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Die unvorhergesehenen Konsequenzen einer schnellen Welt

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    Fragen Sie sich manchmal, wieso wir
    von Dingen umgeben sind,
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    die uns helfen, alles schneller,
    schneller und schneller zu machen?
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    Schneller kommunizieren,
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    aber auch schneller arbeiten,
    schneller Bankgeschäfte erledigen,
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    schneller reisen,
    schneller ein Date finden,
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    schneller kochen, schneller putzen,
    und all das gleichzeitig zu machen?
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    Was halten Sie davon, noch mehr
    in jede Stunde des Tages zu stopfen?
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    Für meine Generation von Amerikanern
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    ist Schnelligkeit wie ein Geburtsrecht.
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    Manchmal denke ich, unsere
    Mindestgeschwindigkeit sei Mach 3.
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    Langsamer als das und wir fürchten,
    an Wettbewerbsvorteil zu verlieren.
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    Aber sogar meine Generation,
    beginnt sich zu fragen,
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    sind wir die Meister der Geschwindigkeit
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    oder beherrscht die Geschwindigkeit uns?
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    Ich bin Anthropologin
    in der Rand Corporation,
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    und während viele Anthropologen
    alte Kulturen studieren,
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    liegt mein Fokus auf moderne Kulturen
    und wie wir mit Veränderungen umgehen,
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    die in der Welt passieren.
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    Seit kurzem arbeite ich mit dem Ingenieur,
    Seifu Chonde, zum Thema Geschwindigkeit.
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    Uns interessierte, wie gehen Menschen
    in unserer Zeit mit Beschleunigung um
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    und mit ihrer Auswirkung
    auf Sicherheit und Politik.
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    Wie könnte unsere Welt
    in 25 Jahren aussehen,
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    wenn Veränderungen
    immer schneller stattfinden?
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    Was würde es für den Transport bedeuten
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    oder für das Lernen, die Kommunikation,
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    Produktion, Waffentechnik,
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    oder sogar für die natürliche Selektion?
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    Wird uns eine schnellere Zukunft
    sicherer und produktiver machen?
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    Oder wird es uns anfälliger machen?
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    Unsere Studie zeigte, dass Menschen
    Beschleunigung als unvermeidlich ansehen,
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    sowohl die Reize als auch
    den Kontrollverlust.
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    Sie fürchten, wenn sie langsamer würden,
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    könnten sie Gefahr laufen,
    nutzlos zu sein.
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    Sie sagen, sie hätten lieber
    einen Burnout als einzurosten.
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    Zugleich aber befürchten sie,
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    Geschwindigkeit könnte
    ihre kulturellen Traditionen
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    und ihr Heimatgefühl aushöhlen.
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    Aber sogar die, die dieses
    Geschwindigkeitsspiel gewinnen
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    geben zu, sich ein wenig unwohl zu fühlen.
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    Sie verstehen Beschleunigung als Kluft
    zwischen den Wohlhabenden,
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    den Jet-Settern, die herumschwirren,
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    und den Nichtshabenden,
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    die im digitalen Staub zurückbleiben.
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    Ja, wir haben gute Gründe anzunehmen,
    dass die Zukunft schneller sein wird,
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    aber ich habe erkannt,
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    dass Geschwindigkeit paradox ist,
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    und wie jedes gute Paradox
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    lehrt es uns etwas über
    die menschliche Erfahrung,
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    so absurd und komplex sie auch ist.
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    Das erste Paradox ist,
    dass wir Schnelligkeit lieben
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    und uns ihre Intensität begeistert.
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    Aber unsere prähistorischen Gehirne
    sind nicht wirklich dafür gemacht.
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    Wir erfinden Achterbahnen,
    Rennwagen und Überschallflugzeuge,
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    aber wir bekommen ein Schleudertrauma,
    uns wird schlecht
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    oder wir haben Jetlag.
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    Wir sind nicht für Multitasking gemacht.
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    Wir sind eher so geschaffen, dass wir
    etwas hochkonzentriert erledigen können,
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    zum Beispiel Jagen - nicht unbedingt
    mit hoher Geschwindigkeit
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    sondern mit Ausdauer für lange Strecken.
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    Es entsteht eine wachsende Lücke zwischen
    unserer Biologie und unserem Lebensstil,
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    ein Ungleichheitgewicht zwischen unserem
    Körper und was wir damit machen.
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    Meine Mentoren nennen dieses Phänomen
    "Steinzeitmenschen auf der Überholspur."
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    (Lachen)
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    Ein weiteres Paradox der Geschwindigkeit
    ist ihre objektive Messbarkeit, stimmt's?
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    Kilometer pro Stunde,
    Gigabyte pro Sekunde.
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    Aber wie sich Geschwindigkeit anfühlt,
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    und ob wir das mögen,
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    ist höchst subjektiv.
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    Wir können festmachen,
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    dass das Tempo, in welchem wir
    neue Techologie annehmen, steigt.
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    Zum Beispiel dauerte es 85 Jahre
    von der Einführung des Telefons
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    bis zum Moment, wo die Mehrheit
    der Amerikaner Telefon zuhause hatte.
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    Im Gegensatz dauerte es nur 13 Jahre, bis
    die meisten von uns ein Smartphone hatten.
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    Wie Menschen mit Geschwindigkeit umgehen,
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    variiert je nach Kultur und zwischen
    Menschen innerhalb der gleichen Kultur.
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    Interaktionen, die in manchen Kulturen,
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    angenehm zügig und
    befriedigend wirken können,
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    könnten in anderen unverschämt wirken.
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    Bei einer japanischen Teezeremonie,
    würde man keinen To-Go-Becher verlangen,
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    damit die Touristen-Tour
    schnell weitergehen kann.
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    Oder würden Sie doch?
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    Das dritte Paradox ist: Geschwindkeit
    erzeugt Geschwindigkeit.
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    Je schneller ich antworte,
    desto mehr Antworten bekomme ich,
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    desto schneller muss ich wieder antworten.
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    Jederzeit mehr Konversationen
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    und mehr Informationen
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    zur Verfügung zu haben,
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    sollte uns helfen, leichter und rationaler
    Entscheidungen zu fällen.
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    Aber das scheint nicht wirklich
    der Fall zu sein.
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    Und hier ist ein letztes Paradox:
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    Wenn all diese schnelleren Technologien
    uns von Schufterei befreien sollten,
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    warum fühlen wir uns so unter Zeitdruck?
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    Wieso haben wir eine rekordverdächtige
    Anzahl an Autounfällen?
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    Weil wir denken, wir müssten diese
    Nachricht sofort beantworten?
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    Sollte das Leben auf der Überholspur
    nicht ein wenig unterhaltsamer sein
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    und ein bisschen weniger beängstigend?
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    Im Deutschen gibt es sogar ein Wort dafür:
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    "Eilkrankheit".
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    Auf Englisch heißt das "hurry sickness".
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    Wenn wir uns schnell entscheiden müssen,
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    schaltet unser Gehirn auf Autopilot
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    und wir verlassen uns
    auf unser gelerntes Verhalten,
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    unsere Reflexe, kognitiven Neigungen,
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    um schnell wahrnehmen
    und handeln zu können.
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    Das rettet uns manchmal
    das Leben, richtig?
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    Kampf oder Flucht.
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    Doch manchmal führt es uns
    auf lange Sicht in die Irre.
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    Oft, wenn unsere Gesellschaft versagt,
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    dann nicht wegen technischem Versagen.
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    Es sind Fehler, die geschehen, wenn wir
    Entscheidungen zu schnell treffen,
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    im Autopilot.
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    Wir haben nicht kritisch und
    kreativ genug nachgedacht,
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    um Punkte zu verknüpfen,
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    falsche Informationen auszumachen
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    oder Komplexität zu verstehen.
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    Diese Art des Denkens kann nicht
    schnell erledigt werden.
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    Das ist langsames Denken.
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    Zwei Psychologen,
    Daniel Kahneman und Amos Tversky
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    wiesen bereits 1974 darauf hin,
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    und wir tun uns immernoch schwer,
    diese Erkenntnisse zu verarbeiten.
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    Die ganze moderne Geschichte kann als
    Reihe von Beschleunigungen gedacht werden.
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    Wir glauben, wenn wir
    nur genug beschleunigen,
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    können wir unseren Problemen davonfahren.
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    Aber das ist nie der Fall.
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    Wir wissen das aus unserem Leben
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    und Politiker wissen es auch.
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    Also bauen wir jetzt darauf,
    dass künstliche Intelligenz uns hilft,
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    schnellere und smartere
    Entscheidungen zu treffen
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    und dieses immer größer werdende
    Daten-Universum zu verarbeiten.
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    Aber datenverarbeitende Maschinen
    sind kein Ersatz
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    für kritisches und nachhaltiges Denken
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    von Menschen, deren Steinzeit-Gehirn
    etwas Zeit braucht,
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    bis Impulse nachgelassen haben,
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    um das Gehirn zu verlangsamen
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    und die Gedanken fließen zu lassen.
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    Wenn Sie jetzt denken,
    wir müssten einfach auf die Bremse treten,
  • 6:52 - 6:55
    dann ist das auch nicht immer
    die richtige Lösung.
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    Wie wir wissen, kann ein zu schneller Zug
    in der Kurve entgleisen,
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    aber Seifu, der Ingenieur,
    hat mir beigebracht,
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    auch ein zu langsamer Zug
    kann in der Kurve entgleisen.
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    Um mit diesem Beschleunigungsschub
    umzugehen, müssen wir verstehen,
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    dass wir mehr Kontrolle über das Tempo
    haben, als wir denken,
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    persönlich aber auch als Gesellschaft.
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    Manchmal werden wir uns dazu bringen
    müssen, schneller zu sein.
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    Wir werden Verkehrschaos auflösen wollen,
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    Hilfe für Hurrikanopfer
    beschleunigen wollen
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    oder 3D Drucker verwenden wollen,
    wenn wir etwas sofort brauchen,
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    genau dann, wenn wir es brauchen.
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    Manchmal jedoch, soll unsere Umgebung
    langsamer erscheinen,
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    damit wir den Unfall planen können,
    der uns von der Schnelligkeit erlöst.
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    Und es ist OK, nicht die ganze Zeit
    angeknipst zu sein.
  • 7:44 - 7:45
    Es ist gut für Erwachsene
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    und für Kinder.
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    Vielleicht ist es langweilig,
    aber es gibt uns Zeit nachzudenken.
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    Langsame Zeit ist
    keine verschwendete Zeit.
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    Und wir müssen neu überlegen,
    was es heißt, Zeit zu sparen.
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    Kulturen und Rituale überall in der Welt
    bauen auf Langsamkeit,
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    weil Langsamkeit uns hilft, gemeinsamen
    Werte zu stärken und uns zu verbinden.
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    Und Verbindungen sind ein
    wichtiger Teil des Menschseins.
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    Wir müssen Geschwindigkeit beherrschen.
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    Das bedeutet, sorgfältig über die Vor- und
    Nachteile jeder Technologie nachzudenken.
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    Wird sie helfen, Zeit zu gewinnen, damit
    Sie Ihre Menschlichkeit zeigen können?
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    Werden Sie Eilkrankheit davon bekommen?
    Werden andere Menschen Eilkrankheit haben?
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    Wenn Sie Glück genug haben, zu entscheiden
    wie schnell Sie durchs Leben reisen,
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    dann ist das ein Privileg.
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    Nutzen Sie es.
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    Vielleicht entscheiden Sie,
    Sie brauchen beides, Beschleunigung
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    und Raum für langsame Zeit,
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    Zeit nachzudenken,
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    Gedanken sickern zu lassen
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    in Ihrer eigenen Geschwindigkeit;
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    Zeit zuzuhören,
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    mitzufühlen,
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    die Gedanken ruhen zu lassen,
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    und am Essenstisch zu verweilen.
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    Wenn wir uns die Zukunft also
    näher betrachten,
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    lassen Sie uns die Technologien
    für Geschwindigkeit,
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    den Nutzen von Geschwindigkeit,
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    und unsere Erwartung an Geschwindigkeit,
  • 9:08 - 9:11
    auf ein menschlicheres Maß bringen.
  • 9:11 - 9:12
    Vielen Dank.
  • 9:12 - 9:14
    (Applaus)
Title:
Die unvorhergesehenen Konsequenzen einer schnellen Welt
Speaker:
Kathryn Bouskill
Description:

Warum verspricht uns moderne Technik mehr Effizienz, aber dennoch stehen wir ständig unter Zeitdruck? Anthropologin Kathryn Bouskill untersucht die Paradoxien einer schnelllebigen Gesellschaft und erklärt warum wir über die Wichtigkeit von Verlangsamung nachdenken sollten, besonders in einer Welt, die uns ständig antreibt: los, los, los.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
09:26

German subtitles

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