33C3 Vorspannmusik Herald: So, der nächste Talk heißt "Routerzwang und Funkabschottung – Was Aktivisten davon lernen können" und der Vortragende ist der Max Mehl. Mir ist es vor ein paar Jahren noch passiert da wollte ich einen neuen Router anschließen zuhause und habe dann bei meinem Provider angerufen und habe gesagt, Hier, ich habe einen neuen Router, den würde ich gern anschließen. — Ja, da muss ich Sie mal weiterverbinden. — Das hat dann auch eine ganze Weile gedauert, es waren mehrere Anrufe notwendig, um dann irgendwann mal entsprechend konfigurieren zu können, dass ich einen anderen Router anschließen möchte. Ist schon ein paar Jahre her und das hat sich jetzt geändert. Und zwar im Sommer dieses Jahres. Das ist einigen sehr engagierten Aktivisten zu verdanken, die sich da sehr ins Zeug gelegt haben, um das zu ändern und es ist toll, dass das so ist und wir müssten bei vielen anderen Sachen auch noch entsprechende Erfolge erzielen und da läuft das nicht so gut. Und der Max ist heute hier, um uns zu erklären, wie man das vielleicht besser hinkriegen könnte. Der Max ist Politik- und Verwaltungswissenschaftler, macht jetzt gerade seinen Master, arbeitet nebenbei für die Free Software Foundation Europe und lebt aktuell in Münster. Einen kleinen Applaus. Applaus Max: Ja. Jeder hört mich? Sehr gut. Vielen Dank für die Anwesenheit. Wie gesagt wurde, ich halte heute was über den Routerzwang und die Funkabschottung und darüber hinaus eben auch, wie man politisch aktiv werden kann aus dieser Erfahrung. Wir sind hier eigentlich in einem Paradies des Netzaktivismus, kann man so sagen. Die Geschichte vom CCC ist eigentlich die Geschichte unter anderem von Leuten, die technische Nerds waren, Hacker, aber auch in die politische Sphäre gegangen sind. Versucht haben, Politik zu ändern mit ihrem technischen Wissen im Hintergrund. Nichts anderes macht eigentlich die Free Software Foundation Europe, für die ich arbeite nebenbei. Wir sind dafür da, dass Menschen ihre Technik kontrollieren können. Weil viel zu oft, noch heute, kontrolliert Technik uns. Und unter anderem freie Software ermöglicht erst, dass wir Technik kontrollieren können. Da haben wir viel mit Politik zu tun natürlich auch. Und ich werde heute zwei politische Missstände ansprechen, den Routerzwang und die Funkabschottung, die mich über viele Jahre begleitet haben beziehungsweise heute noch begleiten. Und darüber hinaus möchte ich euch dann im Endeffekt erklären, dass es gar nicht so schwer ist, politisch aktiv zu sein. Also klar, das sind relativ große Themen, eins sogar ein EU-Thema, aber es gibt so viele politische Missstände! Man muss nur mal in die nächste Kommune schauen, und man sieht dort Gemeinden, wo immer noch unglaublich viel unfreie Software verwendet wird. Proprietäre Software. Wir sehen Missstände, die uns technisch Versierten —oder auch nur Halbversierten— so oft negativ aufstoßen. Und ich möchte euch dazu ermutigen, selbst auch politisch aktiv zu werden und in der zweiten Hälfte, nachdem ich zuerst ein bisschen Routerzwang und Funkabschottung angesprochen habe, um was es da geht, dass wir alle auf derselben Ebene sind, möchte ich darüber reden, was ich davon mitgenommen habe. Ich bin selbst kein absoluter Politikprofi ich habe keine 50 Jahre politische Erfahrung, aber schon einiges mitgenommen, wo ich sage, damit kann man jede politische Kampagne, jeden Aktivismus, also jedes Aktivwerden, ein bisschen befeuern. Da geht’s dann darum: Wie bereitet man sich am besten vor, wenn man dann ein Thema identifiziert hat? Wie schmiede ich vielleicht ein paar Allianzen, suche ich ein paar Verbündete? Und wie kommuniziere ich mein Anliegen nach außen? Was kann man dabei beachten? Wir haben nur 30 Minuten Zeit, deswegen wird es ein bisschen weniger umfangreich, aber ich hoffe, ihr nehmt trotzdem einiges mit. Im letzten Teil gehe ich dann noch ganz kurz auf ein paar Stolpersteine ein. Sachen, die man immer wieder antrifft, die das Ganze ein bisschen zum Erliegen bringen könnten, aber mit ein paar einfachen Tricks oder der geistigen Einstellung kommt man da auch drumherum. Ich fange an mit dem Routerzwang. Kurze Frage: Wer von euch hat schon mal was vom Routerzwang gehört? Gut, wir können die Folie auch überspringen. Ganz kurz vielleicht für die 1-2 Hansel, die es noch nicht gehört haben: Es geht um Zwangsrouter. Router, Modems, das sind quasi die Türsteher von unserem Internet. Da läuft jeglicher Surfverkehr durch, jeglicher Telefonieverkehr in vielen Fällen alles, das übers Internet läuft – teilweise auch Fernsehstreams usw. und bis eigentlich vor dem August dieses Jahres, August 2016, haben diese Geräte nicht uns gehört in vielen Fällen. Gerade bei Kabelinternetanbietern haben die Anbieter gesagt: Zu unserem Netz gehört auch der Router. Das hier ist der Netzabschlusspunkt. Erst wenn ich mein Netzwerkkabel oder mit dem Laptop mich ins WLAN einlogge, erst da beginnt mein eigenes Netz. Das heißt, alles davor, inklusive Router oder dem ersten Gerät an der Wand, das gehörte angeblich zum Netz des Internetanbieters. Was natürlich fatal ist, weil wir dann nicht kontrollieren können, wenn wir dieses Gerät nicht austauschen können, nicht die Hoheit darüber haben, dann ist das schlecht für die Sicherheit und das Vertrauen in diese Hardware. Wir wissen nicht, was auf diesen Geräten, die oft Blackboxen sind, was darauf läuft. Es ist schlecht für Innovation, weil viele Internetanbieter meistens das billigste Modem, den billigsten Router auf dem Markt nehmen und dabei überhaupt gar kein Wettbewerb entsteht, keine Innovation um bessere Geräte. Das sehen wir heute mit Kabelroutern. Dieser Markt läuft erst langsam an in Deutschland. Da gibt es wenige Anbieter, die da einsteigen, wenig Innovationen. Das ist schlecht für Kompatibilität, wir haben oft gesehen, dass bestimmte Telefone oder Internettechnologien nicht kompatible sind mit diesen Standardgeräten der Hersteller, die sich eben, ja, in einigen Fällen haben austauschen lassen, aber längst nicht in allen. Und natürlich schlecht für freie Software. Wenn ich einen Router betreiben möchte, der auf freier Software läuft, etwa OpenWRT, dann war das oft nicht möglich. Beschäftigt hat uns das von Januar 2013, da ist das Thema so langsam aufgekommen, bis heute. Es wurde gesagt, ab dem 1. August ist es gesetzlich möglich, sich einen eigenen Router anzuschließen zuhause, egal, ob für DSL oder für Kabel, aber dieser Prozess quasi, ob die Anbieter auch mit diesem neuen Gesetz konform sind, das begleitet uns noch heute. Also Politik hört nicht da auf, bis ein gutes Gesetz beschlossen wurde, was in dem Fall glücklicherweise der Fall war, sondern auch danach, dass man schaut, ob die Implementation gut läuft. Gut, kommen wir zum nächsten Thema. Auch da gerne die Standardfrage, für die Statistik: Wer hat schon mal was von der Funkabschottung gehört oder dem Radio Lockdown? Ah, deutlich weniger. Ist eigentlich, meiner Meinung nach, fast noch schlimmer. Es ist eine EU-Richtlinie, mit dem eleganten Namen 2014/53/EU, die quasi "unkonforme Software", "unkonforme Firmware" auf Funkgeräten verbieten soll. Unkonform meint damit, dass diese Software möglicherweise nicht mit den gängigen Funkregularien übereinstimmt. Also so was wie Funkstärke, -frequenzen und gewisse Technologien, die solche Funkgeräte beinhalten müssen. Das heißt, die Hersteller müssen, sobald diese Richtlinie in Kraft tritt, also, dass die Hersteller sie auch tatsächlich anwenden müssen, was laut dem aktuellen Stand im Sommer nächsten Jahres der Fall sein wird, im Juni 2017, müssen diese eigentlich jede Firmware überprüfen, ob sie denn konform ist. Ansonsten müssen sie dafür sorgen, dass jede Firmware – oder wo man nicht weiß, ob sie konform ist – dass die nicht auf ein Gerät geladen wird. Wir reden hier tatsächlich von allen Funkgeräten. Das heißt, allen Geräten, die Funk empfangen und senden können. Das heißt, nicht nur den Router, sondern auch Smartphones, WLAN-Chips in Laptops, GPS-Empfänger, theoretisch alles muss da abgeschottet werden, dass keine Software geladen werden kann, die diese Regularien brechen könnte. Das ist natürlich im Endeffekt wie eine Art DRM. Eine Abschottung. Der Hersteller muss eine Art Signaturliste wahrscheinlich führen. Da ist noch vieles im Unklaren. Das beschäftigt uns aber, weil es natürlich enorm schlecht ist für freie Softwareprojekte, für Freifunker, die werden damit zu tun haben – haben damit zu tun! OpenWRT, eigentlich jegliche Projekte, die irgendwie Software auf Geräte aufspielen wollen, alternative Software entwickeln, Firmware entwickeln, die auf Funkgeräte aufgespielt wird. Und davon gibt’s ne Menge. Das ist wiederum schlecht für Wettbewerb und Innovation, es ist ein ganz normales Geschäftsmodell für viele Firmen, dass sie sich fertige Produkte im Laden kaufen, fertige Geräte, und dort eine eigene Firmware aufspielen, WLAN-Betreiber in vielen Fällen. Deren Geschäftsgrundlage ist da ganz stark in Gefahr und das ist auf jeden Fall nicht gut für einen fairen Wettbewerb. Das ist schlecht für Sicherheit wiederum, weil wir keine Firmware, keine Software auf die Geräte aufspielen können, der wir vertrauen, und oftmals, muss ich euch nicht erzählen, wie viele Sicherheitslücken es gibt in der Default-Firmware von Funkgeräten und natürlich auch schlecht für die Nachhaltigkeit – bisher war es immerhin möglich, z. B. auf Routern, die keine offiziellen Updates mehr bekommen haben, dort OpenWRT beispielsweise aufzuspielen um dann das Gerät einfach noch weiter zu verwenden. Gerade, wenn man ein bisschen die Sicherheit im Hinterkopf hat, muss man sonst eigentlich Geräte wegschmeißen, die keine Updates mehr bekommen und die man nicht selbst flashen könnte. Das hat uns erst ab dem Herbst 2015 beschäftigt, obwohl diese Richtlinie schon im Juni 2014 verabschiedet wurde, war leider relativ lange unerkannt, aber es beschäftigt uns bis heute und es wird auch noch ein paar Jahre uns beschäftigen. Aktuell sind wir an einem Stand, wo wir hoffen, dass die EU-Kommission dort ein paar Geräteklassen definieren kann, die nicht von dieser Richtlinie betroffen sind. Dass wir einfach diese negativen Auswirkungen ein bisschen abfedern können. Jetzt gehe ich, wie ich vorher schon angekündigt habe, durch ein paar kleine Tricks, die ich mir selbst angeeignet habe, wenn ich politisch aktiv werden möchte. Das lässt sich eben nicht nur für solche großen Projekte wie den Routerzwang und die Funkabschottung verwenden, sondern auch für kleinere politische Aktivitäten. Das kann z. B. sein, wenn ihr in eurer Kommune freie Software voranbringen wollt, weil ihr z. B. seht, da werden unglaublich viele Gelder für unfreie Software ausgegeben, für Knebelverträge, und ihr würdet da gern politisch aktiv werden. So was in der Richtung. Euch werden noch Tausende andere Beispiele einfallen, wo ihr genau wisst, dass da politisch noch was getan werden muss. Denn, ich sage es gerne noch mal: Technische Lösungen sind nur eine Lösung für kurzfristige oder mittelfristige Zeit. Wenn wir nachhaltig was ändern möchten, dann müssen wir politisch aktiv werden und das ist gar nicht so schwer, denn wenn man sich schon mal gut vorbereitet, hat man schon mal einen Großteil erledigt. Bevor ihr aktiv werdet mit irgendwas, bevor ihr euch ein Thema rausschaut – oder wenn ihr schon eins grob im Kopf habt – dann empfehle ich immer, eine realistische und präzise Zielsetzung zu machen. Euch zu überlegen, was möchte ich denn erreichen mit der Arbeit? Mit der oft ehrenamtlichen Arbeit, die ich da reinstecke. Das war z. B. bei der Funkabschottung so ein bisschen das Problem, wir hatten dann diese Richtlinie auf dem Tisch und wussten nicht genau, wie können wir das ganze Thema angehen, wie können wir das entschärfen? Weil die Richtlinie war schon durch das Parlament durch, es gibt eigentlich wenig Möglichkeiten, realistische Möglichkeiten, diese komplette Richtlinie rückgängig zu machen, aber dann versucht man da, Möglichkeiten zu finden, präzise Möglichkeiten zu finden, da irgendwie noch was dran zu drehen. Aber nicht, und das finde ich wichtig, nicht unrealistisch sein und denken, man kann die ganze Welt morgen schon ändern, sondern sich da eben ein kleines Ziel setzen. Und dieses Ziel kann sich auch jederzeit wieder verändern. Ganz wichtig ist es natürlich, klingt trivial, ist aber sehr wichtig, Informationen zu sammeln und diese Informationen gut aufzubereiten. Wir haben das z. B. beim Routerzwang gemacht, so wie jetzt auch bei der Funkabschottung, und da erstmal unsere Erkenntnisse, die wir uns über Stunden angeeignet haben über relativ komplexe technische Themen, die aufzuschreiben, und selbst klarzumachen, aber dann auch öffentlich zu präsentieren. Also wir haben natürlich die FSFE-Webseite, die sich da angeboten hat. Aber generell, wenn ihr aktiv werden wolltet, macht ein Blog, versucht da, auf ein Wiki aufzusetzen von einer Organisation, die auch an dem Thema interessiert sein könnte. Irgendwie anderen helfen, noch schneller als ihr selbst in dieses Thema reinzukommen. Dadurch kann man eben auch weitere Unterstützer motivieren, sich mit dem Thema zu beschäftigen, gerade wenn es eben um technische Themen geht. Wenn so ein ganzes Projekt schon über 2-3 Jahre läuft, wie bei uns jetzt auch der Routerzwang schon seit Ewigkeiten läuft, hilft es auf jeden Fall, eine Timeline aufzusetzen. Also gerade für den Routerzwang haben wir das gemacht, auch für Journalisten, wenn wir mit denen drüber reden, denen quasi zu zeigen, wann hat das ganze Thema angefangen, was ist dann passiert, gab es Stellungnahmen? Welche Akteure gab es da? Beim Routerzwang war es die Bundesnetzagentur, später kam dann das Bundesministerium für Wirtschaft. Das ist so eine Geschichte: Das im Nachhinein nachzuvollziehen ist relativ schwer, deswegen am besten kontinuierlich eine Art Zeitleiste führen, damit man auch selbst weiß, was passiert ist und auch als Motivation, damit man sieht, wie man doch vorangekommen ist. Eine sehr wichtige Sache finde ich: Die Findung von einheitlichen Begriffen. Von guten Schlagwörtern, die man verwenden kann. Beim Routerzwang bin ich z. B. sehr froh, dass das sehr früh gelungen ist. Das ist leider nicht auf unserem Gras allein gewachsen, aber Routerzwang ist ein sehr prägnantes Wort. Ihr alle habt die Hände gestreckt, als ich danach gefragt habe. Das ist ein Zeichen, dass so ein Begriff eingängig ist, dass das ein Schlagwort ist, was auch von jedem verwendet wird. Nicht nur von euch, die ihr aktiv seid. sondern z. B. auch von Medien, die darüber schreiben. Bei der Funkabschottung war’s ein bisschen schwerer, weil wir natürlich schlecht den Originalnamen dieser Richtlinie nehmen wollten. Der war einfach zu sperrig, zu unprägnant; und sind dann darauf gekommen, dass wir das im Englischen Radio Lockdown nennen – Lockdown ist ein relativ eingängiges Wort –, im Deutschen Funkabschottung. Das ist ein bisschen schwer, gerade, wenn man versucht, multilingual zu sein, also das auf mehreren Sprachen rüberzubringen, da Begriffe zu finden, die auch in mehreren Sprachen funktionieren. Wie gesagt, wenn ihr irgendwo aktiv werden wollt, versucht, einen Slogan zu finden. Ein Schlagwort, irgendwas, das ihr damit verknüpfen wollt. Das ist tatsächlich eingängiger und hilft auch tatsächlich, falls ihr da Unterstützer habt, dass das Gefühl entsteht, ihr ziehet an einem Strang und arbeitet nicht an fünf verschiedenen Themen. Apropos Unterstützer: Es ist immer wichtig, Allianzen zu bilden. Das muss nicht mal ein großes Thema sein, es kann auch wirklich ein kommunales politisches Thema sein, woran ihr arbeiten wollt. Und – ich kann es nicht oft genug betonen –, aber schaut auch über den Tellerrand und schaut euch ungewöhnliche Akteure an. Mit ungewöhnlich meine ich, wir hier auf dem Kongress werden wahrscheinlich weniger mit Unternehmen zu tun haben, die aber vielleicht auch gewisse Politiken, die wir auch störend finden, ebenso schlecht finden für ihr Geschäftsmodell, das ja vielleicht auch legitim sein könnte. Man kann mit Politikern zusammenarbeiten, die sich dafür einsetzen. Mit Verbänden, daran denkt man oft gar nicht. Mit Journalisten, die vielleicht auch da Herzblut reinstecken. Also ein bisschen über den Tellerrand hinüberschauen. Beim Routerzwang haben wir zusammengearbeitet eben mit Verbänden, auch mit den Verbraucherzentralen, das war eine sehr gute Partnerschaft, bei der Funkabschottung auch mit einzelnen Unternehmen, deren komplette Existenz dadurch bedroht ist. Da hilft es eben, sich neue Netzwerke zu knüpfen. Apropos Netzwerk: Ein Kommunikationsnetzwerk ist sehr sinnvoll. Wir nutzen da viele Mailinglisten, es gibt aber auch viele Aktivisten, die so was wie Slack bevorzugen oder ganz klassisch IRC-Channel oder wie auch immer. Versuchen, wenn man ein paar Leute hat, mit denen man zusammenarbeitet, irgendeine Möglichkeit zu finden, in Windeseile viele Leute zu kontaktieren. Passiert also irgendwas bei dem, was ihr vorhabt, dass es einen einheitlichen Kommunikationschannel gibt, wo ihr mit denen kommunizieren könnt. Wichtig ist es, sich gegenseitig Feedback zu geben und auch Feedback einzufordern. Wenn ihr z. B. einen Blogeintrag schreibt über das Thema, was euch beschäftigt, dort auch eure Unterstützer oder vielleicht ganz neue Leute zu fragen, was sie davon halten. Wenn ihr selbst Sachen noch nicht so genau wisst, irgendwo nicht so genau wisst, wie ihr mit bestimmten Informationen umgehen sollt oder selbst ein bisschen überfordert seid, auch offensiv mit dem Nichtwissen umgehen. Das haben wir auch bei der Funkabschottung gemacht, ich mein: Wer mal so ein Vertragswerk, eine Richtlinie gelesen hat vom Europäischen Parlament oder sonstigen Institutionen, das ist jetzt nicht gerade die spannendste Nachtlektüre und beileibe auch nicht die kürzeste, die man kurz überfliegt. Und natürlich auch in Juristensprech, das heißt: Ich bin da auch kein absoluter Rechtsexperte, hab auch Leute fragen müssen: Was bedeutet das? Und noch heute sind uns Sachen unklar, wie so eine Richtlinie zu interpretieren ist und da einfach offensiv mit umgehen und sagen, das ist bereits klar, das ist uns noch nicht klar, wer kann uns helfen? Oder dadurch auch eine gewisse Kritik einzubringen an dem, was ihr da bekämpfen oder fördern wollt. Ideal ist es, wenn ihr Mitmachaktionen definieren könnt. Das war beim Routerzwang eine lange Zeit schwer, bei so einem relativ trockenen Thema irgendwas zu finden, wo wir Leuten sagen können, hier könnt ihr direkt etwas tun. Weil de facto war es da, dass wir mit der Bundesnetzagentur versucht haben, die dazu zu bewegen, den Routerzwang abzuschaffen und Routerfreiheit, Endgerätefreiheit zu etablieren; das war wirklich sehr schwer, da etwas zu definieren. Jetzt, wo es seit dem 1. August tatsächlich final ist, dass Leute ihre Router frei auswählen können, da haben wir eine Mitmachaktion gefunden, indem wir nämlich Testgeräte versenden an Leute, die gerne ausprobieren wollen, ob ein alternatives Endgerät an ihrem Anschluss funktioniert. Das ist wieder eine Aktion, da kann man wieder Echo erzeugen, da kann man Leute darüber informieren über die Möglichkeit und für uns ist es natürlich gut, Rückmeldung zu bekommen von den Leuten, die dort mitmachen – funktioniert das denn Geräte anzuschließen an die Anschlüsse? Ja, in vielen Fällen funktioniert’s, haben wir jetzt rausgefunden; das wäre sonst nicht möglich gewesen. Bei der Funkabschottung haben wir ein öffentliches Statement gemacht, also wir haben das ganze Thema kurz zusammengeschrieben in ein paar Absätzen, unsere Forderungen aufgeschrieben und dank einer grandiosen Idee unserer Freunde von Freifunk ist das dann zu einem öffentlichen Brief geworden, den Organisationen und Unternehmen unterschreiben können. Dadurch haben wir mittlerweile 40 Unternehmen und Organisationen, die quasi diese Forderung erfüllen. Das ist gleichzeitig natürlich eine ganz große Basis, um Unterstützer zu gewinnen, um eine Allianz zu schmieden. Und wenn ihr so was findet irgendwo, bei dem, wo ihr aktiv seid, dann ist das eine ganz große Sache. Generell, ganz kurz, weil das immer wieder aufkommt: Mit Petitionen haben wir bisher leider nicht allzu viele Erfahrungen gemacht. Da ist es auch wichtig, dass die Petition nicht im Sande verläuft. Also wenn ihr gerade noch überhaupt keine Unterstützerbasis habt, und dann versucht, aus dem Nichts eine Petition auf die Beine zu stellen, dann kann das vielleicht auch nach hinten losgehen oder einfach auch leider verschwendete Zeit [sein]. Das ist aber auch nur meine Erfahrung, da haben vielleicht andere Leute was anderes mitgenommen. Kurz den letzten Punkt, wenn nicht vielleicht auch der Wichtigste: Kommunikation. Man muss das ganze, um was man sich sorgt, natürlich auch nach außen bringen. Und dabei hilft es immer, sich vor Augen zu halten, wen sollte das ganze Thema denn eigentlich kümmern? Warum mache ich das alles? Mache ich das nur für mich? Oder mache ich das vielleicht für meine Freunde in meinem Hackerspace? Aber sich dann vielleicht auch ein bisschen weiterzudenken und zu überlegen, vielleicht gibt es noch ganz viele Akteure und Leute, die es auch interessieren könnte? Und darüber dann auch zu versuchen, Argumente zu finden, warum das Thema andere Leute interessieren sollte. Wenn man so etwas gefunden hat, sich das ganze so ein bisschen runtergebrochen hat, dann hilft es, das ganze Thema so prägnant wie möglich zusammen zu schreiben. Und da hat sich, meiner Meinung nach, eine Art Dreisatzregel bewährt. Und zwar dass man versucht, in drei simplen Sätzen sein Thema zusammenzufassen und darin unterzubringen: Um was geht es? Warum ist dieses Thema, für das ich mich einsetze, wichtig? Und, was ich sehr hilfreich finde: Auch rüberzubringen, wie können wir’s denn lösen? Was ist denn ’ne Option, wie wir dieses Problem irgendwie lösen können? Wenn man es schafft, das in 3, maximal 4 einfachen Sätzen zusammenzubringen, dann kann man diesen Satz für alles wiederverwenden. Für Gespräche mit Journalisten, um den Arbeitsbereich schnell zusammenzufassen, aber auch in Blogbeiträgen als kurze Einleitung. Und es hilft einem, einfach selbst dieses Thema, das möglicherweise sehr komplex werden kann, auch immer runtergebrochen zu sehen und sich im Idealfall nie irgendwo zu verzetteln. Gerade, wenn man da mit Journalisten reden möchte, wie gesagt, das kann auch der Schreiberling vom nächsten Dorfblatt sein, hilft es immer, eine spannende Story erzählen zu können. Beim Routerzwang war das irgendwann relativ einfach, weil wir gemerkt haben, als es da öffentliche Statements gab, beziehungsweise eine öffentliche Anhörung und Organisationen und Individuen Statements geben können, dass dort von den 330 Leuten, die auf die erste Anhörung geantwortet haben, gerade mal ’ne Handvoll der Antwortenden für den Routerzwang war. Und der Rest, über 300 Leute, war gegen den Routerzwang, und Unternehmen natürlich auch. Das heißt, da war die Story relativ einfach. Alle Bürger sind eigentlich gegen den Routerzwang; alle und die meisten Unternehmen, aber nur eine ganz kleine Anzahl, nämlich die der Netzbetreiber und der Internetanbieter, die sind für den Routerzwang. Und da ist es natürlich so eine David-gegen-Goliath-Geschichte oder so was in der Richtung, die man da verpacken kann. Wenn man so eine Story hat irgendwo, dann ist das auch eine gute Einleitung für Journalisten und das ist einfach auch ein guter Aufhänger und das motiviert viel mehr. Und da eben auch darüber auch ständig Updates bringen und die Geschichte versuchen am Laufen zu halten. Lob und Kritik ist ’ne ganz wichtige Sache Gerade Lob wird oft unterschätzt. Beim Routerzwang hat irgendwann das Bundesministerium für Wirtschaft quasi die Federführung von der Bundesnetzagentur weggenommen, wahrscheinlich weil sie relativ unzufrieden war mit dem, was die Bundesnetzagentur oft produziert hat, und selbst einen eigenen Entwurf gemacht, der erstaunlich gut war. Wir haben uns selbst gewundert, wie so eine 180°-Wendung stattfinden kann, weil die Bundesnetzagentur meistens relativ enttäuschend war. Da haben wir diesen Entwurf gelobt. Natürlich nicht überschwänglich, aber gelobt; hier ist was gutes passiert und das vergisst man viel zu oft, auch Behörden, Politiker, Ministerien da lobend zu erwähnen. Und natürlich auch kritisieren, aber das fehlt den meisten Leuten immer leichter, wenn es um so was geht. Und als letzten Punkt finde ich ganz wichtig: Raus aus der Blase. Raus aus der Filterblase, die wir uns selbst oft bauen. Hier, das ist ’ne ganz große Filterblase, ich kann euch was erzählen, 90% der Leute, 100% der Leute werden gegen Routerzwang und gegen die Funkabschottung sein. Aber wie sieht es mit den anderen 99,99% der Bevölkerung aus? Also da auch immer wieder über diese Blase hinausdenken, versuchen, neue Akteure zu finden, neue Ansprechpartner. Ich habe leider ein bisschen überzogen, deswegen gehe ich ganz kurz noch über die Stoplersteingeschichte, wie ich das genannt hab: Was kann passieren? Es kann sein – oder es wird höchst wahrscheinlich sein –, dass ihr oft über einem Informationsüberschuss leidet oder einer Überlastung. Da hilft es natürlich, sich so früh wie möglich Partner zu suchen, mit denen man zusammenarbeiten kann oder wenn nötig auch einfach das Thema ein bisschen zu schrumpfen. Man kann oft nicht nicht alles abdecken, Man kann oft nicht alles erreichen. Dann lieber sich nur einen Teilaspekt von dem Thema aussuchen und daran abarbeiten und vielleicht hat man später ein paar mehr Ressourcen übrig, um das ein bisschen mehr auszubreiten. Vorkommen kann es, dass es ein öffentliches Desinteresse gibt. Gerade beim Routerzwang, das war am Anfang ein sehr dröges Thema irgendwo, niemand hat sich dafür so wirklich interessiert, weil, ich mein, es war’n Router! Wer weiß schon, was Router sind, so von dem Großteil der Bevölkerung? Da hilft es, das entweder auf ein anderes Thema aufzusetzen, also sehr gut war die ganze Snowden-Affäre, die da aufgekommen ist, wo man dann einfach diesen Sicherheitsaspekt mit einflechten konnte. Wenn ihr freie Software in der lokalen, in der öffentlichen Verwaltung fördern wollt, hilft es vielleicht, da ein bisschen auf die Steuerverschwendungskarte zu setzen, wenn’s da Möglichkeiten und Beispiele gibt Und meistens ist es so, dass wenn es doch einen Fortschritt gibt, gerade einen positiven Fortschritt, dass dann das Interesse sehr schnell anziehen kann. Gerade beim Routerzwang war lange Zeit nichts. Wir waren so in der Fachpresse – Heise, golem –, zum 1. August allerdings kamen dann die Süddeutsche, die Zeit, Computerbild … Gelächter … eigentlich fast alle bedeutenden Zeitungen. Genau, und da glaubt man gar nicht, was sich da tun kann. Und was natürlich auch passieren kann ist, dass es langweilige Phasen gibt. Das lässt sich nicht vermeiden, die kann man oft überbrücken, indem man vielleicht an einem anderen Thema arbeitet oder indem man etwas Vorarbeit leistet. Also gerade bei der Funkabschottung war eine lange Zeit relativ wenig möglich, wir waren so in der Schwebe und das zieht aber meist schneller an als man denkt. Also gerade jetzt bei der Funkabschottung, ich kann’s kurz sagen, es haben sich ein paar Möglichkeiten aufgetan, dass man eventuell da in die Arbeitsgruppe von der Europäischen Kommission kommt oder in die Expertengruppe und jetzt plötzlich ist der gesamte Zug wieder am Laufen und ich hoffe, hier beim Kongress können wir den noch weiter antreiben. Eben sich davon nicht demotivieren lassen, sondern einfach wissen: Das kann passieren. Genau. Wir haben leider nicht allzu viel Zeit zum Diskutieren, daher kommt gerne später noch bei der FSFE-Assembly vorbei, die glaube ich im 1. Stockwerk ist. Gleich nachher um 19.30 Uhr gibt es eine Session zum Radio Lockdown, zur Funkabschottung, wo wir versuchen, so viel wie möglich Organisation reinzubringen, die da politisch an was arbeiten möchten. Das wird eher so ein Arbeitsmeeting. Morgen wird es dann so eine Art Follow-Up Meeting dazu geben: "Community WiFis unite" um 19.00 Uhr und morgen, auch sehr schön, ein Lightning-Vortrag von einer wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der TU Darmstadt, von denen ich davor nie gehört habe. Die halten einen Lightning-Vortrag, auch über dasselbe Thema, sagen, warum das aus wissenschaftlicher Sicht eine schlimme Sache ist. Da lade ich euch herzlich auch dazu ein, ich werde auf jeden Fall auch dabei sein! Danke für die Aufmerksamkeit! Applaus Herald: Ja, vielen Dank. Das war jetzt ein bisschen länger als gedacht. Max: Sorry! Engel: Ein Minütchen haben wir aber noch. Hat noch jemand ’ne Frage? Dann bitte zum Mikro gehen oder sich irgendwie bemerkbar machen. Oh, da springt der Signal-Engel! Der liest ’ne Frage aus dem Internet vor! Signal-Engel: Test, test, ahh, genau. Wir haben mehrere Fragen aus dem Internet, ich fange mal mit der ersten an: Und zwar fragt da jemand, der sich als Funkamateur bezeichnet, wie das denn aussieht, weil so Gesetze zur Funkabschottung ja auch gedacht sind, um Störungen vom von allen Menschen genutzten Frequenzspektrum zu verhindern, was ja in der Nähe von Flughäfen oder so auch durchaus sinnvoll sein kann. Was ist da eure Position zu? Max: Man muss generell dazu sagen, dass in der Richtlinie für die Funkabschottung Funkamateure explizit ausgenommen sind, also die sind von dieser Richtlinie nicht betroffen, indirekt ist man da natürlich doch betroffen, weil die Geräte, mit denen viele Funkamateure experimentieren wollen, arbeiten wollen, wiederum diese starke Abschottung, diese Software- und Hardwareabschottung erleiden müssen. Und deswegen ist es natürlich für Funkamateure auch schwerer, an gute Hardware zu kommen. Unsere Position dazu ist natürlich, dass es eine sehr negative Sache ist und dass wir so viele Ausnahmen von dieser Funkrichtlinie haben wollen wie möglich. Engel: Jut, da drüben ist noch ’ne Frage. Sprich schön rein, deine Frage. Frage: Ich bin der, der morgen den Lightning-Talk hält zu der Initiative und ich wollte nur noch hinzufügen, es geht nicht nur darum, dass wir darüber reden wollen, warum das blöd ist für WissenschaftlerInnen, sondern auch, was wir machen können und wir haben ein gemeinsames Statement vorbereitet und wir suchen nach wissenschaftlichen Arbeitsgruppen, die mit Funkgeräten jeglicher Art arbeiten und Lust haben, weiter damit arbeiten zu dürfen und deswegen, wenn ihr irgendwie im wissenschaftlichen Umfeld arbeitet und solche Sachen, dann kommt gern zu uns oder redet mit mir und dann reden wir da mehr drüber. Oder kommt zur Chaoswelle Assembly, da liegen unsere Texte aus. Engel: OK! Also wenn jemand eine wissenschaftliche Arbeit macht oder sich in dem Thema bewegt, dann zu dem jungen Mann morgen. Jetzt meldet sich noch mal der Signalengel und das ist dann die letzte Frage, danke! Signalengel: Genau, jemand fragt, wie das rechtlich ist, wie die Verdongleung von Geräten, insbesondere WLAN-Hardware, mit dem Eigentumsrecht zusammenhängt. Ob du das kurz erklären kannst. Max: Puh. Gute Frage! Mit dem Eigentumsrecht … weil … Ich bin, wie gesagt, kein Rechtsexperte, aber ich glaube, das ist jetzt kein großes Hindernis, weil, ich mein, die Geräte werden nicht im Nachhinein verdonglet, sondern es geht um die Geräte, die neu in den Handel kommen. Deshalb würde ich jetzt sagen, wenn ich mir jetzt so ein Geräte kaufe, von dem ich weiß, dass es so eine Restriktion on-board hat, dann ist das rechtlich kein Problem, weil ich hab’s ja bewusst gekauft. Diese Sperren kommen nicht im Nachhinein. Was natürlich die ganze Sache nicht allzu viel besser macht. Aber ich glaube eben, wie gesagt, da gibt’s kein Problem damit. Leider. Engel: OK, vielen Dank. Noch mal ein Applaus für Max Mehl! Max: Danke! Applaus Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!