Vernunft und Verstand -
ist das nicht dasselbe?
Na ja, nicht immer.
Verstand heißt ja nicht
immer gleich „verstehen“
und erst recht nicht
vernünftig verstehen.
Unverständlich??
Immanuel Kant hat es
jedenfalls so verstanden:
Sachhaltige Erkenntnis
vollzieht sich allein
im Zusammenspiel von sinnlicher
Wahrnehmung und dem Verstand.
Ohne die Wahrnehmung würde uns
kein Gegenstand gegeben,
und ohne den Verstand
keiner gedacht werden.
Denn Gedanken ohne Inhalt sind leer,
Anschauungen ohne Begriffe sind blind.
Der Verstand ist also das Vermögen,
Begriffe logisch wahrnehmen zu können,
ihm gegenüber stehen Gefühle.
Die Vernunft hingegen ist als früheres
Vermögen noch eine Stufe darüber:
Sie kontrolliert, setzt Schranken
und fasst Verstand, Gefühl
und Urteilskraft zusammen
und wird somit zum wichtigsten Mittel
der geistigen Reflexion
und eine Art moralische Instanz.
Verstand ist zum Beispiel sehr nützlich,
uns vor Dummheit zu bewahren
und unseren Willen im Zaum zu halten.
Er ist eine Art, erste Selektion
und liefert der Vernunft
das Material geistiger Tätigkeit.
Egal wie stark mein Wille ist,
nach der Kneipentour
angetütelt Auto zu fahren
sollte mein Verstand nicht zulassen.
Daher nennt man ihn ja auch
den gesunden Menschenverstand.
Aber eigentlich sollte
dies selbstverständlich sein.
Da müsste man gar nicht
lange kombinieren.
Und jetzt sind wir nämlich schon
bei der Vernunft angelangt.
Sie wird es nämlich gar nicht
so weit kommen lassen,
so eine unvernünftige Idee
überhaupt in Betracht zu ziehen.
Ganz nach dem Ausspruch
des polnischen Schriftstellers Brudzinski:
“Der Verstand sieht jeden Unsinn,
die Vernunft rät,
manches davon zu übersehen.“
Verstanden?
Wir sollten unser Handeln in Maßen zügeln
damit wir unseren Verstand
und die Vernunft nicht überfordern.
Wie schön wäre es, wenn das in der Praxis
häufiger zur Anwendung gelangte.
Aber wie schon Oskar Wilde wusste,
„Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen,
das immer dann die Ruhe verliert,
wenn von ihm verlangt wird, dass es
nach Vernunftgesetzen handeln soll.“