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Wie menschliche Geräusche der Unterwasserwelt schaden

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    Ein Dokumentarfilm von Jacques Cousteau
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    gewann 1956 die Palme d'Or und den Oscar.
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    Der Film hieß "Le Monde Du Silence"
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    oder "Die schweigende Welt".
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    Die Prämisse des Titels war,
    dass die Unterwasserwelt ruhig sei.
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    Jetzt, 60 Jahre später, wissen wir,
  • 0:23 - 0:27
    dass die Unterwasserwelt
    alles andere als ruhig ist.
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    Obwohl die Klänge oberhalb
    des Wassers unhörbar sind,
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    kann die Unterwasserklangwelt
    je nach Standort und Jahreszeit
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    so lärmig sein wie ein Dschungel.
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    Wirbellose wie Knallkrebse, Fische
    und Meeressäuger nutzen alle Schall.
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    Sie nutzen Schall zur Erkundung
    ihres Lebensraums,
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    um miteinander zu kommunizieren,
    um zu navigieren,
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    um Raubtiere und Beute aufzuspüren.
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    Sie lauschen Geräuschen auch,
    um etwas über ihr Umfeld zu erfahren.
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    Nehmen wir beispielsweise die Arktis.
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    Sie gilt als weiter, unwirtlicher Ort,
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    manchmal als Wüste beschrieben,
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    denn sie ist so kalt, so abgelegen,
    und die meiste Zeit des Jahres eisbedeckt.
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    Dennoch gibt es keinen Ort auf der Erde,
    wo ich lieber wäre als in der Arktis,
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    besonders, wenn die Tage
    länger werden und der Frühling kommt.
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    Für mich verkörpert die Arktis
    die Trennung zwischen dem,
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    was wir auf der Oberfläche sehen
    und dem, was unter Wasser passiert.
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    Sie können über das Eis hinwegschauen
    -- alles ist weiß, blau und kalt --
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    und Sie sehen nichts.
  • 1:43 - 1:46
    Aber wenn Sie unter Wasser hören könnten,
  • 1:46 - 1:51
    würden die Klänge Sie erst
    überraschen und dann begeistern.
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    Während Ihre Augen nichts
    als kilometerweites Eis sehen,
  • 1:56 - 1:57
    sagen Ihre Ohren Ihnen,
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    dass dort draußen Grönland- und Weißwale,
    Walrösser und Bartrobben sind.
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    Das Eis gibt auch Geräusche von sich.
  • 2:06 - 2:10
    Es kreischt, knackt, platzt auf und ächzt,
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    während es bei Temperatur-, Strömungs-
    oder Windwechseln kollidiert und reibt.
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    Und unter 100 % Meereis im tiefsten Winter
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    singen Grönlandwale.
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    Sie würden das nie erwarten,
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    denn wir Menschen sind sehr visuell.
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    Die meisten, aber nicht alle, von uns,
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    nutzen das Sehvermögen,
    um sich in der Welt zurechtzufinden.
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    Meeressäuger, die unter Wasser leben,
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    wo chemische Reize und Licht
    schlecht weitergeleitet werden,
  • 2:44 - 2:48
    sehen mit dem Gehörsinn.
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    Klang verbreitet sich
    unter Wasser sehr gut,
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    viel besser als in der Luft.
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    Signale können über
    weite Distanzen gehört werden.
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    In der Arktis ist das besonders wichtig,
  • 2:59 - 3:03
    denn arktische Meeressäuger
    müssen sich nicht nur gegenseitig hören,
  • 3:03 - 3:06
    sondern auch nach Hinweisen
    in der Umgebung suchen,
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    die auf schweres Eis
    oder offenes Wasser hindeuten.
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    Bedenken Sie, obwohl sie den Großteil
    ihres Lebens unter Wasser verbringen,
  • 3:14 - 3:18
    sind sie Säugetiere und müssen
    zum Atmen an die Oberfläche.
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    Sie könnten auf dünnes
    oder fehlendes Eis horchen,
  • 3:22 - 3:26
    oder auf Echos von nahegelegenem Eis.
  • 3:27 - 3:33
    Arktische Meeressäuger leben
    in einer bunten Unterwasserklangwelt.
  • 3:33 - 3:36
    Im Frühjahr kann es
    eine Kakofonie von Klängen sein.
  • 3:36 - 3:43
    (Brummende, zischende, kreischende,
    pfeifende, heulende Töne)
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    Aber wenn das Eis zugefroren ist
  • 3:56 - 4:00
    und es keine großen Temperatur-
    oder Strömungsschwankungen gibt,
  • 4:00 - 4:04
    hat die Unterwasser-Arktis einen
    der niedrigsten Umgebungsgeräuschpegel
  • 4:04 - 4:05
    unter den Weltmeeren.
  • 4:06 - 4:07
    Aber das ändert sich,
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    was vor allem am Rückgang
    des saisonalen Meereis liegt,
  • 4:12 - 4:16
    einer direkten Auswirkung
    der menschengemachten Treibhausgase.
  • 4:16 - 4:19
    Wir führen mit dem Klimawandel praktisch
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    ein völlig unkontrolliertes Experiment
    mit unserem Planeten durch.
  • 4:24 - 4:26
    In den letzten 30 Jahren
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    verzeichneten Gebiete der Arktis
    einen Rückgang an saisonalem Meereis
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    von etwa 6 Wochen bis 4 Monaten.
  • 4:35 - 4:38
    Der Rückgang an Meereis wird manchmal
  • 4:38 - 4:41
    als Zunahme der Schmelzsaison bezeichnet,
  • 4:41 - 4:46
    die Zeit des Jahres, zu der die Arktis
    mit Schiffen befahrbar ist.
  • 4:46 - 4:48
    Nicht nur die Ausdehnung des Eises,
  • 4:49 - 4:53
    sondern auch Alter und Dicke ändern sich.
  • 4:53 - 4:56
    Sie wissen vielleicht, dass der Rückgang
    des saisonbedingten Meereis
  • 4:56 - 5:00
    zum Lebensraumverlust für Tiere führt,
    die vom Meereis abhängig sind --
  • 5:00 - 5:04
    wie Sattelrobben, Walrösser oder Eisbären.
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    Schwindendes Meereis verursacht auch
    zunehmend Erosionen entlang der Küstenorte
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    und verändert die Verfügbarkeit von Beute
    für Meeresvögel und -säuger.
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    Der Klimawandel und der Rückgang
    von Meereis verändern auch
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    die Unterwasserklangwelt der Arktis.
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    Was meine ich mit Klangwelt?
  • 5:26 - 5:29
    Diejenigen von uns,
    die beruflich den Meeren lauschen,
  • 5:29 - 5:33
    nutzen Instrumente namens Hydrofone,
    Unterwasser-Mikrofone.
  • 5:33 - 5:37
    Wir nehmen Umgebungsgeräusche,
    die Geräusche um uns herum, auf.
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    Die Klangwelt beschreibt
    die verschiedenen Beitragenden
  • 5:40 - 5:43
    zu diesem Lärmumfeld.
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    Mit unseren Hydrofonen hören wir
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    die echten Klänge des Klimawandels.
  • 5:49 - 5:53
    Wir hören die Veränderungen
    von drei Fronten:
  • 5:53 - 5:57
    aus der Luft, aus dem Wasser und vom Land.
  • 5:58 - 6:00
    Zuerst: Luft.
  • 6:02 - 6:04
    Wind erzeugt auf dem Wasser Wellen.
  • 6:04 - 6:08
    Diese Wellen erzeugen Blasen,
    die Blasen zerplatzen.
  • 6:08 - 6:10
    Wenn das passiert, machen sie Lärm,
  • 6:10 - 6:15
    und dieser Lärm ist wie ein Zischen
    oder ein Rauschen im Hintergrund.
  • 6:15 - 6:18
    Wenn die Arktis eisbedeckt ist,
  • 6:18 - 6:22
    gelangt das meiste Windrauschen
    nicht in die Wassersäule,
  • 6:22 - 6:27
    denn das Eis fungiert als Puffer
    zwischen der Atmosphäre und dem Wasser.
  • 6:27 - 6:33
    Auch daher kann die Arktis sehr niedrige
    Umgebungsgeräuschpegel haben.
  • 6:33 - 6:36
    Aber durch jahreszeitlich
    bedingten Meereisrückgang
  • 6:36 - 6:40
    ist die Arktis nicht nur
    Wellengeräuschen ausgesetzt;
  • 6:40 - 6:43
    auch die Anzahl und Intensität von Stürmen
  • 6:43 - 6:46
    haben in der Arktis zugenommen.
  • 6:46 - 6:50
    All das erhöht den Lärmpegel
    in einem zuvor ruhigen Meer.
  • 6:51 - 6:53
    Zweitens: Wasser.
  • 6:54 - 6:59
    Durch weniger saisonales Meereis
    wandern subarktische Spezies nach Norden
  • 6:59 - 7:05
    und nutzen einen neuen Lebensraum,
    geschaffen durch mehr offenes Gewässer.
  • 7:05 - 7:09
    Arktische Wale, wie dieser Grönlandwal,
    haben keine Rückenflosse,
  • 7:09 - 7:11
    denn sie haben sich entwickelt,
  • 7:11 - 7:14
    um in eisbedecktem Gewässer
    zu leben und zu schwimmen.
  • 7:14 - 7:16
    Wenn einem etwas
    aus dem Rücken herausschaut,
  • 7:16 - 7:19
    ist es nicht sehr dienlich,
    durch Eis zu wandern,
  • 7:19 - 7:23
    und es kann Tiere sogar
    vom Eis fernhalten.
  • 7:24 - 7:26
    Aber jetzt haben wir überall,
    wo wir lauschten,
  • 7:26 - 7:31
    Geräusche von Finnwalen,
    Buckelwalen und Killerwalen gehört,
  • 7:31 - 7:33
    immer weiter im Norden
  • 7:33 - 7:36
    und immer später in der Jahreszeit.
  • 7:36 - 7:42
    Im Wesentlichen hören wir eine Invasion
    der Arktis durch subarktische Spezies,
  • 7:42 - 7:44
    und wir wissen nicht, was das bedeutet.
  • 7:44 - 7:46
    Wird es einen Konkurrenzkampf um Nahrung
  • 7:46 - 7:49
    zwischen arktischen
    und subarktischen Tieren geben?
  • 7:49 - 7:54
    Können subarktische Spezies Krankheiten
    und Parasiten in die Arktis bringen?
  • 7:55 - 7:58
    Welche Wirkung haben
    ihre neu erzeugten Klänge
  • 7:58 - 8:00
    auf die Unterwasserklangwelt?
  • 8:01 - 8:03
    Drittens: Land.
  • 8:03 - 8:06
    Mit Land meine ich Menschen.
  • 8:07 - 8:11
    Mehr offenes Gewässer bedeutet
    erhöhte menschliche Nutzung der Arktis.
  • 8:11 - 8:15
    Erst im vergangenen Sommer bahnte sich
    ein gewaltiges Kreuzfahrtschiff
  • 8:15 - 8:17
    einen Weg durch die Nordwestpassage,
  • 8:17 - 8:20
    die ehemals mythische Route
    zwischen Europa und dem Pazifik.
  • 8:21 - 8:28
    Meereisrückgang erlaubt es Menschen,
    die Arktis häufiger in Besitz zu nehmen.
  • 8:28 - 8:33
    Er ermöglicht Zunahmen
    an Öl- und Gasförderung,
  • 8:33 - 8:35
    schafft Potenzial
    für die kommerzielle Schifffahrt
  • 8:35 - 8:38
    und sorgt für einen stärkeren Tourismus.
  • 8:38 - 8:43
    Wir wissen, dass Schiffslärm
    den Stresshormonpegel bei Walen vergrößert
  • 8:43 - 8:46
    und das Fressverhalten stören kann.
  • 8:46 - 8:50
    Luftgewehre, die alle 10-20 Sekunden
  • 8:50 - 8:54
    laute, niederfrequente Knalle erzeugen,
  • 8:54 - 8:58
    ändern das Schwimm-
    und Lautverhalten von Walen.
  • 8:58 - 9:03
    Alle Klangquellen vermindern
    den akustischen Raum,
  • 9:03 - 9:06
    in dem arktische Meeressäuger
    kommunizieren können.
  • 9:08 - 9:11
    Arktische Meeressäuger sind
    zu bestimmten Jahreszeiten
  • 9:11 - 9:13
    sehr hohe Lärmpegel gewohnt,
  • 9:13 - 9:17
    aber das bezieht sich primär
    auf andere Tiere oder Meereis.
  • 9:17 - 9:20
    Mit diesen Klängen
    haben sie sich entwickelt,
  • 9:20 - 9:23
    und diese Klänge sind
    für sie überlebenswichtig.
  • 9:23 - 9:26
    Die neuen Klänge sind laut und fremd.
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    Sie beeinflussen die Umgebung auf Arten,
    die wir zu verstehen glauben,
  • 9:32 - 9:35
    aber auch auf Arten,
    die wir nicht verstehen.
  • 9:37 - 9:42
    Bedenken Sie, dass der Gehörsinn
    der wichtigste Sinn dieser Tiere ist.
  • 9:42 - 9:46
    Nicht nur der physische Lebensraum
    ändert sich rapide,
  • 9:46 - 9:49
    sondern auch der akustische Lebensraum --
  • 9:49 - 9:53
    so als hätten wir diese Tiere
    aus einer ländlichen Gegend gerissen
  • 9:53 - 9:57
    und sie mitten in der Rushhour
    in eine Großstadt verpflanzt.
  • 9:57 - 9:59
    Sie können dem nicht entfliehen.
  • 9:59 - 10:02
    Was können wir also tun?
  • 10:03 - 10:05
    Wir können Windstärken nicht ändern
  • 10:05 - 10:08
    und subarktische Tiere nicht abhalten,
    nach Norden abzuwandern,
  • 10:08 - 10:11
    aber wir können
    lokale Lösungen erarbeiten,
  • 10:11 - 10:14
    um menschengemachten
    Unterwasserlärm zu reduzieren.
  • 10:15 - 10:16
    Eine Lösung ist,
  • 10:16 - 10:20
    Schiffe, die die Arktis durchqueren,
    langsamer fahren zu lassen,
  • 10:20 - 10:24
    denn ein langsameres Schiff
    ist ein ruhigeres Schiff.
  • 10:24 - 10:28
    Wir können den Zugang in den Jahreszeiten
    und Regionen beschränken,
  • 10:28 - 10:32
    die für Paarung, Nahrungsaufnahme
    oder Wanderung wichtig sind.
  • 10:32 - 10:36
    Wir können besser darin werden,
    leisere Schiffe zu machen,
  • 10:36 - 10:39
    und bessere Methoden finden,
    den Meeresgrund zu erforschen.
  • 10:40 - 10:44
    Die gute Nachricht ist,
    dass Leute genau jetzt daran arbeiten.
  • 10:46 - 10:51
    Aber letztlich müssen wir Menschen
    die harte Arbeit machen
  • 10:51 - 10:54
    und den menschengemachten Klimawandel
  • 10:54 - 10:57
    zurücknehmen oder wenigstens verlangsamen.
  • 10:57 - 11:01
    Kehren wir also zum Gedanken
    der ruhigen Unterwasserwelt zurück.
  • 11:03 - 11:04
    Es ist durchaus möglich,
  • 11:04 - 11:08
    dass viele der heute in der Arktis
    schwimmenden Wale --
  • 11:08 - 11:11
    besonders langlebige Spezies
    wie der Grönlandwal,
  • 11:11 - 11:15
    von dem die Inuit sagen,
    er könne zwei Menschenleben leben --
  • 11:15 - 11:19
    es ist möglich,
    dass sie schon 1956 lebten,
  • 11:19 - 11:21
    als Jacques Cousteau seinen Film drehte.
  • 11:22 - 11:27
    Bedenkt man all den Lärm,
    den wir heute in den Meeren erzeugen,
  • 11:28 - 11:32
    war es rückblickend wirklich
    "Die schweigende Welt".
  • 11:33 - 11:34
    Danke.
  • 11:34 - 11:35
    (Applaus)
Title:
Wie menschliche Geräusche der Unterwasserwelt schaden
Speaker:
Kate Stafford
Description:

Meeresforscherin Kate Stafford nimmt uns mit in die geräuschvolle Tiefe des Nordpolarmeers, wo Eis ächzt, Wale singen, um über riesige Entfernungen zu kommunizieren – und wo der Klimawandel und die menschlichen Geräusche die Umwelt auf eine Weise verändern, die wir nicht verstehen. Erfahren Sie mehr darüber, warum diese Unterwasserklangwelt wichtig ist und was wir zu ihrem Schutz beitragen können.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
11:51

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