Cloe Shasha: Willkommen, Ibram, vielen Dank, dass Sie hier sind. Ibram X. Kendi: Danke, Cloe und Whitney, und danke an alle, die bei diesem Gespräch dabei sind. Vor ein paar Wochen, am selben Tag, an dem wir vom brutalen Mord an George Floyd hörten, hörten wir auch von einer weißen Frau im Central Park. Sie hatte ihren Hund nicht angeleint und ein schwarzer Mann sagte ihr, dass sie ihn anleinen müsse. Daraufhin drohte sie dem Schwarzen, rief die Polizei und behauptete, ihr Leben sei in Gefahr. Als wir in einem Video davon erfuhren, waren viele Amerikaner natürlich empört, und diese Frau, Amy Cooper, kam schließlich im landesweiten Fernsehen und sagte wie unzählige andere Amerikaner, die rassistisch gehandelt hatten: "Ich bin keine Rassistin." Und ich sage "unzählige Amerikaner", denn wenn man über die Geschichte von Amerikanern nachdenkt, die rassistische Ideen äußern, rassistische Politik unterstützen, geht es wirklich um die Geschichte von Leuten, die behaupten, keine Rassisten zu sein. Denn jeder behauptet, kein Rassist zu sein, egal, ob wir von den Amy Coopers dieser Welt sprechen, ob wir von Donald Trump sprechen. Gleich nach seiner Äußerung über das überwiegend schwarze Baltimore, es sei ein rattenverseuchtes Loch, in dem kein Mensch leben wolle, und auf die Reaktion darauf, er sei Rassist, sagte er: "Ich bin die am wenigsten rassistische Person der Welt." Das Wesen des Rassismus bestand immer aus Leugnung, und die Aussage lautete stets: "Ich bin kein Rassist." Deshalb möchte ich mit meiner Arbeit bewirken, dass Amerikaner das Konzept "kein Rassist" aus dem Vokabular streichen und begreifen, dass wir entweder Rassisten oder Antirassisten sind. Wir äußern Vorstellungen, die nahelegen, dass ethnische Gruppen besser oder schlechter als andere, überlegen oder unterlegen sind. Wir handeln entweder rassistisch oder antirassistisch. Wir bekunden die Vorstellung, ethnische Gruppen seien gleichgestellt -- trotz kultureller oder ethnischer Unterschiede. Entweder unterstützen wir Politik, die zu ethnischer Ungleichheit und Unrecht führt, wie in Louisville, wo Breonna Taylor ermordet wurde, oder wir unterstützen und forcieren Politik, die zu Recht und Gleichheit für alle führt. Daher sollte es uns sehr klar sein, ob wir rassistische Vorstellungen äußern, ob wir rassistische Politik unterstützen, und wir sollten zugeben, wenn wir es tun, denn Antirassist zu sein heißt, rassistische Äußerungen zuzugeben, zu sagen: "Wissen Sie was? Damals im Central Park handelte ich tatsächlich rassistisch. Aber ich werde mich ändern. Ich werde mich bemühen, Antirassist zu sein." Rassist zu sein heißt, ständig die ethnischen Ungleichheiten in der gesamten amerikanischen Gesellschaft zu leugnen, ständig die rassistischen Vorstellungen in den amerikanischen Köpfen zu leugnen. Daher will ich eine gerechte und gleiche Gesellschaft aufbauen, und die einzige Möglichkeit, damit zu beginnen, ist, unseren Rassismus zuzugeben und eine antirassistische Welt aufzubauen. Danke. CS: Vielen Dank. Ihr Buch "Wie werde ich Antirassist" ist angesichts der Vorkommnisse ein Bestseller geworden. Darin sprechen Sie darüber, dass Rassismus und Antirassismus die einzigen Gegensätze sind, mit denen man Rassismus betrachten kann. Könnten Sie etwas mehr über die Grundsätze von Antirassismus sprechen -- für Menschen, die nicht wissen, wie sie Antirassisten sein können? IXK: Natürlich. In meinem Vortrag habe ich erwähnt, dass das Wesen des Rassismus Leugnung ist. Das wahre Wesen des Antirassismus ist Bekennen, die Erkenntnis, dass das Aufwachsen in dieser Gesellschaft irgendwann im Leben wohl dazu führt, rassistische Vorstellungen zu verinnerlichen, Vorstellungen von besseren und schlechteren ethnischen Gruppen. Denn wir glauben an die ethnische Hierarchie, weil Amerikanern systematisch vermittelt wurde, dass Schwarze gefährlicher sind, dass Schwarze eher kriminell sind. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Schwarze 40 Prozent der Gefängnisinsassen stellen. Das erscheint den Leuten normal. Wir leben in einer Gesellschaft, wo in einer Stadt wie Minneapolis Schwarze 20 Prozent der Bevölkerung stellen, aber mehr als 60 Prozent Opfer von Polizeischießereien sind. Das erscheint normal. Also bedeutet Antirassismus, zu glauben, dass Schwarze oder andere ethnische Gruppen nicht andersartig oder minderwertig sind. Es gibt nichts Gefährliches an Schwarzen oder anderen ethnischen Gruppen. Wenn wir diese ethnische Ungleichheit um uns herum sehen, betrachten wir sie als anormal und beginnen zu verstehen: Welche Politik steckt dahinter, dass so viele Schwarze von der Polizei umgebracht werden? Welche Politik steckt dahinter, dass sich unverhältnismäßig viele Latinos mit COVID anstecken? Was kann ich dazu beitragen, um diese Politik zu kippen und antirassistischer zu gestalten? Whitney Pennington Rodgers: Offenbar machen Sie einen Unterschied zwischen nicht rassistisch und antirassistisch. Könnten Sie das etwas genauer erklären? Was ist dieser Unterschied? IXK: Ganz einfach gesagt: Ein Nicht-Rassist ist ein Rassist, der seinen Rassismus verleugnet, und ein Antirassist ist jemand, der bereit ist, zuzugeben, dass er manchmal rassistisch handelt und der bereit ist, die sozialen Ungleichheiten und Rassenprobleme unserer Gesellschaft zu erkennen und in Frage zu stellen, indem er die Politik infrage stellt. Ich sage das, weil sogar Sklavenhalter und Sklavenhändler ihre Vorstellungen nicht als rassistisch in unserem Sinne betrachteten. Sie sagten Dinge wie: "Schwarze sind die verfluchten Nachfahren Hams und auf ewig zur Versklavung verflucht." Das heißt nicht: "Ich bin kein Rassist." Das heißt: "Gottes Gesetz." Sie sagten Dinge wie: "Laut Wissenschaft, Ethnologie, Naturgeschichte sind Schwarze von Natur aus zu Sklaverei und Unterwürfigkeit veranlagt. Das ist Naturgesetz. Ich bin kein Rassist. Ich tue nur, was die Natur mir vorgibt." Daher reicht dieses Konstrukt des Nicht-Rassistisch-Seins und der Leugnung des eigenen Rassismus zurück bis zu den Anfängen dieses Landes. CS: Ja. Und warum, glauben Sie, ist es für einige heute so schwer zu akzeptieren, dass Neutralität nicht ausreicht, wenn es um Rassismus geht? IXK: Vermutlich, weil es viel Mühe kostet, antirassistisch zu sein. Man muss sehr verletzlich sein. Man muss willens sein, zuzugeben, dass man unrecht hatte. Man muss willens sein, zuzugeben, dass man, wenn man etwa als Weißer mehr hat, nicht unbedingt mehr ist. Man muss zugeben, dass man zwar vielleicht im Leben viel gearbeitet hat, aber auch bestimmte Vorteile und daher Chancen hatte, die andere Menschen nicht hatten. Man muss all das zugeben, und es ist sehr schwer für Menschen, öffentlich oder sogar privat Selbstkritik zu üben. Vermutlich liegt es auch daran -- damit hätte ich wohl anfangen sollen --, wie man "rassistisch" definiert. Denn Menschen tendieren dazu, "rassistisch" als feste Kategorie, als Identität zu definieren. Das ist für eine Person wesentlich. Man wird zum Rassisten. Deshalb -- Rassisten werden auch mit schlechten, bösen Menschen assoziiert. Man assoziiert einen Rassisten mit einem Ku-Klux-Klan-Mitglied. Und sie sagen: "Ich bin nicht im Ku-Klux-Klan, ich bin kein schlechter Mensch, ich habe Gutes im Leben getan -- auch für Menschen anderer Hautfarbe. Deshalb kann ich kein Rassist sein. Das bin nicht ich. Aber so sollten wir Rassismus nicht definieren. "Rassist" ist ein deskripives Wort. Es beschreibt, was jemand zu jeder Zeit sagt oder tut. Wenn jemand eine rassistische Vorstellung äußert, ist er in dem Moment Rassist, wenn er sagt, dass Schwarze faul sind. Wenn er gleich danach die Kulturen der Einheimischen würdigt, ist er Antirassist. WPR: Wir kommen gleich zu einigen Fragen unserer Community. Ich denke, viele Menschen, die Ihre Vorstellung von Antirassismus hören, haben den Eindruck, dass das nur Weiße betrifft. Könnten Sie etwas dazu sagen, wie sich Schwarze und andere nicht-weiße ethnische Minderheiten beim Antirassismus einbringen und darüber nachdenken können? IXK: Natürlich. Wenn weiße Amerikaner gewöhnlich sagen: "Ich bin kein Rassist", sagen nicht-weiße Menschen häufig: "Ich kann kein Rassist sein, denn ich bin nicht weiß." Und manche nicht-weiße Menschen sagen, dass sie keine Rassisten sein können, weil sie keine Macht haben. In erster Linie arbeite ich gegen die Vorstellung, dass nicht-weiße Menschen keine Macht haben. Es gibt nichts Entmachtenderes, das man als nicht-weiße Person sagen oder denken kann, als dass man keine Macht hat. Nicht-weiße Menschen nutzen seit Langem die elementarste Macht, die jeder Mensch hat, und das ist die Macht, sich gegen die Politik zu wehren -- die Macht, sich gegen rassistische Politik und eine rassistische Gesellschaft zu wehren. Aber wenn man als nicht-weiße Person glaubt, dass Menschen, die aus Honduras und El Salvador hierher kommen, in dieses Land einfallen, wenn man glaubt, dass diese einwandernden Latinos Tiere und Vergewaltiger sind, dann wird man, ob als Schwarzer, Asiat oder Einheimischer, sich sicher nicht bemühen, für lateinamerikanische Immigranten einzustehen, anzuerkennen, dass Einwanderer aus Lateinamerika diesem Land genauso viel geben wie jede andere Personengruppe. Man wird sie als Menschen betrachten, die "einem den Job wegnehmen". Somit wird man rassistische Rhetorik unterstützen, rassistische Politik unterstützen, und das, obwohl man sich damit vermutlich selbst schadet. Mit anderen Worten: Wenn man schwarz ist, schadet man wohl Einwanderern aus Haiti und Nigeria, wenn man Asiat ist, Einwanderern aus Indien. Deshalb denke ich, ist es sogar für Nicht-Weiße essentiell, zu erkennen, dass sie die Macht haben, sich zu widersetzen. Und wenn Nicht-Weiße in anderen Nicht-Weißen ein Problem sehen, werden sie das Problem nicht als Rassismus erkennen. Jeder, der Rassismus nicht als das Problem sieht, handelt nicht antirassistisch. CS: Sie haben das am Anfang des Gesprächs angerissen. Aber Sie sprechen davon, dass aufgrund von Rassismus schwarze und nicht-weiße Communitys in Amerika systemisch benachteiligt werden, wodurch es dort sehr viel mehr Todesfälle durch COVID-19 gibt. Trotzdem geben die Medien oft nicht-weißen Menschen die Schuld für ihre Krankheitsanfälligkeit. Angesichts dessen bin ich gespannt: Was ist die Beziehung zwischen Antirassismus und der Möglichkeit für systemischen Wandel? IXK: Es ist wohl eine direkte Beziehung. Denn wenn man ... ... an rassistische Vorstellungen glaubt und sie verinnerlicht, wird man nicht glauben, dass Wandel notwendig ist, weil man ethnische Ungleichheit für normal hält. Oder man glaubt nicht an einen möglichen Wandel. Anders gesagt, man glaubt: Der Grund, weshalb so viele Schwarze von der Polizei umgebracht oder so viele Latinos infiziert werden, ist, dass etwas mit ihnen nicht stimmt und sich das nicht ändern lässt. Deshalb sieht man nicht die geringste Notwendigkeit für einen systemischen Strukturwandel, geschweige denn für das eigene Engagement für systemischen Strukturwandel. Also bedeutet Antirassismus die Erkenntnis, dass es nur zwei Gründe für ethnische Ungleichheit gibt: Entweder stimmt etwas mit den Menschen nicht oder mit der Macht und der Politik. Menschengruppen tragen gemeinhin keine Schuld. Ich spreche hier von Gruppen, nicht von Einzelpersonen. Es gibt sicher einzelne Schwarze, die das Coronavirus nicht ernst genommen haben und sich deshalb angesteckt haben. Aber es gibt auch Weiße, die das Virus nicht ernst genommen haben. Studien haben gezeigt, dass Schwarze das Coronavirus vermutlich ernster nahmen als Weiße. Wir sprechen hier nicht von Einzelnen, und sollten sicher keine Gruppen herausheben. Wir sollten sicher nicht das individuelle Verhalten von Latinos oder Schwarzen betrachten und behaupten, sie verträten die Gruppe. Das ist an sich schon rassistisch. Deshalb spreche ich von Gruppen, und wenn man Gruppen für ebenbürtig hält, ist die einzige Alternative bzw. Erklärung für den Fortbestand von Ungleichheit und Unrecht -- Macht und Politik. Zeit in Umgestaltung und Anfechtung von Macht und Politik zu investieren, bedeutet hier, antirassistisch zu handeln. WPR: Wir erhalten einige Fragen aus dem Publikum. Die erste Frage stammt von einem Mitglied der Community: "Ein Privileg der Weißen ist es, keine schwierigen Gespräche zu führen. Glauben Sie, dass sich das gerade ändert?" IXK: Das hoffe ich, denn ich glaube, dass auch weiße Amerikaner gleichzeitig ihre Privilegien erkennen müssen. Privilegien, die ihnen zufielen, weil sie weiß sind. Die einzige Art, wie sie das tun können, ist, solche Gespräche anzustoßen und zu führen. Aber sie sollten auch zugeben: "Ja, wir haben mehr." Wegen der rassistischen Politik haben weiße Amerikaner mehr. Doch sollten sich weiße Amerikaner fragen, besonders, wenn sie diese Gespräche untereinander führen: Wenn die Gesellschaft gerechter wäre, hätten wir auch dann mehr? Denn ich frage mich: Weiße Amerikaner haben mehr aufgrund von Rassismus, aber es gibt andere Gruppen in anderen westlichen Demokratien, die mehr haben als weiße Amerikaner. Also stellt sich die Frage: Warum gibt es in anderen Ländern kostenlose medizinische Versorgung? Warum gibt es bezahlte Elternzeit? Warum gibt es ein starkes soziales Sicherungsnetz? Warum haben wir das nicht? Einer der Hauptgründe, warum es das hier nicht gibt, ist Rassismus. Einer der Hauptgründe, warum Donald Trump Präsident der USA ist, ist Rassismus. Ich verlange von weißen Amerikanern nicht wirklich Altruismus, um antirassistisch zu sein. Eigentlich fordern wir von den Menschen intelligentes Eigeninteresse. Jene 4, eher 5 Millionen arme Weiße im Jahr 1860, deren Armut das direkte Ergebnis des Reichtums von wenigen Tausend weißen Sklavenhalterfamilien war -- um die Sklaverei zu bekämpfen, forderten wir von ihnen keinen Altruismus. Nein, sie sollten vielmehr aus Eigeninteresse handeln. Jene Millionen weiße Amerikaner, die durch die Pandemie ihren Job verloren haben, von ihnen fordern wir keinen Altruismus. Wir fordern sie auf, zu begreifen, dass es ihnen mit einer anderen Regierung, mit anderen Prioritäten jetzt viel besser gehen würde. Entschuldigung, damit will ich gar nicht erst anfangen. CS: Nein, wir sind Ihnen dankbar. Danke. Ich möchte hier anknüpfen. Die Proteste und die Bewegung haben offenbar Fortschritte gebracht: die Beseitigung von Südstaaten-Denkmälern oder das Versprechen des Stadtrats von Minneapolis, die Polizei aufzulösen. Aber was betrachten Sie in diesem Kampf um Gerechtigkeit als höchste Priorität auf politischer Ebene? Können wir von anderen Ländern etwas lernen? IXK: Ich glaube nicht unbedingt, dass es eine besondere politische Priorität gibt. Wenn ich gezwungen wäre, zu antworten, würde ich zwei nennen. Das ist zum einen hochwertige medizinische Versorgung für alle. Wenn ich "hochwertig" sage, spreche ich nicht nur von allgemeiner medizinischer Grundversorgung, ich spreche von einem flächendeckenden Plan. In dessen Rahmen sollte auch das ländlich geprägte Südwest-Georgia, wo die Menschen vorwiegend schwarz sind und es wegen COVID mit die höchsten Todesraten im Land gibt -- jene Gebiete in Südwest-Georgia sollten auch Zugang zu einem Gesundheitswesen von so hoher Qualität wie Menschen in Atlanta oder New York City haben. Außerdem sollte das Gesundheitswesen kostenlos zur Verfügung stehen. So viele Amerikaner sterben dieses Jahr natürlich nicht nur an COVID, sondern auch an Herzleiden und Krebs, den vor COVID häufigsten Todesursachen von Amerikanern. Und die große Mehrheit ist schwarz. Das würde ich nennen und zum zweiten: Reparationen. Viele Amerikaner behaupten, dass sie an ethnische Gleichheit glauben und dass sie sie verwirklichen wollen. Vielen Amerikanern ist klar, wie wichtig die wirtschaftliche Existenz für jedermann in diesem Land, in diesem Wirtschaftssystem ist. Aber viele Amerikaner befürworten Reparationen nicht oder lehnen sie ab. Deshalb haben wir eine Situation, in der weiße Amerikaner, soweit ich informiert bin, ein zehnmal höheres mittleres Vermögen haben als schwarze. Laut einer kürzlich erstellten Studie wird bis 2053 -- zwischen jetzt und 2053 -- das mittlere Vermögen von Weißen wachsen, und das war vor der aktuellen Rezession. Dagegen wird erwartet, dass das mittlere Vermögen von Schwarzen stagniert. Aufgrund der aktuellen Rezession kann sich das noch 10 Jahre so fortsetzen. So haben wir nicht nur eine ethnische Vermögenskluft, sondern eine, die weiter anwächst. Das sage ich Amerikanern, die behaupten, für ethnische Gleichheit zu stehen, die Bedeutung von wirtschaftlicher Existenz zu begreifen und auch zu wissen, dass Vermögen vererbt wird -- und das meiste Vermögen wird vererbt. Wenn man an unser Erbe denkt, denkt man an die Vergangenheit und die vergangene Politik, die viele Amerikaner für rassistisch halten, ob es um Sklaverei oder sogar Redlining geht. Wie könnten wir diese wachsende ethnische Vermögenskluft zumindest ein wenig schließen außer mit einem groß angelegten Reparationsprogramm? WPR: Im Zusammenhang mit Vermögenskluft und Vermögensungleichheit in diesem Land haben wir eine Frage von Communitymitglied Dana Perls: "Wie sollen liberale weiße Organisationen effektiv das Problem des Rassismus am Arbeitsplatz angehen, besonders dort, wo sich Leute bei Rassismus nicht einmischen oder Alibi-Aussagen machen, ohne der Sache nachzugehen?" IXK: Natürlich. Ich möchte einige Vorschläge machen. Zum einen verpflichtet sich seit mehreren Jahrzehnten jeder Arbeitsplatz öffentlich zur Wahrung der Diversität. Es gibt dort in der Regel Diversitäts-Erklärungen. Ich würde prinzipiell diese Erklärungen zerreißen und neue schreiben, nämlich Erklärungen, die sich dem Antirassismus verpflichten. Darin würde man klarstellen, was eine rassistische Vorstellung ist, was eine antirassistische Vorstellung ist, was rassistische Politik ist, und was antirassistische Politik ist. Als Arbeitgeber würde man darlegen, dass man sich einer antirassistischen Kultur verpflichtet und eine Institution ist, die auf antirassistischen Prinzipien basiert. So kann jeder die Vorstellungen aller Beteiligten und die Prinzipien dieses Arbeitsplatzes anhand solcher Dokumente messen Ich denke, das kann den Prozess des Wandels anstoßen. Ich denke auch, es ist entscheidend, dass am Arbeitsplatz nicht nur das Personal diversifiziert wird, sondern auch die Führungsebene. Ich denke, auch das ist absolut entscheidend. CS: Wir erhalten weitere Fragen aus dem Publikum. Hier ist eine von Melissa Mahoney. Sie fragt: "Donald Trump macht offenbar "Black Lives Matter" zu einem Parteithema. Er verspottet etwa Mitt Romney, weil er an einem friedlichen Protest teilnahm. Wie lässt sich das von Parteipolitik trennen?" IXK: Wenn man sagt, das Leben schwarzer Menschen sei ein Manifest der Demokraten, behauptet man gleichzeitig, dass Republikaner das Leben schwarzer Menschen nicht wertschätzen. Wenn das im Kern Donald Trumps Aussage ist, wenn er behauptet, es sei problematisch, für das Leben schwarzer Menschen zu demonstrieren, was ist dann die Lösung? Die Lösung ist, nicht zu demonstrieren. Und die Alternative? Nicht für das Leben von Schwarzen zu demonstrieren, sich nicht darum zu scheren, wenn Schwarze durch Polizeigewalt oder COVID umkommen. Meiner Meinung nach machen wir es zu einem unparteiischen Thema, indem wir zurückschlagen oder angemessen argumentieren. Sicher werden Republikaner behaupten, dass sie das nicht sagen, aber es ist sehr einfach: Entweder man glaubt, das Leben von Schwarzen zählt, oder nicht. Und wenn man es glaubt, weil man an Menschenrechte glaubt, dann glaubt man an das Menschenrecht von Schwarzen und anderen, zu leben und sich nicht vor Polizeigewalt und dem Staat fürchten zu müssen, nicht fürchten zu müssen, dass ein friedlicher Protest aufgelöst wird, weil irgendein Politiker eine Wahlkampf-Chance sieht. Dann wird man politische Regeln einführen, die das beweisen. Oder auch nicht. WPR: Ich möchte fragen wie man über Antirassismus reflektieren und ihn ins eigene Leben integrieren kann. Ich vermute, dass viele heute zuhören und denken: "Ich muss sehr darauf achten, wie meine Worte und Taten wahrgenommen werden. Welche Absicht wird hinter meinen Worten gesehen?" Das kann ermüdend werden. Das schließt an diese Vorstellung von Politik an. Ich bin gespannt. Man muss auf dem mühsamen Weg zum Antirassismus viel nachdenken. Wie reagieren Sie, was antworten Sie denen, die sich angesichts mentaler Erschöpfung durch ständiges Nachdenken Sorgen machen, wie das eigene Handeln andere verletzen oder ihnen schaden könnte? IXK: Ich denke, Teil der Sorge wegen mentaler Erschöpfung ist die Vorstellung, dass man keine Fehler machen will. Ich glaube, antirassistisch zu sein bedeutet, Fehler zu machen und zu erkennen, wann man einen Fehler macht. Für uns ist entscheidend, klare Definitionen zu haben, damit wir unsere Worte und Taten einschätzen können. Wenn wir einen Fehler machen, geben wir ihn zu: "Das war eine rassistische Vorstellung." "Ich habe rassistische Politik unterstützt, aber das ändert sich." Außerdem sollten wir auch erkennen, dass wir in vieler Hinsicht süchtig sind. Mit "wir" meine ich Einzelne und mit Sicherheit das Land, das süchtig nach Rassismus ist. Das ist einer der Gründe, warum so viele Menschen leugnen. Man leugnet meistens seine Sucht. Aber wenn man begreift, dass man süchtig ist -- jeder, der süchtig ist --, spricht man mit Freunden und Familienmitgliedern, die einen Entzug von einer Drogensucht durchmachen. Sie sagen nicht einfach, dass sie geheilt sind, dass sie nicht ständig daran denken müssen. Jemand im Alkoholentzug wird sagen: "Es ist ein täglicher Prozess und ich gehe ihn jeden Tag, jeden Moment neu an. Ja, es ist schwer, mich davor zu bewahren, in meine Sucht zurückzufallen, aber zur selben Zeit ist es erlösend und befreiend, weil mich die Sucht nicht länger im Griff hat. Ich muss wegen der Sucht anderen Menschen nicht mehr wehtun." Das ist entscheidend. Wir denken zu oft darüber nach, wie wir uns fühlen, und weniger darüber, wie sich andere durch unser Handeln und Denken fühlen. Dazu hat das George-Floyd-Video die Amerikaner gezwungen: wirklich zu sehen und zu hören, wie sich jemand aufgrund von Rassismus fühlt. CS: Wir haben noch eine Frage aus dem Publikum. Sie lautet: "Können Sie etwas zur Intersektionalität zwischen der Arbeit mit Antirassismus, Feminismus und Schwulenrechten sagen? Wie korreliert die Antirassismus-Arbeit mit diesen Menschenrechtsfragen? IXK: Natürlich. Ich definiere einen rassistischen Gedanken als Vorstellung, die nahelegt, dass eine ethnische Gruppe einer anderen überlegen oder unterlegen ist. Und ich benutze den Begriff ethnische Gruppe und nicht Rasse. denn jede Rasse ist eine Sammlung rassisch determinierter intersektionaler Gruppen. Es gibt also schwarze Frauen und schwarze Männer, schwarze Heterosexuelle und schwarze Schwule, genauso wie Latinas, weiße Frauen und asiatische Männer. Es ist wesentlich, zu verstehen, dass rassistische Vorstellungen nicht nur beispielsweise auf Schwarze abzielen. Es gibt heute rassistische Vorstellungen im Hinblick auf schwarze Frauen, auf schwarze Lesben und schwarze Transgender-Frauen. Oft überschneiden sich diese rassistischen Vorstellungen mit anderen Arten der Engstirnigkeit, die auch auf diese Gruppen abzielen. Hier ein Beispiel über schwarze Frauen: Eine der ältesten rassistischen Vorstellungen über schwarze Frauen war, sie seien minderwertig oder sogar gar keine Frauen und sie seien schlechter als weiße Frauen, die die Krönung der Weiblichkeit sind. Diese Vorstellung überschneidet sich mit der sexistischen Vorstellung, dass Frauen schwach sind; je schwächer eine Frau ist, umso weiblicher ist sie, und je stärker eine Frau ist, desto männlicher ist sie. Diese zwei Vorstellungen überschneiden sich. Sie entwürdigen ständig schwarze Frauen als "stark, schwarz und männlich" und als minderwertig gegenüber der schwachen weißen Frau. Man kann diese Konstrukte der schwachen, superweiblichen weißen Frau und der starken, hypermännlichen schwarzen Frau nur verstehen, wenn man sexistische Vorstellungen begreift und wenn man sexistische Vorstellungen ablehnt. Ich möchte kurz anmerken: Dasselbe gilt für die Überschneidung von Rassismus und Homophobie. Von schwarzen Schwulen wird angenommen, dass sie hypersexueller sind, weil die Vorstellung existiert, dass Schwule hypersexueller sind als Heterosexuelle. So werden schwarze Schwule als hypersexueller bezeichnet als weiße Schwule und schwarze Heterosexuelle. Das kann man nicht wirklich wahrnehmen, verstehen und ablehnen, wenn man nicht auch Homophobie ablehnt, versteht und anficht. WPR: Zum Thema Anfechtung haben wir eine Frage von Maryam Mohit aus der Community: "Wie sehen Sie den Zusammenhang von Cancel Culture und Rassismus? Wenn also etwa jemand bereits etwas Rassistisches getan hat und es ans Licht kommt?" Wie reagiert man darauf? IXK: Wow. Das ist sehr komplex. Ich ermutige die Leute natürlich, sich zu ändern, zuzugeben, wann sie rassistisch gehandelt haben. Als Gemeinschaft müssen wir das Menschen natürlich ermöglichen. Wenn jemand rassistisches Handeln zugibt, können wir ihn natürlich nicht gleich ausschließen. Aber ich denke auch, dass es Menschen gibt, die etwas Ungeheuerliches tun und absolut nicht begreifen wollen, wie ungeheuerlich ihr Handeln ist. An einem bestimmten Punkt steht also nicht nur die entsetzliche, grausame Tat, sondern darüber hinaus die Weigerung, sie überhaupt zuzugeben. In diesem Fall kann ich verstehen, warum man sie ausschließen will. Ich glaube, wir brauchen andererseits eine Art Konsequenz, eine öffentliche, kulturelle Konsequenz, wenn jemand sich rassistisch verhält, besonders in sehr schweren Fällen. Viele Leute haben sich entschieden: "Ich schließe solche Typen aus." Ich will sie nicht gleich kritisieren, doch ich denke, wir sollten unterscheiden zwischen denen, die sich weigern, sich zu ändern, und denen, die einen Fehler machen, ihn erkennen und sich wirklich bemühen, sich zu ändern. CS: Ich glaube, es ist ein Anliegen vieler Aktivisten, dass die Triebkraft der Black-Lives-Matter-Bewegung hoch bleibt, damit antirassistischer Wandel geschieht. Das gilt auch für das, was Sie gerade gesagt haben. Ich bin auf Ihre Meinung gespannt: Wenn die Proteste abflauen und Spenden-Kampagnen weniger Erfolge erzielen -- wie können wir garantieren, dass die Antirassismus-Debatte im Fokus bleibt? IXK: Natürlich. Eines der letzten Kapitel des Buchs "Wie man Antirassist wird" heißt "Scheitern". Ich schrieb über das, was ich "Eintreten für Gefühle" nenne. Es betrifft Menschen, die sich wegen der Ereignisse schlecht fühlen -- was George Floyd passiert ist und was Ahmaud Arbery oder Breonna Taylor passiert ist. Sie haben Probleme mit diesem Land und dem Weg, den es eingeschlagen hat. Um sich besser zu fühlen, gehen sie zu Demonstrationen. Um sich besser zu fühlen, spenden sie an bestimmte Organisationen. Um sich besser zu fühlen, lesen sie Bücher. Das tun viele Amerikaner -- und wenn sich Menschen dann besser fühlen, so etwa durch die Teilnahme an Lesegruppen, Demonstrationen oder Spendenkampagnen, dann wird sich außer ihren eigenen Gefühlen nichts ändern. Deshalb müssen wir über unsere Gefühle hinausgehen. Menschen sollten sich zwar durchaus unwohl in ihrer Haut fühlen, aber wir sollten unsere Gefühle darüber, wie sehr uns die Ereignisse belasten, im Kampf dafür einsetzen, antirassistische Macht und Politik zu etablieren und zu realisieren. Anders gesagt: Unsere Gefühle sollten uns antreiben. Sie sollten dabei nicht der letzte Schluss sein. Es sollte nicht darum gehen, dass wir uns besser fühlen. Es sollte darum gehen, das Land zu ändern, und darauf müssen wir weiterhin unseren Blick richten. Denn sonst lassen wir uns, wenn alles vorbei ist und wir uns besser fühlen, in derselben Situation vom nächsten Video schockieren und fühlen uns schlecht -- dann setzt sich der Kreislauf fort. WPR: Wenn wir darüber nachdenken, was wir ändern können und wie wir das System, die Regierungen, die Polizei verbessern könnten -- gibt es Vorbilder in anderen Ländern? Die Geschichte der Vereinigten Staaten ist hinsichtlich Rasse und Unterdrückung einzigartig. Aber wenn man sich andere Länder und Kulturen ansieht: Gibt es Vorlagen, die als Beispiel dienen und die wir umsetzen könnten? IXK: Es gibt sehr viele. Es gibt Länder, in denen Polizisten keine Waffen tragen. Es gibt Länder mit mehr Einwohnern als in den Vereinigten Staaten, aber weniger Strafgefangenen. Es gibt Länder, die Gewaltkriminalität nicht mit mehr Polizei und Gefängnis bekämpfen, sondern mit mehr Jobs und mehr Chancen. Denn dort weiß und sieht man: In den Communities mit der höchsten Gewaltkriminalitäts-Rate herrschen gewöhnlich hohe Armut und hohe Langzeitarbeitslosigkeit. Ich glaube -- Und dann bieten andere Länder natürlich umfangreiche soziale Sicherungssysteme, so dass die Menschen nicht aus Armut kriminell werden, nicht aus Verzweiflung kriminell werden. Deshalb halte ich es für entscheidend wichtig für uns, in allererster Linie zu überlegen: Wenn die Menschen im Grund nicht böse sind, wie können wir dann Polizeigewalt reduzieren? Wie können wir ethnische Ungleichheiten im Gesundheitsbereich reduzieren? Welche Politik können wir ändern? Welche Politik hat funktioniert? Diese Art von Fragen müssen wir stellen, denn die Menschen sind im Grund nicht böse. CS: Sie schreiben in Ihrem "Atlantic"-Artikel "Who Gets to Be Afraid in America": "Es sollte nicht zählen, was ich bin -- ein Schwarzer --, sondern, wer ich bin." Damit drücken Sie in etwa aus, dass das anderswo vielleicht eher möglich ist. Meine Frage lautet: Wie sieht es in einem anderen Land aus, wo es wichtig ist, wer man ist? IXK: Für mich als schwarzen Amerikaner sieht es so aus, dass die Leute mich nicht als gefährlich betrachten und dadurch meine Existenz gefährden. Dadurch kann ich mich in diesem Land bewegen und glauben, dass man sich nicht wegen wegen meiner Hautfarbe vor mir fürchtet. Ich kann glauben, dass ich den Job nicht bekommen habe, weil das Gespräch nicht gut lief -- nicht wegen meiner Hautfarbe. Ich kann -- ein Land mit ethnischer Gleichheit, ein Land mit ethnischer Gerechtigkeit, ein Land mit Chancen für alle, ein Land, in dem afroamerikanische Kultur und uramerikanische Kultur, die Kultur mexikanische Amerikaner und koreanische Amerikaner gleichermaßen wertgeschätzt werden und in dem sich niemand an die weiße amerikanische Kultur anpassen muss. Ein Land, wo es keine Standard-Berufskleidung gibt, wo man nicht lernen muss, wie man Englisch spricht, um Amerikaner zu sein. Dann hätten wir nicht nur Gleichheit und Gerechtigkeit für alle, sondern wir hätten einen Weg gefunden, Unterschiede wertzuschätzen, alle ethnischen und kulturellen Unterschiede wertzuschätzen, die es in den USA gibt. Das könnte unser Land groß machen -- indem wir tatsächlich ein Land werden, wo man herumreisen, von anderen Kulturen aus aller Welt lernen und sie wertschätzen könnte, wo man durch die Begegnung mit anderen Menschen sogar die eigene Kultur versteht. Es gibt so viel Schönheit hier zwischen all dem Schmerz -- und ich will sie ablösen, will sie beseitigen, all die Schorfe der rassistischen Politik, damit die Menschen heilen und wir echte Schönheit sehen können. WPR: Wenn Sie über den Zeitpunkt nachdenken: Wann gelangen wir auf der Skala des Fortschritts zu dieser wahren Schönheit? IXK: Was mich betrifft, so sehe ich immer Fortschritt und Widerstand in Demonstrationen. Ich weiß, allein weil Menschen auf Marktplätzen und an Rathäusern ihre Stimmen erheben und fortlaufenden systemischen Wandel fordern, ist dieser Wandel hier. Sie erheben ihre Stimme -- in kleinen und in großen Städten, an Orten, die wir alle kennen, und Orten, die wir kennenlernen sollten. Sie fordern den Wandel, sie haben genug. Wir leben in einer Zeit, in der uns eine virale Pandemie bedroht, eine ethnischen Pandemie innerhalb der viralen, bei der sich unverhältnismäßig viele Nicht-Weiße infizieren und sterben; sogar eine wirtschaftlichen Pandemie, durch die über 40 Millionen Amerikaner ihre Arbeit verloren haben; und sicher eine Pandemie der Polizeigewalt -- gegen die die Menschen dann demonstrieren und dabei genau diese Polizeigewalt erleiden. Die Menschen sehen, hier gibt es ein grundlegendes Problem, ein Problem, das lösbar ist. Man kann ein anderes Amerika erschaffen; das fordern die Menschen und das ist immer der Anfang. Diesen Anfang erleben wir gerade. CS: Die nächste Publikumsfrage passt hier gut dazu: "Was gibt Ihnen gerade Hoffnung?" IXK: Widerstand gegen Rassismus hat mir immer Hoffnung gegeben. Auch wenn, sagen wir, vor sechs Monaten nicht jeden Abend überall im Land gegen Rassismus demonstriert wurde. Aber ich baue auf die Geschichte von Protesten. Widerstand gibt mir immer Hoffnung, weil es immer um Widerstand geht und weil er natürlich stürmisch ist. Aber auf der anderen Seite ist meist ein Regenbogen. Doch ich schöpfe auch Hoffnung aus der Philosphie, weil ich weiß, dass wir für die Umsetzung von Wandel an Wandel glauben müssen. Wer etwas verändern will, darf nicht zynisch sein. Das ist unmöglich. Deshalb muss ich an Wandel glauben, um ihn umzusetzen. WPR: Wir haben eine weitere Frage, die einige bereits angesprochene Themen zum notwendigen strukturellen Wandel aufgreift. Maryam Mohit fragt: "Wie wichtig ist es, um die Politik des Wandels anzustoßen, auf allen Ebenen lauthals Leute in Ämter zu wählen, die diesen Wandel umsetzen können?" IXK: Ich denke, das gehört dazu. Auf jeden Fall sollten wir, angefangen bei Schulbehörden bis hin zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, Leute in Ämter wählen, die sich für antirassistische Politik einsetzen, um für Gleichheit und Gerechtigkeit zu sorgen. Das halte ich für entscheidend wichtig. Aber ich denke nicht, dass wir uns nur darauf konzentrieren oder nur das tun sollten. Es gibt Institutionen, es gibt Wohnviertel, die umgestaltet werden müssen, sich aber zu einem gewissen Grad außerhalb der Zuständigkeit von gewählten politischen Entscheidungsträgern befinden. Es gibt Verwaltungspersonal, Firmenchefs und Vorsitzende, die die Macht haben, in ihrem Umfeld, in ihrer Institution Wandel zu bewirken -- da sollte unser Fokus liegen. Noch ein letztes Wort zu Wahlen: Ich schrieb zu Jahresbeginn eine Artikelreihe für "The Atlantic", die die Amerikaner zum Nachdenken über die sogenannten "anderen Wechselwähler" anregen sollte. Nicht die üblichen Wechselwähler zwischen Republikanern und Demokraten, die überwiegend älter und weiß sind, sondern solche, die einmal die Demokraten wählen und dann gar nicht zur Wahl gehen. Diese Leute sind normalerweise jünger und normalerweise nicht weiß, es sind meistens junge Nicht-Weiße, meistens junge Schwarze und Lateinamerikaner. Wir sollten diese Leute, diese jungen Schwarzen und Latino-Wähler, die sich überlegen, ob sie als Wechselwähler agieren, genauso betrachten wie die Leute, die sich überlegen, ob sie für Trump oder Biden als Präsidenten stimmen. Beide als Wechselwähler zu betrachten, bedeutet, beide so zu betrachten, dass wir sie überzeugen müssen. Sie sind kein Wahlvieh. Wir sollten sie nicht einfach verwerfen. Wir müssen sie ermutigen und überzeugen. Wir müssen es für diese anderen Wechselwähler leicher machen, zu wählen. Für junge Nicht-Weiße ist es aufgrund der Regelungen zur Wähler-Verhinderung meistens am schwersten, zu wählen. CS: Danke, Ibram. Wir werden dieses Interview nun beenden. Aber ich möchte Sie bitten, etwas vorzulesen, was Sie vor kurzem auf Instagram geschrieben haben, einen wunderschönen Text zu einem Foto Ihrer Tochter. Ich bitte Sie, ihn mit uns zu teilen und uns zu erklären, wie wir uns diese Perspektive selbst aneignen können. IXK: Natürlich. Ich habe ein Bild meiner vierjährigen Tochter Imani eingestellt und darunter geschrieben: "Ich liebe, und weil ich liebe, leiste ich Widerstand. Es gibt viele Theorien darüber, was die wachsenden Proteste gegen Rassismus antreibt, öffentlich und privat. Ich möchte eine weitere anbieten: Liebe. Wir lieben. Wir wissen, unsere Nächsten, besonders unsere schwarzen Nächsten, sind angesichts rassistische Gewalt in Gefahr. Ich werde ständig gefragt, was mich antreibt. Es ist dasselbe: Liebe. Liebe zu diesem kleinen Mädchen, Liebe zu allen kleinen und großen Menschen, denen ich ein erfülltes Leben in der Fülle ihres Menschseins wünsche, ungehindert von rassistischer Politik, nicht gedemütigt von rassistischen Vorstellungen, nicht terrorisiert von rassistischer Gewalt. Lasst uns antirassistisch sein. Lasst uns Leben schützen. Lasst uns die Menschenrechte verteidigen, um in vollem Maße zu leben, weil wir lieben." Cloe, ich wollte nur betonen: Das Herzstück des Antirassismus ist Liebe, Liebe zum eigenen Land, Liebe zur eigenen Menschlichkeit, Liebe zu den Verwandten, zu Familie und Freunden, und natürlich Liebe zu sich selbst. Für mich bedeutet Lieben Handeln. Für mich bedeutet Liebe, anderen, auch mir selbst, dabei zu helfen, ständig in eine bessere Version meiner Identität bzw. ihrer angestrebten Identität hineinzuwachsen. Dieses Land und die Menschheit zu lieben bedeutet, die Menschen aktiv dazu zu bewegen, sich selbst zu optimieren. Doch wir können uns nicht optimieren, wir können keine bessere Menschheit schaffen, solange wir noch die Fesseln des Rassismus tragen. WPR: Das ist wunderschön. Ich schätze Ihren Beitrag sehr, Ibram. Hier wird sehr deutlich, dass es keine einfache Lösung gibt. Es gibt keine provisorische Lösung, die alles verschwinden lässt und uns die Arbeit abnimmt. Ich weiß Ihre Ehrlichkeit und Besonnenheit im heutigen Gespräch wirklich zu schätzen. IXK: Gern geschehen. Danke, dass Sie heute mit mir gesprochen haben. CS: Ganz herzlichen Dank, Ibram. Wir sind dankbar, dass Sie hier waren. IXK: Vielen Dank.