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Einblicke in Autismus | Carina Morillo | TEDxRíodelaPlata

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    "Schau mich an!"
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    Diese Worte machten aus mir
    einen "Augenkontakt-Trainer".
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    Ich bin Ivans Mutter, er ist 15 Jahre alt.
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    Ivan hat Autismus,
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    er spricht nicht.
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    Er kommuniziert mittels eines iPads,
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    in dem sein ganzer Wortschatz
    in Form von Bildern abgelegt ist.
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    Er bekam die Diagnose,
    als er zweieinhalb war.
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    Ich erinnere mich noch
    sehr schmerzlich an diesen Tag.
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    Mein Mann und ich fühlten
    uns sehr verloren;
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    wir wussten nicht,
    wo wir anfangen sollten.
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    Es gab kein Internet,
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    wir konnten nicht
    nach Informationen googeln.
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    Wir machten unsere
    ersten Schritte rein intuitiv.
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    Ivan hielt keinen Blickkontakt,
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    vergaß alle Wörter wieder, die er wusste,
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    und er reagierte weder auf seinen Namen,
    noch auf alles, was wir ihn fragten,
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    als ob Wörter nur Geräusche wären.
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    Der einzige Weg zu erfahren,
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    was in ihm vorging,
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    was er fühlte,
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    war ein Blick in seine Augen.
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    Aber dieser Zugang war versperrt.
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    Wie sollte ich ihm das Leben beibringen?
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    Wenn ich Dinge tat, die er mochte,
    schaute er mich an.
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    Dann waren wir verbunden.
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    Also habe ich diese Dinge genutzt,
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    um immer mehr Momente
    mit Augenkontakt zu haben.
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    Wir spielten viele Stunden
    mit Alexia, seiner älteren Schwester.
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    Und wenn wir riefen:
    "Ich habe dich gefangen!",
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    suchte er mit den Augen nach uns.
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    In solchen Augenblicken
    fühlte ich das Leben in ihm.
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    Wir halten den Rekord
    für Schwimmbadaufenthalte.
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    Ivan hatte immer schon
    eine Leidenschaft für Wasser.
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    Ich erinnere mich, als er zweieinhalb war,
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    fuhren wir an einem regnerischen Wintertag
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    zu einem Hallenbad.
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    Denn wir gingen auch
    an regnerischen Tagen schwimmen.
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    Auf der Autobahn
    nahm ich die falsche Abfahrt.
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    Er brach in Tränen aus, weinte
    ununterbrochen und war untröstlich,
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    bis ich umdrehte.
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    Erst das beruhigte ihn.
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    Wie ist es möglich,
    dass ein Zweieinhalbjähriger,
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    der seinen eigenen Namen nicht kennt,
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    in dichtem Regen und Nebel,
    wo ich nichts sehen konnte,
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    die genaue Wegstrecke erkennt?
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    Ich erkannte Ivans außergewöhnliches
    visuelles Gedächtnis --
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    und dass dies mein Weg war,
    um mit ihm in Kontakt zu kommen.
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    Ich fing an, alles zu fotografieren,
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    und ihn so das Leben zu lehren.
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    Ich zeigte es ihm, Bild für Bild.
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    Auch heute teilt Ivan so mit,
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    was er möchte,
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    was er braucht
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    und auch was er fühlt.
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    Aber nicht nur Ivans
    Blickkontakt war wichtig --
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    der aller anderen auch.
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    Wie konnte ich die Menschen dazu bringen,
    nicht nur seinen Autismus zu sehen,
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    sondern auch ihn als Mensch
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    und alles, was er geben kann?
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    Alles, was er tun kann.
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    Die Dinge, die er mag und nicht mag.
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    Genauso wie jeder von uns.
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    Aber dafür musste ich auch etwas geben.
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    Ich musste die Kraft aufbringen,
    ihn loszulassen.
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    Das war sehr schwierig.
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    Als Ivan 11 Jahre alt war,
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    ging er zur Behandlung
    ganz in der Nähe von seinem zu Hause.
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    Eines Nachmittags,
    während ich auf ihn wartete,
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    ging ich zum Gemüsehändler,
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    ein typischer Tante-Emma-Laden,
    mit ein bisschen von allem.
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    Beim Einkaufen sprach ich
    mit Jose, dem Besitzer.
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    Ich erzählte ihm von Ivan,
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    dass er Autismus hat,
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    und dass ich ihm beibringen wollte,
    allein durch die Straßen zu gehen,
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    ohne dass ihn jemand an die Hand nimmt.
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    Also fragte ich Jose, ob
    Ivan donnerstags um 14 Uhr
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    kommen konnte, um ihn zu helfen, die
    Wasserflaschen in den Regalen zu ordnen.
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    Denn er liebt es, Dinge zu ordnen.
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    Als Belohnung würde er
    Schokokekse kaufen.
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    Die mochte er am liebsten.
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    Er sagte sofort "Ja".
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    Und so ging es dann ein Jahr lang:
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    Ivan ging zum Gemüsehändler,
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    half ihm die Regale mit
    den Wasserflaschen zu ordnen,
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    sodass die Etiketten alle
    perfekt gleich ausgerichtet waren,
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    und ging dann glücklich
    mit seinen Schokokeksen.
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    Jose ist kein Autismus-Experte.
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    Man muss kein Experte sein
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    oder etwas Heldenhaftes tun,
    um jemanden nicht auszuschließen.
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    Wir müssen nur da sein --
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    (Beifall)
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    wirklich, keine heldenhafte Tat --
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    Wir müssen einfach nur nah sein.
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    Und wenn wir Angst vor etwas haben
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    oder etwas nicht verstehen,
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    müssen wir fragen.
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    Seien wir neugierig,
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    aber niemals gleichgültig.
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    Haben wir den Mut,
    einander in die Augen zu sehen.
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    Denn durch Ansehen
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    können wir anderen eine ganze Welt öffnen.
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    (Beifall)
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    (Jubel)
Title:
Einblicke in Autismus | Carina Morillo | TEDxRíodelaPlata
Description:

Wie wichtig kann ein Blick für die menschliche Kommunikation sein? Was passiert, wenn ein Blick der einzig mögliche Weg der Kommunikation ist? Carina Morillo erzählt uns, wie sie Ivan – ihren Sohn mit Autismus – das Leben lehren konnte. Im Jahr 2010 schuf sie die Stiftung Brincar [Springen] für glücklichen Autismus. Sie schafft Möglichkeiten der Vernetzung und Inklusion.

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Video Language:
Spanish
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
07:55

German subtitles

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