Was muss man sich unter einer Analytischen Philosophie vorstellen? Philosophen beim Analytiker? Philosophie im Labor? Philosophierende Computer? Die Analytische Philosophie ist eigentlich keine einheitliche Philosophie, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Richtungen, die eines gemeinsam haben: Mit Kontinentalphilosophie wollen sie nichts zu tun haben. Kein Platon, Augustinus, kein Descartes, Leibniz und auch kein Kant! Zum Glück stammen die Gründerväter Bertrand Russell und George Edward Moore nicht vom Kontinent sondern von der Insel. Und noch was haben sie gemeinsam: Sie sind überzeugt, dass die Untersuchung der Sprache eine zentrale Rolle bei der Lösung philosophischer Probleme hat. Diese Hinwendung zur Sprache, auch linguistic turn genannt, führt dazu, dass analytische Philosophie häufig auch schlicht als Sprachphilosophie bezeichnet wird. Ludwig Wittgensteins vertritt in seinem Frühwerk "tractatus logico-philosophicus", folgende Ansicht: Man kann philosophische Probleme nur verstehen, wenn man begreift, durch welche Fehlanwendung von Sprache sie überhaupt erzeugt werden. Ziel dieser Untersuchung ist die Unterscheidung von sinnvollen und unsinnigen Sätzen. 1911 verließ Wittgenstein zeitweise den Kontinent und ging nach Cambridge, um das damalige Mastermind der Sprachphilosophie, Bertrand Russel zu hören. Russel war zunächst wenig beeindruckt: "Nach der Vorlesung kam ein hitziger Deutscher, um mit mir zu streiten. Eigentlich ist es reine Zeitverschwendung, mit ihm zu reden." Doch bald änderte er sein Urteil. Der Tractatus hatte großen Einfluss auf den "Wiener Kreis". Und Wien liegt eindeutig auf dem Kontinent. Rudolf Carnap der Mitbegründer des Wiener Kreises findet, dass metaphysische Sätze sinnlose Scheinsätze sind. Das heißt, wenn in einem Satz Worte vorkommen wie "Gott", "das Unendliche", das "Wesen", dann kann man mit diesen Satz nichts anfangen. Ein Amerikaner mit dem schönen Namen Willard Van Orman Quine sorgte dann mit einem einzigen Aufsatz für eine Krise in der Analytischen Philosophie, in dem er mit "Zwei Dogmen des Empirismus" aufräumte: Theorien können nicht immer in empirisch überprüfbare Einzelaussagen zerlegt werden. Und die Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Sätzen ist Quatsch. Synthetische Sätze? Was soll das denn wieder sein? Sätze aus dem Synthesizer? Nein! Ein analytischer Satz ist z. B. "Der Pudel ist ein Hund". Im Subjekt "Pudel" ist das Prädikat "Hund sein" als gedanklicher Inhalt schon enthalten. "Der Pudel ist frisiert." Hier ist die Eigenschaft nicht im Wort enthalten. Man kann nicht davon ausgehen, dass jeder Pudel frisiert ist. Also ist dies ein synthetischer Satz. Alles klar? Pudel Hin oder her, ob Quine damit überhaupt noch als analytischer Philosoph gelten darf, ist eine andere Frage ... Er lebte zumindest nicht auf dem Kontinent, sondern in den USA. Und unser Schlusszitat kommt von dem berühmten Philosophen Karl Popper: "Ein Philosoph, der sich sein Leben lang mit der Sprache beschäftigt, ist wie ein Zimmermann, der seine ganze Arbeitszeit damit verbringt, seine Werkzeuge zu schärfen." Das Wittgenstein einmal auf Popper mit einem Feuerhaken losgegangen ist, ist eine andere Geschichte …