Return to Video

Sollten menschliche Gene patentierbar sein?

  • 0:01 - 0:05
    Es war an einem Nachmittag im Herbst 2005.
  • 0:05 - 0:07
    Ich arbeitete als
    wissenschaftliche Beraterin
  • 0:07 - 0:10
    für die ACLU
    [American Civil Liberties Union].
  • 0:10 - 0:12
    Ich mochte meinen Job wirklich sehr,
  • 0:12 - 0:14
    aber es war einer jener Tage,
  • 0:14 - 0:17
    an dem ich mich ein wenig mutlos fühlte.
  • 0:17 - 0:22
    So besuchte ich meinen Kollegen
    Chris Hansen in seinem Büro.
  • 0:22 - 0:26
    Chris arbeitete seit mehr als
    30 Jahren an der ACLU.
  • 0:26 - 0:30
    Er kannte sich also sehr gut
    in unserer Organisation aus.
  • 0:30 - 0:34
    Ich erzählte Chris, dass ich
    irgendwie nicht recht weiter wusste.
  • 0:34 - 0:36
    Ich untersuchte gerade einige Fälle
  • 0:36 - 0:41
    im Spannungsfeld von Wissenschaft
    und Bürgerrechten -- super spannend.
  • 0:41 - 0:45
    Aber ich fand, dass die ACLU diese Themen
    viel grundsätzlicher angehen sollte,
  • 0:45 - 0:47
    um wirklich etwas zu verändern.
  • 0:50 - 0:52
    Chris fragte mich ganz direkt:
  • 0:52 - 0:56
    "Was sind die fünf wichtigsten Themen,
    an denen du gerade arbeitest?"
  • 0:56 - 0:58
    "Da gibt es genetische Diskriminierung,
  • 0:58 - 1:01
    Reproduktionsmedizin,
  • 1:01 - 1:03
    Bio-Datenbanken, und ...
  • 1:03 - 1:05
    oh, da ist das wirklich coole Thema,
  • 1:05 - 1:07
    funktionale MRT und ihr Einsatz
    als Lügendetektor, und ...
  • 1:07 - 1:10
    natürlich, es gibt noch Genpatente."
  • 1:10 - 1:11
    "Patente auf Gene!?"
  • 1:12 - 1:14
    "Ja, Patente auf menschliche Gene."
  • 1:14 - 1:16
    "Nein!
  • 1:16 - 1:18
    Du sagst mir, dass die US-Regierung
  • 1:18 - 1:21
    Patente auf Bestandteile
    des menschlichen Körpers vergibt?
  • 1:22 - 1:23
    Das kann nicht stimmen."
  • 1:24 - 1:27
    Ich ging in mein Büro
    und sandte Chris drei Artikel.
  • 1:28 - 1:31
    20 Minuten später stürmte er in mein Büro.
  • 1:31 - 1:35
    "Um Himmels Willen! Du hast recht!
    Wen können wir verklagen?"
  • 1:35 - 1:37
    (Lachen)
  • 1:38 - 1:40
    Chris ist ein brillanter Anwalt,
  • 1:40 - 1:43
    aber er wusste fast nichts
    über Patentrecht
  • 1:43 - 1:45
    und schon gar nichts über Genetik.
  • 1:46 - 1:48
    Ich wusste einiges über Genetik,
    aber ich war keine Anwältin,
  • 1:48 - 1:50
    geschweige denn Patentanwältin.
  • 1:50 - 1:54
    So mussten wir uns gut informieren,
    bevor wir eine Klage einreichen konnten.
  • 1:54 - 1:57
    Zuerst mussten wir verstehen,
    was genau patentiert wurde,
  • 1:57 - 1:59
    wenn jemand ein Gen patentierte.
  • 2:00 - 2:04
    Genpatente enthalten typischerweise
    Dutzende von Behauptungen
  • 2:04 - 2:08
    aber die umstrittenste von ihnen ist
    die der sogenannten "isolierten DNA" --
  • 2:09 - 2:13
    genauer, ein Stück DNA,
    das einer Zelle entnommen wurde.
  • 2:14 - 2:15
    Befürworter der Genpatente sagen:
  • 2:15 - 2:19
    "Schauen Sie, wir patentieren
    kein Gen in Ihrem Körper,
  • 2:19 - 2:21
    wir patentieren ein isoliertes Gen."
  • 2:21 - 2:23
    Das stimmt; das Problem ist jedoch,
  • 2:23 - 2:30
    dass jeglicher Gebrauch des Gens
    eine Isolierung voraussetzt.
  • 2:31 - 2:35
    Und die Patente galten nicht nur
    für bestimmte isolierte Gene,
  • 2:35 - 2:38
    sondern für alle möglichen
    Varianten dieser Gene.
  • 2:38 - 2:40
    Was bedeutet das?
  • 2:40 - 2:42
    Das heißt, dass Sie Ihr Gen
  • 2:42 - 2:46
    Ihrem Arzt ohne Erlaubnis
    der Patentinhaber nicht geben können,
  • 2:46 - 2:50
    damit er es auf Mutationen
    untersuchen kann.
  • 2:50 - 2:55
    Das heißt auch, dass der Patentinhaber
    jedem verbieten kann,
  • 2:55 - 2:59
    das Gen in der Forschung oder
    in klinischen Tests zu verwenden.
  • 2:59 - 3:02
    Patentinhabern -- oft
    privaten Firmen -- zu erlauben,
  • 3:02 - 3:07
    Teile des menschlichen Genoms
    wegzuschließen, schadete Patienten.
  • 3:07 - 3:08
    Ein Beispiel ist Abigail,
  • 3:08 - 3:11
    die als 10-Jährige unter
    dem Long-QT-Syndrom litt,
  • 3:11 - 3:13
    einer schweren Herzkrankheit,
  • 3:13 - 3:16
    die unbehandelt zu
    plötzlichem Herztod führen kann.
  • 3:17 - 3:21
    Die Firma, die das Patent auf zwei mit
    der Krankheit verbundenen Gene innehat,
  • 3:21 - 3:23
    entwickelte einen Diagnosetest.
  • 3:23 - 3:27
    Doch die Firma wurde insolvent
    und bot den Test nie an.
  • 3:27 - 3:29
    Ein anderes Labor versuchte
    den Test anzubieten,
  • 3:29 - 3:32
    aber die patenthaltende Firma
    drohte mit einer Klage
  • 3:32 - 3:34
    wegen Patentrechtsverletzung.
  • 3:34 - 3:38
    So kam es, dass zwei Jahre
    kein Test verfügbar war.
  • 3:38 - 3:44
    In dieser Zeit starb Abigail
    umdiagnostiziert am Long-QT-Syndrom.
  • 3:44 - 3:47
    Genpatente waren ganz klar ein Problem
    und sie schadeten Patienten.
  • 3:47 - 3:50
    Aber gab es einen Weg sie anzufechten?
  • 3:50 - 3:52
    Der Oberste Gerichtshof
  • 3:52 - 3:55
    hat in vielen Fällen klar festgehalten,
  • 3:55 - 3:59
    dass bestimmte Dinge
    nicht patentierbar sind.
  • 3:59 - 4:02
    Naturprodukte sind nicht patentierbar --
  • 4:02 - 4:07
    Luft, Wasser, Mineralien
    und chemische Elemente.
  • 4:07 - 4:10
    Sie können keine Naturgesetze patentieren
  • 4:10 - 4:12
    -- das Gesetz der Schwerkraft, E = mc2.
  • 4:13 - 4:18
    Diese Dinge sind zu grundlegend,
    sie müssen für alle frei sein
  • 4:18 - 4:20
    und dürfen niemandem vorbehalten sein.
  • 4:20 - 4:22
    Es erschien uns, dass die DNA,
  • 4:23 - 4:25
    die Grundstruktur des Lebens,
  • 4:25 - 4:28
    die für die Produktion
    aller unserer Proteine steht,
  • 4:28 - 4:31
    sowohl ein Produkt der Natur,
    als auch ein Naturgesetz ist,
  • 4:31 - 4:34
    egal ob sie in unserem Körper
  • 4:34 - 4:36
    oder im Reagenzglas liegt.
  • 4:37 - 4:38
    Als wir ins Thema eintauchten,
  • 4:38 - 4:43
    reisten wir durch die Staaten und sprachen
    mit vielen verschiedenen Experten --
  • 4:43 - 4:46
    Wissenschaftler, Mediziner,
    Juristen, Patentanwälte.
  • 4:47 - 4:51
    Die meisten gaben uns im Grunde recht,
  • 4:51 - 4:54
    zumindest theoretisch auch rechtlich.
  • 4:54 - 4:56
    Sie alle sahen unsere Chancen,
  • 4:56 - 5:01
    die Anfechtung der Genpatente
    zu gewinnen, gegen Null.
  • 5:02 - 5:03
    Warum ist das so?
  • 5:03 - 5:09
    Das Patentamt vergab diese Patente
    seit mehr als 20 Jahren.
  • 5:09 - 5:13
    Es gab buchstäblich Tausende Patente
    auf das menschliche Genom.
  • 5:13 - 5:16
    Die Prüfungsstelle für Patentanwälte
    wollte den Status Quo beibehalten.
  • 5:17 - 5:20
    Die Biotech--Branche war
    in dieser Praxis fest verankert.
  • 5:20 - 5:23
    Gesetzesentwürfe zum
    Verbot von Genpatenten
  • 5:23 - 5:25
    wurden Jahr für Jahr
    im Kogress vorgebracht,
  • 5:25 - 5:27
    verliefen aber im Sand.
  • 5:27 - 5:30
    Alles in allem waren
    die Gerichte nicht bereit,
  • 5:30 - 5:33
    diese Patente zu verwerfen.
  • 5:33 - 5:38
    Weder Chris noch ich schrecken vor
    einer Herausforderung schnell zurück,
  • 5:38 - 5:41
    und "Recht haben ist nicht genug"
  • 5:41 - 5:44
    schien einmal mehr ein Grund,
    den Kampf aufzunehmen.
  • 5:44 - 5:47
    Wir begannen mit der
    Ausarbeitung unserer Klage.
  • 5:48 - 5:51
    Patentklagen bedeuten normalerweise:
    Firma A verklagt Firma B
  • 5:51 - 5:55
    wegen eines winzigen,
    fadenscheinigen, technischen Details.
  • 5:55 - 5:57
    So eine Art Klage interessierte uns nicht.
  • 5:57 - 5:59
    Wir dachten, unsere Klage
    war etwas viel Größeres.
  • 5:59 - 6:01
    Es ging um die Freiheit der Wissenschaft,
  • 6:01 - 6:04
    den medizinischen Fortschritt
    und die Rechte der Patienten.
  • 6:04 - 6:07
    So entschieden wir uns,
    eine Klage zu entwickeln,
  • 6:07 - 6:10
    die nicht eine typische Patentklage,
  • 6:10 - 6:12
    sondern eine Bürgerrechtsklage war.
  • 6:13 - 6:16
    Wir suchten uns einen Genpatentinhaber,
  • 6:16 - 6:18
    der seine Patente
    mit aller Kraft durchsetzte.
  • 6:18 - 6:22
    Wir bildeten eine breite Allianz
    von Klägern und Experten,
  • 6:22 - 6:24
    die dem Gericht erklären konnten,
  • 6:24 - 6:29
    auf welchem Wege diese Patente
    Patienten und Innovationen schaden.
  • 6:29 - 6:33
    Der Hauptkandidat für eine Klage
    war Myriad Genetics,
  • 6:33 - 6:36
    eine Firma in Salt Lake City in Utah.
  • 6:37 - 6:42
    Myriad hielt Patente für
    die beiden Gene BRCA1 und BRCA2.
  • 6:43 - 6:46
    Frauen mit bestimmten Mutationen
    auf diesen Genen
  • 6:46 - 6:49
    haben ein deutlich erhöhtes Risiko
  • 6:49 - 6:52
    Brust- oder Eierstockkrebs zu bekommen.
  • 6:52 - 6:54
    Myriad nutzte seine Patente,
  • 6:54 - 6:58
    um ein Monopol für den BRCA-Test
    in den USA aufrecht zu erhalten.
  • 6:58 - 7:03
    Es zwang viele Labore dazu,
    ihre BRCA-Tests zu beenden.
  • 7:03 - 7:07
    Es verlangte eine Menge Geld
    für die Tests, mehr als 3.000 Dollar.
  • 7:07 - 7:09
    Klinische Daten wurden nicht mehr
  • 7:09 - 7:12
    mit der internationalen
    Wissenschaftsgemeinschaft geteilt.
  • 7:13 - 7:14
    Wahrscheinlich am allerschlimmsten:
  • 7:14 - 7:17
    Mehrere Jahre lang weigerte sich Myriad,
  • 7:17 - 7:21
    den Test um zusätzliche
    Mutationen zu erweitern,
  • 7:21 - 7:25
    die ein Forscherteam
    in Frankreich identifizierte.
  • 7:25 - 7:27
    Eine Schätzung ergab,
    dass während dieser Zeit,
  • 7:28 - 7:29
    also mehrere Jahre,
  • 7:29 - 7:33
    etwa 12 % der getesteten Frauen
  • 7:33 - 7:36
    ein falsches Ergebnis bekamen.
  • 7:36 - 7:41
    Und zwar ein negatives
    statt einem positiven.
  • 7:41 - 7:44
    Das ist Kathleen Maxian.
  • 7:44 - 7:47
    Kathleens Schwester Eileen
    bekam mit 40 Jahren Brustkrebs.
  • 7:47 - 7:50
    Eileen wurde von Myriad getestet.
  • 7:50 - 7:52
    Der Test war negativ.
  • 7:52 - 7:53
    Die Familie war erleichtert.
  • 7:53 - 7:57
    Das hieß, Eileens Krebs war
    wahrscheinlich nicht erblich bedingt.
  • 7:57 - 8:01
    Andere Familienmitglieder
    brauchten nicht getestet werden.
  • 8:01 - 8:03
    Nach 2 Jahren wurde jedoch bei Kathleen
  • 8:03 - 8:07
    Eierstockkrebs im fortgeschrittenem
    Stadium diagnostiziert.
  • 8:07 - 8:11
    Kathleens Schwester war unter den 12 %,
  • 8:11 - 8:14
    die ein falsches
    Negativ-Ergebnis erhielten.
  • 8:14 - 8:17
    Hätte Eileen das
    richtige Ergebnis erhalten,
  • 8:17 - 8:20
    hätte man Kathleen getestet.
  • 8:20 - 8:24
    Ihr Eierstockkrebs hätte
    verhindert werden können.
  • 8:25 - 8:26
    Als wir uns auf Myriad festlegten,
  • 8:26 - 8:30
    mussten wir ein Team aus
    Klägern und Experten bilden,
  • 8:30 - 8:32
    die diese Probleme beleuchten konnten.
  • 8:32 - 8:35
    Wir bekamen 20 hochmotivierte
    Kläger zusammen:
  • 8:35 - 8:37
    Sachverständige und Gentechniker,
  • 8:37 - 8:41
    die Unterlassungsaufforderungen
    erhalten hatten,
  • 8:41 - 8:45
    Interessenvertretungen und 4 große
    Wissenschaftsorganisationen,
  • 8:45 - 8:51
    die zusammen über 150 000 Wissenschaftler
    und Mediziner repräsentierten,
  • 8:51 - 8:54
    Frauen, die sich entweder
    den Myriad-Test nicht leisten konnten
  • 8:54 - 9:00
    oder eine 2. Meinung einholen wollten,
    aber wegen des Patentes nicht konnten.
  • 9:00 - 9:04
    Eine der größten Herausforderungen
    während der Vorbereitungen war es,
  • 9:04 - 9:07
    wie wir den wissenschaftlichen Standpunkt
    am besten vorbringen.
  • 9:07 - 9:11
    Um überzeugend darzulegen,
    dass Myriad keine Erfindung machte
  • 9:11 - 9:15
    und dass isolierte BRCA-Gene
    ein Produkt der Natur waren,
  • 9:15 - 9:18
    mussten wir eine Reihe
    von Grundlagen erklären, wie:
  • 9:18 - 9:20
    Was ist ein Gen? Was ist DNA?
  • 9:20 - 9:25
    Wie wird DNA isoliert,
    und warum ist es keine Erfindung?
  • 9:25 - 9:29
    Wir verbrachten viele Stunden
    mit unseren Klägern und Experten,
  • 9:29 - 9:34
    um Wege zu finden, diese Konzepte
    einfach, aber korrekt darzulegen.
  • 9:34 - 9:40
    Wir entschieden uns Methaphern,
    wie etwa "Gold", zu verwenden.
  • 9:40 - 9:45
    DNA zu isolieren ist so wie
    Gold aus der Erde zu gewinnen
  • 9:45 - 9:47
    oder aus dem Flussbett zu waschen.
  • 9:47 - 9:51
    Sie können das Verfahren
    des Goldschürfens patentieren,
  • 9:51 - 9:54
    aber niemals das Gold selbst.
  • 9:54 - 9:57
    Auch wenn es noch so viel Arbeit ist,
  • 9:57 - 9:59
    das Gold aus dem Berg zu holen,
  • 9:59 - 10:01
    patentieren geht nicht,
    es ist immer noch Gold.
  • 10:01 - 10:03
    Wenn das Gold erst mal gewonnen ist,
  • 10:03 - 10:05
    kann es für all das genutzt werden,
  • 10:05 - 10:08
    wofür es im Berg nicht
    genutzt werden konnte.
  • 10:08 - 10:10
    Zum Beispiel für Schmuck --
  • 10:10 - 10:13
    patentieren geht nicht,
    es ist immer noch Gold.
  • 10:13 - 10:18
    Jetzt ist das Jahr 2009
    und wir sind bereit zur Klage.
  • 10:18 - 10:22
    Wir reichten sie am Bundesgerichtshof
    im Südlichen Distrikt New Yorks ein,
  • 10:22 - 10:27
    das Verfahren erhielt Richter
    Robert Sweet per Losentscheid.
  • 10:27 - 10:33
    Richter Sweet veröffentlichte
    sein Urteil im März 2010 -- 152 Seiten.
  • 10:33 - 10:36
    Ein Sieg für uns auf ganzer Linie.
  • 10:36 - 10:39
    Als wir das Urteil lasen,
    konnten wir es kaum fassen,
  • 10:39 - 10:42
    wie wortgewandt er die Wissenschaft
    in dem Fall beschrieb.
  • 10:43 - 10:45
    Unser Text war gut,
  • 10:45 - 10:47
    aber nicht so gut wie das.
  • 10:48 - 10:51
    Wie konnte er so ein tiefes Verständnis
    dieses Falles entwickeln?
  • 10:51 - 10:52
    In so kurzer Zeit?
  • 10:52 - 10:56
    Wir konnten uns das
    einfach nicht vorstellen.
  • 10:56 - 11:01
    Richter Sweets damaliger Assistent
  • 11:01 - 11:02
    war nicht nur Jurist,
  • 11:02 - 11:04
    er war auch Wissenschaftler.
  • 11:04 - 11:06
    Und nicht nur ein Wissenschaftler --
  • 11:06 - 11:09
    er hatte in Molekularbiologie promoviert.
  • 11:09 - 11:10
    (Lachen)
  • 11:10 - 11:13
    Was für ein Glücksfall!
  • 11:14 - 11:18
    Myriad legte Berufung
    am Bundesgericht ein.
  • 11:18 - 11:21
    Da wurde es richtig spannend.
  • 11:21 - 11:25
    Zunächst wechselte in einem
    entscheidenden Moment des Verfahrens
  • 11:25 - 11:28
    die US-Regierung die Seiten.
  • 11:29 - 11:33
    Am Bezirksgericht sprach sich
    die Regierung für Myriad aus.
  • 11:33 - 11:38
    Nun war sie in Opposition
    zu ihrem eigenen Patentamt.
  • 11:38 - 11:40
    Sie erklärte schriftlich,
    den Fall noch einmal
  • 11:40 - 11:44
    in Anbetracht des Urteils
    des Bezirksgerichts betrachtet zu haben,
  • 11:44 - 11:48
    und schloss daraus,
    dass isolierte DNA nicht patentierbar sei.
  • 11:48 - 11:52
    Das war ein wirklich große Sache.
    Völlig überraschend.
  • 11:53 - 11:56
    Das Bundesberufungsgericht
    hört alle Patentfälle an
  • 11:57 - 12:00
    und hat den Ruf, ausgesprochen
    patentfreundlich zu sein.
  • 12:00 - 12:04
    Trotz der tollen Entwicklung
    erwarteten wir also zu verlieren.
  • 12:04 - 12:08
    Und wir verloren -- gewissermaßen.
  • 12:08 - 12:11
    Die Entscheidung ging 2:1 aus.
  • 12:12 - 12:14
    Die zwei Richter, die gegen uns stimmten,
  • 12:14 - 12:17
    hatten ganz verschiedene Gründe.
  • 12:17 - 12:19
    Der erste, Richter Lourie,
  • 12:19 - 12:22
    erfand seine eigene neue
    biologische Theorie --
  • 12:22 - 12:23
    völlig daneben.
  • 12:23 - 12:25
    (Lachen)
  • 12:25 - 12:27
    Laut ihm schuf Myriad
    eine neue Chemikalie.
  • 12:27 - 12:29
    Das ergibt absolut keinen Sinn.
  • 12:29 - 12:32
    Myriad behauptete das nicht einmal,
    es kam aus dem Nichts.
  • 12:32 - 12:34
    Die andere Richterin, Moore, sagte,
  • 12:34 - 12:38
    sie stimme mit uns überein,
    isolierte DNA sei ein Naturprodukt.
  • 12:38 - 12:42
    Aber sie wolle die Biotechnologiebranche
    nicht erschüttern.
  • 12:42 - 12:45
    Der dritte Richter, Bryson,
  • 12:45 - 12:47
    stimmte für uns.
  • 12:48 - 12:50
    Nun legten wir Revision
    am Obersten Gerichtshof ein.
  • 12:50 - 12:53
    Und wenn Sie den Obersten
    Gerichtshof anrufen,
  • 12:53 - 12:56
    müssen Sie eine Frage stellen,
    die das Gericht beantworten soll.
  • 12:57 - 13:00
    Normalerweise haben diese Fragen
    die Form superlanger Absätze.
  • 13:00 - 13:03
    Etwa eine Seite lang
    und mit einer Menge Nebensätze
  • 13:03 - 13:06
    "wobei dies ..." und "... daher das".
  • 13:06 - 13:10
    Wir reichten die bisher
    vielleicht kürzeste Frage ein.
  • 13:11 - 13:13
    Vier Wörter:
  • 13:14 - 13:17
    Sind menschliche Gene patentierbar?
  • 13:17 - 13:20
    Als Chris mich fragte,
    was ich von diesen Wörtern hielt,
  • 13:20 - 13:21
    sagte ich: "Ich weiß nicht.
  • 13:21 - 13:25
    Ich denke, es sollte heißen:
    'Ist isolierte DNA patentierbar?'"
  • 13:25 - 13:26
    "Nein.
  • 13:26 - 13:31
    Ich will, dass die Richter
    genauso reagieren wie ich,
  • 13:31 - 13:34
    als du mir den Fall
    vor 7 Jahren vortrugst."
  • 13:35 - 13:38
    Dagegen konnte ich nichts einwenden.
  • 13:38 - 13:40
    Das Höchstgericht hört sich nur
  • 13:40 - 13:43
    1 % der eingereichten Fälle an,
  • 13:43 - 13:45
    und es hörte sich unseren an.
  • 13:46 - 13:50
    Der Tag der mündlichen Anhörung kam,
    und es war wirklich sehr aufregend.
  • 13:50 - 13:54
    Sehr viele Menschen warteten
    draußen seit 2:30 Uhr früh,
  • 13:54 - 13:56
    um noch einen Platz
    im Gerichtssaal zu bekommen.
  • 13:56 - 13:58
    Zwei Brustkrebs-Organisationen,
  • 13:58 - 14:00
    Breast Cancer Action und FORCE,
  • 14:00 - 14:03
    organisierten eine Demo
    auf den Stufen des Gerichts.
  • 14:03 - 14:06
    Chris und ich saßen still am Gang.
  • 14:07 - 14:10
    In einigen Augenblicken
    würde er eintreten,
  • 14:10 - 14:13
    um den wichtigsten Fall
    seiner Karriere zu vertreten.
  • 14:13 - 14:15
    Ich war noch nervöser als er.
  • 14:16 - 14:21
    Aber alle Panik verflog,
    als ich den Gerichtssaal betrat
  • 14:21 - 14:24
    und in ein Meer
    freundlicher Gesichter blickte.
  • 14:24 - 14:26
    Es waren unsere Klägerinnen,
  • 14:26 - 14:29
    die ihre persönlichen
    Schicksale mit uns geteilt,
  • 14:29 - 14:33
    die Genetiker, die große Mengen
    an Arbeitszeit aufgewendet hatten,
  • 14:33 - 14:35
    um sich für diesen Kampf einzusetzen,
  • 14:35 - 14:38
    und Vertreter einer Vielzahl
  • 14:38 - 14:40
    von Mediziner-, Patientenschutz-,
  • 14:40 - 14:42
    Umwelt- und Glaubensorganisationen,
  • 14:42 - 14:45
    die ihre Stellungnahmen
    zu dem Fall einbrachten.
  • 14:47 - 14:50
    Auch drei Vertreter des
    Human-Genome-Projekts waren im Raum,
  • 14:50 - 14:52
    einschließlich einer
    der Entdecker der DNA selbst,
  • 14:52 - 14:54
    James Watson,
  • 14:54 - 14:56
    der in seiner Stellungnahme
    für das Gericht
  • 14:56 - 14:59
    Genpatente als "Irrsinn" bezeichnete.
  • 14:59 - 15:01
    (Lachen)
  • 15:01 - 15:05
    Die Vielfalt der Gruppen in diesem Raum
  • 15:05 - 15:08
    und die Beiträge, die jede machte,
    um diesen Tag wahr werden zu lassen,
  • 15:08 - 15:11
    sprach Bände über die Bedeutsamkeit.
  • 15:11 - 15:14
    Der Disput selbst war fesselnd.
  • 15:14 - 15:16
    Chris argumentierte brillant.
  • 15:16 - 15:17
    Für mich jedoch
  • 15:17 - 15:20
    war es am aufregendsten mitanzusehen,
  • 15:20 - 15:23
    wie die Richter mit dem Begriff
    "isolierte DNA" kämpften,
  • 15:23 - 15:26
    mit einer Reihe kreativer Vergleiche
    und lebhafter Diskussionen,
  • 15:26 - 15:29
    auf eine ziemlich ähnliche Weise
    wie unsere Rechtsabteilung
  • 15:29 - 15:31
    in den letzten 7 Jahren.
  • 15:32 - 15:34
    Richterin Kagan verglich
    den Fall der isolierten DNA
  • 15:34 - 15:37
    mit der Entnahme einer Heilpflanze
    aus dem Amazonasgebiet.
  • 15:39 - 15:41
    Richter Roberts unterschied
    es vom Schnitzen
  • 15:41 - 15:44
    eines Baseballschlägers aus einem Baum.
  • 15:44 - 15:46
    In einem meiner schönsten Momente
  • 15:47 - 15:48
    verkündete Richterin Sotomayor,
  • 15:48 - 15:52
    isolierte DNA sei einfach
    "Natur vor unseren Augen".
  • 15:52 - 15:53
    (Lachen)
  • 15:53 - 15:56
    Beim Verlassen des Saals
    waren wir sehr optimistisch,
  • 15:56 - 15:59
    aber wir hätten das Ergebnis
    niemals vorausgeahnt:
  • 16:01 - 16:02
    9:0.
  • 16:03 - 16:07
    "Ein natürlich vorkommendes Stück DNA
    ist ein Produkt der Natur
  • 16:07 - 16:10
    und nicht patentierbar,
    nur weil es isoliert wurde.
  • 16:10 - 16:14
    Des Weiteren hat Myriad nichts erfunden."
  • 16:16 - 16:18
    Innerhalb von 24 Stunden
    nach der Entscheidung
  • 16:18 - 16:20
    kündigten 5 Labore an,
  • 16:20 - 16:23
    mit dem Anbieten
    von BRCA-Tests zu beginnen.
  • 16:23 - 16:27
    Einige versprachen sie zu einem
    günstigeren Preis als Myriad.
  • 16:27 - 16:30
    Einige stellten einen besseren Test
    in Aussicht als den,
  • 16:30 - 16:32
    den Myriad anbot.
  • 16:32 - 16:35
    Aber die Entscheidung
    geht weit über Myriad hinaus.
  • 16:35 - 16:39
    Sie beendete die 25-jährige Praxis
    der Patentierung menschlicher Gene
  • 16:39 - 16:41
    in den Vereinigten Staaten.
  • 16:41 - 16:47
    Sie räumt ein Hindernis für medizinische
    Entdeckungen und Innovationen beiseite.
  • 16:47 - 16:51
    Und sie stellt sicher, dass Patienten
    wie Abigail, Kathleen und Eileen,
  • 16:51 - 16:54
    Zugang zu benötigen Tests haben.
  • 16:55 - 16:58
    Einige Wochen nach Urteilsverkündung
  • 16:58 - 17:01
    erhielt ich mit der Post
    ein kleines Päckchen.
  • 17:01 - 17:03
    Es war von Bob Cook-Deegan,
  • 17:03 - 17:05
    einem Professor an der Duke University,
  • 17:05 - 17:08
    und einer der ersten Menschen,
    die Chris und ich besuchten,
  • 17:08 - 17:12
    als wir uns überlegten,
    ob wir den Fall angehen sollten.
  • 17:12 - 17:14
    Ich öffnete es und fand
    ein kleines Stofftier.
  • 17:14 - 17:18
    [Ein fliegendes Schwein --
    Symbol für etwas Unmögliches]
  • 17:18 - 17:20
    (Lachen)
  • 17:21 - 17:24
    Wir nahmen mit dem Fall
    ein großes Risiko auf uns.
  • 17:25 - 17:27
    Was uns den Mut gab,
  • 17:27 - 17:30
    war die Gewissheit, das Richtige zu tun.
  • 17:30 - 17:34
    Es zog sich von Beginn
    bis Ende fast 8 Jahre lang,
  • 17:34 - 17:36
    mit vielen Wendungen.
  • 17:37 - 17:38
    Ein wenig Glück half sicher,
  • 17:39 - 17:42
    aber es waren die Gemeinschaften,
    die wir zusammenbrachten,
  • 17:42 - 17:44
    die Allianzen, die wir schmiedeten,
  • 17:44 - 17:46
    die das Unmögliche möglich machten.
  • 17:46 - 17:47
    Danke.
  • 17:47 - 17:51
    (Applaus)
Title:
Sollten menschliche Gene patentierbar sein?
Speaker:
Tania Simoncelli
Description:

Sind menschliche Gene patentierbar? Als sich Tania Simoncelli 2005 diese komplexe Frage zum ersten Mal stellte, sagte das US-Patentgesetz: Ja, das sind sie – was hieß, dass Patentinhaber das Recht haben, jeden aufzuhalten, der das Gen sequenziert, testet oder auch nur ansieht. Die Sorge um das Wohl der Patienten und den wissenschaftlichen Fortschritt motivierte Tania Simoncelli und ihre Kollegen, das zu ändern. Hören Sie in diesem mitreißenden Vortrag, wie sie einen vermeintlich aussichtslosen Fall übernahmen und ihn bis vor den Obersten Gerichtshof brachten.

more » « less
Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
18:05

German subtitles

Revisions Compare revisions