-
Title:
Drei Ratschläge, wie aus gewöhnlichen Treffen lebensverändernde Begegnungen werden
-
Description:
Warum sind manche Treffen mitreißend, andere dagegen nicht? Die Autorin Priya Parker gibt drei einfache Ratschläge, wie Partys, Abendessen, Meetings und Urlaube bedeutungsvoll und bereichernd werden.
-
Speaker:
Priya Parker
-
Als Kind verließ ich
jeden zweiten Freitag
-
das Haus meiner Mutter
und meines Stiefvaters:
-
Einen indisch-britischen,
atheistischen, buddhistischen,
-
agnostischen, vegetarischen,
manchmal esoterischen
-
Demokraten-Haushalt.
-
Dann ging ich 2,3 km zum Haus
meines Vaters und meiner Stiefmutter
-
und war in einer weißen,
christlich-evangelikalen,
-
konservativen Republikaner-Familie,
-
die jede Woche 2-mal
zur Kirche ging und Fleisch aß.
-
Es ist nicht weiter verwunderlich,
-
dass ich mich mit
Konfliktbewältigung beschäftige.
-
-
Ob ich nun bei Dialogen
in Charlottesville,
¶
-
Istanbul oder Ahmedabad vermittelte,
-
die Herausforderung war immer gleich:
-
Wie kann man,
entgegen der Erwartungen
-
und mit Integrität,
-
Menschen helfen,
sich aufeinander einzulassen,
-
Risiken einzugehen
-
und von dieser Erfahrung
verwandelt zu werden?
-
Ich erlebte in diesen Räumen
eine besonders schöne Spannung.
-
Dann verließ ich diese Räume
-
und ging zu normalen Treffen,
wie wir sie alle haben:
-
Eine Hochzeit, eine Konferenz
oder ein Schulstart-Picknick.
-
Viele davon enttäuschten mich.
-
Es gab einen himmelweiten Unterschied
-
zwischen der extremen Intensität
der Konfliktgruppen
-
und meinen alltäglichen Treffen.
-
Jetzt könnten Sie sagen:
-
Klar, eine Geburtstagsfeier kann nicht
mit einem Rassismus-Dialog mithalten.
-
Aber darum ging es mir nicht.
-
Als Vermittlerin lernt man,
alles auszublenden
-
und sich auf die Interaktion
zwischen Menschen zu konzentrieren.
-
Bei üblichen Treffen geht es aber
darum, Dinge richtig zu machen,
-
das Essen, die Blumen, die Fischmesser,
-
und die Interaktion zwischen den Menschen
wird meist dem Zufall überlassen.
-
Ich begann mich zu fragen,
wie wir unsere alltäglichen Treffen
¶
-
so ändern können,
dass die menschlichen Beziehungen
-
und nicht die Appetithäppchen
im Vordergrund stehen.
-
Ich sprach mit Dutzenden von
mutigen und ungewöhnlichen Gastgebern,
-
einem Olympia-Hockey-Coach,
einem Cirque-du-Soleil-Choreographen,
-
einem Rabbi, einem Lagerbetreuer,
-
um besser zu verstehen,
wie es zu bedeutsamen
-
und sogar bereichernden Treffen kommt.
-
Ich will Ihnen erzählen, was ich bis heute
-
über neue Regeln für Treffen gelernt habe.
-
Die meisten wählen für geplante Treffen
einen vorgefertigten Rahmen:
¶
-
Geburtstagsfeier? Kuchen und Kerzen.
-
Vorstandssitzung?
-
Ein brauner Tisch, 12 weiße Männer.
-
-
Bei einem offensichtlichen Zweck
wird die Form schnell zu wichtig.
¶
-
So kommt es nicht nur zu
langweiligen und monotonen Treffen,
-
wir verpassen so auch die Gelegenheit,
-
tatsächlich einmal unsere
Bedürfnisse auszusprechen.
-
Der erste Tipp für
bedeutsamere, übliche Treffen ist,
-
sich auf einen bestimmten,
strittigen Zweck einzulassen.
-
Einer Bekannten von mir, werdende Mutter,
graute es vor ihrer Babyparty.
¶
-
"Zieh dem Baby die Windel an" zu spielen
und Geschenke auszupacken,
-
fand sie seltsam und belanglos.
-
Also überlegte sie:
-
Was ist der Sinn einer Babyparty?
-
Welche Bedürfnisse habe ich im Moment?
-
Ihr wurde klar, dass sie über
die Ängste sprechen wollte,
-
die sie und ihr Mann,
den gibt's ja auch noch,
-
zum Thema Eltern-Werden haben.
-
Sie bat zwei Freunde, mit dieser
Idee ein Treffen zu gestalten.
-
Also trafen sich an einem
sonnigen Nachmittag 6 Frauen.
-
Zuerst gingen sie auf ihre
schreckliche Angst vor den Wehen ein
-
und erzählten Geschichten aus ihrem Leben,
-
um sie an Eigenschaften
zu erinnern, die sie bereits hatte,
-
nämlich Tapferkeit, Neugier,
Vertrauen und Hingabe,
-
und die ihr auch bei
der Geburt helfen könnten.
-
Während sie sprachen, fädelten sie
eine Perle pro Eigenschaft auf eine Kette.
-
Diese Kette konnte sie
im Kreißsaal tragen.
-
Dann kam ihr Ehemann herein
¶
-
und sie notierten, was sie sich
als Familie geloben wollten,
-
und trugen es vor:
-
Ihre Ehe würde das Wichtigste bleiben,
auch wenn sie dann Eltern wären.
¶
-
Aber sie sprachen auch
über ihren zukünftigen Sohn
-
und darüber, was sie ihm von ihrer
jeweiligen Familie mitgeben wollten
-
und was mit dieser Generation enden würde.
-
Dann kamen weitere Freunde,
auch Männer, zu einer Dinnerparty vorbei.
-
Es gab keine Geschenke,
-
sondern jeder erzählte der Runde
eine besonders schöne Kindheitserinnerung.
-
Jetzt denken Sie vielleicht:
¶
-
Das ist ein bisschen viel
für eine Babyparty.
-
Das ist etwas seltsam
oder ganz schön persönlich.
-
Gut.
-
Es ist etwas Eigenes.
Man kann darüber streiten.
-
Sie machen es auf ihre Art,
-
genauso wie Sie Ihre Treffen
auf Ihre Art machen sollten.
-
Der nächste Tipp für
bedeutsamere Treffen ist,
¶
-
für positive Kontroverse zu sorgen.
-
Wahrscheinlich haben Sie wie ich gelernt,
-
dass man bei Tisch nicht über Sex,
Politik oder Religion spricht.
-
Diese Regel ist gut, weil durch sie
die Harmonie erhalten bleibt.
-
So soll es zumindest sein.
-
Aber damit geht eine Hauptzutat verloren:
-
Bedeutsamkeit, die förmlich
unter den Nägeln brennt.
-
Bei den besten Treffen
-
werden die Voraussetzungen für
eine positive Kontroverse geschaffen,
-
weil ungesunder Friede menschliche
Beziehungen genauso sehr gefährdet
-
wie ungesunde Konflikte.
-
Ich arbeitete für ein Architekturbüro,
in dem eine Entscheidung anstand.
-
Sie mussten für sich klären,
ob sie ein Architekturbüro bleiben
¶
-
und Bauwerke errichten wollten,
-
oder ob sie eine neue,
angesagte Design-Firma werden wollten,
-
die sich nicht mehr nur
mit Raumplanung befasst.
-
Es gab große Uneinigkeit im Raum,
-
aber das wusste man nicht,
weil es keiner aussprach.
-
Also sorgten wir für
eine positive Kontroverse.
-
Nach der Mittagspause
kamen alle Architekten zurück
-
und wir inszenierten einen Ringkampf.
-
Als sie hereinkamen,
-
musste ein Architekt in die eine Ecke,
als Vertreter der Architektur,
-
der andere vertrat das Design.
-
Wir warfen ihnen weiße
Handtücher um den Hals,
-
die wir auf der Toilette
geklaut hatten, sorry,
-
spielten die Musik von Rocky auf dem iPad.
-
Jeder bekam einen Manager wie Don King,
-
der sie aufputschte
und Gegenargumente lieferte.
-
Dann musste jeder von ihnen
-
das bestmögliche Argument
jeder Zukunftsvision verteidigen.
-
Die Regeln der Höflichkeit
bremsten sie aus.
-
Dann ließen wir alle anderen
eine Seite wählen,
-
und das vor ihren Kollegen.
-
Da sie so physikalisch zeigen konnten,
-
wo sie standen, war das Problem gelöst.
-
Die Architektur hat gewonnen.
-
Das war aus der Arbeitswelt.
¶
-
Wie sieht es mit einem hypothetischen,
angespannten Weihnachtsfest aus?
-
Kennt das jemand?
-
-
Fragen Sie als Erstes nach dem Zweck.
¶
-
Was braucht diese Familie dieses Jahr?
-
Wenn etwas positive Spannung
ein Teil davon ist,
-
dann sind einen Abend lang
nur Geschichten erlaubt, keine Meinungen.
-
Wählen Sie ein Thema aus,
das mit dem Konflikt zu tun hat.
-
Aber statt einer Meinung muss jeder
-
eine Geschichte aus seinem Leben
und Erfahrungsschatz erzählen,
-
die noch niemand am Tisch gehört hat.
-
Über Unterschiede oder Gemeinsamkeiten
-
oder darüber, wie man
seine Einstellung geändert hat.
-
So kann jeder auf den anderen eingehen,
-
ohne dass das Haus in Flammen aufgeht.
-
Der letzte Rat für
bedeutsamere Treffen ist:
¶
-
Schaffen Sie sich vorübergehend
eine eigene Welt mit eigenen Regeln.
-
Vor ein paar Jahren bemerkte ich,
¶
-
wie mit einer Einladung
auch Regeln einhergehen.
-
Eher langweilig und einschränkend, oder?
-
Falsch.
-
In unserer multikulturellen,
interaktiven Gesellschaft,
-
wo immer mehr Menschen zusammenkommen,
-
die mit Benimmregeln erzogen wurden,
-
die anders als die eigenen sind,
-
sind unausgesprochene Regeln
ein Stressfaktor.
-
Spontan erfundenen Regeln
-
machen es uns leichter,
sich aufeinander einzulassen.
-
Die Regeln gelten nur einmal
für einen bestimmten Zweck.
-
Eine Regel für ein
Abendessen mit dem Team,
-
wo mehrere Generationen anwesend sind
-
und jeder anders mit seinem Handy umgeht:
-
Wer als Erstes auf sein Handy schaut,
zahlt die Rechnung.
-
-
-
-
Eine Besprechung mit Unternehmensberatern,
alle sind sich fremd,
¶
-
man will vermeiden, dass alle nur
dem einen Kapitalgeber im Raum zuhören --
-
-
-
-
Da darf keiner sagen,
was er beruflich macht.
¶
-
Eine Regel für ein Mütter-Treffen,
¶
-
bei dem nicht immer über
die Dinge geredet werden soll,
-
über die Mütter üblicherweise reden:
-
Wenn Sie über Ihre Kinder reden,
müssen Sie einen Schnaps trinken.
-
-
Dieses Abendessen gab es wirklich.
¶
-
Regeln haben die Macht,
¶
-
unser Verhalten eine Zeit lang
anders und harmonischer zu machen.
-
In multikulturellen Gesellschaften
-
haben spontane Regeln
eine besondere Bedeutung.
-
Mit ihnen lassen sich
Unterschiede überwinden,
-
Beziehungen herstellen,
-
sie sind sinnstiftend,
-
und dazu müssen wir
nicht alle gleich sein.
-
Als Kind wurde ich ein Chamäleon,
¶
-
um mich in meinen Welten zurechtzufinden.
-
Wenn jemand im Haus meiner Mutter nieste,
-
sagte ich "Gesundheit",
¶
-
bei meinem Vater
sagte man "Helf dir Gott".
-
Um mich zu schützen,
-
versteckte ich mich.
-
Wie so viele von uns es tun.
-
Erst, als ich älter war
und mit der Konfliktarbeit begann,
-
versteckte ich mich nicht mehr.
-
Mir wurde klar,
-
dass Treffen mir
im besten Fall ermöglichen,
-
unter Leuten zu sein, und dabei
so gesehen zu werden, wie ich bin,
-
und selbst zu sehen.
-
Wie wir unsere Treffen
gestalten, ist wichtig,
¶
-
denn so, wie wir uns begegnen,
so leben wir auch.
-
-