Es mag so scheinen, als ob wir alle auf festem Boden stünden. Aber das stimmt nicht. Die Felsen und der Boden unter uns sind von winzigen kleinen Spalten und Hohlräumen durchzogen. Und diese Hohlräume sind mit Unmengen an Mikroben gefüllt, wie zum Beispiel diesen. Die größte Tiefe, in der wir Mikroben in der Erde gefunden haben, beträgt fünf Kilometer. Wenn man also direkt nach unten in den Boden losrennen würde, könnte man 5 km weit laufen und Mikroben würden den ganzen Weg säumen. Sie haben vielleicht noch nie an diese Mikroben gedacht, die sich tief unten in der Erdkruste befinden, aber Sie kennen vielleicht die Mikroben in unserem Darm. Rechnet man die Darmmikrobiome aller Menschen und aller Tiere auf dem Planeten zusammen, wiegen sie insgesamt etwa 100 000 Tonnen. Das ist ein riesiges Biom, das wir jeden Tag in unseren Bäuchen tragen. Wir sollten stolz darauf sein. (Lachen) Aber es verblasst im Vergleich zur Anzahl an Mikroben, die die gesamte Erdoberfläche bedecken, etwa in Böden, Flüssen und den Ozeanen. Zusammen wiegen diese etwa zwei Milliarden Tonnen. Die Mehrheit der Mikroben auf der Erde befindet sich jedoch nicht in Ozeanen, dem Darm oder in Kläranlagen. Die meisten sind sich nämlich in der Erdkruste. Insgesamt wiegen sie 40 Milliarden Tonnen. Dies ist eines der größten Biome der Erde und vor ein paar Jahrzehnten ahnten wir noch nichts von seiner Existenz. Die Lebensmöglichkeiten dort unten -- oder der mögliche Nutzen für Menschen -- sind also grenzenlos. Diese Karte zeigt einen roten Punkt für jeden Ort, an dem wir mit modernen mikrobiologischen Methoden Proben entnommen haben. Vielleicht beeindruckt Sie die ansehnliche globale Abdeckung, aber verglichen mit dem Rest der Welt sieht es ganz schön düster aus. Wenn wir alle aus einem außerirdischen Raumschiff versuchen müssten, eine Weltkarte nur aus diesen Proben zu rekonstruieren, würden wir das nie schaffen. Also sagen die Leute manchmal zu mir: „Klar, es gibt eine Menge Mikroben im Untergrund, aber ... sind die nicht einfach nur inaktiv?“ Das ist ein guter Punkt. Im Vergleich zu einer Feige, den Masern oder Meerschweinchen machen diese Mikroben wahrscheinlich überhaupt nichts. Dass sie langsam sein müssen, wissen wir, weil es so viele von ihnen gibt. Würden sie sich alle so schnell wie E. coli teilen, dann würden sie das Gesamtgewicht der Erde -- inklusive Gestein -- in einer einzigen Nacht verdoppeln. Tatsächlich haben viele von ihnen seit dem alten Ägypten wahrscheinlich keine einzige Zellteilung durchlaufen. Das ist einfach verrückt. Wie stellt man sich solch langlebige Organismen vor? Ich habe mir eine Analogie ausgedacht, die mir wirklich gefällt, sie ist jedoch seltsam und kompliziert. Ich hoffe, dass Sie mir folgen können. Alles klar, versuchen wir es. Es ist wie den Lebenszyklus eines Baumes zu verstehen, wenn man nur einen Tag lang lebt. Wenn also die menschliche Lebensdauer nur ein Tag wäre und wir im Winter lebten, dann würde man sein ganzes Leben lang keinen Baum mit Blättern sehen. Und es würden viele Generationen nur den Winter erleben, sodass nicht einmal ein Geschichtsbuch etwas anderes wüsste, als dass Bäume nur leblose Stöcke sind. Sie seien inaktiv. Natürlich ist das lächerlich. Wir wissen, dass Bäume auf den Sommer warten, um sich zu reaktivieren. Aber wenn die menschliche Lebensdauer deutlich kürzer wäre als die von Bäumen, könnten wir diese offensichtliche Tatsache völlig übersehen. Wenn wir also sagen, dass diese unterirdischen Mikroben inaktiv sind, sind wir wie die Eintagsfliegen, die Bäume verstehen wollen? Was, wenn diese Organismen in der Tiefe nur auf ihre Version von Sommer warten, aber unser Leben zu kurz ist, um das zu erkennen? Wenn man E. coli nimmt und in einem Reagenzglas ohne Nahrung oder Nährstoffe versiegelt und es für Monate oder Jahre stehenlässt, verhungern die meisten Zellen und sterben. Aber einige der Zellen überleben. Wenn nun diese überlebenden Zellen mit einer frischen Kultur von E. coli unter Nahrungsmangel konkurrieren, schlagen die zähen, erfahrenen Kerle die Jungspunde jedes Mal. Dies ist also ein Beweis dafür, dass es sich wirklich auszahlt, wenn man außergewöhnlich langsam ist. Also ist es vielleicht so, dass wir langsam und unwichtig nicht gleichsetzen sollten? Können diese unbeachteten Mikroben vielleicht der Menschheit hilfreich sein? Soweit wir wissen, gibt es zwei Möglichkeiten, unterirdisch zu überleben. Erstens: auf Nahrungsreste von der Oberfläche warten, wie den Überbleibseln eines Picknicks von vor 1.000 Jahren. Das ist eine verrückte Lebensweise, aber schockierenderweise funktioniert sie für viele Mikroben auf der Erde. Die andere Möglichkeit ist, dass eine Mikrobe einfach sagt: „Nein, ich brauche die Welt dort oben nicht. Mir geht es hier unten gut.“ Solche Mikroben müssen alles Lebenswichtige aus dem Inneren der Erde holen. Einige Dinge sind dort tatsächlich einfacher zu bekommen. Sie kommen in der Erdkruste häufiger vor, wie Wasser oder Nährstoffe wie Stickstoff, Eisen und Phosphor -- oder Lebensraum. Um diese Dinge führen wir hier oben Krieg. Aber im Untergrund ist das Problem, genügend Energie zu finden. An der Luft können Pflanzen CO₂ chemisch zu leckeren Zuckern verknüpfen, sobald die Photonen der Sonne ihre Blätter treffen. Aber im Untergrund gibt es natürlich kein Sonnenlicht, also muss das Ökosystem jemanden finden, der Nahrung für alle anderen herstellt. Der Untergrund benötigt etwas, das wie eine Pflanze ist, aber Gestein atmet. Glücklicherweise existiert so etwas und es heißt Chemolithoautotroph. (Lachen) Diese Mikrobe nutzt Chemikalien (Chemo) aus Gestein (Litho) um Nahrung herzustellen (Autotroph). Sie können dafür viele Elemente verwenden. Zum Einsatz kommen Schwefel, Eisen, Mangan, Stickstoff, Kohlenstoff und einige nutzen bloße Elektronen. Wenn man das Ende eines Stromkabels nimmt, können sie wie mit einem Schnorchel atmen. Diese Chemolithoautotrophe nehmen die aus diesen Prozessen gewonnene Energie, und nutzen sie zur Herstellung von Nahrung, wie es Pflanzen tun. Aber Pflanzen stellen ja nicht nur Nahrung her. Sie bilden auch Sauerstoff als Abfallprodukt, von dem wir zu 100 % abhängig sind. Aber das Abfallprodukt der Chemolithoautotrophen sind oft Mineralien wie Rost oder Pyrit (Katzengold) oder Carbonate wie Kalkstein. Wir haben also Mikroben, die so langsam wie Gestein sind, die ihre Energie aus Gestein beziehen und als Abfallprodukt anderes Gestein bilden. Spreche ich also noch von Biologie oder bereits von Geologie? Hier verschwimmen die Grenzen. (Lachen) Wenn ich mich also diesem Thema widme und eine Biologin bin, die Mikroben studiert, welche sich wie Gestein verhalten, dann sollte ich wohl anfangen Geologie zu studieren. Und was ist das Beste an Geologie? Vulkane. Dies ist ein Blick in den Krater des Vulkans Poás in Costa Rica. Viele Vulkane auf der Erde entstehen, weil eine ozeanische Platte gegen eine kontinentale Platte prallt. Wenn diese ozeanische Platte subduziert, also unter die Kontinentalplatte geschoben wird, werden Wasser, Kohlenstoffdioxid und Materialien aus ihr herausgedrückt wie beim Auswringen eines nassen Handtuchs. So gesehen sind Subduktionszonen wie Portale in die tiefe Erde, an denen Material zwischen Oberfläche und Untergrund ausgetauscht wird. Ich wurde kürzlich von einigen meiner Kollegen in Costa Rica eingeladen, um mit ihnen an ein paar der Vulkane zu arbeiten. Und natürlich habe ich ja gesagt, weil Costa Rica einfach schön ist, aber auch, weil es auf einer dieser Subduktionszonen liegt. Wir wollten die sehr konkrete Frage stellen: Warum kommt das Kohlenstoffdioxid aus untergeschobenen ozeanischen Platten nur aus den Vulkanen? Warum ist es nicht über die gesamte Subduktionszone verteilt? Hat das mit den Mikroben zu tun? Das ist also ein Bild von mir im Vulkan Poás, zusammen mit meinem Kollegen Donato Giovannelli. Der See, neben dem wir stehen, besteht aus reiner Batteriesäure. Ich weiß das, weil wir den pH-Wert genau dort gemessen haben. Während wir im Krater arbeiteten, fragte ich meinen costa-ricanischen Kollegen Carlos Ramírez: „Wenn dieses Ding jetzt ausbricht, was ist unser Fluchtplan?“ Er antwortete: „Ganz einfach: Dreh dich um und genieße den Anblick.“ (Lachen) „Es wird dein letzter sein.“ (Lachen) Es klingt vielleicht, als sei er übermäßig dramatisch gewesen, aber 54 Tage nachdem ich neben diesem See stand, geschah dies: Publikum: Oh! Verängstigend, oder? Das war der größte Ausbruch dieses Vulkans seit etwa 60 Jahren. Kurz nach dem Ende dieses Videos wurde die Kamera verätzt und der gesamte See, aus dem unsere Proben stammen, verdampft vollständig. Aber ich möchte auch klarstellen, dass ein Ausbruch am Tag der Expedition ziemlich unwahrscheinlich war, denn Costa Rica überwacht seine Vulkane sehr sorgfältig durch das OVSICORI-Institut. Ein Wissenschaftler dieses Instituts begleitete uns. Aber die Tatsache seiner Eruption zeigt, dass die Emission von CO₂ aus der ozeanischen Platte direkt bei den Vulkanen stattfindet. Aber wer Costa Rica kennt, weiß neben den Vulkanen auch von den unzähligen heißen Quellen. Ein Teil des Wassers in diesen heißen Quellen sprudelt tatsächlich aus der tief vergrabenen ozeanischen Platte. Wir nahmen an, dass Kohlenstoffdioxid dort ebenfalls heraussprudeln würde. Aber irgendetwas tief unter der Erde filterte es heraus. Also fuhren wir zwei Wochen durch ganz Costa Rica und untersuchten jede heiße Quelle -- es war wirklich schrecklich. Die folgenden zwei Jahre haben wir die Daten analysiert. Ich verrate Ihnen an dieser Stelle, dass die großen Entdeckungen weder an einer schönen heißen Quelle, noch auf einer Bühne kommen, sondern vor einem chaotischen Computer, bei Wartungsarbeiten komplexer Geräte oder bei Hilferufen an Kollegen, weil Sie über Ihren Daten verzweifeln. Wissenschaftliche Entdeckungen -- wie auch unterirdische Mikroben -- können sehr, sehr langsam sein. Aber in unserem Fall hat es sich wirklich ausgezahlt. Wir entdeckten, dass buchstäblich Tonnen von Kohlenstoffdioxid aus der tief vergrabenen ozeanischen Platte austraten. Und das, was sie festhielt und von der Atmosphäre fernhielt, waren tief unter der Erde, unter all den bezaubernden Faultieren und Tukanen Costa Ricas, die Chemolithoautotrophen. Diese Mikroben und ihr Stoffwechsel wandeln Kohlenstoffdioxid in Carbonate um und fixieren es unterirdisch. Da stellt sich die Frage: Wenn diese unterirdischen Prozesse so gut unterirdisches Kohlendioxid aufnehmen, könnten sie uns bei unserem CO₂-Problem an der Oberfläche helfen? Wir Menschen stoßen so viel CO₂ in unsere Atmosphäre aus, dass wir die Kapazität für Leben auf unserem Planeten verringern. Wissenschaftler, Ingenieure und Unternehmer versuchen, CO₂ aus diesen Punktquellen aufzufangen, damit es nicht in die Atmosphäre gelangt. Und sie müssen es irgendwo unterbringen. Aus diesem Grund müssen wir weiterhin Lagermöglichkeiten für CO₂ erforschen -- möglicherweise unterirdisch. Nur so können wir es sicher lagern. Sind die Untergrundmikroben ein Problem, weil sie zu langsam CO₂ aufnehmen? Oder werden sie hilfreich sein, indem sie das Gas in Mineral umwandeln? Wenn wir aus einer Studie in Costa Rica einen solchen Durchbruch erzielen, dann ist noch viel Potential vorhanden. Dieses neue Gebiet der Geobiochemie oder Tiefenbiologie oder wie auch immer wird enorme Auswirkungen haben, nicht nur für den Klimawandel, sondern auch für das Verständnis der Entwicklung von Leben und Erde, sowie für industrielle oder medizinische Produkte. Vielleicht sogar um Erdbeben vorherzusagen oder außerirdisches Leben zu finden. Es könnte uns sogar helfen, den Ursprung des Lebens zu verstehen. Glücklicherweise muss ich das nicht alleine machen. Ich habe erstaunliche Kollegen auf der ganzen Welt, die zu den Geheimnisse dieser unterirdischen Welt vordringen. Dieses tief vor uns vergrabene Leben erscheint vielleicht irrelevant. Aber in Wahrheit kann dieses seltsame, langsame Leben tatsächlich die Antworten auf einige der größten Geheimnisse des Lebens auf Erden bereithalten. Danke. (Applaus)