33C3 Vorspannmusik Herald: Ich begrüße jetzt André Lampe. Applaus Er ist Laserphysiker, was ziemlich großartig klingt, Wissenschaftskommunikator und erfolgreicher Science-Slammer. Und er guckt heute mit uns auf die kleinen Dinge im Leben. Und obwohl es ein sehr großes Bild ist, ist es nicht Big Picture, sondern Hochauflösungsmikroskopie. Es geht um Bilder, Messergebnisse und wie sie zusammenhängen. Und wie unser Denken eigentlich von Wahrnehmungen geprägt wird. Eine große Runde Applaus und los gehts! Applaus André Lampe: Dankeschön. Ja schönen guten Morgen. Fangen wir direkt mal an. Erst mal zu mir: Warum stehe ich hier überhaupt? Ich bin Physiker, der in die Biochemie gewechselt ist, um ein Mikroskop zu bauen. Das habe ich neulich mal einer Comiczeichnerin erzählt und das hat irgendwie eine halbe Stunde gedauert, was ich jetzt gerade in einem Satz zusammengefasst habe. Und dabei ist dieses Bild entstanden. Das ist eine ganz, ganz tolle Künstlerin, folgt Ihr auf Twitter und ich bedanke mich noch mal recht herzlich für dieses großartige Bild, was sie gemacht hat. Ja also ich habe in der Physik angefangen und habe dann irgendwie meinen Weg in die Biochemie gefunden und angefangen, Mikroskope zu bauen. Der Talk heißt: "Es geht um die kleinen Dinge" und jetzt gucken wir uns erst mal an, welche kleinen Dinge ich meine. Hier habe ich mal ein Centstück mitgebracht. Und da drauf kann man so erkennen, da habe ich ein kleines Stück Glas drauf gelegt, ein Deckgläschen, auf dem Zellen angewachsen sind. Das können wir so noch nicht erkennen, einfach so mit einer Kamera fotografiert, da müssen wir schon unser erstes Mikroskop hernehmen und das wäre ein Phasenkontrast-Mikroskop, und da sieht das erste Bild so aus. Da kann man so ein bisschen auf der rechten Seite erkennen: Ja, da sind irgendwelche kleinen Flecken. Links kann man noch die Rundung von dem Centstück erkennen. Damit man so ein Gefühl für die Größe bekommt. Wenn ich da jetzt weiter reinzoome, mit 20-facher Vergrößerung, da kann man schon ein bisschen mehr von den Zellen sehen, und bei 40-facher Vergrößerung kann man tatsächlich die Kerne erkennen und auch ein bisschen was von der Zellperipherie. Wenn man jetzt mehr Details erkennen möchte, dann kann man nicht mehr Phasenkontrast-Mikroskopie machen, da muss man Fluoreszenz machen. Man färbt Dinge in der Zelle an, beleuchtet sie dann, nimmt dieses Licht auf und kann dann halt verschiedene Strukturen in der Zelle farbig darstellen. Und wir bleiben bei derselben Vergrößerung wie bei der 40-fachen Phasenkontrast-Mikroskopie und wechseln zur Fluoreszenz. Und da fängt es dann irgendwie an, wirklich schöne Bilder zu liefern, weswegen ich auch irgendwie dieses Feld sehr, sehr liebe. Und wenn wir da jetzt in so eine Zelle noch mal ein Stück weiter reinzoomen, links bisschen Übersichtsbild und rechts schon eine Teilansicht von einer Zelle. Dann kann man irgendwie sehen, ja, okay, da ist eine Menge los in so welchen Dingern. Und wenn ich da jetzt noch weiter reingehe, und zwar so weit, dass ich wirklich nur interne Zellstrukturen mir angucke, dann wird's irgendwie.. hmmm.. verschwommene Spaghetti. Bevor ich erkläre, warum die verschwommen sind: Was sind das überhaupt für Spaghetti? Das, was ich da angefärbt habe, sind Mikrotubuli. Die sind ein wichtiger Teil vom Zytoskelett, also vom Skelett der Zelle, damit sie ihre Form bewahren kann. Und die sind aus Proteinen aufgebaut, das ist so ein Ring aus 13 Unterstrukturen, die wie so eine Wendeltreppe nach oben gehen. Und der Durchmesser von den Dingern ist 25 Nanometer. Jetzt kann man allerdings auf so einem Mikroskopiebild, was auf der rechten Seite ist, erkennen: Ja, wirklich 25 Nanometer sind die nicht, wenn man sich den Messbalken, den Scale Bar, anguckt, der ist 1 Mikrometer, das passt irgendwie nicht. Die sind deutlich dicker auf dem Mikroskop dargestellt. Und das liegt leider nicht irgendwie an einem Mangel an Vergrößerung oder so, sondern da spielt uns die Physik ein Schnüppchen. Verdammte Physik! Der ein oder andere hat vielleicht schon mal von einer Beugungsgrenze gehört. Die hat Ernst Abbe ausgetüftelt, 1873, wenn mich nicht alles täuscht. Aber viel wichtiger für die Fluoreszenzmikroskopie ist der junge Mann da oben: Das ist Baron Rayleigh. Äh, Baron Rayleigh ... ja, ich glaube schon. Er hat auf jeden Fall sich das Rayleigh-Kriterium ausgedacht und das war ein Kriterium, wann man zwei punktförmige Lichtquellen noch so gerade voneinander trennen kann, was der minimale Abstand ist. Und der ist für Fluoreszenzmikroskopie, weil die ganzen Farbstoffe, die wir benutzen, die uns unsere schönen bunten Markierungen machen, sind quasi punktförmige Lichtquellen. Das ist bei uns 250 Nanometer. Kleiner können wir keine Strukturen auflösen. Leider. Auf jeden Fall nicht mit normaler Fluoreszenzmikroskopie. Man kann diese Beugungsgrenze jetzt allerdings ein bisschen austricksen. Da gibt es viele Ansätze für, aber there is no free lunch. Das heißt, man handelt sich andere Probleme ein, wenn man die Beugungsgrenze austrickst. Drei hab ich mal mitgebracht: Das eine ist die strukturierte Beleuchtung oder Structured Illumination Microscopy, kurz SIM. Dann Stimulierte Emissionsverarmung, STED. Und Einzelmokül-Lokalisationstechniken, für die letzten beiden, stimulierte Emissionsverarmung und Einzelmolekkül-Lokalisationstechniken, gab es 2014 den Nobelpreis in Chemie. Für die strukturierte Beleuchtung leider nicht. Was dahinter steckt, wie die die Beugungsgrenze austricksen, das sind sehr unterschiedliche Herangehensweisen. SIM macht das mit Fourier-Transformationen, STED schafft das mit Lasertechnik, das heißt, die machen direkt etwas mit dem Licht, was auf die Probe fällt. Und bei der Lokalisationsmikroskopie, da wird das über massenhaftes Anfitten von einzelnen Signalen gemacht. Deswegen: STED ist eine total faszinierende Technik, aber ein bisschen langweilig für unseren Kontext hier, weil SIM und die Lokalisationsmikroskopie braucht sehr viel Rechenleistung und gute Programme, die dahinter stecken und darüber möchte ich heute sprechen. Und ich fange mit SIM an. Erst mal die Strukturierte Beleuchtung funktioniert auf, basierend auf dem Moiré-Effekt oder Moiré-Pattern. Da links kann man sehen, wenn man zwei Gitter hat und die nebeneinander verschiebt, dann entstehen lustige Muster. Das kennt man vielleicht auch von einer Autobahn, wenn man unter einer Autobahnbrücke langfährt und sich die beiden Geländer gegeneinander verschieben. Dann entstehen auch solche interessanten Muster. Wer jetzt auf der rechten Seite noch nicht so richtig viel erkennt, fangt mal an, Euren Kopf zu schütteln. Kann man da was erkennen? Ich hoffe schon, ich hab da oben noch was Kleines: Man sollte einen Mensch in einem roten Hoodie sehen. Das basiert auch auf diesem Moiré-Effekt. Das irritiert so. Schüttelt Ihr den Kopf oder seht Ihr nichts? Lachen Ja, sehr schön! Okay. Das hat also funktioniert. Also man kann mit diesen Moiré-Pattern tatsächlich verborgene Dinge sichtbar machen. Und das benutzen wir auch in der Mikroskopie. Wir nehmen ein Gitter und beleuchten damit quasi. Also wir projizieren ein Gitter mit unserem Anregungslicht in unsere Probe rein, verschieben dieses Gitter, drehen es um 60°, verschieben es noch ein paar Mal, drehen es wieder um 60° und daraus machen wir Fourier-Transformationen, aus diesen Rohdaten. Die sehen dann so pillenförmig aus. Wenn man die alle übereinander legt, dann entsteht so eine schöne Blume. Da fragt man sich jetzt: Fourier-Transformation? Hä? Also das ist einfach nur eine Transformation vom Bild- in den Frequenzraum. Das heißt, außen liegen die kleinen Frequenzen, die kleinen Bildunterschiede, kleine Helligkeitsunterschiede, und in der Mitte die großen. Und was hier jetzt dabei rauskommt, sind die lustigen Blütenblätter außen. In der Mitte dieser Kreis, das wäre ein normales Mikroskopiebild. Und SIM, diese Verschiebung und Rotation, führen dazu, dass wir außen ein bisschen mehr Informationen aus dem Bild herauskriegen. Und dann wird mit dieser Technik das Ergebnis daraus. Und da kann man schon ziemlich deutlich sehen, dass da tatsächlich mehr Informationen aus so einem Bild herausgezogen wurden. Einfach nur, weil wir ein paar Mal hin- und hergeschoben haben und rotiert haben, also mehrere Bilder aufgenommen haben als nur eins. Jetzt hab ich da noch ... Ach ja, genau ... Wie es funktioniert. Wir nehmen Rohdaten, diese Verschiebungen und Rotationen, und stecken das in eine Software rein. Hier zum Beispiel FairSIM. Das ist eine offene, freie Software, wer Bock hat, geht mal auf Github und guckt Euch das an. Das ist ein Kumpel von mir, mit dem ich studiert hab an der Uni Bielefeld ... ja ... Ah, keine Reaktion. Ist ja noch früh. Gelächter Die haben eine freie Software geschrieben und es gibt für SIM, gibt es größtenteils nur Software von Mikroskopieherstellern, die das mit ihrem Gerät verkaufen, ja. „Hier.“ Und dann ist das eine Black Box. Und die haben jetzt sich das mal vorgeknöpft und eine offene Software daraus gemacht, die, wenn jetzt dann demnächst, im Februar glaube ich, das nächste Paper raus kommt, was auch Open Access sein wird, wo sie auf GPUs rechnen, werden sie jede kommerziell verfügbare Software schlagen. Was ich irgendwie sehr gut finde. Applaus Und zwar kommerzielle Software braucht für ein Bild zwei Minuten; die: 30 Millisekunden. Applaus Das ... Genau. Was das Schöne an dieser Technik ist aber auch: Man kann die Rohdaten nehmen und vielleicht kommt irgendwer darauf: Ey, wir könnten das vielleicht noch viel besser machen. Vielleicht ist dieses Gitter nicht eine perfekte Sinuswelle und wir haben eine Korrektur dafür gebastelt und dann haben wir eine bessere Software, eine andere Software, in die wir das noch mal reinstecken können und dann wird unser Bild noch besser. Rohdaten sind geil! Wenn Ihr eins mitnehmt, dann nehmt „Rohdaten sind geil“ mit, okay? Ich hab hier noch mal ein kleines Beispiel mitgebracht. Das ist eine SIM-Aufnahme und Lokalisationsmikroskopieaufnahmen von Leberzellen. Und tatsächlich wurde festgestellt, dass man in der Diagnostik, also tatsächlich auf der Anwendungsseite, da wo es relativ schnell gehen muss, tatsächlich einen Vorteil mit Hochauflösung hat für bestimmte Krankheiten, weil die Poren in Leberzellen die perfekte Größe haben, um das mit Hochauflösung zu untersuchen, wo man sonst längere Laborarbeit tun musste. Das ist aus einem Paper, was auch Open Access ist, das Video könnt Ihr Euch auch online angucken. Tut das doch mal. Von meiner lieben Kollegin Viola Mönkemöller. Genau. So, jetzt gehts weiter zu der Lokalisationsmikroskopie. Da hab ich drauf gearbeitet, da hab ich meine Doktorarbeit drin geschrieben. Die Technik heißt Direct Stochastic Optical Reconstruction Microscopy. Oder kurz: dSTORM. Find ich schön! Und es geht im Prinzip um Blinken. Wir schütten eine Chemikalie drauf, also photochemisch klären wir das, dass die ganzen Farbstoffe, die sich auf den Strukturen befinden, keine Lust mehr haben. Einer von 2000 ist mal an. Aber die meisten sind in einem Aus-Zustand. Und wenn man sich das dann auf einem Mikroskop anguckt, dann sieht das so aus. Am Anfang dreh ich den Laser ein bisschen auf, also dafür brauch ich dann tatsächlich auch einen Laser. Und dann gehen langsam alle aus. Und dann fängt so einzelnes Blinken an. Und diese Signale sind tatsächlich Signale von einzelnen Molekülen. Die so punktförmig sind. Und wenn ich diese Signale jetzt aufzeichne, so 10-20000 Bilder nehm ich davon, als Rohdaten. Und dann wird aus so einem verschwommenen Bildchen da so ein Bild, wenn ich das in die richtige Software, RapidSTORM oder ThunderSTORM, sehr kreative Namen, übrigens auch freie Software, kann man sich runterladen, einfach nach googlen mit Lokalisationssoftware hinten dran, weil ThunderSTORM, da kommt man auf andere Suchergebnisse, hab ich festgestellt. Aber auf jeden Fall kann man, wenn man das rekonstruiert, so wie hier, dann erkennen: Ah, das ist nicht ein Mikrotubuli, sondern das sind in der Tat zwei. Und wenn man das auswertet, man kann die tatsächlich auseinanderhalten. Was den Biologen in mir sehr, sehr gefreut hat. Aber was auch irgendwie ... naja ... ist ziemlich deutlich, dass das eine Auflösungs- verbesserung ist. Wie das Ganze funktioniert, habe ich mal ... herzlichen Dank an Ricardo Henriques, der dieses tolle Video zusammengeklöppelt hat. Wenn man das Blinken vom Eiffelturm aufzeichnet mit sehr, sehr vielen Bildern, dann fängt man an, erst mal quasi die Signale zusammenzusuchen, genau so ist es auch in der Zelle, und dann rekonstruiert man das Bild Pünktchen für Pünktchen für Pünktchen. Diese gefundenen Signale sind immer noch beugungsbegrenzt, also verschmiert und unscharf. Aber wenn man das so einzeln macht, weiß man, dass es eine Punktquelle ist und dann hängt die Auflösung nur noch von der Anzahl der Photonen ab und nicht mehr von den Begrenzungen, die wir mit unserer Optik haben. Und deswegen wird dadurch die Auflösung deutlich besser. Wenn man mehr Farben machen will, dann hat man auch ein bisschen Probleme damit. Also wir bleiben thematisch auch in Frankreich. Chromatische Abberation führt dazu, dass man so eine Verschmierung hat. Wenn man einen weißen Lichtstrahl nimmt, dann wird der von rot über weiß nach blau verschmiert. Das nennt man chromatische Abberation. Das muss man normalerweise korrigieren. Mit Registrierung. Das heißt also, man nimmt die beiden Bilder und versucht sie wieder übereinander zu legen. Aber so eine Registrierung ist niemals perfekt und man baut dabei Fehler ein. Ich hab in meiner Doktorarbeit eine Technik entwickelt, die haben wir Spectral Demixing dSTORM genannt oder SD-dSTORM, da hab ich jetzt leider keine Zeit zu, genau zu erklären, wie das geht. Aber wir machen Farbe aus Rohdaten. Das kann man sich auch angucken, wie die Software funktioniert. Rohdaten sind geil, ja? Noch mal! Und hier hab ich dann noch mal ein paar Beispiele davon mitgebracht, wie das dann aussieht. Wir können damit nicht nur zwei Farben, sondern auch 3D-Rekonstruktion machen. Das sieht jetzt alles so ein bisschen zusammengeklöppelt aus, so ein bisschen verpixelt. Aber tatsächlich sind wir in einer so hohen Auflösung, das glaubt man fast nicht. Und da Ihr mir das fast nicht glaubt, will ich Euch mal einen kleinen Größenvergleich geben. Am Anfang sind wir ja vom Cent nach unten gegangen. Den hab ich jetzt noch mal mitgenommen. Und dieses Vesikel, diese kleine Kugel, die ich eben auf der rechten Seite hatte, die hat einen Durchmesser von 150 Nanometer, was wirklich nicht viel ist. Und so ein Centstück hat einen Durchmesser von 15 Millimeter. Wenn wir uns jetzt mal vorstellen, dass so ein Vesikel, 150 Nanometer, eigentlich ein Stecknadelkopf ist, der 3 Millimeter Durchmesser hat, dann müsste zum Vergleich das Centstück eine Größe von 300 Meter haben oder drei Fußballfelder. Und zur Erinnerung von einem Bild vom Anfang: Diese Stecknadelköpfe oder Vesikel wären diese grünen, ver- schwommenen Pünktchen, die man am Anfang in der normalen Fluoreszenz- mikroskopie gesehen hat. Das heißt, wir sind schon echt ziemlich gut dabei, mehr Details aus diesen Messdaten rauszuholen. Das führt dazu, dass es wahrscheinlich eine gute Idee ist, Mikroskope selber zu bauen. Weil so ‘n Spectral Demixing dSTORM, SD-dSTORM, gab es nicht. Hier hab ich mal ein Timelapse mitgebracht, wie wir unser tolles Mikroskop, was wir zusammengebastelt haben, gerade umziehen in einen neuen Raum. Manche Leute sagen, besonders so in den Lebenswissenschaften: „Do it yourself, Hacking, Tinkering, DIYbio tut erschrocken das macht man doch nicht! Habt Ihr nicht genug Geld, dass Ihr Euch das bestellen könnt?“ Und ich sag: Basteln ist Wissenschaft! Und Wissenschaft ist Basteln! Applaus Das gehört dazu! Sonst gibt's keinen Fortschritt oder sonst hätten wir diese tollen Techniken nicht. Viele dieser Dinge sind 2006 bis 2008 überhaupt erst erfunden worden, weil es ein paar bekloppte Physiker gab, die mit Biologen sich zusammengetan haben und überlegt haben: Hey, wie können wir die Auflösung besser machen? Also ich kann das nicht verstehen und jeder, der das denkt, sollte vielleicht noch mal kurz drüber nach- denken und mir jetzt weiter zuhören. Dieses Mikroskop-selber-Basteln funktioniert, weil es da auch eine offene Softwarelösung gibt, nämlich µManager, basiert auf ImageJ, ist nicht wirklich wichtig, was ImageJ ist, ist eine tolle Sache, die Biologen gerne benutzen für Bildauswertung. Aber µManager ist großartig. Damit kann man wirklich die modernsten Mikroskope steuern, unser SD-dSTORM hat zwanzig Geräte von 12 verschiedenen Herstellern, die laufen alle über diese Software. Die wurden da erkannt, wenn irgendjemand ein neues Gerät hat und sagt, ah da gibt’s keinen Treiber für, dann schreibt er den, knallt das in die µManager- Community und dann können das alle benutzen. Also großartig. Aber was auch cool ist: Dieses Bild hier, das ist ein Bild von meinem 12-Euro-Mikroskop, was ich hier auch mitgebracht habe. Das heißt, die Software, die die modernsten Mikroskope ansteuern kann, kann auch das 12-Euro-Teil, was man bei dem Onlineversandhändler seines Vertrauens bestellt, ansteuern und damit tolle Sachen machen. Übrigens Arduino auch. Also wenn man sich seinen eigenen Mikroskoptisch basteln will: geht! Guckt Euch das Ding an. Es gibt so ein paar Leute, die dachten: Hey, Selber bauen, das können wir doch auf die Spitze treiben! Ein Artikel wäre: A Blueprint For Cost-Efficient Localisation Microscopy. Und wenn man sich das anguckt, so Lokalisationsmikroskope kriegt man von einem kommerziellen Hersteller für 800.000 Euro. Die können dann zwei Farben und 25 Nanometer Auflösung. Man kann das auch bauen für 20.000 mit zwei Farben, mit 40 Nanometer. Und es ist wichtig, dass wir solche Überlegungen machen. Weil unsere Unis können dann sagen: Hey, wir können Sachen von der Forschungsgrenze auch schon Leuten im Studium anbieten, dass sie da mal einen Praktikumsversuch dran machen können. Aber was das heißt für Zweit- oder Drittweltländer, wo es vielleicht auch mal eine Universität irgendwo gibt, die Forschung machen wollen, ich glaub, ich muss das nicht weiter unterstreichen, wenn man sich die Zahlen anguckt. Dasselbe gilt auch für SIM. FairSIM habe ich eben schon drüber gesprochen, FastSIM ist so eine Idee, wie man relativ günstig auch ein Structured Illumation Microscope aufbaut. Da hat man dann so, wenn man sich das Kommerzielle anguckt, die kosten ungefähr eine Million, so ein kommerzielles SIM-Mikroskop, kann vier Farben, braucht für eine Bildrekonstruktion zwei Minuten. Oder man nimmt die offene, freie Software und kauft sich seine Teile selber zusammen mit nicht ganz so, ist halt nicht ganz so schön und mit abwischbaren Oberflächen und so weiter, ja? Aber deutlich günstiger, 25 Kilo-Euro, drei Farben und 30 Millisekunden mit FairSIM, was ich großartig finde. Applaus Der Applaus für alle Leute, die in diesem Gebiet arbeiten. Also ich geb das total gerne weiter. Ich treffe die auch bald wieder in zwei, drei Wochen. Wenn sie nicht auch gerade zugucken. Hallo! Warum spielen so wenige mit Mikroskopen? Wenn man in Lebenswissenschaften unterwegs ist, also die Menschen, die in den Lebenswissenschaften forschen, kümmern sich meistens erst um ihr Experiment, ihre Probe, um das Stück kleine Leben, die Zellkultur, Zelle, die man da hat, die man drei Wochen hegt und pflegt, bis man damit ein Experiment macht. Da hat man irgendwie den Kopf voll. Manchmal hat man auch ganz andere Ideen, die gar nichts mit Bildauswertung oder mit Mikroskopen zu tun haben. Zum Beispiel sich eine Banane in den Kopf zu stecken oder so. Das funktioniert alles etwas langsamer. Dieser ganze Gedanke von Open Data, Open Source, dass wir die Software frei zugänglich machen. Aber ich merke immer mehr, dass es anders eigentlich nicht geht. Und was ich erzählen will, ist: Es geht hier weniger um Bilder bei der Hochauflösungsmikroskopie, sondern es geht um Daten. Und es geht darum, das alles offen zu machen. Weil wir brauchen gute Leute, die viel besser Software schreiben können als wir das tun. Ich bin Physiker! Mein Gott, ja? Also Programmieren ist für mich so Hammer und Meißel, ja? Also da kommt dann immer nur eine Steinskulptur raus, obwohl es vielleicht ein Gemälde sein soll. Blöder Vergleich, lassen wir das. Zusammen- fassung: Ich habe Euch was von einer Beugungsgrenze erzählt, wie sie uns Ärger bereitet, ich hab Euch gesagt, wie bessere Rechner, bessere Softwarekultur, aber auch moderne Kameras und im Allgemeinen bessere Technik dazu führt, dass wir Hochauflöungstechniken wie SIM und dSTORM haben und dass wir günstige Eigenbauten deswegen auch erstellen können. Es geht hauptsächlich um die Daten. Man muss Mikroskopie als Datensammlung begreifen und nicht zwangsläufig als etwas, was Bilder macht. Rohdaten sind geil! Zum dritten Mal. Ich hoffe, jetzt sitzt es. Und wir Wissenschaftler sind, was das angeht, ein bisschen langsam. Es gibt relativ viele, die angefangen haben, ihre Software offen rauszugeben, die immer mehr Open Access publizieren, die immer mehr Daten auch ins Internet stellen. Das muss noch mehr werden. Habt Geduld mit uns Wissen- schaftlern. Aber es wird immer mehr Open Science und dann kann jeder mitspielen. Und ich lade jeden herzlich ein, der ein bisschen Liebe für Bildrekonstruktion und Programmieren in der Richtung hat, sich die Sachen, die ich heute vorgestellt habe, mal anzugucken. Vielleicht habt Ihr eine coole Idee, auf die wir in unseren Laboren gar nicht gekommen sind. Dann bleibt wir wohl nichts Anderes zu sagen als: Herzlichen Dank fürs Zuhören. Ich treib mich rum an einem kleinen Assembly, Science, Hacking & Communication, das ist beim Sendezentrum an der Garderobe. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! Applaus Herald: Danke noch mal für den Extraapplaus für Open Science, die Technikgeschichte und Wissenschaftsgeschichte, wie alles zusammenhängt. Wir werden Zeit haben für vier Fragen. Signal Angel, gibt’s was aus dem Internet vielleicht? Leider nein. Hier links und rechts sind die Mikrofone. Ich rufe auf, wir starten mit Dir. André: Gibst Du mir ... Du kannst sofort Deine Frage stellen. Eine Sache wollte ich noch sagen. Ich hab hier gerade µManager laufen auf diesem crappy 12 Euro ... da hab ich ein Centstück drunter und selbst mit 12 Euro ist eine Vergrößerung ziemlich gut möglich, die einen schon bisschen beeindruckt. Verdammt, wo ist der Stern? Ah, da sieht man eine Spitze. Ja, Software, die teure Mikroskope treibt, kann auch 12 Euro treiben. Also guckt Euch das an. Okay, jetzt bitte, Deine Frage. Frage: So eine simple Frage für meine Verhältnisse: Du hast gesagt, dass Du mehrere Fotos machen musst, und dann packst Du die alle zusammen, und dann hast Du ein Gesamtbild. Was passiert, wenn die Dinge sich bewegen unter Deinem Mikroskop? André: Das ist, also ... Wichtige Frage. Wenn man sich irgendwelche Dynamiken in der Biologie angucken muss, muss man natürlich zügig die Bilder machen. Mit SIM, ich hab ja eben so am Anfang gesagt, wenn man Hochauflösung macht, handelt man sich ganz andere Probleme ein. Wenn man diese strukturierte Beleuchtung macht, dann macht man 15 Bilder. Also fünf Verschiebungen, eine Rotation, fünf Verschiebungen, eine Rotation, fünf Verschiebungen. Wenn man es schafft, diese 15 Bilder schnell genug zu machen, ich sag mal innerhalb von 20 Millisekunden, und genug Licht da raus bekommt, dann hat man, wenn man das schnell rekonstruieren kann, hat man die Möglichkeit, daraus tatsächlich Dynamiken in der Biologie zu beobachten. Wenn ich 20.000 Bilder machen muss, dann bin ich jetzt nicht so in einer Lage, sehr, sehr schnelle Prozesse zu beobachten. Aber ich sag mal mit modernen CMOS-Kameras gibt es schon so die ersten Versuche, diese Lokalisationsmikroskopie zu machen. Man nimmt in einem Burst 1000 Bilder auf und rekonstruiert dann und dann hat man pro Sekunde vier Bilder. Damit kann man - hochaufgelöste - , damit kann man schon anfangen, langsame Dynamiken sich anzugucken. Aber ja. Im Prinzip sind diese Mikroskopietechniken, besonders die Lokalisierungsmikroskopie: Man tauscht Auflösung gegen Zeit. Das heißt das, was man im Raum besser auflöst, verliert man in der Messzeit. Also für so ein Zweifarbenbild, was da so gedreht hat, das hat so zehn Minuten gebraucht, um das Bild zu machen. Herald: Okay, bitte hinten an der Vier. Frage: Ich hab eine Frage. Wie willste denn bei selbstgebauten Mikroskopen Reproduzierbarkeit von Ergebnissen machen? André: Man kann ja ... Eigentlich ist es so: Selbst die kommerziell Gebauten sind jetzt ja nicht zwangsläufig das, was so ein Standardgerät ist, ja? Also wenn ich da beim Selbstgebauten, okay, das hat vielleicht eine Seriennummer, aber die ist dann 3. Aber ähm ... Frage: Du hast Optiken, die sind schon im stärkeren Maße standardisiert, als wenn Du irgendwas selber zusammenklebst. André: Nee, also so selber zusammenklebst ... Sagen wir es mal so: Warum diese Sachen, die ich da vorgestellt habe, immer noch so im 20.000-Euro-Bereich liegen, ist: Man muss ein gutes Objektiv nehmen. Und da nimmt man ein Standardobjektiv und das ist das Einzige daran, wo ’s dran hängt und womit es steht und fällt. Und Kamera und alle Optik dazwischen und so, da hat man, da benutzt man auch die sagen wir mal die normalen Fehlerstandards und dann legt man natürlich erst mal, wenn man ein Mikroskop gebaut hat, charakterisiert man seinen Aufbau, macht Testmessungen und dann funktioniert es. Dann sind die Dinger reproduzierbar. Aber die liefern tatsächlich überraschend gute Ergebnisse. Also bei manchen Sachen denkste so: Oh, zusammengebaut, dann gucken wir mal ... Hm! Ach, sieht ja aus wie ein richtiges Mikroskop. Aber ist ja eigentlich auch ein richtiges Mikroskop. Man darf nicht so viel Angst davor haben, irgendwie Sachen selber zu basteln. Vernünftige Testmessungen, dann führt das auch zur Reproduzierbarkeit. Aber das gilt auch für die kommerziellen Systeme: Wenn die nicht nachweisen, dass sie stabil sind, dann ... schulterzuck Beantwortet das Deine Frage? Herald: Hier vorne in Blau. Frage: Es gibt da verschiedene Techniken, wie schon versucht wurde, mit konventionellen Mikroskopen in Anführungsstrichen das Auflösungslimit zu erhöhen. Emulsion oder andere Wellenlängen benutzen. Ich hab gesehen, Ihr benutzt hauptsächlich ... Also war das tatsächlich grün oder war das nur eingefärbt? Und gibt es da schon Versuche, das jetzt mit UV oder mit vielleicht Extrem-UV zu machen und vielleicht auch mit Emulsionen, dass man dann halt noch mal die Auflösung, also ich weiß nicht, was, womit diese 150 Nanometer hinbekommen wurden. Ob Ihr da halt, ob es da auch in die Richtung Fortschritte gibt? André: Ähm die Wellenlänge hilft Dir nicht wirklich viel. Also das so auf konventionelle Art und Weise zu machen. Weil sagen wir mal: Wenn man jetzt überlegt, okay, ich könnte an der Wellenlänge schrauben, damit ich eine bessere Auflösung habe. Weswegen will ich das tun? Damit ich keine Zeit verschwende, wahrscheinlich. Also weil ich mir Leben angucken will. Wenn ich mit harter UV-Strahlung auf lebende Zellen ... Das geht relativ nur einen sehr kurzen Zeitraum gut. Beziehungsweise wenn eine Zelle in der Lage ist, relativ schnell zu migrieren, dann läuft die vor dem Laser auch weg. Lachen Kein Witz! Also die kann man jagen. Das ist ... Lachen Ey, wir müssen auch mal Spaß im Labor haben! Lachen, Applaus Also Wellenlängenspielerei, da hilft jetzt nichts zwangsläufig, weil bei SIM ist das so ein bisschen, dass man da gerne mal mit 405 Nanometer benutzt, das ist so der bestaufgelöste Kanal, wo man das Gitter am engsten machen kann. Aber richtig in den UV-Bereich geht man jetzt nicht rein. Es gibt für Standardmikroskope noch andere Ansätze, zum Beispiel Confocal- oder Deconvolution-Mikroskopie, wo man dann halt im Nachheinein halt auch so ein paar Sachen rausrechnet. Aber wenn man wirklich so auf diese Größen kommen will ... Bei dieser 150-Nanometer-Kugel, bei diesem Vesikel, war’s halt so: Wenn man da genau hinguckt, dann kann man auch sehen, das Ding ist hohl innen drin, das heißt ich hab also Strukturen, die deutlich kleiner sind, die ich damit auflöse, und das machen wir mit rotem Licht. Also wir haben das mit 643 Nanometer geimaget. Das heißt also, da ist die Wellenlänge gar nicht so wichtig. Es geht darum, dass möglichst viele Photonen rauskommen. Davon hängt in dem Fall unsere Auflösung ab. Herald: Okay. Letzte Frage aus dem Internet. Der Signal Angel sitzt dort. Signal Angel: Das Internet hat die Frage nach der Größe, die so ein Mikroskop für 25 Nanometer Auflösung haben muss. Ich würde das ganz gerne in eigener Sache erweiteren: Wie verhalten sich denn so Größe und Komplexität zwischen den Kommerziellen und einem Selbstbau? André: Sagen wir’s mal so: Das sind so zwei Seiten einer Medaille. Wenn ich ein kommmerzielles Mikroskop da stehen habe, die verkaufen so ein Mikro ... die dürfen so ein Mikroskop gar nicht verkaufen, wenn Du theoretisch in der Lage bist, durch die Okulare durchzugucken und drei Laser anzumachen, die auf die Probe scheinen. Macht total Sinn, dass man das nicht darf, ja? Weil ansonsten ... man hat da halt nur zwei Augen, die kann man, das ist so ein bisschen kompliziert. Beziehungsweise man macht dann auch die Geräte etwas größer, weil sie temperaturstabil sein sollen, weil es auch eine Wertigkeit haben soll, ja, beziehungsweise man möchte in der Fertigung auch immer die Standardkästen benutzen. Bei Eigenbaumikroskopen hab ich den Vorteil: Wofür brauch ich Okulare, wenn ich weiß, ich will mit dem Ding nur Hochauflösung machen? Ich muss da gar nicht durchgucken, ich hab meine Beleuchtung perfekt auf meine Kamera abgestellt, ich guck immer auf den Monitor. Erstens Lasersicherheit total super, weil dann komm ich gar nicht in die Versuchung, durchzugucken und mich Laserlicht auszusetzen. Dann seh ich’s immer nur auf der Kamera. Aber dementsprechend sind die Philosophien, wie man sowas selber baut und aufbaut, vollkommen andere. Man kann sich da irgendwo in der Mitte annähern, aber tatsächlich das, woran man sehr viel Geld spart, sind so große Verpackungen, sehr schwere stabile Stative, wo man dann viele Möglichkeiten hat, Filter einzusetzen und so weiter und so fort. Wo man einfach nur einen Filter reinklickt, den dreht, die Software erkennt den und dann klickt man auf drei Dinge ... Bei einem Selbstgebauten ist es dann halt so, da muss man eine Schraube lösen, muss den reinfummeln in eine Halterung, muss dann wieder gucken, ob der Strahlengang passt und so. Das ist eventuell ein bisschen aufwendiger und nicht wirklich schön und user-friendly. Aber da findet man immer Lösungen. Natürlich ist in diesen hohen Kosten auch Maintenance und Wartung und so ein bisschen mit drin und natürlich hat man da eine Garantie, die man beim Selbstbau nicht hat. Definitiv. Ändert nichts an dem horrenden Preisunterschied. Herald: Okay. Ganz vielen Dank, André, für Deinen tollen Vortrag. Wer sich für Physik interessiert: Es geht hier gleich auch weiter mit dem CERN und Big Data, Physics und Computing. Noch mal einen großen Applaus für Dich. Applaus Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!