Bei meiner Arbeit geht es um Verhaltensweisen, die wir auf einer kollektiven Ebene,
alle unbewusst an den Tag legen.
Und was ich damit meine sind die Verhaltensweisen,
die wir abstreiten,
und die, die unter der Oberfläche unseres täglichen Bewusstseins aktiv sind.
Und wir alle als Individuen tun diese Dinge, immer, jeden Tag.
Wie wenn Sie Ihre Frau gemein behandeln,
weil Sie auf jemand anderen wütend sind.
Oder wenn Sie aus Nervosität heraus auf einer Party etwas zu viel trinken.
Oder wenn Sie zu viel essen, weil Ihre Gefühle verletzt sind. Solche Dinge.
Und wenn wir diese Dinge tun,
wenn 300 Millionen Leute solch unbewusstes Verhalten aufweisen,
dann kann sich das mit katastrophaler Konsequenz aufschaukeln,
was niemand möchte, und niemand beabsichtigt hat.
Und genau das schaue ich mir bei meiner Arbeit als Fotograf an.
Das ist ein Bild, das ich erst neulich fertiggestellt habe, es ist,
wenn man es aus der Ferne anschaut,
eine Art neogothische Karikatur
einer Fabrik, die Abgase in die Luft kippt.
Und wenn man sich ihm nähert,
sieht es aus wie viele Rohre, vielleicht ja eine Chemiefabrik
oder eine Raffinerie, oder vielleicht ein krasses Beispiel eines Autobahnkreuzes.
Und wenn man ganz nah ran geht,
erkennt man, dass es eigentlich aus vielen Plastikbechern besteht.
Das sind genauer gesagt eine Million Plastikbecher,
was die Anzahl der Plastikbecher ist, die in den USA
aller sechs Stunden in Flugzeugen verbraucht werden.
Vier Millionen dieser Becher verbrauchen wir jeden Tag auf Flügen.
Kaum einer davon wird wiederverwendet oder recycelt.
Das ist einfach nicht üblich in dieser Branche.
Diese Zahl wird von der Anzahl an Pappbechern, die wir jeden Tag verwenden,
noch in den Schatten gestellt.
Das sind 40 Millionen Becher pro Tag für heiße Getränke,
die meisten davon sind Kaffee.
40 Millionen Becher konnte ich nicht auf eine Leinwand quetschen,
aber ich habe 410.000 unterbekommen. So sehen 410.000 Pappbecher aus.
Das sind 15 Minuten der Verbrauchszeit für Pappbecher.
Und wenn man so viele Becher in der Realität stapeln könnte,
dann sähe das so aus.
Und hier ist eine Stunde Pappbecher.
Hier ist der Becherverbrauch eines Tages.
Man kann die kleinen Leute da unten immer noch sehen.
Das ist so hoch wie ein 42-stöckiges Gebäude.
Ich habe hier mal die Freiheitsstatue als Vergleich eingefügt.
Was Gerechtigkeit betrifft, es gibt ein weiteres Phänomen in unserer Kultur,
das ich zutiefst besorgniserregend finde. Die USA ist nämlich zur Zeit
die Nation auf der Erde, die die höchste Prozentzahl ihrer Bevölkerung
hinter Gittern sitzen hat.
Einer von vier Leuten, eines von vier menschlichen Wesen in Gefängnissen
ist ein US-Amerikaner, im eigenen Land eingesperrt.
Und ich wollte diese Zahl zeigen.
2,3 Millionen US-Amerikaner wurden 2005 eingesperrt.
Und seitdem sind es mehr geworden, wir haben aber die Zahlen noch nicht.
Also wollte ich 2,3 Millionen Gefängnisuniformen zeigen,
und in dem eigentlichen Druck dieses Werks
hat jede Uniform die Größe eines 10-Cent-Stücks, das auf der Kante steht.
Sie sind ungeheuer klein, kaum als Einheit wahrnehmbar,
und um 2,3 Millionen darzustellen, benötigte ich eine Fläche,
die größer war, als jeder Drucker auf der Welt hätte drucken können.
Also musste ich sie auf verschiedene Paneele aufteilen,
die etwa 3 Meter hoch und 8 Meter breit sind.
Hier ist das Stück in einer Galerie in New York,
und das sind meine Eltern, die sich gerade das Werk anschauen.
(Lachen)
Jedes Mal, wenn ich das Stück anschaue,
frage ich mich immer, ob meine Mutter meinem Vater zuflüstert:
"Er hat endlich seine Sachen zusammengelegt."
(Lachen)
Ich möchte Ihnen ein paar Werke zeigen, die sich mit Sucht beschäftigen.
Dieses hier dreht sich um Abhängigkeit von Zigaretten.
Ich wollte ein Werk kreieren, das die eigentliche Anzahl der Amerikaner zeigt,
die am Zigarettenrauchen sterben.
Mehr als 400.000 Leute sterben jedes Jahr in den USA
durch das Rauchen von Zigaretten.
Also habe ich dieses Werk aus einem Haufen Zigarettenschachteln gemacht.
Und wenn man langsam Abstand nimmt, sieht man,
dass es ein Bild von Van Gogh ist: "Schädel mit brennender Zigarette".
Es ist komisch, darüber nachzudenken, dass am 11. September 2001,
als diese Tragödie geschah, 3.000 Amerikaner starben,
Sie können sich sicherlich an die Reaktion erinnern.
Ihr Echo hallte durch die gesamte Welt,
und wird immer weiter durch die Zeit hallen.
Das ist etwas, worüber wir noch in 100 Jahren sprechen werden.
Doch am selben Tag starben 1.100 Amerikaner durch Rauchen.
Und am Tag danach starben weitere 1.100 Amerikaner durch Rauchen.
Und seitdem sind jeden einzelnen Tag 1.100 Amerikaner gestorben,
und auch heute sterben 1.100 Amerikaner durch Zigarettenrauchen.
Darüber reden wir aber nicht, wir nehmen es nicht ernst.
Die Tabakindustrie ist zu mächtig.
Wir lassen es einfach aus unserem Bewusstsein gleiten.
Und trotz unseres Wissens über die destruktive Macht von Zigaretten
lassen wir weiterhin zu, dass unsere Kinder, unsere Söhne und Töchter,
von Einflüssen umgeben sind, die sie zum Anfangen bewegen.
Und darum geht es in dem nächsten Werk.
Das sind einfach ganz, ganz viele Zigaretten: 65.000 Zigaretten,
das ist die Zahl der Teenager, die diesen Monat
mit Rauchen anfangen werden, und jeden einzelnen Monat in den USA.
Mehr als 700.000 Kinder unter 18 Jahren in den USA
beginnen jedes Jahr mit dem Rauchen.
Eine weitere seltsame Seuche in den USA,
die ich Ihnen gern näherbringen möchte,
ist das Phänomen des Fehlgebrauchs und Missbrauchs verschreibungspflichtiger Medikamente.
Das ist ein Bild, das aus vielen Tabletten des Schmerzmittels Vicodin besteht --
eigentlich hatte ich nur eine Tablette,
die ich ganz oft eingescannt habe.
(Lachen)
Und wenn Sie sich dann zurücklehnen, sehen Sie 213.000 Vicodin-Tabletten,
das ist die Anzahl der jährlichen Fälle
in Notaufnahmen in den USA, die dem Fehlgebrauch und Missbrauch
verschreibungspflichtiger Schmerzmittel
und Beruhigungsmittel zugeschrieben werden.
Ein Drittel aller Drogenüberdosen in den USA -
das umfasst Kokain, Heroin, Alkohol, alles -
ein Drittel aller Überdosen kommt von verschreibungspflichtigen Medikamenten.
Ein seltsames Phänomen.
Dieses Werk habe ich neulich erst fertiggestellt,
es geht um ein weiteres tragisches Phänomen. Und zwar ist es
unsere zunehmende Besessenheit mit brustvergrößernden Eingriffen.
384.000 Frauen, amerikanische Frauen, haben sich im letzten Jahr
dazu entschieden, sich ihre Brust vergrößern zu lassen.
Dieser Eingriff ist auf dem Weg zum beliebtesten Schulabschlussgeschenk,
das jungen Mädchen auf dem Weg an die Universität gegeben wird.
Also habe ich dieses Bild aus Barbiepuppen gemacht,
und wenn Sie zurückgehen, sehen Sie dieses Blumenmuster,
und wenn Sie noch weiter weg gehen, sehen Sie 32.000 Barbiepuppen,
die die Anzahl der Brustvergrößerungsmaßnahmen darstellen,
die in den USA jeden Monat vorgenommen werden.
Der größte Teil davon an Frauen unter 21.
Und komischerweise ist die einzige Schönheits-OP,
die noch verbreiteter ist, Fettabsaugen,
das wird meistens von Männern gemacht.
Ich möchte betonen, dass das nur Beispiele sind.
Ich sage nicht, dass das die größten Probleme sind.
Es sind nur Beispiele.
Und mein Handlungsgrund ist der, dass ich Angst habe,
dass wir als Kultur im Moment nicht genug empfinden.
In den USA herrscht gerade so eine Art Betäubung vor.
Wir haben unseren Sinn für Empörung verloren, unsere Wut,
unseren Kummer darüber, was in unserer Kultur gerade vor sich geht,
was in unserem Land vor sich geht.
Die Gräueltaten, die in unserem Namen überall auf der Welt begangen werden.
Die sind einfach weg, diese Gefühle, sie sind verschwunden.
Unsere kulturelle Freude, unsere nationale Freude sind einfach nicht da.
Und einer der Gründe dafür, glaube ich, ist der, dass bei dem Versuch
eines jeden von uns, sich diese neue Weltanschauung zu basteln,
diese optische Perspektive, dieses holographische Bild
über die Verbindung aller Dinge, das wir alle in unserem Kopf
zu erstellen versuchen: der Fußabdruck, den wir 1.000 Meilen entfernt
in der Umwelt hinterlassen, weil wir Dinge kaufen,
die 10.000 Meilen entfernten sozialen Folgen
der täglichen Entscheidungen, die wir als Konsumenten treffen.
Bei dem Versuch, diese Perspektive zu errichten
und uns über das enorme Wesen unserer Kultur aufzuklären versuchen,
müssen wir mit diesen riesigen Zahlen arbeiten.
Die Zahlen haben Millionenhöhe, Hunderte von Millionen,
Milliarden und mittlerweile auch Billionen.
Bushs neues Budget hat Billionenausmaße, und das sind Zahlen,
die unser Gehirn einfach nicht in der Lage ist nachzuvollziehen.
Wir können aus diesen enormen Statistiken keine Bedeutung ziehen.
Und das ist es, womit ich zu arbeiten versuche -
diese Zahlen, diese Statistiken aus dem Datenwust zu lösen
und sie in eine universellere visuelle Sprache zu übersetzen,
die man nachvollziehen kann.
Denn es ist meine Überzeugung, dass wir, wenn wir diese Dinge empfinden können,
wenn wir diese Dinge tiefer empfinden können,
dann werden sie uns wichtiger sein, als sie es jetzt sind.
Und wenn wir das hinbekommen,
dann können wir in allen von uns das finden,
was wir brauchen, um uns der großen Frage zu stellen,
die da wäre: Wie ändern wir uns?
Das ist meines Erachtens die eine Frage, der wir als Volk jetzt gegenüberstehen.
Wie ändern wir uns?
und wie übernimmt jeder einzelne von uns Verantwortung
für einen Teil der Lösung, mit der wir betraut sind,
und zwar unser eigenes Verhalten?
Ich bin überzeugt, dass man sich nicht schlecht machen muss,
um sich diesen Dingen zu stellen.
Ich zeige jetzt auch nicht mit dem beschuldigenden Finger auf die USA.
Ich sage nur, das sind wir in diesem Moment.
Und wenn wir da Dinge sehen,
die wir an unserer Kultur nicht mögen,
dann haben wir eine Wahl.
Den Grad an Anstand, den ein jeder von uns an den Tag bringen kann,
den ein jeder von uns in die Frage einbringen kann, die Charaktertiefe,
die wir aufbringen, wenn wir uns der Frage, wie wir uns ändern, stellen.
Es definiert uns bereits als Individuen und als eine Nation
und wird dies auch weiterhin tun.
Und es wird unser Wohlsein tief beeinflussen, die Lebensqualität
der Milliarden Menschen,
die die Resultate unserer Entscheidungen einst erben werden.
Ich rede nicht von abstrakten Konzepten.
Ich meine damit uns, die wir in diesem Raum sind.
Jetzt in diesem Moment.
Danke, und einen schönen Tag.
(Applaus)