Return to Video

Die Sprache der Populisten (33c3)

  • 0:00 - 0:13
    33C3 Vorspann-Musik
  • 0:13 - 0:15
    Applaus
  • 0:15 - 0:19
    Herald: Ihr alle kennt ihn,
    ich muss ihn nicht großartig ansagen:
  • 0:19 - 0:22
    Martin Haase, oder maha, mit der
    „Sprache der Populisten“, und ich sollte
  • 0:22 - 0:28
    euch noch eins sagen: Dieses Mal nicht
    alles lernen! Das ist die falsche Sprache.
  • 0:28 - 0:37
    Applaus
  • 0:37 - 0:41
    maha: Ja vielen Dank. Ich glaube ich werde
    das erste Mal ins Französische übersetzt,
  • 0:41 - 0:45
    das ist schon was Besonderes. Also ich
    kann auch Französisch, also die Sprache.
  • 0:45 - 0:46
    Lachen
  • 0:46 - 0:49
    Und ich werde mir das hinterher
    anhören, trotzdem vielen Dank dafür,
  • 0:49 - 0:54
    also finde ich ganz toll. So, ja, es
    geht um die Sprache der Populisten,
  • 0:54 - 0:57
    insbesondere um das Deutsche.
  • 0:57 - 1:04
    Und ich werde natürlich auch wieder
    ein paar Videoschnipsel zeigen. Und
  • 1:04 - 1:08
    wenn man da was lernen kann, dann kann man
    vielleicht was lernen von den Journalisten
  • 1:08 - 1:12
    in den Videoschnipseln, die halt
    dann doch die Gesprächspartner
  • 1:12 - 1:17
    in Verlegenheit bringen, und das kann
    man sich so ein bisschen abgucken,
  • 1:17 - 1:22
    denn es geht vor allen Dingen um seltsame
    Konzepte. Das ist auch der Gegenstand
  • 1:22 - 1:28
    meines Vortrags. Und wenn man da Fragen
    stellt auf der Ebene, dann bekommt man
  • 1:28 - 1:33
    doch auch ganz überraschende Antworten.
    Wenn wir aber über Populisten sprechen,
  • 1:33 - 1:36
    müssen wir natürlich erstmal wissen,
    was ist überhaupt Populismus?
  • 1:36 - 1:41
    Und da steigen wir gleich mit einem
    Videoschnipsel ein, was uns einen
  • 1:41 - 1:44
    Eindruck gibt, und dann versuche ich das
    auch noch ein bisschen definitorisch
  • 1:44 - 1:51
    zu erfassen. Dieser nette Herr
    wird uns das jetzt erklären.
  • 1:51 - 1:53
    Audio/Video-Wiedergabe beginnt
    Befragter: Meine Kritik ist, dass ihr
  • 1:53 - 1:56
    nicht die Wahrheit sagt!
    Grölen im Hintergrund, im Video
  • 1:56 - 2:02
    Interviewerin: Über Flüchtlinge?
    B.: Nein, ihr berichtet keine Wahrheit.
  • 2:02 - 2:06
    Seit dem ganzen Drama.
  • 2:06 - 2:10
    I.: Warum sind Sie heute Abend hier?
  • 2:10 - 2:14
    B: Weil das alles eine Schweinerei ist.
    I: Was denn genau?
  • 2:14 - 2:22
    B: Was denn genau? Dass hier das
    zu einem islamischen Staat werden soll.
  • 2:22 - 2:28
    Und die armen Christen, die dort
    unten getötet werden – Kopf ab! –
  • 2:28 - 2:33
    weil, wenn ihr den Koran
    kennt, dann wüsstet ihr,
  • 2:33 - 2:37
    dass der Koran ganz schlimm
    gegen die Christen ist.
  • 2:37 - 2:41
    I: Sie wissen aber schon, dass ganz viele
    der Flüchtlinge, gerade aus Syrien
  • 2:41 - 2:46
    und dem Irak, fliehen vor Bomben, vor
    Fassbomben, vor Folter, vor Vergewaltigung…
  • 2:46 - 2:51
    B: Warum fliehen die? Die sollen zuhause
    bleiben, sollen ihr Land wieder aufbauen.
  • 2:51 - 2:54
    I: Im Krieg?
    B: Wir haben auch Krieg gehabt, sind wir
  • 2:54 - 3:00
    weggelaufen? Wir haben unser Land aufgebaut
    und sind nicht woanders hingegangen,
  • 3:00 - 3:05
    und haben gejammert. Bleibt…
    Audio/Video-Wiedergabe endet
  • 3:05 - 3:10
    maha: Okay. Also wir merken schon
    so ein bisschen, worum es geht
  • 3:10 - 3:14
    und wie es funktioniert. Also Wahrheit
    war ein ganz wichtiger Aspekt hier.
  • 3:14 - 3:18
    Wir werden auf das Konzept Wahrheit heute
    auch noch einmal zu sprechen kommen.
  • 3:18 - 3:22
    Es geht um einfache Gewissheiten, die
    eben als Wahrheiten verkauft werden.
  • 3:22 - 3:27
    Und vor allen Dingen geht es
    darum, Ängste zu schüren,
  • 3:27 - 3:32
    Dystopien, wie man sagt.
    Also Flüchtlinge… bedrohen.
  • 3:32 - 3:36
    Und das ist, glaube ich, ein ganz
    wichtiger Aspekt von Populismus
  • 3:36 - 3:39
    in engerem Sinn. Man kann natürlich
    Populismus auch weiter fassen, dann
  • 3:39 - 3:44
    kann man sagen: Naja gut, Parteien sind
    immer irgendwie auch populistisch.
  • 3:44 - 3:49
    Aber hier geht es doch um etwas
    spezifisch engeres, nämlich es geht hier
  • 3:49 - 3:52
    vor allen Dingen um die Sache mit den
    einfachen Gewissheiten. Ängste, und
  • 3:52 - 3:56
    dann aber einfache Lösungen. Das
    ging alles los, wir erinnern uns, mit
  • 3:56 - 4:01
    „Der Euro muss weg“. Jetzt
    heißt es eher „Flüchtlinge raus,
  • 4:01 - 4:06
    und dann ist alles gut“. Aber das kann
    ja nicht sein, es kann eben nicht alles
  • 4:06 - 4:08
    gut werden. Was passiert, wenn der Euro
    weg ist? Dann gibt es vielleicht noch
  • 4:08 - 4:14
    mehr Probleme. Oder „Steuern runter!“,
    das ist auch so eine einfache Lösung.
  • 4:14 - 4:20
    Oder „Merkel muss weg“, und alles ist gut.
    Aber wer kommt denn nach Merkel?
  • 4:20 - 4:25
    Seehofer…
    Lachen
  • 4:25 - 4:29
    Gabriel…
    Zwischenruf: Söder!
  • 4:29 - 4:33
    maha: …von der Leyen…
    also, ja okay, hm, also ich…
  • 4:33 - 4:36
    das ist immer das Problem. Und es gibt
    sicherlich noch weitere Dinge. Was hier
  • 4:36 - 4:40
    auffällt, ist, dass immer irgendwas „weg
    muss“. Am besten noch mit Ausrufungszeichen,
  • 4:40 - 4:45
    also das Ausrufungszeichen
    ist ein deutliches Kennzeichen.
  • 4:45 - 4:49
    Es muss was weg, und dann ist alles gut.
    Aber so ist es eben einfach nicht.
  • 4:49 - 4:54
    Insbesondere möchte ich auf
    Rechtspopulismus hier eingehen.
  • 4:54 - 4:59
    Und da gibt es auch so drei Kriterien
    beim Rechtspopulismus. Da geht es oft
  • 4:59 - 5:03
    um das Recht der Mehrheit,
    also das Recht des Stärkeren,
  • 5:03 - 5:08
    die Mehrheit, die Starken, die soll
    durchgesetzt werden. Dann oft
  • 5:08 - 5:12
    die Forderung nach einem starken Staat,
    „Law and Order“, also in allen Parteien
  • 5:12 - 5:15
    die besonders dem Rechtspopulismus
    zuzuordnen sind, wir werden noch sehen,
  • 5:15 - 5:19
    das sind vielleicht mehr Parteien als man
    denkt, geht es immer um „Law and Order“,
  • 5:19 - 5:24
    ganz wichtig. Und es gibt Schuldzuweisungen,
    Schuldzuweisungen an eine entspezifizierte
  • 5:24 - 5:28
    Minderheit. Was ist eine entspezifizierte
    Minderheit? Also insbesondere, wir haben
  • 5:28 - 5:34
    es schon gehört, in dem Text: Ausländer,
    die gleichgesetzt werden mit Flüchtlingen
  • 5:34 - 5:37
    – natürlich sind nicht alle Ausländer
    Flüchtlinge. Die werden gleichgesetzt
  • 5:37 - 5:40
    mit Moslems – wo auch nicht alle
    Flüchtlinge Moslems sind. Die werden
  • 5:40 - 5:44
    gleichgesetzt mit Islamisten, und die
    werden gleichgesetzt mit Terroristen.
  • 5:44 - 5:51
    Das ist also die Minderheit, gegen die es
    geht. Also Ausländer am Ende gleich
  • 5:51 - 5:58
    Terroristen. Es gibt da noch so Varianten
    von Rechtspopulismus. Eine Variante
  • 5:58 - 6:05
    die so ein bisschen im liberalen oder
    libertären Raum zu finden ist, da geht es
  • 6:05 - 6:09
    dann nicht so um das Recht der Mehrheit,
    sondern um das Recht der Leistungsträger,
  • 6:09 - 6:13
    da wird dann auch nicht immer ein starker
    Staat gefordert, obwohl „Law and Order“
  • 6:13 - 6:17
    da auch oft auf der Agenda steht, sondern
    es soll um Steuersenkungen gehen.
  • 6:17 - 6:20
    Wie man natürlich Steuersenkungen mit
    „Law and Order“ in Verbindung bringt,
  • 6:20 - 6:25
    ist nicht immer klar. Und da gibt es dann
    andere entspezifizierte Minderheiten.
  • 6:25 - 6:34
    Was man so hört aus der liberalen Ecke
    ist dann immer „die Transferempfänger“.
  • 6:34 - 6:39
    Also ein Vertreter der CDU hat mir im
    September gesagt: „Die Beamten sind schuld,
  • 6:39 - 6:43
    weil die alle keine Krankenversicherung
    zahlen“. Komisch, ich bin Beamter und
  • 6:43 - 6:50
    zahle Krankenversicherung. Also sowas hört
    man da. Dann gibt es noch eine Variante
  • 6:50 - 6:55
    die manchmal auch als Linkspopulismus
    bezeichnet wird, aber ich denke, das ist
  • 6:55 - 6:59
    nicht das Konzept, das ist, glaube ich,
    auch rechts. Da wird dann gesagt:
  • 6:59 - 7:05
    „Die Mehrheit sind die 99% oder 99,9%“,
    da wird auch oft nach einem starken Staat
  • 7:05 - 7:11
    gerufen der das dann regelt, und die
    Schuldzuweisungen: Schuld sind die 1%
  • 7:11 - 7:17
    oder 0,1%, also auch eine Minderheit. Und
    jetzt ist natürlich klar, es gibt natürlich
  • 7:17 - 7:22
    wenig Reiche und viele, die nicht so reich
    sind. Aber wenn man dann näher nachfragt,
  • 7:22 - 7:27
    wer denn diese 0,1% sind oder 1%, dann
    hört man oft „ja…“. Wir werden das gleich
  • 7:27 - 7:30
    noch hören, also das fantasiere ich mir
    nicht zusammen. Wir hören gleich noch
  • 7:30 - 7:36
    einen Originaltext dazu. „Ja, das sind
    die Rothschilds“. Und das ist natürlich
  • 7:36 - 7:41
    irgendwie seltsam. Außerdem ist es
    natürlich so, dass das Finanzsystem
  • 7:41 - 7:45
    durchaus durch mehr Leute getragen wird,
    die Aktien haben oder die auf eine Rente
  • 7:45 - 7:49
    hoffen, die irgendwo durch Investitionen
    zustande kommt. Also so einfach
  • 7:49 - 7:56
    ist das nicht, dass alles Geld bei 0,1%
    ist. Ja, und wenn wir jetzt zur Sprache
  • 7:56 - 8:01
    kommen, dann gibt so einen Punkt, und das
    hat auch was mit den, mit der Minderheit
  • 8:01 - 8:05
    zu tun, die vor allen Dingen im Fokus
    steht. Ein Punkt, den wir hier schonmal
  • 8:05 - 8:11
    hatten, nämlich den ‚Flüchtlingstsunami‘.
    Und da sieht man eben Entmenschlichung
  • 8:11 - 8:17
    dadurch, dass eben von einem Tsunami die
    Rede ist, das haben wir hier ja schonmal
  • 8:17 - 8:20
    thematisiert. Es gibt dann auch die
    Variante ‚Flüchtlingslawine‘,
  • 8:20 - 8:25
    ‚Flüchtlingswelle‘ und ‚Flüchtlingskrise‘.
    Und das Interessante ist, je weiter wir
  • 8:25 - 8:32
    runtergehen in dieser Liste, umso mehr
    Hits findet man, wenn man danach sucht,
  • 8:32 - 8:36
    und ‚Flüchtlingskrise‘ ist sozusagen das
    gängige Wort, was wir eben tatsächlich
  • 8:36 - 8:40
    auch in der Presse finden, und meine
    Hypothese, die ich dann auch Ende
  • 8:40 - 8:44
    aufgreifen werde, ist, dass auf diese
    Weise natürlich auch die Sprache
  • 8:44 - 8:50
    der Populisten in die allgemeine Sprache
    eindringt, denn in Zeitungen, in den Medien
  • 8:50 - 8:53
    hört man immer mal wieder was von
    ‚Flüchtlingskrise‘. Und im Grund ist
  • 8:53 - 9:01
    ‚Flüchtlingskrise‘ zwar nicht so ein krasser
    Begriff, also nicht so ein Dysphemismus
  • 9:01 - 9:06
    wie ‚Flüchtlingstsunami‘, aber immerhin
    ist es auch etwas, was die Minderheit
  • 9:06 - 9:14
    entmenschlicht und eben dann auch
    dafür steht, eben die Wirklichkeit
  • 9:14 - 9:19
    in so einer besonderen Weise darzustellen.
    Was dann endet mit solchen Äußerungen,
  • 9:19 - 9:24
    die ich auch gefunden habe in den Videos,
    die ich auch gleich noch zeigen werde,
  • 9:24 - 9:28
    dass Leute sagen: „Wir sind fremd im
    eigenen Land“. Was natürlich paradox ist,
  • 9:28 - 9:32
    denn das eigene Land ist eben gerade das,
    wo man nicht fremd ist. Also die Definition
  • 9:32 - 9:37
    von ‚fremd‘ passt nicht zu dieser
    Äußerung. Aber diese Art von Paradoxien,
  • 9:37 - 9:40
    die finden wir halt immer wieder, deshalb
    werden wir uns auch heute ein bisschen
  • 9:40 - 9:45
    mit Semantik beschäftigen, also
    mit der Bedeutung von Wörtern.
  • 9:45 - 9:50
    Und da gibt es eine Reihe von Wörtern die
    ich als ‚verbogene Wörter‘ bezeichnet habe,
  • 9:50 - 9:54
    weil man sie zunächst einmal gar nicht
    versteht. Man weiß gar nicht, was soll
  • 9:54 - 9:59
    das sein? Und erst bei einigem Nachdenken
    oder Nachforschen kommt man darauf,
  • 9:59 - 10:04
    dass das irgendwie was Sonderbares
    ist und dann auch im Kontext von
  • 10:04 - 10:08
    Rechtspopulismus steht. Das erste Wort,
    das mir über den Weg gelaufen ist, ist
  • 10:08 - 10:14
    ‚Ethnopluralismus‘. Das klingt super,
    Pluralismus, ganz toll, Ethnopluralismus.
  • 10:14 - 10:21
    Ja, was ist damit gemeint? Das ist
    tatsächlich auch ein Kampfbegriff
  • 10:21 - 10:25
    – wir werden nachher auch noch weitere
    solche sehen – bei dem es darum geht,
  • 10:25 - 10:29
    dass gesagt wird: „Ja, wir sind ja für
    Pluralität, aber jede Ethnie, also
  • 10:29 - 10:35
    jeder Volksstamm soll da bleiben, wo
    er hingehört.“ Also irgendwie in Afrika,
  • 10:35 - 10:40
    am besten. Das ist so das, was sich
    dahinter verbirgt. Und ein ganz anderes
  • 10:40 - 10:45
    Wort, was ich auch zunächst nicht
    verstanden habe: die ‚Bahnhofsklatscher‘.
  • 10:45 - 10:49
    Da habe ich gedacht, ‚Bahnhofsklatscher‘,
    vielleicht irgendwas mit Silvester in Köln,
  • 10:49 - 10:52
    oder so? Nein, es ist was anderes. Es gibt
    eine Variante davon, dann hab ich es dann
  • 10:52 - 10:56
    auch besser verstanden: die ‚Refugees-
    Welcome-Klatscher‘ oder einfach nur
  • 10:56 - 11:00
    ‚Welcome-Klatscher‘. Das sind also
    diejenigen, die offensichtlich Leute
  • 11:00 - 11:08
    begrüßen, die in Deutschland ankommen.
    Also wir sehen da so schwierige Semantik,
  • 11:08 - 11:14
    die man also erstmal begreifen muss, wenn
    man nicht zu dieser Filterbubble gehört.
  • 11:14 - 11:18
    Dann gibt es Umdeutungen. Und das ist
    halt besonders interessant. Das ist auch
  • 11:18 - 11:22
    die besondere Gefahr bei der ganzen
    Sache, denn, wenn ganz normale Wörter
  • 11:22 - 11:27
    verwendet werden, die plötzlich was
    anderes bedeuten, dann gibt es natürlich
  • 11:27 - 11:32
    da die Möglichkeit, dass jemand plötzlich
    überzeugt wird von Argumentationen,
  • 11:32 - 11:38
    weil er sie etwas anders versteht. Eine
    dieser Umdeutungen, die wir häufig finden,
  • 11:38 - 11:42
    betrifft das Wort ‚Demokratie‘. Das hört
    man oft auch in den Videos, die ich noch
  • 11:42 - 11:46
    zeigen werde. ‚Demokratie‘, da wird mehr
    Demokratie gefordert. Und natürlich
  • 11:46 - 11:49
    sind wir alle für mehr Demokratie. Und
    wenn man dann aber genauer nachhört,
  • 11:49 - 11:55
    was damit gemeint ist, dann wird so
    ein bisschen Etymologie betrieben.
  • 11:55 - 12:00
    Also der Wortursprung, ‚demos‘ = das Volk,
    ‚kratie‘ = die Volksherrschaft,
  • 12:00 - 12:04
    also ‚mehr Volksherrschaft‘, und
    „wir sind das Volk“. Also diejenigen,
  • 12:04 - 12:09
    die sowas sagen, sagen also „Wir
    wollen herrschen!“. Obwohl sie nicht
  • 12:09 - 12:13
    das gesamte Volk sind. Und zu
    Demokratie gehört eben auch sowas
  • 12:13 - 12:17
    wie Minderheitenschutz. Aber hier geht es
    dann meistens darum, dass die Mehrheit
  • 12:17 - 12:23
    bestimmen soll, und das eben auch…
    äußert sich dann auch in den Forderungen
  • 12:23 - 12:27
    nach direkter Demokratie, was eigentlich
    eine gute Forderung ist. Aber es soll eben
  • 12:27 - 12:31
    das Volk entscheiden und nicht irgendeine
    Elite. Dabei beruht Demokratie schon
  • 12:31 - 12:37
    darauf, dass Verantwortung delegiert wird
    und bestimmte Leute anderen gegenüber
  • 12:37 - 12:44
    verantwortlich sind. Der andere
    umgedeutete Begriff ist ‚Wahrheit‘.
  • 12:44 - 12:47
    Wir hatten das vorhin schon gehört.
    Wahrheit, was ist eigentlich hier
  • 12:47 - 12:52
    mit Wahrheit gemeint? Naja,
    Wahrheit wird verstanden als das,
  • 12:52 - 12:56
    was in der „Meinungsdiktatur“ der
    „Lügenpresse“ unterdrückt wird.
  • 12:56 - 12:59
    Also es gibt auf der einen Seite die
    Meinungsdiktatur, die Lügenpresse,
  • 12:59 - 13:03
    und das andere ist die Wahrheit. Als
    ob genau das, was unterdrückt wird,
  • 13:03 - 13:07
    schon allein per se dadurch dass
    es unterdrückt wird, Wahrheit ist.
  • 13:07 - 13:10
    Die Frage ist, ob es überhaupt unterdrückt
    wird. Das werden wir dann auch noch sehen.
  • 13:10 - 13:14
    Also, es gibt diesen Gegensatz „Wahrheit
    und Meinungsdiktatur/Lügenpresse“,
  • 13:14 - 13:18
    und auf der anderen Seite die
    Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit,
  • 13:18 - 13:23
    die man vertreten will, im Gegensatz zu
    dem ‚Maulkorb‘ und der ‚Zensur‘,
  • 13:23 - 13:29
    die allenthalben zu finden ist. Also auch
    ‚Meinungsfreiheit‘ wird umgedeutet,
  • 13:29 - 13:34
    in einer bestimmten Weise, dass hier
    eben die eigene Meinung gemeint ist,
  • 13:34 - 13:39
    oder eben die Meinung, die
    vermeintlich unterdrückt wird.
  • 13:39 - 13:42
    Wir hören uns das mal an, hier haben wir
    so eine Argumentation, wieder aus diesem
  • 13:42 - 13:46
    ZDF-Beitrag. Gelächter
    Audio/Video-Wiedergabe beginnt
  • 13:46 - 13:49
    Befragte: Die Presse kann doch hier weg!
  • 13:49 - 13:51
    Interviewerin: Deswegen
    darf er mich schubsen?
  • 13:51 - 13:56
    B: Nein, das nicht!
    Das ist nicht in Ordnung.
  • 13:56 - 13:57
    I: Na wenigstens das.
  • 13:57 - 13:59
    B: Aber die Berichterstattung
    können Sie sich ersparen,
  • 13:59 - 14:02
    weil die Wahrheit
    bringen Sie sowieso nicht.
  • 14:02 - 14:05
    I: Aber wenn wir nicht berichten, heißt
    es doch auch, wir würden zensieren.
  • 14:05 - 14:07
    Was wollen Sie denn jetzt?
    B: Naja, sicherlich wird das zensiert!
  • 14:07 - 14:11
    Wo haben Sie denn hier
    objektive Berichterstattung?
  • 14:11 - 14:13
    I: Was fehlt Ihnen denn?
    Gemurmel eines Nebenstehenden
  • 14:13 - 14:17
    B: So, und bitte, das war nur,
    was ich sagen wollte.
  • 14:17 - 14:19
    I: Na dann. Durfte sie ja jetzt auch.
  • 14:19 - 14:22
    B: Die Wahrheit!
    I: Was ist denn die Wahrheit?
  • 14:22 - 14:24
    B: Ja, aber nicht Ihre.
    I: Aber was ist denn Ihre Wahrheit?
  • 14:24 - 14:26
    B: Nicht Ihre Wahrheit.
    I: Ich weiß gar nicht, was meine ist.
  • 14:26 - 14:31
    B: Hören Sie hier zu, das ist
    die Wahrheit. Und nicht, was
  • 14:31 - 14:33
    ‚unsere Politiker‘ hier veranstalten.
    I: Ich würde gerne wissen…
  • 14:33 - 14:38
    …das sind auch Politiker!
    B: Aber die sind nicht in der Regierung!
  • 14:38 - 14:41
    I: Und was ist jetzt
    nochmal Ihre Wahrheit?
  • 14:41 - 14:45
    B: Das ist nicht Ihre. Hören Sie
    hier zu – da hören Sie sie.
  • 14:45 - 14:48
    I: Ich versteh’s nicht, lassen
    wir’s. Ich versteh’s nicht.
  • 14:48 - 14:50
    Lachen im Saal
    andere Demo-Teilnehmer befragt:
  • 14:50 - 14:53
    I: Ernsthaft – wie könnte denn
    eine Lösung aussehen?
  • 14:53 - 14:54
    Audio/Video-Wiedergabe endet
  • 14:54 - 14:58
    maha: Hm. Also Wahrheit ist eben das,
    was irgendwie unterdrückt wird, und man
  • 14:58 - 15:02
    weiß es nicht genau, aber wenn es
    unterdrückt wird, ist es die Wahrheit.
  • 15:02 - 15:06
    Also das ist irgendwie das, was hier
    rauskommt. So ein bisschen erinnert mich
  • 15:06 - 15:11
    das an „1984“, wir erinnern uns:
    „War is Peace“, „Freedom is Slavery“,
  • 15:11 - 15:15
    „Ignorance is Strength“. Und ‚ignorance‘
    wird natürlich nicht mit Nichtwissen
  • 15:15 - 15:19
    übersetzt, aber ich denke, hier ist
    auch wieder Ignoranz gemeint,
  • 15:19 - 15:23
    „Ignoranz ist Stärke“. Und das ist auch
    die Überschrift für den nächsten
  • 15:23 - 15:29
    Abschnitt hier. Da sieht man auch wieder
    solche Verschiebungen in der Bedeutung.
  • 15:29 - 15:33
    ‚Gutmenschen‘, und vor allen Dingen das
    ‚Gutmenschentum‘ ist so ein Begriff,
  • 15:33 - 15:37
    der immer auftaucht. Ich habe das hier
    auch mal rausgesucht aus Google Trends.
  • 15:37 - 15:42
    Da sieht man eben was Leute gesucht haben.
    Und da sieht man in der Tat, Gutmenschen
  • 15:42 - 15:49
    gab es wohl schon, dann nimmt das
    irgendwie zu, so Ende 2012.
  • 15:49 - 15:54
    Und dann gibt es hier die ganzen
    Ausschläge 2016, wo das Wort ‚Gutmenschen‘
  • 15:54 - 15:59
    dann eben tatsächlich wichtiger wird. Aber
    es verändert dabei seine Bedeutung.
  • 15:59 - 16:04
    Denn ‚Gutmensch‘ – eigentlich ist das
    sowas wie der ‚Naivling‘, möglicherweise
  • 16:04 - 16:07
    eine Lehnübersetzung, aus französisch
    ‚bonne homme‘, netter Kerl, ‚bonne homme‘,
  • 16:07 - 16:11
    es ist abgeleitet: ‚bonhomie‘,
    die Gutmütigkeit. Aber jetzt
  • 16:11 - 16:15
    verschiebt sich das. Und die Gutmenschen
    sind die eigentlich Bösen.
  • 16:15 - 16:20
    Das sind irgendwie Böse, wir werden
    das gleich noch sehen, an Komposita.
  • 16:20 - 16:27
    Gutmenschen sind also plötzlich für
    die Sprecher des Populisten-Sprechs
  • 16:27 - 16:30
    böse Menschen. Und zwar sind sie besonders
    deshalb böse weil sie die sogenannte
  • 16:30 - 16:37
    ‚politisch korrekte Sprache‘ benutzen.
    Auch so ein Feindbild.
  • 16:37 - 16:42
    Politisch korrekte Sprache wird eben hier
    auch als etwas sehr Negatives angesehen.
  • 16:42 - 16:46
    Auch im Grunde ein Kampfbegriff. Man ist
    gegen die politisch korrekte Sprache.
  • 16:46 - 16:51
    ‚Gut‘ ist eben für Rechtspopulisten
    diejenige Sprache die nicht politisch
  • 16:51 - 16:55
    korrekt ist. Und man erkennt jetzt, dass
    eben gerade Gutmenschen was Böses sind,
  • 16:55 - 17:03
    an Komposita. Ich habe hier ein paar
    gefunden. Nämlich ‚Toleranzfaschismus‘,
  • 17:03 - 17:07
    ‚Gutmenschenfaschismus‘ und
    ‚Sprachfaschismus‘. Interessant ist dabei,
  • 17:07 - 17:11
    dass ich den Beleg ‚Tolleranzfaschismus‘
    nur mit 2x L gefunden habe.
  • 17:11 - 17:20
    Gelächter und Applaus
  • 17:20 - 17:24
    Ja, ich bin gefragt worden, vor
    einiger Zeit, von einer Journalistin,
  • 17:24 - 17:30
    wie man eigentlich Fake-News erkennt.
    Und ich habe gesagt, naja, wenigstens
  • 17:30 - 17:35
    die Rechtschreibfehler sind ein guter
    Hinweis. Was nicht heißen soll, dass
  • 17:35 - 17:38
    News ohne Rechtschreibfehler
    keine Fake-News ist. Aber
  • 17:38 - 17:42
    wenn Rechtschreibfehler drin sind, dann
    muss man sich schon fragen, ob das
  • 17:42 - 17:46
    wirklich alles so ist, wie es dargestellt
    wird. Das liegt jetzt nicht – also ich
  • 17:46 - 17:50
    will jetzt nicht Leute bashen mit
    Rechtschreibschwächen, ich selber
  • 17:50 - 17:56
    habe ja auch eine gewisse Neigung
    dazu. Aber was man da macht, ist,
  • 17:56 - 18:00
    also wenn man eine Rechtschreibschwäche
    hat, ist, seine Texte durch andere
  • 18:00 - 18:04
    lesen zu lassen. Und wenn eine Nachricht
    eine richtige Nachricht ist, haben die
  • 18:04 - 18:07
    bestimmt auch viele Leute angeschaut.
    Und dann gibt’s halt nicht mehr so viele
  • 18:07 - 18:10
    Rechtschreibfehler. Also, von daher kann
    man an der Zahl der Rechtschreibfehler
  • 18:10 - 18:16
    schon erkennen, dass etwas nicht stimmt,
    oder eine Einzelposition darstellt.
  • 18:16 - 18:21
    Ja, wir werden weiter darauf
    eingehen, was es zu bekämpfen gilt.
  • 18:21 - 18:25
    Dann ist es das sogenannte ‚Gender-
    Mainstreaming‘. Gender-Mainstreaming
  • 18:25 - 18:29
    wird auch als etwas Negatives umgedeutet.
    Also Gender-Mainstreaming, damit ist ja
  • 18:29 - 18:36
    eigentlich gemeint, ursprünglich, die
    Möglichkeit, dass eben Geschlecht, was
  • 18:36 - 18:42
    weniger sichtbar ist, sichtbar gemacht
    wird. Also, in den Mainstream reinkommt.
  • 18:42 - 18:47
    Aber hier ist irgendwie etwas sonderbar
    Negatives gemeint. Und deshalb finden
  • 18:47 - 18:52
    wir für das Gender-Mainstreaming auch
    Ersatzwörter. Nämlich ‚Gender-Ideologie‘,
  • 18:52 - 18:58
    sehr häufig, ‚Genderismus‘ sogar,
    ‚Gender-Wahn‘ oder ‚Gender-Wahnsinn‘,
  • 18:58 - 19:04
    und ‚Gender-Faschismus‘. Wieder der
    Faschismus. Der ist immer schnell dabei.
  • 19:04 - 19:07
    Und jetzt denkt man sich „Naja, was wird
    da gemeint sein mit Gender-Faschismus?
  • 19:07 - 19:11
    Dass irgendwie ein Geschlecht das andere
    unterdrückt oder so?“ Nein, es geht hier
  • 19:11 - 19:15
    um Sprache. Wir hatten vorhin auch
    das mit dem Sprach-Faschismus. Also,
  • 19:15 - 19:19
    unter Gender-Faschismus wird vor allen
    Dingen verstanden, dass irgendwie,
  • 19:19 - 19:25
    tatsächlich, wie beim Gender-Mainstreaming
    gefordert, die Mehrgeschlechtlichkeit eben
  • 19:25 - 19:29
    sichtbar gemacht wird in der Sprache. Das
    wird eben als bekämpfenswert angesehen,
  • 19:29 - 19:34
    und als ‚Faschismus‘ angesehen. Im
    gleichen Bereich ein anderer Begriff,
  • 19:34 - 19:40
    der auftaucht. Die sogenannte
    ‚Frühsexualisierung‘. Interessant ist
  • 19:40 - 19:44
    vor allen Dingen, dass das Wort
    ‚Sexualisierung‘ kaum zu finden ist.
  • 19:44 - 19:48
    Aber ‚Frühsexualisierung‘. Offensichtlich
    gibt es Sexualisierung nicht ohne ‚früh‘.
  • 19:48 - 19:52
    Aber die Wikipedia weiß auch, dass es
    hier um einen Kampfbegriff geht. Das
  • 19:52 - 19:56
    steht da auch in der Wikipedia direkt, in
    der Definition von ‚Frühsexualisierung‘.
  • 19:56 - 20:03
    Also hier können wir sehen wie die Trends
    sind, wann das so auftaucht. 2006/2007
  • 20:03 - 20:06
    gibt es die Diskussion zunächst in der
    Schweiz. Dadurch dieser erste starke
  • 20:06 - 20:13
    Ausschlag. Und dann gibt’s da nochmal so
    Ausschläge. Und dann ab 2011 immer mehr
  • 20:13 - 20:16
    das Thema ‚Frühsexualisierung‘. Weil
    das eben auch von rechtspopulistischen
  • 20:16 - 20:20
    Parteien immer vorgebracht wird.
    Bildungsplan in Hessen, Bildungsplan
  • 20:20 - 20:28
    in Baden-Württemberg. Da wird jetzt
    gesagt, also Sexualkunde für Pubertierende
  • 20:28 - 20:33
    das ist eben ‚Frühsexualisierung‘. Gemeint
    ist da aber… ich meine das steckt in dem
  • 20:33 - 20:39
    Wort ‚Frühsexualisierung‘ drin, warum
    ‚früh‘? Früh eben weil man da irgendwie
  • 20:39 - 20:44
    so andeuten will, dass es vielleicht
    irgendwie was mit Verführung von
  • 20:44 - 20:48
    Kindern zu tun hat. Da sind wir dann so
    im pädophilen Bereich. Also das soll
  • 20:48 - 20:55
    auf jeden Fall stigmatisiert werden. Und
    es geht einfach nur um Sexualkunde!
  • 20:55 - 21:03
    Das ist eben hier der Begriff der
    eingesetzt wird um dagegen zu opponieren.
  • 21:03 - 21:10
    Dann das Wort ‚völkisch‘, das plötzlich
    in den Diskussionen kam. Wo dann
  • 21:10 - 21:14
    Frauke Petry sagte, „das Wort ‚völkisch‘
    muss jetzt wieder benutzbar sein“.
  • 21:14 - 21:19
    Da muss man sich natürlich ankucken
    wo das herkommt. Das erklärt uns
  • 21:19 - 21:24
    dieser Philosoph:
    laut Johann Gottlieb Fichte, also
  • 21:24 - 21:30
    am Anfang des 19. Jahrhunderts,
    das Wort ‚völkisch‘ ist nämlich für ihn
  • 21:30 - 21:35
    eine Lehnübersetzung für das Wort
    ‚deutsch‘. Und zwar ‚deutsch‘
  • 21:35 - 21:40
    ist ja abgeleitet aus Althochdeutsch
    ‚diota‘ plus Adjektivendung -isk,
  • 21:40 - 21:46
    also gibt es so eine Form wie ‚djutisch‘,
    ‚djutsch‘, aus der dann ‚deutsch‘
  • 21:46 - 21:52
    sich weiterentwickelt. Und eben ‚Volk‘
    und -lich… oder ‚Volk‘ und -isch
  • 21:52 - 21:56
    ist das eigentlich. Deshalb ‚Volk-isch‘
    oder ‚völkisch‘. Das wird dann in der Folge,
  • 21:56 - 22:01
    im 19. und 20. Jahrhundert verwendet für
    ‚national‘. Als Übersetzung für ‚national‘
  • 22:01 - 22:05
    weil man da eben der Meinung war, man muss
    für ‚national‘ auch ein deutsches Wort haben.
  • 22:05 - 22:09
    Aber dadurch dass es im Grunde so eine
    Lehnübersetzung für ‚deutsch‘ ist, ist es
  • 22:09 - 22:15
    halt insbesondere eben mit Bezug auf
    Deutschland verwendet, und das geht dann
  • 22:15 - 22:23
    im 20. Jahrhundert los…
    Das ist hier Google Ngrams,
  • 22:23 - 22:27
    also während des 1. Weltkriegs,
    dass man hier eben besonders
  • 22:27 - 22:32
    in antisemitischen Zirkeln das Wort
    ‚völkisch‘ benutzt, eben auch
  • 22:32 - 22:37
    in der Bedeutung ‚nicht-jüdisch‘.
    Und man sieht also ganz deutlich
  • 22:37 - 22:43
    durch den Ausschlag um 1940 herum, dass
    es sich eben um einen Terminus handelt,
  • 22:43 - 22:47
    der im Nationalsozialismus eine besondere
    Bedeutung hat. Dass das dann nachher
  • 22:47 - 22:51
    noch kommt, hängt natürlich auch
    damit zusammen dass in Büchern der
  • 22:51 - 22:55
    Nationalsozialismus aufbearbeitet wird.
    Wenn wir uns jetzt die Trends anschauen,
  • 22:55 - 23:01
    heute, ‚völkisch‘ poppt da einmal auf,
    2016, das ist eben genau der Punkt
  • 23:01 - 23:07
    wo das in die Diskussion geworfen wird.
    Und dann gibt’s dann auch so ein bisschen
  • 23:07 - 23:10
    weitere Diskussionen zu ‚völkisch‘, und
    dann verschwindet es eigentlich wieder.
  • 23:10 - 23:14
    Also man sieht, dass hier ein Wort
    verwendet wird was eigentlich
  • 23:14 - 23:18
    keinen Erfolg hat. Und dann eben
    auch gleich wieder verschwindet.
  • 23:18 - 23:23
    Ein bisschen anders sieht es mit einem
    anderen Nazi-Terminus aus, dem Terminus
  • 23:23 - 23:30
    ‚Umvolkung‘. Das erfreut sich dann doch
    weiterhin einer gewissen Beliebtheit.
  • 23:30 - 23:34
    Und wird aber auch umgedeutet.
    Das bedeutet etwas anderes als es
  • 23:34 - 23:41
    vor allen Dingen um 1940 bedeutet
    hat. Denn da ging es darum,
  • 23:41 - 23:45
    dass es – naja gut, ich komme gleich
    drauf. Also was jetzt passiert, ist,
  • 23:45 - 23:51
    in neuerer Zeit, dass ‚Umvolkung‘ eintritt
    als Verstärkung – es ist auch stärker
  • 23:51 - 23:54
    als ‚Überfremdung‘. Also zunächst mal
    wird das Wort ‚Überfremdung‘ verwendet.
  • 23:54 - 23:58
    Das war auch „Unwort [des Jahres] 1993“,
    und stattdessen in den rechten Kreisen
  • 23:58 - 24:02
    wird jetzt das Wort ‚Umvolkung‘
    verwendet. Also ein Wort,
  • 24:02 - 24:06
    was aus der nationalsozialistischen
    Volkstumspolitik stammt… hier ist auch
  • 24:06 - 24:11
    der Erfinder des Konzepts, Albert
    Brackmann, ein Historiker, der
  • 24:11 - 24:15
    für die sogenannte
    „Ausbreitung nach Osten“, also
  • 24:15 - 24:22
    Deutsche sollen nach Osten gehen,
    eben vorschlägt, dass dort eben
  • 24:22 - 24:26
    alles wieder deutsch werden soll. Das
    nennt man auch ‚Germanisierung‘,
  • 24:26 - 24:32
    ‚germanization‘, oder eben ‚Umvolkung‘.
    Da sollen eben Leute zu Deutschen
  • 24:32 - 24:38
    gemacht werden, die eben vielleicht
    jetzt schon slawisiert worden sind.
  • 24:38 - 24:42
    Also solche Vorstellungen stecken
    dahinter. Und jetzt wird das aber
  • 24:42 - 24:45
    ganz anders verwendet. Und es kommt
    wieder auf. In Österreich und Deutschland
  • 24:45 - 24:50
    schon um 2012 herum. Und da
    geht es nun darum, dass angeblich
  • 24:50 - 24:53
    in Deutschland und Österreich eine
    sogenannte ‚Umvolkung‘ stattfindet,
  • 24:53 - 24:58
    dadurch, dass eben Menschen, also
    Ausländer, hinkommen und dadurch
  • 24:58 - 25:02
    sich das Volk eben verändert, nicht
    mehr deutsch wird, sondern ersetzt wird.
  • 25:02 - 25:07
    Wir hören da gleich auch noch einen Text
    dazu. Das heißt also, ‚Umvolkung‘ hat
  • 25:07 - 25:12
    sowas mit einer Opferrolle zu tun. Also
    jetzt plötzlich sind die Deutschen Opfer
  • 25:12 - 25:17
    einer vorgeblichen Umvolkung.
    Und das hören wir uns jetzt an.
  • 25:17 - 25:21
    Von einer Demo in Dresden. Da sehen
    wir erstmal Plakate, die sind schon
  • 25:21 - 25:27
    ganz interessant. Und dann hören wir,
    wie das abläuft mit der Umvolkung.
  • 25:27 - 25:31
    Und hier wird uns auch wieder eine
    ‚Wahrheit‘ präsentiert. Also wir
  • 25:31 - 25:36
    erfahren jetzt von dem Gesprächspartner
    was wirklich, in Wahrheit,
  • 25:36 - 25:39
    seiner Meinung nach, vor sich geht.
    Audio/Video-Wiedergabe beginnt
  • 25:39 - 25:41
    Interviewer: Was ist denn Ihre Forderung?
    Sie sagten hier, „die berechtigten Ford…“
  • 25:41 - 25:45
    Antwort: Meine Forderungen kann ich Ihnen
    sagen. Man muss erstmal die Leute aufklären.
  • 25:45 - 25:49
    Dass wir kein souveränes Land sind, mit
    keiner souveränen Regierung. Dass die
  • 25:49 - 25:54
    Befehle aus Tel Aviv und Washington
    kommen. Und die USA, die USA wird
  • 25:54 - 25:57
    wieder regiert von der IPAC, einer
    jüdischen Lobby. Das hat nichts mit
  • 25:57 - 26:02
    ‚rechtslastig‘ zu tun, das ist Tatsache!
    Ein Herr [George] Soros finanziert
  • 26:02 - 26:06
    die Republikaner. Die Demokraten
    finanzieren… die Demokraten!
  • 26:06 - 26:11
    Gelächter im Saal
    Und jetzt frage ich Sie: Mit welchem Recht
  • 26:11 - 26:15
    wird die Bevölkerung ausgetauscht,
    obwohl die Bedürfnisse der Wirtschaft
  • 26:15 - 26:22
    und Gesellschaft nicht gegeben sind? Wenn
    hier auch Akademiker sich von Praktikum
  • 26:22 - 26:26
    zu Praktikum hangeln müssen. Und das auf
    eine freie Stelle, das ist der Traum der
  • 26:26 - 26:31
    globalen Wirtschaftslobby! Dass sich nicht
    nur 10 bewerben, sondern möglichst 1000.
  • 26:31 - 26:33
    Interviewer: Was muss sich denn ändern?
    Antwort: Wie bitte?
  • 26:33 - 26:35
    Interviewer: Wie soll sich das
    denn ändern, Ihrer Meinung nach?
  • 26:35 - 26:38
    Antwort: Das kann ich Ihnen sagen. Indem
    man erstmal genau schaut, was für Menschen
  • 26:38 - 26:42
    hier herkommen. Ich wurde vor paar Tagen
    diffamiert, weil ich gesagt hatte, man
  • 26:42 - 26:46
    müsste schon im Mittelmeer die Flüchtlinge
    abfangen, und den Flüchtlingsstatus
  • 26:46 - 26:51
    aberkennen. Wissen Sie was man zu mir
    gesagt hat? Ich wäre ein Nazi! Das gleiche
  • 26:51 - 26:56
    praktiziert die australische Regierung.
    Sind jetzt die Australier alle Nazis?
  • 26:56 - 27:00
    So sieht’s aus, genau so sieht’s aus. Denn
    die Flüchtlinge die hierher kommen, denen
  • 27:00 - 27:04
    muss man, wenn sie schon herkommen,
    eine Perspektive bieten. Und die sind
  • 27:04 - 27:08
    nicht gegeben. Wir haben weder die
    Arbeitsplätze, noch den Platz. Schauen Sie
  • 27:08 - 27:13
    sich doch die westlichen Großstädte an!
    70%, kann man 80% sagen, sind doch
  • 27:13 - 27:17
    keine Deutschen mehr. Ist das ein normaler
    Trend? Ich weiß es nicht. Ich habe nichts
  • 27:17 - 27:20
    gegen andere Nationen. Und auch nichts
    gegen andere Kulturen. Aber es kann
  • 27:20 - 27:25
    nicht sein, dass weil die ISIS… die ganzen
    Bürgerkriege werden von der USA
  • 27:25 - 27:29
    angezettelt und manipuliert. Und die
    ganzen Wörtschaftsflüschtlinge,
  • 27:29 - 27:32
    die sind ja selber entwurzelt, sind
    ihrer Heimat bestohlen. Und wenn Sie
  • 27:32 - 27:37
    das bringen, dann bin ich gespannt, ob Sie
    noch Ihren Arbeitsplatz behalten. Danke.
  • 27:37 - 27:40
    Gelächter im Saal
    Audio/Video-Wiedergaben endet
  • 27:40 - 27:44
    Applaus
  • 27:44 - 27:50
    maha: Ja, also jetzt wissen wir Bescheid.
    Endlich die Wahrheit, ne? lacht
  • 27:50 - 27:54
    Die vielleicht doch nicht ‚Wahrheit‘ ist.
    Ja, im Übrigen kann man sagen, also
  • 27:54 - 28:00
    George Soros hat gegen Bush gespendet,
    also nicht für die Republikaner. Außerdem
  • 28:00 - 28:05
    ist er ungarisch-stämmiger Amerikaner.
    Soros ist übrigens ein Esperanto-Name.
  • 28:05 - 28:09
    Nebenbei erwähnt. Aber, wie auch
    immer, also das stimmt alles irgendwie
  • 28:09 - 28:14
    nur so halb. Und ist eh eine
    Verschwörungstheorie. Gut, aber,
  • 28:14 - 28:18
    man versucht… also der Sprecher hier
    versucht irgendwie hinter die Wirklichkeit
  • 28:18 - 28:22
    zu kommen. Und das versucht man
    tatsächlich auch in rechten Kreisen
  • 28:22 - 28:28
    mit Linguistik. Es wird gerne Etymologie
    betrieben. Also die Wortherkunft
  • 28:28 - 28:32
    schaut man sich näher an. Und in der
    Linguistik gibt’s einen Ausdruck der
  • 28:32 - 28:35
    sehr passend ist, durch die neuere
    Entwicklung. Das ist allerdings ein
  • 28:35 - 28:40
    Ausdruck der schon aus dem 19. Jahrhundert
    stammt. ‚Falsche Etymologie‘, oder
  • 28:40 - 28:44
    ‚irrige Etymologie‘ wird als
    ‚Volksetymologie‘ bezeichnet. Und das
  • 28:44 - 28:50
    passt hier einfach sehr schön. Denn die
    Ausführungen, dass ‚völkisch‘ einfach nur
  • 28:50 - 28:54
    das Adjektiv zu ‚Volk‘ sei, ist eben
    Volksetymologie. Wir haben ja vorhin
  • 28:54 - 28:59
    gehört, dass es damit ganz andere Dinge
    auf sich hat. Oder… ist auch glaube ich
  • 28:59 - 29:03
    allgemein bekannt die Geschichte:
    gerade hier dieser Herr der sagte,
  • 29:03 - 29:06
    Deutschland sei kein souveräner Staat,
    wird das sicher auch begründen können
  • 29:06 - 29:12
    mit dem ‚Personalausweis‘, weil man sagt:
    „Hier, Personal, ist ja klar. Personal –
  • 29:12 - 29:16
    das ist eine Firma, mit Personal, deshalb
    gibt’s Personalausweise“, und man verkennt
  • 29:16 - 29:19
    natürlich, dass es hier etymologisch
    nicht passt. Das erste Glied
  • 29:19 - 29:23
    von ‚Personalausweis‘ ist natürlich
    abgeleitet von ‚Personalien‘, also
  • 29:23 - 29:28
    Informationen über Personen,
    und nicht von ‚Personal‘.
  • 29:28 - 29:32
    Gut, die Frage ist jetzt, wie sieht die
    Zukunft aus? Und die Frage ist,
  • 29:32 - 29:37
    ob die Zukunft tatsächlich den Populisten
    gehört. Und der Sache wollen wir jetzt mal
  • 29:37 - 29:45
    nachgehen. Mit jemandem, der sich auch als
    Populist, zumindestens hier, qualifiziert.
  • 29:45 - 29:47
    Hören wir uns mal an…
  • 29:47 - 29:53
    Applaus
  • 29:53 - 29:57
    …was er zu sagen hat. Die Leser unseres
    Blogs neusprech.org kennen schon
  • 29:57 - 30:03
    die Auflösung, weil ich versehentlich den
    Artikel schon vor der Veranstaltung
  • 30:03 - 30:07
    veröffentlicht habe. Aber wir
    werden gleich noch sehen, dass
  • 30:07 - 30:09
    nach der Veröffentlichung des Artikels
    sogar noch was passiert. Aber erstmal das!
  • 30:09 - 30:11
    Audio/Video-Wiedergabe beginnt
    Horst Seehofer: Wir sind der festen
  • 30:11 - 30:17
    Überzeugung, dass diese große historische
    Aufgabe, die Integration von Flüchtlingen
  • 30:17 - 30:24
    in unserem Land, dass auch die Zustimmung
    der Bevölkerung nicht auf Dauer zu haben
  • 30:24 - 30:30
    sind, wenn wir nicht zu einer Obergrenze
    für die Zuwanderung bei den Flüchtlingen
  • 30:30 - 30:42
    kommen.
    Beifall im CSU-Saal
  • 30:42 - 30:48
    maha: Ja, donnernder Applaus dafür,
    offenbar sind alle der Meinung.
  • 30:48 - 30:53
    Horst: Der Horst Seehofer und Angela
    Merkel, oder Angela Merkel, Entschuldigung,
  • 30:53 - 30:58
    und Horst Seehofer haben noch immer für
    alles eine Lösung gefunden. Wenn das
  • 30:58 - 31:02
    dein Motto in den nächsten Wochen ist,
    Lachen und Beifall im 33C3-Saal
  • 31:02 - 31:11
    dann bist du wieder herzlich eingeladen!
    Beifall im CSU-Saal
  • 31:11 - 31:13
    maha: Ja, den Rest musste ich noch zeigen.
    Audio/Video-Wiedergabe endet
  • 31:13 - 31:17
    Also es ging um die Obergrenze.
    ‚Obergrenze‘, ne? Das ist der
  • 31:17 - 31:23
    entscheidende Punkt. Und man hört
    ‚Obergrenze‘ und denkt jetzt „Aha,…“,
  • 31:23 - 31:26
    also rechte Kreise denken „Ja,
    der Seehofer will halt irgendwie
  • 31:26 - 31:30
    die Flüchtlinge raushaben, oder weniger
    davon haben, oder zumindestens begrenzen“.
  • 31:30 - 31:35
    Und dann wählen solche Leute vielleicht
    doch die CSU, die das wollen.
  • 31:35 - 31:40
    Aber er meint was anderes. Wir haben das
    am 7. Dezember im Blog veröffentlicht.
  • 31:40 - 31:45
    Und am 14. Dezember, das ist das
    folgende Interview, erklärt Horst Seehofer
  • 31:45 - 31:49
    was er meint. Nur wird es wieder
    nicht richtig deutlich. Weil es dann
  • 31:49 - 31:53
    überdeckt wird durch andere Aussagen,
    die dann tatsächlich überall in der Presse
  • 31:53 - 31:57
    erscheinen. Aber was er eigentlich meint
    mit der Obergrenze wird nicht richtig
  • 31:57 - 32:01
    deutlich, und das erklärt warum er auch
    so weit gehen kann mit dieser Forderung.
  • 32:01 - 32:03
    Wir hören uns das mal an.
    Audio/Video-Wiedergabe startet
  • 32:03 - 32:05
    Interviewerin: …man in Essen, und
    zwar nicht nur die Kanzlerin, sondern
  • 32:05 - 32:09
    eigentlich sehr viele in der Partei ganz
    klar gesagt hatten, „Obergrenze wird es
  • 32:09 - 32:13
    nicht geben!“. Jetzt hatten Sie gesagt, die
    soll, die muss in den Koalitionsvertrag.
  • 32:13 - 32:17
    Würden Sie also wirklich lieber
    in der Opposition sein als
  • 32:17 - 32:20
    einen Koalitionsvertrag zu unterschreiben
    ohne Obergrenze?
  • 32:20 - 32:23
    Horst: Schauen Sie, seitdem ich Politik
    betreibe höre ich immer „das geht nicht“,
  • 32:23 - 32:27
    und „das wird nicht kommen“, und es kommt
    dann doch. Ich habe mehrere solche
  • 32:27 - 32:32
    Stationen hinter mir. Ein sehr schönes
    Erlebnis war jetzt letzte Woche.
  • 32:32 - 32:36
    Wir haben ja seit über einem Jahr der
    Bundesregierung angeboten, dass sich
  • 32:36 - 32:40
    bayerische Polizeibeamte an den
    Grenzkontrollen zwischen Österreich
  • 32:40 - 32:44
    und Deutschland beteiligen. Das ist
    über ein Jahr lang abgelehnt worden,
  • 32:44 - 32:48
    „geht nicht“, „kommt nicht“. Und jetzt
    sind wir gebeten worden das zu machen.
  • 32:48 - 32:52
    Wir tun’s auch. So. Und hier wird es
    genauso sein. Wir werden zu einer
  • 32:52 - 32:56
    Begrenzung, auch zu einer
    Obergrenze kommen. Und
  • 32:56 - 32:59
    das wird ein ganz wichtiger Punkt
    für die CSU im Wahlprogramm,…
  • 32:59 - 33:01
    Interviewerin: Also nur um
    Sie da richtig zu verstehen…
  • 33:01 - 33:06
    Horst: …Frau Hassel, und wir garantieren
    der Bevölkerung, für den Fall, dass wir
  • 33:06 - 33:09
    uns an einer Regierung beteiligen können,
    zunächst muss ja die Bevölkerung
  • 33:09 - 33:14
    entscheiden ob dies möglich ist, werden
    wir garantieren, der Bevölkerung, dass wir
  • 33:14 - 33:18
    dafür sorgen, dass dies in die
    Regierungspolitik Einzug hält.
  • 33:18 - 33:19
    Für die nächste Legislatur.
  • 33:19 - 33:21
    Interviewerin: Also wie die Maut?
    Horst: Wie die Maut, ja.
  • 33:21 - 33:24
    Interviewerin: Also erst glauben Sie dass
    die Obergrenze… wie die Maut… irgendwann
  • 33:24 - 33:28
    wird die größere Schwester mürbe und dann
    kommt es doch in den Koalitionsvertrag?
  • 33:28 - 33:30
    Horst: Nicht weil sie mürbe wird, sondern
    weil es eine Übereinstimmung gibt.
  • 33:30 - 33:33
    Ich habe ja auch in anderen Dingen…
    Kopfpauschale im Gesundheitswesen
  • 33:33 - 33:37
    war auch so ein Fall. Da hieß es immer:
    „Kommt, kommt, kommt“, CDU hat es
  • 33:37 - 33:41
    auf ihrem Parteitag beschlossen, gegen
    eine Stimme. Aber sie ist nie gekommen.
  • 33:41 - 33:45
    Weil es auch ungerecht gewesen wäre.
    Und hier müssen wir doch sehen, dass wir
  • 33:45 - 33:50
    unsere Aufgaben mit der Zuwanderung,
    die übrigens noch viele, viele Jahre
  • 33:50 - 33:53
    anhalten wird, die Zuwanderung nach
    Europa, und damit schwerpunktmäßig
  • 33:53 - 33:57
    nach Deutschland, dass wir
    diese Aufgaben der Integration,
  • 33:57 - 34:02
    der Gewährleistung der Sicherheit im Lande
    nur der Bevölkerung versprechen können
  • 34:02 - 34:06
    dass wir sie schaffen, wenn wir die
    Zuwanderung jährlich begrenzen.
  • 34:06 - 34:10
    Die Begrenzung ist eine Voraussetzung
    für die Humanität und die Integration.
  • 34:10 - 34:13
    Interviewer: Aber, Herr Seehofer,…
    Audio/Video-Wiedergabe endet
  • 34:13 - 34:17
    maha: Ja. Gut, also ‚Obergrenze‘. Was
    hat es damit auf sich, und warum kann er
  • 34:17 - 34:21
    so weit gehen und sagen: „Ja, das muss
    dann als Garantie… also wir garantieren
  • 34:21 - 34:26
    dass das reinkommt“. Naja. Er hat’s hier
    deutlich gesagt. Er hat nämlich gesagt
  • 34:26 - 34:29
    es geht um eine Obergrenze der
    ‚Zuwanderung‘. Zuwanderung ist aber
  • 34:29 - 34:33
    was anderes als Flüchtlinge. Bei
    Zuwanderung geht es tatsächlich dann
  • 34:33 - 34:38
    darum, dass Leute integriert werden, und
    Deutsche werden. Und das will er begrenzen.
  • 34:38 - 34:44
    Das ist aber eigentlich sonst nicht das
    Thema! Aber das hören eben Leute, die
  • 34:44 - 34:51
    aus rechtspopulistischen Kreisen kommen,
    oder aus rechten Kreisen kommen, nicht.
  • 34:51 - 34:55
    Sondern sie hören: „Ah, Begrenzung, keine
    Flüchtlinge, wunderbar, dann passt das.“
  • 34:55 - 35:00
    Aber es geht eben nicht um die Begrenzung
    der Flüchtlinge. Mit denen will man dann
  • 35:00 - 35:07
    schon irgendwie umgehen. Die CSU fordert
    ja auch sowas wie „Transitzonen“, und so.
  • 35:07 - 35:10
    Also es ist ja nicht ganz klar wie das
    dann laufen soll. Aber es geht um
  • 35:10 - 35:13
    die ‚Zuwanderung‘. Aber dadurch dass er
    ‚Begrenzung‘ und ‚Obergrenze‘ sagt, kommt
  • 35:13 - 35:18
    die Botschaft an, die CSU tut was gegen
    Flüchtlinge. Was sie ja eigentlich nicht tut.
  • 35:18 - 35:23
    Und deshalb ist das eben auch kein Problem
    mit dem Verfassungsrecht, weil man ja nur
  • 35:23 - 35:28
    immer ‚Integration‘, und ‚Einwanderung‘,
    ‚Zuwanderung‘ spricht, und nicht
  • 35:28 - 35:32
    über Flüchtlinge. Und deshalb kann er ja
    auch solche vollmundigen Garantien
  • 35:32 - 35:36
    ankündigen. Also die Leute hören etwas
    anderes als er eigentlich sagt. Und das
  • 35:36 - 35:44
    ist schon irgendwo bedenklich. Ja. Ein
    anderes Wort das ich in einer Talkshow
  • 35:44 - 35:49
    aufgeschnappt habe, und das so ein
    bisschen zeigt, dass irgendwas seltsam ist,
  • 35:49 - 35:54
    ist dieses: „Multikulti ist gescheitert“.
    „Multikulti“. Was ist ‚Multikulti‘
  • 35:54 - 35:58
    überhaupt für ein Wort? Müsste ein
    Substantiv, an der Stelle, sein. Aber
  • 35:58 - 36:01
    man kann keinen Artikel davorsetzen,
    ‚der die das Multikulti‘ – ist so ähnlich
  • 36:01 - 36:06
    wie ‚der die das Cyber‘!
    Cyber? Ist wie Multikulti!
  • 36:06 - 36:10
    Beifall
  • 36:10 - 36:14
    Und da ich mit ‚Cyber‘ und ‚Multikulti‘
    jetzt schon zwei solche Wörter habe,
  • 36:14 - 36:18
    brauchen wir eine Kategorie. Also
    ich nenne die ‚Pseudo-Substantive‘.
  • 36:18 - 36:22
    Also die irgendwie schwer als Substantive
    zu beschreiben sind, und deshalb ist auch
  • 36:22 - 36:27
    nicht ganz klar was sie bedeuten. Ja, ein
    anderes Wort, was ich so ein bisschen auch
  • 36:27 - 36:33
    als mein persönliches Wort – und da ist
    nicht mal ein Wort, sondern ein Wort-Teil –
  • 36:33 - 36:39
    des Jahres ansehe, ist ‚kritisch‘. Denn
    das zeigt offenbar, dass Populismus
  • 36:39 - 36:45
    sich verbreitet, dass populistische
    Argumentationsweisen eben tatsächlich
  • 36:45 - 36:52
    irgendwie ankommen. Also das liest
    man, was jetzt kommt, in Zeitungen.
  • 36:52 - 36:58
    [Da] wollen wir auch die Zeitungen nennen:
    ‚asylkritisch‘ war im Focus, in der Welt.
  • 36:58 - 37:02
    ‚Zuwanderungskritisch‘, nee, ich glaube
    die ‚schwulenkritischen‘ Äußerungen
  • 37:02 - 37:07
    hatte ich auch mehrfach, auch, glaube
    ich, Focus. Also man kann das leicht
  • 37:07 - 37:11
    herausfinden, indem man nach diesen
    Wörtern googelt. Also das sind Wörter,
  • 37:11 - 37:15
    die man so in der Presse findet. Und die
    sind natürlich schon irgendwie falsch.
  • 37:15 - 37:19
    Also es gibt sowas wie ‚Religionskritik‘.
    Das ist üblicherweise das, was
  • 37:19 - 37:23
    Angehörige einer Religion machen.
    Weil sie herausfinden wollen was jetzt
  • 37:23 - 37:27
    der wahre Glaube ist. Also ‚kritisch‘ im
    griechischen Sinne, dass man siebt,
  • 37:27 - 37:30
    und das Gute raussiebt.
    Aber darum geht’s natürlich nicht.
  • 37:30 - 37:35
    Bei ‚islamkritisch‘ lehnt man einfach
    Islam ab, oder den Islam ab, und
  • 37:35 - 37:39
    ist nicht kritisch damit, dass gewisse
    Glaubensgrundsätze richtig sein sollen
  • 37:39 - 37:44
    und andere nicht. Bei ‚asylkritisch‘
    wird auch nicht gesagt: „Naja,
  • 37:44 - 37:48
    vielleicht sind die Asylbedingungen
    nicht gut“, sondern man lehnt Asyl ab.
  • 37:48 - 37:51
    Und bei ‚zuwanderung[skritisch]‘ wird
    Zuwanderung abgelehnt. Oder bei
  • 37:51 - 37:54
    ‚schwulenkritisch‘, da geht’s ja nicht
    darum, dass bestimmte Aspekte
  • 37:54 - 37:58
    des Schwulseins vielleicht authentischer
    sind als andere. Sondern…
  • 37:58 - 38:01
    Gelächter und Beifall
  • 38:01 - 38:05
    Ja, wird halt abgelehnt! Also es ist der
    Ersatz für ‚-feindlich‘! Also gemeint ist
  • 38:05 - 38:09
    ‚schwulenfeindlich‘, ‚islamfeindlich‘,
    ‚zuwanderungsfeindlich‘.
  • 38:09 - 38:11
    Aber es wird nicht ‚feindlich‘
    verwendet, sondern ‚kritisch‘.
  • 38:11 - 38:17
    Also ein abgeschwächter Begriff.
    Und das ist normale Pressesprache!
  • 38:17 - 38:21
    Das ist vielleicht ein Problem. Das
    gleiche mit den ‚besorgten Bürgern‘.
  • 38:21 - 38:27
    Oder ‚besorgte Eltern‘. Auch etwas, was
    man ganz normal in der Zeitung liest
  • 38:27 - 38:32
    oder in der Tagesschau hört.
    Und niemand hinterfragt das.
  • 38:32 - 38:35
    Interessant ist übrigens, dass
    ‚besorgte Bürger‘ selten gegendert wird.
  • 38:35 - 38:40
    Offenbar… ne? Gelächter
    Da ist schon was Seltsames, ne?
  • 38:40 - 38:44
    Ist offensichtlich als Ganzes lexikalisiert
    und bedeutet was anderes, nämlich
  • 38:44 - 38:49
    möglicherweise ‚Ausländerfeinde‘,
    ‚Rassisten‘. Und ‚besorgte Eltern‘
  • 38:49 - 38:53
    sind möglicherweise Schwulenfeinde. Gut!
    Dann kommen wir zum Wort ‚postfaktisch‘.
  • 38:53 - 38:58
    Was ja auch Wort des Jahres [2016] ist.
    Und fefe hat mich vorher gefragt was
  • 38:58 - 39:03
    der Unterschied zwischen ‚Lügenpresse‘,
    ‚postfaktisch‘ und ‚Fake-News‘ ist.
  • 39:03 - 39:08
    Und klar, ‚Lügenpresse‘ ist aus dem
    Vokabular der Rechten, das haben wir
  • 39:08 - 39:13
    vorhin schon gesehen. Da ist ‚Fake-News‘
    vielleicht neutral. Aber ‚Fake-News‘,
  • 39:13 - 39:19
    wie ‚postfaktisch‘ sind natürlich
    Abschwächungen. Bei ‚Fake-News‘
  • 39:19 - 39:24
    – ist ja eigentlich, ist gar keine News,
    sondern falsche Information, Propaganda.
  • 39:24 - 39:28
    Und dazu sagt man ‚Fake-News‘. Und
    ‚postfaktisch‘ ist sogar noch eine stärkere
  • 39:28 - 39:32
    Abschwächung. Denn es geht ja wieder um
    Propaganda, und Lügen. Aber es wird nicht
  • 39:32 - 39:35
    von ‚Lüge‘ gesprochen, sondern
    von „postfaktisch“. Interessant ist
  • 39:35 - 39:41
    wo das Wort herkommt. Das Wort kommt
    tatsächlich… hat so einen philosophischwissenschaft-
  • 39:41 - 39:44
    erkenntnistheoretischen Hintergrund.
    Da geht es nämlich um sogenannte
  • 39:44 - 39:49
    ‚Postfaktum-Erklärungen‘. Also Erklärungen
    die man nur im Nachhinein geben kann.
  • 39:49 - 39:51
    Wird immer so hingestellt in der
    Erkenntnistheorie als wichtiger Unterschied
  • 39:51 - 39:54
    zwischen den Naturwissenschaften
    und den Geisteswissenschaften.
  • 39:54 - 39:56
    In den Naturwissenschaften hat man
    Erklärungen mit denen man Dinge
  • 39:56 - 40:01
    vorhersagen kann. Die sind dann…
  • 40:01 - 40:05
    kann man als ‚ante-faktisch‘ bezeichnen,
    oder ‚prä-faktisch‘. Nein, so wird’s
  • 40:05 - 40:09
    nicht gesagt. Es wird ‚ante-faktum‘,
    ‚post-faktum‘ gesagt, meistens
  • 40:09 - 40:14
    mit den lateinischen Wörtern. Und
    ‚postfaktisch‘, also Post-Faktum-Erklärungen,
  • 40:14 - 40:16
    normalerweise sind solche Erklärungen
    in den Geisteswissenschaften, die man
  • 40:16 - 40:20
    nur hinterher hat, dann ist das alles
    plausibel. Aber vorher kann man Dinge
  • 40:20 - 40:25
    nicht vorhersagen. Das hat
    was damit zu tun, dass das…
  • 40:25 - 40:29
    ‚natürlich gegen kulturell‘, und
    „Phänomene der 3. Hand“, die halt
  • 40:29 - 40:34
    nicht vorhersagbar sind. Das ist
    eigentlich die Herkunft, also
  • 40:34 - 40:40
    von daher passt es… kennt Angela Merkel
    als Physikerin wahrscheinlich den Begriff
  • 40:40 - 40:46
    ‚Post-Faktum-Erklärung‘ und kann das dann
    verwenden. Interessant ist jetzt, dass…
  • 40:46 - 40:51
    also man sagt ja ‚postfaktisch‘ ist eine
    Übersetzung von ‚post truth‘. Und hier
  • 40:51 - 40:57
    ist ganz schön auch wieder die Verteilung
    bei Google Trends zu sehen. ‚Post truth‘
  • 40:57 - 41:03
    wird… taucht das erste Mal auf in einem
    New-York-Times-Artikel im August.
  • 41:03 - 41:08
    Und dann am 24. August 2016.
  • 41:08 - 41:14
    Und dann kommt es zu einer
    Wiederaufnahme im Economist.
  • 41:14 - 41:20
    Das sieht man da auch beim Ausschlag,
    nochmal im September, um den 17. September.
  • 41:20 - 41:24
    Dann wird das so ein bisschen aufgegriffen.
    Auch auf Deutsch. ‚Postfaktisch‘ taucht
  • 41:24 - 41:31
    das erste Mal auf, ist aber noch
    relativ unbedeutend. Bis es dann
  • 41:31 - 41:34
    nochmal, also ist nochmal… jetzt
    nochmal ‚post truth‘, im Zusammenhang
  • 41:34 - 41:39
    mit der Wahl von Trump. Und
    danach ist ‚post truth‘ schon weg,
  • 41:39 - 41:43
    taucht gar nicht mehr auf. Und dann sagt
    die Bundeskanzlerin ‚postfaktisch‘,
  • 41:43 - 41:46
    alle googeln das, und deshalb ist das
    da plötzlich hoch, und bleibt auch
  • 41:46 - 41:49
    relativ hoch. Weil es ja dann Wort des
    Jahres [2016] wird, kann man dann
  • 41:49 - 41:54
    auch wieder einen Ausschlag sehen. Also,
    man sieht sehr deutlich, dass das hier
  • 41:54 - 41:58
    eine gewisse Bedeutung hat, die sogar
    den Gebrauch von ‚post truth‘ übersteigt,
  • 41:58 - 42:03
    denn ‚post truth‘ – also ich hab hier die…
    nicht die Deutschland-Trends genommen,
  • 42:03 - 42:07
    sondern die weltweiten Trends. Da würde
    man eigentlich erwarten, dass ‚post truth‘
  • 42:07 - 42:11
    viel höher ist. Aber das ist gar nicht
    der Fall. Sondern ‚postfaktisch‘
  • 42:11 - 42:15
    wird sehr viel stärker verwendet. Ja.
  • 42:15 - 42:21
    Und das Problem mit ‚postfaktisch‘
    ist eben tatsächlich, dass es eben
  • 42:21 - 42:27
    Dinge verharmlost, und praktisch ‚Lüge‘,
  • 42:27 - 42:32
    oder kontra-faktisches, Falsches als
    postfaktisch darstellt, und damit eben
  • 42:32 - 42:38
    abschwächt. Aber auch das ist jetzt ein
    Begriff, der verwendet wird von allen!
  • 42:38 - 42:42
    Also auch hier, auf dem Kongress habe ich
    das öfter gehört. Und man liest das jetzt
  • 42:42 - 42:47
    immer wieder, „postfaktisch“. Und
    eigentlich ist es nicht ganz zutreffend.
  • 42:47 - 42:54
    Und ich finde, da wo der politische
    Gegner halt aufrüstet,
  • 42:54 - 42:58
    da sollte man nicht darauf hereinfallen
    und solche Sachen übernehmen.
  • 42:58 - 43:03
    Sondern vielleicht auch die Dinge
    mit stärkeren Worten benennen,
  • 43:03 - 43:08
    eben z.B. von ‚kontra-faktisch‘ und ‚Lüge‘
    sprechen. Und das möchte ich so
  • 43:08 - 43:11
    ein bisschen als Empfehlung mit auf den
    Weg geben. Und auf der einen Seite
  • 43:11 - 43:21
    liegt uns…
    Beifall
  • 43:21 - 43:24
    Danke schön. Auf der einen Seite die
    Konzepte hinterfragen, also wenn jemand
  • 43:24 - 43:28
    kommt, und mit einem diskutieren will, ich
    hatte so eine Podiumsdiskussion, die auch
  • 43:28 - 43:32
    leider nicht so gut gelaufen ist für mich!
    Deshalb empfehle ich nicht, das Video
  • 43:32 - 43:37
    anzuschauen. Im September [2016],
    wo ich auf einem Podium saß, wo es
  • 43:37 - 43:42
    um quer-Politik, in Berlin, ging. Und wo
    auch ein Vertreter einer rechten Partei
  • 43:42 - 43:47
    saß. Der dann eben auch gleich
    losgewettert hat, dass eben auf
  • 43:47 - 43:53
    der einen Seite natürlich die Flüchtlinge
    das quere Leben zerstören werden, und
  • 43:53 - 43:57
    man deshalb, zum Schutz von Schwulen und
    Lesben was tun muss gegen die Flüchtlinge.
  • 43:57 - 44:00
    Auf der anderen Seite dann aber auch
    gesagt hat, ja die ‚Frühsexualisierung‘,
  • 44:00 - 44:05
    das lehnen wir ab. Also, man muss
    den Kindern ja nicht beibringen, dass
  • 44:05 - 44:10
    irgendwie es verschiedene Lebensweisen
    gibt. Also so eine Doppelt-Argumentation.
  • 44:10 - 44:16
    Einmal schwulenfeindlich, und einmal
    – nicht ‚sozusagen‘ sondern tatsächlich –
  • 44:16 - 44:22
    ausländerfeindlich. Aber
    pro-Schwule-und-Lesben.
  • 44:22 - 44:26
    Und da muss man eben tatsächlich mal
    hinterfragen, was ist eigentlich gemeint
  • 44:26 - 44:31
    hier, mit diesen Argumentationen, was
    ist gemeint, wenn dann jemand sagt:
  • 44:31 - 44:39
    „Ja, wir sind kritisch gegen
    Einwanderung und so“?
  • 44:39 - 44:43
    Dann vielleicht mal direkt auch darauf
    ansprechen. Oder wenn jemand sagt:
  • 44:43 - 44:46
    „Die Wahrheit wird unterdrückt“, wie wir
    das gesehen haben, dann eben mal
  • 44:46 - 44:50
    fragen: „Was denn für eine Wahrheit?“. Ich
    glaube dass man da viel erreichen kann.
  • 44:50 - 44:54
    Und dass man insgesamt viel erreichen
    kann, indem man eben tatsächlich auch
  • 44:54 - 44:59
    sich etwas genauer überlegt was man sagt.
    Also nicht „Sprachfaschismus“ oder so.
  • 44:59 - 45:03
    Dass irgendwas verboten ist, sondern
    dass eben Leute wirklich bewusst,
  • 45:03 - 45:07
    bewusster sprechen. [Ich] denke das
    würde an dieser Stelle schon helfen.
  • 45:07 - 45:10
    Jo. Und damit bin ich fertig. Danke!
  • 45:10 - 45:27
    Beifall
  • 45:27 - 45:31
    Herald: Hou, ihr kennt euch aus!
    Noch nicht rausrennen! So schnell
  • 45:31 - 45:34
    sind wir nicht. Jetzt gibt’s nämlich noch
    Fragen und Antworten. Wer von euch
  • 45:34 - 45:41
    hat denn Fragen? Bzw. das Internet?
    Kommen da schon welche?
  • 45:41 - 45:43
    Signal Angel: Es kommen
    gerade welche rein.
  • 45:43 - 45:45
    Herald: Geht WLAN wieder nicht?
  • 45:45 - 45:47
    maha: Es dauert immer
    etwas mit dem Internet.
  • 45:47 - 45:51
    Herald: Ach so! Na gut.
    Bitte, dann die 2!
  • 45:51 - 45:57
    Frage: Ja, ist dir schon der… hast du dich
    schon mit dem ziemlich skurrilen Begriff
  • 45:57 - 46:00
    ‚Bio-deutsch‘ befasst?
    Gelächter
  • 46:00 - 46:08
    maha: Ja. Bei meinen Recherchen kam ich
    auch… ist mir der auch untergekommen.
  • 46:08 - 46:11
    Und ich muss sagen, ich habe ihn dann
    nicht mehr berücksichtigt. Aber der
  • 46:11 - 46:16
    ist natürlich auch ein sehr interessanter
    Begriff. Weil man natürlich Komposita
  • 46:16 - 46:19
    mit ‚Bio‘, zunächst mal, da stellt man
    sich was anderes vor. Aber ‚Bio‘
  • 46:19 - 46:23
    ist natürlich auch immer positiv besetzt.
    Auch da wo es gar nicht passt, bei
  • 46:23 - 46:28
    ‚Bio-Diesel‘ z.B. Aber hier bedeutet
    natürlich ‚Bio-deutsch‘ was anderes.
  • 46:28 - 46:33
    Nämlich, ja, eben, genau sowas wie
    ‚autochthon‘ oder ‚seit mehreren
  • 46:33 - 46:38
    Generationen in Deutschland‘. Was ja
    auch nie passt. Also das ist einfach…
  • 46:38 - 46:41
    diese Argumentation ist seltsam. Und…
  • 46:41 - 46:43
    Frage: Also Nationalität
    als ‚erbbare‘ Eigenschaft?
  • 46:43 - 46:48
    maha: Genau. Aber ich habe… muss so ganz
    ehrlich sagen, ich habe den Begriff dann
  • 46:48 - 46:56
    nicht weiter aufgenommen, hier in meinen
    Untersuchungskorpus, weil ich nicht genau
  • 46:56 - 47:01
    weiß, was man davon halten soll. Also ich
    habe ihn… ich suche natürlich immer Belege,
  • 47:01 - 47:09
    und kucke mir die an. Und es ist mir
    unklar, wer das verwendet, und
  • 47:09 - 47:14
    was genau beabsichtigt ist.
    Also ich habe es sowohl in Blogs gefunden
  • 47:14 - 47:19
    – also nicht so sehr in den traditionellen
    Medien die man der rechten Szene
  • 47:19 - 47:23
    zurechnet – ich habe es aber auch
    in Blogs gefunden die nun gerade
  • 47:23 - 47:27
    nicht der rechten Szene zuzurechnen sind.
    Also da handelt sich es vielleicht um
  • 47:27 - 47:31
    ein Wort, dessen genaue Zuordnung noch
    nicht klar ist. Und deshalb habe ich es
  • 47:31 - 47:33
    einfach erstmal beiseite gestellt.
  • 47:33 - 47:36
    Stimme aus Off: Er meint er weiß was dazu!
  • 47:36 - 47:40
    Frage: Ich weiß da was zu, und
    zwar habe ich da vor 3..4 Jahren
  • 47:40 - 47:45
    mal gekuckt. Der Erste der dieses Wort
    verwendet hat, war der Grünen-Politiker
  • 47:45 - 47:50
    Cem Özdemir. Soviel dazu.
  • 47:50 - 47:54
    maha: Aha. Ja, ich gehe
    der Sache noch mal nach.
  • 47:54 - 47:58
    Frage: Gibt es ein rhetorisches pattern,
    das man verwenden kann, wenn man
  • 47:58 - 48:03
    Menschen gegenübersitzt, die sich
  • 48:03 - 48:07
    zwar ständig in Widersprüchen äußern, aber
    trotzdem sehr polemisch argumentieren?
  • 48:07 - 48:12
    Und also – mir fehlt
    gerade das Wort – also…
  • 48:12 - 48:17
    Wie ist das rhetorische Pattern,
    um sozusagen doch trotzdem
  • 48:17 - 48:20
    in ein Gespräch einzusteigen,
    oder soll man einfach weggehen?
  • 48:20 - 48:23
    maha: Ja, also…
    Lachen, Applaus
  • 48:23 - 48:27
    Applaus
  • 48:27 - 48:33
    Im Zweifel weggehen! Das ist halt
    diese Geschichte mit der Filterblase.
  • 48:33 - 48:38
    Dadurch, dass viele Wörter eine etwas
    andere Bedeutung haben, gibt es da
  • 48:38 - 48:43
    wenig Verständigungsmöglichkeiten. Denn
    um sie zu verstehen, muss man die gleiche
  • 48:43 - 48:48
    semantische Grundlage haben. Aber wenn der
    eine mit ‚Demokratie‘ sowas meint wie „Ja,
  • 48:48 - 48:52
    jetzt sind wir mal dran“, und der andere
    mit ‚Demokratie‘ meint, das ist jetzt
  • 48:52 - 48:56
    das System mit der Verantwortungs-
    delegation und so, dann kann man sich
  • 48:56 - 48:59
    nicht verständigen [auch] wenn man das
    gleiche Wort gebraucht. Aber da sieht man
  • 48:59 - 49:02
    auch die Strategie. Man muss da nochmal
    genau nachfragen. Was ist denn eigentlich
  • 49:02 - 49:06
    mit ‚Demokratie‘ gemeint? Also, wenn man
    das will. Also man kann auch weggehen,
  • 49:06 - 49:09
    unter Umständen. Also was ist mit
    ‚Demokratie‘ gemeint, oder, wie hier
  • 49:09 - 49:12
    die Journalistin das wirklich sehr,
    sehr gut macht, die dann sagt: „Ja,
  • 49:12 - 49:16
    was ist denn Ihre Wahrheit?“ Und wenn
    dann gesagt wird: „Ja nö, nicht Ihre!“
  • 49:16 - 49:20
    dann nochmal nachfragen. Und dann sagt sie
    ja: „Hören Sie, da!“. Und dann kann man
  • 49:20 - 49:24
    sich vielleicht eher eine Meinung bilden.
    Oder dieser eine, ich habe nur einen
  • 49:24 - 49:26
    Ausschnitt gezeigt. Der ist noch ein
    bisschen länger. Man kann sich das ja
  • 49:26 - 49:33
    im Internet anschauen. Da wird dann
    nochmal gefragt: „Was meinen Sie denn?“
  • 49:33 - 49:37
    Und dann sagt er ja: „Die Wahrheit ist
    dass die USA uns steuert“. Dann
  • 49:37 - 49:42
    kommt man der Sache schon näher. Also ich
    denke man sollte immer wieder nachfragen.
  • 49:42 - 49:45
    Das ist – glaube ich –
    eine ganz gute Strategie.
  • 49:45 - 49:48
    Frage: Also, „wer fragt der führt“, und
    dann spitz reingehen, wenn man sich’s
  • 49:48 - 49:51
    traut, und aushält ohne
    emotional auszuflippen?
  • 49:51 - 49:53
    maha: Genau. Ja.
  • 49:53 - 49:59
    Beifall
  • 49:59 - 50:01
    Herald: Einmal die Frage
    aus dem Internet, bitte!
  • 50:01 - 50:06
    Signal Angel: Es gibt mehrere Fragen.
    Die erste ist: sind Bezeichnungen wie
  • 50:06 - 50:10
    ‚postfaktisch‘ und ‚Verschwörungstheorie‘
    nicht eher schädlich für eine Demokratie,
  • 50:10 - 50:14
    da man damit sehr leicht Diskussionen
    abwürgen kann, und damit so
  • 50:14 - 50:22
    den Diskurs schnell beendet?
  • 50:22 - 50:29
    maha: Jaa, alsoo, das ist
    wirklich eine schwierige Frage.
  • 50:29 - 50:33
    Also, ich glaube nicht, dass mit…
    ich denke ‚postfaktisch‘ ist
  • 50:33 - 50:41
    einfach wirklich ein gelogenes Wort.
    Das sollte man dann schon nicht…
  • 50:41 - 50:44
    sollte man wirklich vermeiden. Ich glaube
    nicht, dass dadurch eine Diskussion
  • 50:44 - 50:49
    beendet ist. Es ist ja gerade so,
    wenn man solche weichgespülten,
  • 50:49 - 50:53
    also Euphemismen verwendet,
    das ist auch etwas
  • 50:53 - 50:57
    was vielleicht sogar die Diskussion
    in Gang hält. Die Frage ist nur,
  • 50:57 - 51:02
    will man sowas wirklich verwenden.
    Klar, ich verstehe ja die Frage so,
  • 51:02 - 51:06
    dass man sagt, ach das ist alles
    postfaktisch, also alles gelogen,
  • 51:06 - 51:10
    und damit halt den Diskurs
    beendet. Ja, das ist…
  • 51:10 - 51:14
    kann man machen. Wie gesagt, das
    hängt vom Interesse ab, wieviel Zeit
  • 51:14 - 51:17
    man investieren will, wieviel
    Emotionen man investieren will.
  • 51:17 - 51:22
    Durch diese Einigelung,
    auch semantische Einigelung
  • 51:22 - 51:27
    von bestimmten Sprecherinnen und
    Sprechern kann man im Grunde
  • 51:27 - 51:31
    ganz schlecht diskutieren. Deshalb muss
    man sich zunächst mal über die Konzepte
  • 51:31 - 51:33
    verständigen. Und das ist, wenn
    man diskutieren will, glaube ich,
  • 51:33 - 51:37
    der beste Weg. Aber es ist halt ganz
    schwierig. Deshalb auch wirklich
  • 51:37 - 51:42
    die Empfehlung: manchmal ist es auch
    besser gar nicht weiter zu diskutieren.
  • 51:42 - 51:43
    Herald: Mikrofon 3, bitte!
  • 51:43 - 51:48
    Frage: Ja, zu dem Begriff ‚postfaktisch‘
    habe ich noch etwas… eine Frage,
  • 51:48 - 51:53
    oder anzumerken. Das kommt ja von einem
    Artikel aus dem Economist. Und da
  • 51:53 - 51:55
    ging es um einen bestimmten Politik-Stil.
    maha: Ja.
  • 51:55 - 51:59
    Frage: Und bei diesem Politik-Stil ging
    es doch darum, dass die Fakten
  • 51:59 - 52:01
    anscheinend gar keine Rolle mehr spielen,
    maha: Ja.
  • 52:01 - 52:06
    Frage: und dass es nur noch um Emotionen
    geht, also… geht es jetzt um Unwahrheit,
  • 52:06 - 52:09
    oder geht es um eine
    andere Art von Politikstil?
  • 52:09 - 52:14
    maha: Ja. Richtig. Im Economist-Artikel
    geht’s um den Politik-Stil. Da ist ja
  • 52:14 - 52:19
    das Wort ‚Post Truth‘ verwendet, was
    mit ‚postfaktisch‘ dann übersetzt wird.
  • 52:19 - 52:27
    Aber das ist… also gemeint ist schon,
    dass die Politik die dort gemacht wird…
  • 52:27 - 52:30
    also es geht sicherlich um den
    Politik-Stil, aber die Verwendung
  • 52:30 - 52:34
    von ‚postfaktisch‘ ist dann insbesondere
    im Deutschen nochmal eine andere.
  • 52:34 - 52:40
    Da geht’s schon um… also das steht schon
    in einem Verhältnis zu ‚Fake News‘.
  • 52:40 - 52:43
    Obwohl zunächst nur der Politik-Stil
    beschrieben wird. Da kann man sagen,
  • 52:43 - 52:47
    gut, das geht noch. Bei dem Politik-Stil,
    das ist halt ein Politik-Stil der jetzt
  • 52:47 - 52:52
    anders ist, weil es nur um Gefühle geht.
    Aber damit sind wir natürlich mitten auch
  • 52:52 - 52:57
    im Populismus. Denn Populismus ist halt
    das Arbeiten mit Gefühlen und nicht mehr
  • 52:57 - 53:00
    mit Argumenten. Also ich würde gar nicht
    so sehr sagen dass es um Fakten geht,
  • 53:00 - 53:04
    sondern es geht um Argumente und
    Gefühle, die gegenüber gestellt werden.
  • 53:04 - 53:08
    Und der neue Politikstil ist halt einer,
    der mit Gefühlen arbeitet, und damit eben
  • 53:08 - 53:13
    populistisch ist. Das hatte ich ja am
    Anfang, also, Schüren von Ängsten,
  • 53:13 - 53:17
    einfache Gewissheiten… Die einfache
    Gewissheit führt dann auch zu einem
  • 53:17 - 53:21
    gewissen Wohlfühlen. Denn ich weiß
    ja wie’s geht. Wir brauchen nur
  • 53:21 - 53:24
    das bedingungslose Grundeinkommen
    und alles wird schön. Ich habe jetzt hier
  • 53:24 - 53:26
    die Gewissheit. Also wie gesagt, ich bin
    ein Befürworter des bedingungslosen
  • 53:26 - 53:32
    Grundeinkommens. Nur, das hinzustellen
    als einzige… als Allheilmittel, als allein
  • 53:32 - 53:37
    seligmachend ist natürlich nicht die
    Lösung. Und das ist eben genau dieses
  • 53:37 - 53:41
    Arbeiten mit Gefühlen, was man eigentlich
    nicht will. Das ist nicht… das basiert
  • 53:41 - 53:47
    nicht auf Fakten. Aber die Verwendung
    von ‚postfaktisch‘ ist jetzt schon relativ
  • 53:47 - 53:51
    synonym mit ‚Fake News‘. Also da geht
    es schon um Äußerungen. Deshalb:
  • 53:51 - 53:55
    die kann man dann auch
    wirklich ‚Lüge‘ nennen.
  • 53:55 - 53:56
    Herald: Mikrofon 4, bitte!
  • 53:56 - 54:01
    Frage: Hallo, du hast gerade verschiedene
    Begriffe gezeigt für ‚Flüchtlingsschwemme‘,
  • 54:01 - 54:06
    ‚Flüchtlingskrise‘ usw. Mir ist in
    den letzten Wochen aufgefallen,
  • 54:06 - 54:10
    dass das Wort ‚Flüchtlingsfrage‘ in
    den Medien oft verwendet wird…
  • 54:10 - 54:12
    maha: Ja!
    Frage: …und das erinnert mich ein bisschen
  • 54:12 - 54:17
    an ‚Judenfrage‘. Das ist so…
    Beifall
  • 54:17 - 54:20
    …die einzige Verbindung, die ich habe.
    Ja? Und ich warte noch darauf, dass
  • 54:20 - 54:25
    wir jetzt von der „Endlösung der
    Flüchtlingsfrage“ irgendwie reden.
  • 54:25 - 54:28
    maha: Hm-hmm. Ein
    sehr interessanter Punkt.
  • 54:28 - 54:30
    Weil tatsächlich… also
    ich glaube du hast recht,…
  • 54:30 - 54:33
    Frage: Weil das hast du in
    linken und rechten Medien, ne?
  • 54:33 - 54:36
    maha: Die Leute die das… Ich
    muss mal nach den Kontexten
  • 54:36 - 54:40
    von ‚Flüchtlingsfrage‘ suchen. Es könnte
    in der Tat so sein, dass das jemand
  • 54:40 - 54:44
    aufgebracht hat genau mit dieser
    Assoziation, die ich auch habe.
  • 54:44 - 54:50
    Aber natürlich ist ‚Frage‘
    noch neutraler als ‚Krise‘.
  • 54:50 - 54:54
    So dass möglicherweise Leute das
    Wort ‚Flüchtlingsfrage‘ übernehmen,
  • 54:54 - 54:57
    weil sie denken, ja, ‚Krise‘
    ist mir jetzt zu reißerisch,
  • 54:57 - 55:01
    sagen wir doch lieber ‚Flüchtlingsfrage‘.
    Und im Grunde – und das ist einfach
  • 55:01 - 55:06
    das Perfide an dem Wort – weckt das die
    Assoziation, tatsächlich, zu ‚Judenfrage‘.
  • 55:06 - 55:10
    Genau. Also das ist… das muss ich mir
    anschauen. Das ist eine super Beobachtung.
  • 55:10 - 55:13
    Das war mir noch nicht aufgefallen. Ja.
    Frage: Gut, danke!
  • 55:13 - 55:20
    Beifall
  • 55:20 - 55:21
    Herald: Eine Frage aus dem Internet!
  • 55:21 - 55:25
    Signal Angel: Die Frage lautet: Was ist
    deiner Meinung nach die Ursache
  • 55:25 - 55:28
    für die Verschiebung der
    Argumentation weg von Fakten,
  • 55:28 - 55:32
    hin zu einer emotionalen Variante?
  • 55:32 - 55:35
    maha: Na, der Hintergrund ist eine
    Strategie. Also vielleicht habe ich das
  • 55:35 - 55:39
    nicht deutlich genug gemacht. Also, das
    sind hier Leute, die tatsächlich eine
  • 55:39 - 55:43
    Strategie haben. Das wird ja überlegt!
    Ich meine, ich wollte jetzt nicht so sehr
  • 55:43 - 55:46
    die Äußerungen von bestimmten
    Parteimitgliedern bringen, denen man
  • 55:46 - 55:49
    vielleicht hier nicht eine Plattform bieten
    will. Aber die sagen ja auch tatsächlich,
  • 55:49 - 55:54
    „wir wollen provozieren, das ist unsere
    Strategie“. Und auf der anderen Seite,
  • 55:54 - 55:58
    „wir wollen in diesen Diskurs kommen“.
    Also es gibt so eine Doppelstrategie.
  • 55:58 - 56:02
    Auf der einen Seite auch die
    Wiederaufnahme durch die Medien,
  • 56:02 - 56:05
    das macht man mit diesen Termini, die dann
    so ein bisschen harmlos daherkommen.
  • 56:05 - 56:09
    Und auf der anderen Seite die Provokation,
    indem man dann mal sagt, „Ja, ‚völkisch‘
  • 56:09 - 56:15
    muss wieder ein normales
    Wort sein!“. Was es nie war.
  • 56:15 - 56:17
    Herald: Mikro 2, bitte!
  • 56:17 - 56:22
    Frage: Ich habe in letzter Zeit öfter die
    Kritik gehört, dass irgendwie ein
  • 56:22 - 56:27
    öffentlicher Diskurs behindert werden,
    oder eingeschränkt werden würde, indem
  • 56:27 - 56:32
    Leute mit besonders starken Wörtern
    bezeichnet werden, die in dem Fall
  • 56:32 - 56:35
    angeblich gar nicht zutreffen würden.
    Z.B. dass irgendjemand der gegen
  • 56:35 - 56:40
    die Ehe für alle ist, dann irgendwie sagt:
    „Okay, die Ehe sehe ich jetzt irgendwie
  • 56:40 - 56:42
    zwischen Mann und Frau, aber es können
    ruhig alle Leute machen, was sie wollen.
  • 56:42 - 56:44
    Sie sollen es halt nur nicht ‚Ehe‘
    nennen.“ Dass die als homophob
  • 56:44 - 56:47
    bezeichnet werden würden.
    maha: Als was bezeichnet?
  • 56:47 - 56:50
    Frage: Homophob. Z.B. Oder Leute als
    Rassisten bezeichnet werden würden
  • 56:50 - 56:52
    wo andere Leute sagen „Okay,
    Rassismus ist Rassenideologie, ich sehe
  • 56:52 - 56:56
    das gar nicht so, dass das Rassisten sind“
    etc. Und dass quasi so ein Diskurs
  • 56:56 - 57:01
    behindert werden würde. Was ist Ihre
    Meinung dazu? Und wie kann ich vielleicht
  • 57:01 - 57:05
    darauf antworten wenn
    ich das nicht so finde?
  • 57:05 - 57:11
    maha: Hm. Tja. Das ist in der
    Tat eine schwierige Sache.
  • 57:11 - 57:15
    Also… ich meine ich habe ja
    auch hier vertreten, dass Leute
  • 57:15 - 57:23
    die dann sowas sagen
    wie ‚schwulenkritisch‘,
  • 57:23 - 57:29
    dass die vielleicht was anderes
    besser sagen sollten. Klar.
  • 57:29 - 57:32
    Also es ist eine ganz schwierige
    Geschichte. Man müsste sich dann
  • 57:32 - 57:36
    genauer ankucken, wer da
    spricht. Also manchmal
  • 57:36 - 57:39
    – ich habe das ja vorhin schon gesagt –
    manchmal ist es gut wenn man den Diskurs
  • 57:39 - 57:43
    gar nicht erst aufnimmt. Dann ist es
    auch gut, wenn man gleich sagt, „Nee,
  • 57:43 - 57:47
    also auf dieser Ebene möchte ich nicht
    diskutieren.“ Oder dass man halt
  • 57:47 - 57:52
    hinterfragt, oder dass man nochmal fragt:
    „Wieso… was ist da eigentlich gemeint
  • 57:52 - 57:57
    mit sowas ‚ich lehne die Ehe für
    alle ab‘ oder ‚ich bin für die Ehe
  • 57:57 - 58:05
    für Mann und Frau, NUR
    zwischen Mann und Frau‘?“
  • 58:05 - 58:09
    Natürlich kann man – wenn das jemand
    sagt – kann man schon sagen, dass
  • 58:09 - 58:16
    diese Person irgendwo was gegen
    die gleichgeschlechtliche Ehe hat.
  • 58:16 - 58:19
    Also dieser feindlich gegenüber steht.
    Das ist ja dann nicht unbedingt
  • 58:19 - 58:23
    das Ende eines Diskurses. Aber ich
    glaube, dann zu sagen dass so jemand
  • 58:23 - 58:29
    schwulen- oder lesbenkritisch ist,
    ist glaube ich nicht zutreffend.
  • 58:29 - 58:31
    Frage: Würden Sie…
  • 58:31 - 58:34
    Herald: Entschuldigung, ich
    muss das hier abbrechen.
  • 58:34 - 58:37
    Einen Riesenapplaus für Martin Haase!
  • 58:37 - 58:40
    Beifall
  • 58:40 - 58:43
    Abspannmusik
  • 58:43 - 59:04
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2017. Unterstütze uns!
Title:
Die Sprache der Populisten (33c3)
Description:

more » « less
Video Language:
German
Duration:
59:04

German subtitles

Revisions