlich anders. Da wird im großen Stil sozusagen insbesondere am DE-CIX in Frankfurt abgehört und man durchlöchert damit die Rohdaten. Und die Richter, die uns für die Stellungnahme einige Fragen geschickt haben, haben auch genau wissen wollen: Wie viel der internationalen Kommunikation können die denn potenziell mit dieser gesetzlichen Befugnis im BND Gesetz abhören? Leider konnten wir die Frage so nicht ganz beantworten. Das liegt daran, dass in einigen Kontinenten, insbesondere in Asien, keine Veröffentlichung stattfinden, was die so für Datenraten an den großen Exchanges haben. Das heißt, auch der DE-CIX selbst weiß nicht so richtig, wieviel Prozent durch Europa laufen. Einfach schlicht, weil in anderen Kontinenten dazu keine Zahlen veröffentlicht werden, was in Europa und Amerika eigentlich üblich ist. Vielleicht muss man noch dazu sagen, die Praktiken, die bekannt wurden und die rechtswidrig waren, sind sozusagen durch dieses Gesetz legalisiert worden, und zwar bevor der Abschlussbericht des NSA-BND- Untersuchungsausschusses dann rauskam. Also eigentlich eine Frechheit gegenüber den Parlamentariern, die gerade noch am Untersuchen waren. Es gab natürlich eine Verfassungsbeschwerde, ich habe jetzt einige der Beschwerdeführer genannt: Reporter ohne Grenzen, die Gesellschaft für Freiheitsrechte und Journalistenverbände und weitere. Deswegen ist ein Fokus dieser Verfassungsbeschwerde auch Journalisten. Es geht im Wesentlichen um die Ausland-Ausland-Aufklärung, also das massenhafte Abgreifen von Telekommunikation zwischen Ausländern. Man unterscheidet sozusagen in Deutschland Inland-Ausland-Verkehr, das ist das sogenannte G10-Gesetz in Deutschland, also wenn ein Inländer beteiligt ist, und Ausland-Ausland, das ist das BND Gesetz. Es gibt natürlich auch noch Inland-Inland, wird jetzt ja jedem logisch aufgefallen sein. Das wird mit dem sogenannten G10-Filter gefiltert. Das ist der zweite Schwerpunkt dieses Verfahrens, dass sie sich natürlich fragen: Wie gut sind die Filter? Werden da wirklich die Inländer rausgefiltert? Denn Inländer darf der Auslandsgeheimdienst BND nicht überwachen. Das ist auch ein Schwerpunkt unserer Stellungnahme zu erklären, wie diese Filter funktionieren. Ich habe da gleich nochmal eine Folie. Aber ich will auch nochmal verweisen auf etwas anderes, ich habe eine Sottise mitgebracht von unserem Bundespräsidenten, denn viele werden es vergessen haben. Steinmeier war mal der Bundeskanzleramtschef, und er ist verantwortlich für die rechtswidrige Praxis des BND, der einfach Rohdaten weitergegeben hat. Und der, ich zitiere hier von seinen Aussagen im NSA-BND- Untersuchungsausschuss, angesprochen auf seine Ahnungslosigkeit in Bezug auf die rechtswidrige Weitergabe von Daten, hat er gesagt: "Es geht mir wie Ihnen: Als Chef der Kontrollbehörde dieses BNDs". Und er hat sich zu dem Satz, was, glaube ich, ein absoluter Offenbarungseid ist, als Chef des Bundeskanzleramtes, hat er sich mit dem Satz "Als ich gehört habe, dass der BND befreundete Regierungen und internationale Institutionen abhört, war ich, gelinde gesagt, überrascht." Ich glaube, das macht vollständig klar, worüber wir hier eigentlich reden. Dass nämlich auch die Kontrolle in Deutschland sehr mangelhaft ist und dass sozusagen gerade die Tatsache, dass es so wenig Aufsicht und Kontrolle gibt, dazu führt, dass es Rechtsbrüche gibt. Es gibt eine Änderung im BND Gesetz, da sind jetzt sozusagen neue Möglichkeiten der Kontrolle etabliert worden. Das sind insbesondere drei BGH-Richter mit drei Vertretern. Die sollen sozusagen als unabhängiges Gremium nur die Ausland-Ausland-Aufklärung kontrollieren. Allerdings hat man es jetzt so gemacht, dass wenn ein Eilfall stattfindet, dann darf der BND auch ohne Vorab-Check durch dieses unabhängige Gremium tätig werden und kann dann sozusagen nachfolgend sich sein Okay holen. Ich verweise jetzt auch noch mal rückwärts auf den Vortrag von letztem Jahr, denn Klaus Landefeld war hier und hat ein bisschen über das Verfahren am Bundesverwaltungsgericht gesprochen. Unterdessen ist er bereits vors Bundesverfassungsgericht gezogen. Nämlich als Vertreter des Ecco, der ja den DE-CIX betreibt, (in Frankfurt.) Und er hatte mal die Folie, die hier nochmal zitiere, damit man sich klarmacht, worüber wir hier reden, wenn wir über G10-Filter und die Frage, ob die tatsächlich in der Lage sind, Inländer und Ausländer zu trennen, reden. Und der hat die verschiedenen Filter-Qualitäten von 99,9, 99,5 und 99,0 mal ausgerechnet, was für Verbindungen (faktische) hätten. Wobei sich die Zahlen haben sich natürlich schon wieder erhöht, das ist ein Jahr alt. Die Folie mittlerweile schon ein bisschen weiter, ich glaube es sind jetzt so 6TB Peak mittlerweile. Aber trotzdem bleibt die Größe ungefähr. Wir reden von mehr als einer Milliarde falschen, gefilterten Verbindungen. Wenn die Filter so gut sind, wie dort behauptet, was wir natürlich nicht wissen. Denn dieser sogenannte "DAVIS"-Filter der BND benutzt, den durften die Parlamentarier auch nicht wirklich prüfen. Es wird sich in dieser Verhandlung, ich habe jetzt schon mal den Termin notiert und ich habe auch, hier für schnell- oder Abfotografierer, die Stellungnahme hochgeladen. Wir werden aber erst eine Pressemitteilung zu der Stellungnahme machen am Tag vor der Anhörung, nämlich am 13. Januar oder am 12./13. Wer jetzt aber schon lesen will, kann das natürlich gerne machen. Ich hätte mal Kurzlink dahin schreiben müssen. Aber wer jetzt Lust hat, kann das fotografieren und kann auch schon lesen. Ich habe es erst hochgeladen. Wir haben natürlich argumentiert, dass diese Filter nicht sicher sind, um Inländer zu filtern. Wir haben natürlich auch nochmal erklärt, wie das Netz heute funktioniert. Im Sinne von "Wie ist die typische paketeorientierte Daten, der Datentransfer heute organisiert?", das haben wir schon mal für den NSA-Untersuchungsausschuss damals gemacht. Und wir haben natürlich auch noch mal was geschrieben zur Satellitenkommunikation. Denn auch darum geht es natürlich beim BND. Man kann sich einfach hinstellen und Satellitenkommunikation abhören. Da sind ja viele Aspekte in dieser Verfassungsbeschwerde, die mehr sind als nur die Frage, ob sie wirklich sicher filtern können oder ob sie auch Inländer abhören. Trotzdem erhoffen wir uns natürlich zumindest aufgrund der Fragen, die der CCC bekommen hat, aber auch alle anderen Sachverständigen, schon die Hoffnung, dass da etwas sehr Grundsätzliches folgen wird. Ich darf nochmal erinnern, 1999, war ja ein Grund, die strategische Massenüberwachung zuzulassen, dass man gesagt hat, da ist eben nur ein Bruchteil, und jetzt sind wir halt in der volldigitalen Welt und die packen da einfach ihre Y-Stücke und schneiden sich sozusagen die Kopie von Rohdatenströmen mit. Da kann man natürlich nicht mehr davon reden, dass es nicht einen ganz großen, milliardenfachen Datentransfer gibt, und ich glaube da muss sich was ändern. Und genau wie in Großbritannien ist mir natürlich der Aspekt wichtig, dass wir nicht mehr nur über Telekommunikationsgeheimnis reden können, sondern wir müssen darüber reden, dass wir unsere digitalen Leben darin abbilden. Und das nicht nur in der Filterung, sondern auch in der Weiternutzung und vor allen Dingen in der Weitergabe an andere Geheimdienste. Große Achillesferse dieser Massenüberwachung liegt auch, damit ist ja der BND erwischt worden. Wir erinnern uns daran. Zwar wusste Steinmeier nichts davon, aber es ist ein Fakt, dass er rechtswidrig auch ungefilterte Daten weitergegeben hat an unsere amerikanischen Freunde. Insofern Sie sind ja sozusagen mit der Hand in einer Bonbontüte schon einmal erwischt worden. Wir werden sehen. Also ich hoffe auch hier, genau wie bei dem Urteil nächstes Jahr aus Straßburg, dass die Öffentlichkeit Interesse daran zeigen wird, dass die Anhörung, die ja erst mal kein Urteil mit sich bringt, aber hoffentlich eine Menge Fakten mit sich bringen wird, auch eine interessierte Öffentlichkeit treffen wird. Denn mein Eindruck ist, dass diese Demos, wenn ich - ich hab mal ein Bild mitgebracht aus der Mitte der Snowdens Veröffentlichungen - dieses Image der Geheimdienste ist wieder auf dem aufsteigenden Ast. Während in Deutschland, glaube ich, sehr schwierig war im Rahmen des NSA/BND Untersuchungsausschusses. Man hat schon gemerkt, da war sehr viel Skepsis gegenüber den Geheimdiensten, die sind einfach auch rechtswidrig vorgegangen. Aber dadurch, dass der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD dieses BND- Gesetz erlassen hat, wurde ja sozusagen legalisiert ab 2016. Ich glaube, die Stimmung ist aber gekippt. Das hat verschiedene Gründe. Aus meiner Sicht ist es vor allen Dingen auch so, dass man so einen großen Skandal nicht ewig auf diesem Level halten kann. Irgendwann finden sich die Leute damit ab, und dann ist das eben so, und wir wissen jetzt, wir werden abgehört, aber hm, jetzt ist das eben so. Aber andererseits ist technisch wiederum eine Menge passiert. Ich habe jetzt mal ein Beispiel dafür, das ist die Verschlüsselung von Datenverkehr. Das sind hier die Jahre, 2018 hab ich noch nicht gefunden. Aber es hat sogar noch zugenommen 2018. Man sieht, dass ein Großteil der Telekommunikations-Verkehre mittlerweile verschlüsselt sind. Also der Break-Even-Point von der Hälfte ist schon überschritten. Das macht natürlich den Geheimdiensten viel mehr aus, wahrscheinlich viel mehr aus als irgendwelche Gerichtsverfahren oder Beschwerden in Karlsruhe. Denn zumindest ein Teil bei dem britischen Geheimdienst ist doch vollständig klar, ist eh nicht kontrolliert. Insofern hoffe ich, dass es also neben den den Urteilen, die es geben wird, auch weiter technische Maßnahmen gibt, um dieses Massenüberwachen ein bisschen einzudämmen. Letztlich glaube ich aber, dass nur die Urteile auch nicht helfen werden, sondern man muss sich glaube ich auch daran machen, die Essenz der Urteile politisch umzusetzen. Das ist glaube ich ziemlich schwierig in der derzeitigen politischen Lage in Großbritannien, wahrscheinlich unmöglich. Auch in Schweden sehr schwierig. Aber in Deutschland haben wir noch am ehesten die Chance, mit einem relativ breiten, mit einer relativ breiten Parteiaufstellung zumindest ein paar parlamentarische Fraktionen zu haben, die sich dahinter stellen und die die Urteile auch umsetzen. Ich darf ja daran erinnern, dass die Fülle von 14 überwachungskritischen Urteilen aus Karlsruhe ja zum Großteil keinen Widerhall gefunden haben in der Politik. Natürlich, gut, wir könnten wahrscheinlich auch einfach die CDU abwählen, aber das wird wahrscheinlich nicht so einfach. Der Punkt ist, dass wir glaube ich mehr auch wir, also alle, die sich dafür interessieren, dafür tun müssen, dass diese Urteile auch Druck entfalten, das ist glaube ich kein Selbstläufer mehr. Dafür ist die Ignoranz einer Politik für die Karlsruher Urteile zu groß geworden. Straßburg ist aus meiner Sicht noch schwieriger, das ist halt weit weg. Zwar ist in allen europäischen Ländern der politische Wille, Urteile aus Straßburg umzusetzen, recht hoch, auch in Großbritannien übrigens, aber ich habe den Eindruck, dass das noch weniger als beim EuGH oder beim Bundesverfassungsgericht auf eine interessierte Öffentlichkeit trifft. Da müssen wir glaube ich auch einfach stärker dafür werben und uns mit den Urteilen ein bisschen auseinandersetzen. Ich möchte mich bei - Ich bin jetzt eigentlich am Schluss, aber ich möchte mich bei zwei Entitäten bedanken, das eine ist Rainer Rehack, der mitgeholfen hat, die Stellungnahme zu schreiben. Aber ich möchte mich auch nochmal ganz explizit bedanken bei mehr als 5000 Leuten, die vor vier Jahren mit kleinen Geldspenden diese Verfassungs- oder diese Menschenrechtsbeschwerde ermöglicht haben. Aus allen Teilen Europas. Ich habe das hier glaube ich auf dem Podium, obwohl das jetzt schon vier Jahre läuft nie gesagt, aber ich werde mich hier bedanken bei den vielen Leuten, die irgendwie kleine Summen geschickt haben, um die Anwälte zu bezahlen, um das so hin zu kriegen. Und denen verdankt man letztlich, wenn wir nächstes Jahr das Urteil kriegen, dass das überhaupt stattfinden konnte. Es ist nämlich, anders als in Karlsruhe, nicht ganz billig so ein Fall in Straßburg hinzukriegen und das Interesse war gerade 2013/2014 noch so groß, dass es locker gereicht hat, die Gelder zusammenzukriegen. Dafür will ich mich bedanken. Und außerdem natürlich bei Edward Snowden. Applaus Es gibt eine ganze Menge Details zu diesen Verfahren. Ich habe aber auch darüber geschrieben, also wer darüber ein bisschen lesen will, kann das bei ccc.de, aber auch bei netzpolitik.org ein bisschen lesen. Ich habe auch jeweils über die Anhörung selber gesprochen, also wer sich jetzt ein bisschen für die Prozedere interessiert: Bei privacynotprism.co.uk ist auch ein Großteil der Papiere, also wer das nachlesen will, kann das tun und wir werden zu dem BND-Gesetz, kurz vor der Anhörung am 14. Januar, auch nochmal eine Pressemitteilung machen und dann kann man, wenn man möchte, noch eine Zusammenfassung oder Stellungnahme lesen. Und jetzt haben wir, glaube ich, noch zehn Minuten Zeit für Fragen, wenn ihr möchtet. Herald: Wir haben sogar noch 20 Minuten Zeit für Fragen. Vielen Dank für den Vortrag. Applaus Signalangel, eine Frage aus dem Internet. Constanze Kurz: Also die Fans der geheimdienstlichen Massenüberwachung können jetzt an die Mikrophone gehen. Signalangel: Hier ist der erste Fan. Die erste Frage bezieht sich auf die Massenüberwachung in Schweden und Frankreich. Und zwar ist da die Frage, warum in der Berichterstattung NSA und BND relativ groß thematisiert worden, aber Schweden und Frankreich nicht, was dazu führt, dass so eine Schieflage ist. Constanze Kurz: Ich glaube, das hat zum einen damit zu tun, dass durch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss hier und auch durch eine kritische Öffentlichkeit gegenüber den Geheimdiensten hier, mehr berichtet wurde, die schwedische Verfahren lief halt ewig lange. Das Gesetz ist schon lange nicht mehr in Kraft. Das haben die auch schon novelliert und in Frankreich gibt es aus meiner Sicht auch eine Sprachbarriere. Ich traf die Beschwerdeführer in Frankreich mal in Brüssel nämlich, da haben die dort im Europäischen Parlament darüber berichtet. Aber ich glaube das ist eine gewisse Sprachbarriere. Die machen auch, zumindest soweit ich zu sehen habe, keine englischen Übersetzungen. Und ich denke da es einfach keine europäische Öffentlichkeit da. Bei dem schwedischen Fall ist das Urteil nicht positiv verlaufen, das erste. Und niemand hätte oder zumindest ich hätte auch nicht erwartet, dass die auch vor die große Kammer kommen, also das die das schaffen nach dem ersten Urteil Widerspruch einzulegen und die Große Kammer anzurufen. Das war ja letztlich ein Misserfolg. So erklär ichs mir. Nun muss man auch sagen, Schweden und der BND sind immer noch Kreisliga gegenüber dem GCHQ, einfach von ihren technischen Möglichkeiten, von dem Geld und vom Personal. Herald: Mikrophon Nummer eins, deine Frage. Mikrophon 1: Erstmal Danke für deinen Vortrag und meine Frage wäre, wie wird sich der Brexit auf die Situation beim GCHQ auswirken? Constanze Kurz: Gar nicht. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist ratifiziert und ein völkerrechtlicher Vertrag und hat mit der EU nichts zu tun. Und wenn man sich mal ansieht über die Jahrzehnte haben die Briten in sehr guter Qualität mit den Urteilen aus Strassburg kooperiert. Die sind also besser als ihr Ruf. Wenn die Frage größer gemeint ist und nicht nur der Beschwerdefall, sondern die Frage, wie das Daten-Karussell weiterlaufen wird. Schon der alte Innenminister De Maizière hat gesagt, dass der Brexit mit unseren Freunden nichts zu tun haben wird. Fakt ist aber auch, dass der alte Fragenkatalog, der noch von der Justizministerin Leutheusser- Schnarrenberger geschrieben wurde, an die britische Regierung in Bezug auf die Überwachung durch den britischen Geheimdienst nie beantwortet worden. Ich denke faktisch wird sich nichts ändern. Legalistisch ändert sich wenig, weil die Menschenrechtskonvention ja gilt, ob die nun austreten oder nicht. Und weil die Abhängigkeit Beziehung ist nicht reziprok. Ich würde gerne was anderes antworten. Wär doch auch irgendiwe Geil, wenn die Ihren Brexit machen. Und dann.. aber naja. Herald: Mikrophon Nummer 4 Deine Frage bitte! Mikrofon 4: Hallo nochmal vielen Dank für den Vortrag bei der letzten Folie mit dem Traffic verschlüsselt und unverschlüsselt. Das hat sie nicht zu hundert summiert. Was waren die verbleibenden neun Prozent oder was da jeweils war? Constanze Kurz: Na das sind doch Jahre! Mikrofon 4: Von 2017 waren es 51 Prozent verschlüsselt und 41 Prozent unverschlüsselt. Constanze Kurz: Oh ja, interessant. Ich meine, wer sich ein bisschen auskennt mit sandvine. Ich würde vermuten, dass Sie das für die Anzahl sicher sagen können. Würde ich erwartet, weiß ich aber nicht. Also kann ich mich nicht erinnern. Ich hatte das auch rausgesucht vor mehreren Wochen. Die hatten da eine Beschreibung, müsste ich nachreichen. Kann ich aber gerne machen, weiß ich nicht genau. Ich würde schon davon ausgehen, dass das eine 1:0 Entscheidung ist, verschlüsselt oder nicht. Vielleicht haben Sie aber auch eine Kategorie verschlüsselt, aber zu knacken für Arme. Weiß nicht. Nicht verschlüsselt, aber für Geheimdienste kein Problem. Weiß ich wirklich nicht. Tut mir leid, es ist mir auch nicht aufgefallen, ehrlich gesagt. Naja. Herald: Mikrophon Nummer 5, deine Frage bitte. Constanze Kurz: Mach die mal weg. Mikrophon 5: Danke. Die komplexe Wechselwirkung zwischen EU und den nationalen Regierungen arbeitet die für uns oder gegen uns insgesamt? Was ist dein Eindruck? Constanze Kurz: Das ist wirklich eine schwierige Frage. Mein Eindruck ist, dass, es gibt in der EU Julian King, der dafür zuständig ist, als Kommissar der letzten Legislatur dafür zuständig war. Ich tue mich schwer damit, ein Urteil zu fällen. Das Europäische Parlament hat natürlich in den Ausschüssen vor allen Dingen im ?name? Ausschuss, ganz andere Stellungnahmen abgegeben, auch überhaupt zu den Snowden Veröffentlichungen und zu der geheimdienstlichen Massenüberwachung. Ich war da auch einmal selber da, im ?name? Ausschuss, als es zum Beispiel der Innenausschuss macht. Also tue ich mich schwer mit das zu beantworten. Wird auch die Geheimdienste interessieren? Ich glaube, das größte Problem ist eigentlich, dass wir keine europäische Öffentlichkeit haben, die zusammen debattiert, sondern oft eine nationale Debatte, wenn wir nationale Gesetzgebung betrifft oder nationaler Fall ist. Ich habe den Eindruck, dass habe ich in Straßburg auch gemerkt an den Journalisten. Zu unserem Fall reisen dann die deutschen an und die britischen. Und zu dem schwedischen Fall reisen die Schweden an. Selbst beim EuGH ist das mittlerweile ein bisschen anders. Aber ich habe den Eindruck, dass wir noch nicht zusammen über so eine Probleme debattieren. Und Deutschland ist, glaube ich, auch immer noch mit Abstand am Geheimdienst kritischten, vielleicht auch wegen seiner Geschichte. Herald: Mikrophon Nummer 3. Deine Frage. Mikrophon 3: Ich habe eine Frage, und zwar die zielt darauf ab, was wir gesehen haben, nämlich die Verschlüsselung. Inwieweit kann Verschlüsselung zu einer Verhinderung einer Massenüberwachung führen? Constanze Kurz: Das kann man relativ einfach beantworten. Natürlich sind ein Großteil der Filter damit sozusagen wirkungslos. Die Inhalte hineinschauen können und wenn die Selektoren auf Inhalte abzielenden, dann fällt das natürlich ins Leere? Also sehr sinnvoll, dass die großen Plattformen damit angefangen haben. Viele von denen weiß ich nicht. Facebook oder Gmail Nutzer haben ja nicht mitgekriegt, dass die großen Tech-Konzerne angefangen haben Standardmäßig Datenverkehr zu verschlüsseln, war sehr wichtig. Mikrophon 3: Da möchte ich noch eine anschließende Frage stellen. Und zwar Inwieweit ist es denn dann möglich, dass dadurch das jetzt noch mehr verschlüsselt wird hoffentlich, dass dann da irgendwelche Gesetze wieder erlassen werden, die das Ganze wieder aufheben. Constanze Kurz: Das ist die sogenannte Going Dark Debatte, die in den USA jetzt schon seit acht oder neun Jahren geführt wird. Neuerdings heist die ja auch "responsible encryption Debatte". Also Verschlüsselung nur mit ganz viel Verantwortung für Strafverfolger und Geheimdienste. Dieser Kampf ist ziemlich genau in der Mitte. Jetzt. Es gibt einige Länder wie Australien, die ja bereits gesetzliche Fakten geschaffen haben, was ziemlich wichtig war, weil der eben auch ein Five Eyes Land ist. Ich glaube aber, dass, gerade wenn ich jetzt so gucke, auf die aktuelle Debatte um Ransomware oder generell um die ganze Panik gegenüber Schadsoftware ist, so mein Eindruck, dass Verschlüsselung imagemäßig wieder wichtiger wird. Herr de Maizière hat diesen Spruch geprägt, dass wir die Verschlüsselung ja auch brauchen. Deswegen gibt es trotzdem eine Going Dark Debatte in Deutschland, dass Bereiche, die die Geheimdienste, aber auch Strafverfolger nicht reingucken können durch Verschlüsselung. Aber wir werden nicht so einen Weg wie Australien gehen. Kann mir nicht vorstellen, zumal die Gesetzgebung in den Ländern einfach wichtiger wird, die große Infrastruktur, also technische Infrastruktur Anbieter haben, also die wird wichtiger sein als die nationale Debatte hier. Wir müssen uns wehren. Ich will hier nicht als Schäfchen dargestellt sein, so zu sagen. Ich glaube, dass wir unsere Stimmen laut machen sollten. Gerade wir hier. Es ist ja nicht, die beschließen was, sondern wir können das kommentieren und das sollten wir auch. Verschlüsselung irgendwie zu verbannen ist dämmlich. Applaus Constanze Kurz: Also ich werde jetzt hier keine Neuigkeiten erzählt haben. Herald: Mikrophon Nummer 1, deine Frage bitte. Constanze Kurz: Ist das ein Aluhut? lachen Mikrophon 1: Ich hoffe, es ist okay, eine Antwort auf eine Frage von vorhin zu geben, und zwar das aufsummieren in den Prozenten, die letzten Prozent sind im Merging also noch nicht klassifiziert von sandvine. Constanze Kurz: Vielen Dank, aber habe ich gut erraten, oder? Herald: Mikrophon Nr. 4 Deine Frage? Constanze Kurz: Hatte ich irgend einen Zusammenhang zu dem Aluhut? lachen Mikrophon 4: Vielen Dank für euer Engagement! Ich habe eine Frage zu den Kontrollen, die du angesprochen hast. Das heißt, in Deutschland ist ja auch die Bundesdatenschutzbehörde Aufsichtsbehörde für BND und Bundesverfassungsschutz. Ist dein Eindruck, dass die etwas mehr Möglichkeiten haben, wirkungsvoll zu kontrollieren? Constanze Kurz: In Deutschland ist das ja ein bisschen mehrschichtig. Ich hatte ja dieses neue, unabhängige Gremium erwähnt, dass ist der Bundesdatenschutzbeauftragte. Der BND hat ja auch eine eigene Datenschutzbeauftragte. Die hat ja auch gesprochen im deutschen Parlament und ist ja auch offenbar mit Ihrer Amtsleitung nicht immer einig. Wir haben auch noch das PKGr, das Parlamentarische Kontrollgremium. Wir haben die G10 Kommission. Das ist ja relativ breit aufgestellt. Ein Problem ist, dass die nicht miteinander reden dürfen und dass die auch nach Ende ihrer Amtszeit natürlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, das die teilweise keine Vorabchecks machen brauchen, die können auch nachgelagert ja sozusagen ihr "Ja" geben. Es ist aus meiner Sicht kein Zufall, dass Mitglieder in diesen Gremien diese Beratung als Märchenstunde bezeichnet haben, hier auf dieser Bühne, auch vor zwei Jahren Christian Ströbele, der jahrelang in diesen Gremien war. Ich habe schon berichtet, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte und auch von ihrem Vorgänger Schaar gelesen, die ich sehr hilfreich fand. Aber bleibt natürlich eine Kontrolle. Das haben wir jetzt auch in der aktuellen Stellungnahme zum BND- Gesetz geschrieben, die sich immer nur auch anlehnen kann an das, was überhaupt geregelt ist. Wenn z.B., BND-Gesetz, nur mal als Beispiel könnte man für Großbritannien oder Schweden genauso sehen keine konkreten Regelungen hat, wie ein Kontrolleur auch technisch prüfen kann, weil das einfach nicht vorgesehen ist, dass man z.B. in Form von Stichproben ermöglicht oder dass man bestimmte Dinge erklärt, wie etwas technisch funktioniert. In deren z.B. "DAVIS"-Filter oder andere Filter-Technologien. Dann wird man natürlich auch die Prüfung damit erschweren. Der Bundestag hatte sich so ein bischen ausgeholfen mit diesem Sonderermittler, den es ja eigentlich gar nicht gibt, den Herrn Kurt Graulich. Der hat ja die Dreistigkeit begangen, ein Großteil von dem BND Papier abzuschreiben und dann als Sonderermittlungsbericht den Parlamentariern zu kredenzen. Hier ist vieles im Argen. Aber wenn man sich das im europäischen Vergleich ansieht, gibt es halt schlimmere, zum Beispiel die Briten. Die sind so im Mittelfeld hier in Deutschland würde ich mal sagen. Das sie nicht miteinander reden können, führt natürlich dazu, dass sie auch Wissen als Kontrolleure nicht miteinander teilen können. Die Haymon. Ich hatte das Beispiel mit Steinmeier nicht umsonst gewählt. Also der Chef Kontrolleur im Bundeskanzleramt, das ist ja sozusagen die Hauptbehörde, die die Aufsicht über den BND ausübt, war vollkommen ahnungslos. Ich habe noch nie so einen Offenbarungseid gesehen wie von dem Chef des Bundeskanzleramts, der letztlich sich auch auf der Nase hat rumtanzen lassen von der Behörde, die er beaufsichtigen soll. Und der Schindler, der zurücktreten musste, Gerhard Schindler. Der stellt sich jetzt hin und kommentiert sozusagen die aktuelle Techno Politik. What the Fuck? Ich sehe da schon so einige Probleme. Ich komme jetzt so zum ranten, ich hör auf. Herald: Mikrofon Nummer 3, deine Frage bitte. Mikrophon 3: Hallo, ich habe folgende Frage Ich bin ja Deutscher, und dementsprechend würden die Filter auf mich zutreffen. Und wäre es da nicht keinerlei größeres Problem, die Daten einfach nach England weiterzuleiten? Und für die bin ja dann Ausländer? Damit könnten sie abgespeichert werden. Und sollten jemals Fragen über mich oder über mich sein, dann fragt der BND einfach schnell an und kriegt dann trotzdem alle Daten. Was soll den der Schwachsinn dann? Constanze Kurz: Ja das ist das geheimdienstliche Datenkarussel. Das ist auch tatsächlich passiert, gibt ja einige Beispiele in den Snowden Papieren. Natürlich. Damit kann man nationale Befugnisse einfach umgehen. Ist auch tatsächlich passiert. Sie sagen natürlich immer, das die das auf keinen Fall machen. Und ja, natürlich sie haben mal Rohdaten weitergegeben, aber in Zukunft wird das natürlich nie wieder passieren. Außerdem würde ich empfehlen, als Deutscher immer nur die .de Mailadressen, also mit ner Endung de. Sicher ist sicher, ne? lachen Herald: Mikrofon Nummer 6, deine Frage? Applaus Constanze Kurz: Gibt übrigens auch ne Emailverschlüsselung. Mikrophon 6: Dankeschön. Durch die Rechtsprechungen, die bisher gekommen sind: Was für Konsequenzen gab es dadurch? Constanze Kurz: Na ja, das ist eine sehr komplexe Frage, weil es sehr viele Urteile gab und die Konsequenzen unterschiedlich waren. Ich will mal ein typisches Beispiel nennen, weil jetzt viele kennen werden aus Straßburg die zwei Urteile zu der Sicherungsverwahrung. Deutschland hat darauf gesetzlich reagiert. Die Sicherungsverwahrung, wie sie in Deutschland Gesetz war, war rechtswidrig gegen die Menschenrechtskonvention. Der Bundestag hat das novelliert. Für Großbritannien gibt es auch eine ganze Reihe solche Fälle. Natürlich sind die mitteleuropäischen Länder nicht die mit den meisten Urteilen, das sind schon immer noch die Türkei und Russland und so. Auch die haben die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet. In der Regel ist man fest an diesen völkerrechtlichen Vertrag gebunden und hat das umzusetzen. Die Compliance ist höher als bei anderen Gerichten. Tatsächlich bin ich da aber immer ein bisschen erstaunt, wenn man, da gibt es auch so wissenschaftliche Arbeiten drüber, die sich angucken über die Jahrzehnte, wie die Urteile umgesetzt wurden, ist ziemlich gut. Mein Eindruck ist aber nicht wissenschaftlich unterfüttert. Es ist ein subjektiver Eindruck ist, den ich auch in Karlsruhe habe, dass die Akzeptanz politischer Art für höchstrichterliche Urteile geringer wird? Das sehe ich in Karlsruhe ganz deutlich. Ich habe früher, wenn ich an die Zeiten vom Wahlcomputerurteil denke oder das erste Staatstrojanerurteil von 2007/2008. Da war es nicht so, dass sich der aktuelle Innenminister hingestellt hat und gesagt hat: Hier schlägt uns ein Richter aus Karlsruhe unsere Waffen aus dem Arm. Das war da nicht so. Meiner Meinung ist, das der Zeitgeist sich da schon ein bisschen verändert hat. Aber ich glaube auch, das es an uns liegt. Ich denke, wir müssen uns hinter diese Urteile stellen, wenn wir sie für richtig und wichtig halten. Das heißt auch, eine Öffentlichkeit dafür herstellen. Das habe ich aber, glaube ich, jetzt schon dreimal gesagt. Herald: Signal-Angel eine Frage aus dem Internet? Constanze Kurz: Wie lange geht die Frage und Antwortsession? lachen Signal-Angel: Ich habe auch nur eine ganz kurze Frage, eine Klarstellungsfrage. Constanze Kurz: Ich kann aber nicht kurz antworten. Signal-Angel: Dann antworte lange auf: Was ist mit dem G10-Filter gemeint? Ist das nur der de-Domain wird schon deutsch sein Filter oder? Constanze Kurz: Ja, der G10-Filter. G10 bezieht sich auf Artikel 10 des Grundgesetzes, das Fernmeldegeheimnis, ihr wisst schon, dieser unglaublich löchrige Käse. Und das bedeutet schlicht, dass mit dem G10-Filter deutsche Kommunikation ausgefiltert werden soll, weil ja ein Auslands Nachrichtendienst Inländer nicht abhören darf. Der ist sozusagen der Fachterminus deswegen heisst das auch G10-Kommission. Der DAVIS-Filter BND für der technische Begriff dafür, den auch der Bundesdatenschutzbeauftragte immer mal testet, und der von Kurt Graulich getestet wurde, also dem Sonderermittler. Herald: Vielen Dank. Mikrophon Nummer 4, Die letzte Frage bitte. Mikrophon 4: Noch einmal Vielen Dank auch von meiner Seite, dass du so toll immer die Sachen weg klagst oder versuchst. Und das macht ja wahnsinnig viel Arbeit. Wahrscheinlich. Ich hätte eine Frage nochmal in Richtung Verschlüsselung. Damit können wir die Geheimdienste ein bisschen ärgern. Und die trauen sich schon nicht, die Verschlüsselung uns ganz zu verbieten. Hast du schon auf dem Schirm dieses tolle Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus im Internet vom 18.12. Gerade erst erschienen. Mir scheint das ja so ein bisschen neuer Ansatz zu sein. Wir gucken einfach hinter der Verschlüsselung auf dem Server. Constanze Kurz: Naja, darüber wurde ja jetzt vor Weihnachten ne ganze Reihe geredet. Ich hab mir den Entwurf natürlich auch angesehen. Es gibt ja nur einen Entwurf, es ist ja noch kein Gesetz. Das die natürlich jetzt an die Passwörter rann wollen und auf möglichst einfachem Wege überrascht mich nicht. Das hat aber wenig Bezug zu der geheimdienstlichen Massenüberwachung. Natürlich ist in diesem Zusammenhang auch nicht nur über Strafverfolgungsbehörden, sondern auch über Geheimdienste wieder gesprochen worden. Weil ja offenbar jetzt immer alle verwechseln, dass Geheimdienste irgendwie auch Polizeiaufgaben wahrnehmen. Das scheint ja jetzt normal zu sein und jede Beleidigung soll jetzt plötzlich auch bei den Geheimdiensten landen. So wie das jetzt vorgestellt wurde, denke ich, wird das auf keinen Fall kommen. Sie sind dreist und nehmen verfassungswidrige Gesetze auch in Kauf, das haben wir ja auch in der letzten Legislaturperiode gesehen und ich denke, dass ein paar davon noch in Karlsruhe erfolgreich angegriffen werden. Aber so werden sie das dann doch nicht durch den Bundestag bringen. Wir müssen aufmerksam sein, weil jetzt wieder so eine Phase in der Legislatur beginnt, wo sie sich ein bisschen beeilen müssen, die Gesetze einzubringen, damit sie vor Ende noch ordentlich durchgehen. Aber so, wie es jetzt im Entwurf steht, wird es wahrscheinlich nicht kommen. Also das halte ich eigentlich für, ich mein, gut Seehofer. Mikrophon 4: Da kannst du es dann ganz schnell wegklagen? Constanze Kurz: Nee, nee. Nein, nein, ich habe noch genug hiermit zu tun. Ich glaube auch, dass in Deutschland zumindest Verfassungsbeschwerden da sind schon immer noch eine Menge Leute, die dort strategisch Beschwerden einlegen und auch sehr erfolgreich. Also dieses Jahr hat man ja gesehen, dass sie eine ganze Reihe Verfassungsbeschwerden angenommen haben, aber trotzdem ich jetzt über Straßburg und Karlsruhe geredet habe: Ich bin ein Vertreter davon, dass nicht immer alles in Karlsruhe zu bekämpfen, das ist sozusagen unser Last Resort. Ich bin der überzeugung, dass unsere Verfassung im Parlament zu verteidigen ist und nicht dahinten, ich finde das nicht richtig. Applaus Constanze Kurz: Jetzt habe ich mir selber ins Bein geschossen oder? Herald: Vielen, vielen Dank für deinen Vortrag und vielen Dank für das geduldige Antworten auf alle Fragen. Applaus 36c3 Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2019. Mach mit und hilf uns!