Sarah Kaminsky: Mein Vater, dieser Fälscher
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0:01 - 0:04Ich bin die Tochter eines Fälschers.
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0:04 - 0:06Nicht irgendein Fälscher:
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0:06 - 0:09wenn man "Fälscher" hört, versteht man oft "Söldner",
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0:09 - 0:12man hört "falsches Geld", man hört "falsche Bilder".
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0:12 - 0:15Mein Vater gehört nicht zu diesen Menschen.
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0:15 - 0:16Während 30 Jahren seines Lebens,
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0:16 - 0:19hat er falsche Papiere angefertigt.
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0:19 - 0:20Niemals für sich selber, immer für andere,
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0:20 - 0:24und um den Verfolgten und Unterdrückten zu Hilfe zu kommen.
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0:24 - 0:26Lassen Sie mich ihn Ihnen vorstellen.
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0:26 - 0:30Hier ist mein Vater, als er 19 Jahre alt war.
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0:30 - 0:34Für ihn begann tatsächlich alles während des Zweiten Weltkriegs,
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0:34 - 0:36als er sich im Alter von 17 Jahren in einem
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0:36 - 0:37Laboratorium von falschen Papieren wiederfand.
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0:37 - 0:42Er wurde sehr rasch zu einem Expreten für falsche Papier für den Widerstand.
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0:42 - 0:44Die Geschichte wird dort ungewöhnlich,
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0:44 - 0:46wo er nach der Befreiung damit weitergemacht hat,
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0:46 - 0:50falsche Papiere zu erstellen, bis in die 70er Jahre.
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0:50 - 0:51Und ich, als ich noch klein war,
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0:51 - 0:53wusste selbstverständlich nichts von alledem.
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0:53 - 0:56Das bin ich da in der Mitte, mit der Grimasse.
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0:56 - 0:58Ich wuchs am Stadtrand von Paris auf und,
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0:58 - 1:02voilà, ich war das Jüngste von drei Kindern.
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1:02 - 1:05Und ich hatte einen "normalen" Papa, also wie die anderen,
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1:05 - 1:07mit Ausnahme der Tatsache, dass er 30 Jahre älter war als...
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1:07 - 1:11nun, er hatte vor allem das Alter, mein Grossvater zu sein.
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1:11 - 1:14Auf jeden Fall war er Fotograf, er war eine Art Streetworker,
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1:14 - 1:17und er hat uns immer gelehrt, Gesetzen strikte zu gehorchen.
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1:17 - 1:20Und von seinem Vorleben, davon als er ein Fälscher war,
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1:20 - 1:22davon sprach er natürlich niemals.
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1:22 - 1:24Es gab allerdings ein Vorkommnis, dass ich Ihnen erzählen werde
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1:24 - 1:27und wo er mir vielleicht diesen Floh hätte ins Ohr setzen können.
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1:27 - 1:30Ich war am Gymnasium und hatte eine schlechte Note bekommen,
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1:30 - 1:32was eher selten vorkam,
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1:32 - 1:35auf jeden Fall hatte ich entschieden, sie vor meinen Eltern zu verstecken.
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1:35 - 1:39Und um das zu tun, sagte ich mir, dass ich ihre Unterschrift fälschen müsste.
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1:39 - 1:42Ich habe mich an der Unterschrift meiner Mutter versucht,
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1:42 - 1:45denn die meines Vaters ist absolut unfälschbar.
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1:45 - 1:48Ich habe also einen Moment lang auf einigen Schmierblättern trainiert,
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1:48 - 1:51und trainiert, und trainiert,
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1:51 - 1:53bis ich einen guten Handstreich hatte,
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1:53 - 1:55und da ging ich zur eigentlichen Handlung über.
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1:55 - 1:57Ein bisschen später durchsuchte meine Mutter meine Schulmappe,
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1:57 - 2:00fand die Kopie und sah sofort, dass die Unterschrift falsch war.
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2:00 - 2:02Ich wurde angeschrien wie noch nie zuvor,
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2:02 - 2:05ich ging und versteckte mich in meinem Zimmer, unter meiner Bettdecke
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2:05 - 2:08und wartete darauf, dass mein Vater von der Arbeit heimkäme,
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2:08 - 2:10mit einer Menge Furch vor dem Moment, das kann ich sagen.
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2:10 - 2:12Ich hörte ihn hereinkommen,
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2:12 - 2:16ich blieb unter den Decken, er kam in mein Zimmer
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2:16 - 2:18und setzte sich auf die Ecke des Bettes
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2:18 - 2:21und dann sagte er nichts, also streckte ich den Kopf unter der Decke hervor,
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2:21 - 2:24und als er mich sah, brach er in Gelächter aus.
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2:24 - 2:27Er lachte und konnte gar nicht mehr aufhören und er hatte die Kopie in der Hand,
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2:27 - 2:31und dann sagte er, "Aber Sarah, Du hättest Dich mehr anstrengen können, du siehst doch, dass sie zu klein ist!"
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2:31 - 2:37Tatsächlich ist sie ein bisschen klein.
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2:37 - 2:39Ich wurde in Algerien geboren.
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2:39 - 2:42Dort hörte ich, dass mein Vater ein "moudjahid" sei,
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2:42 - 2:44das heisst, ein Kämpfer.
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2:44 - 2:48Und später, in Frankreich, hörte ich gerne unbemerkt den Gesprächen der Grossen zu,
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2:48 - 2:51ich hörte alle möglichen Dinge über das frühere Leben meines Vaters,
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2:51 - 2:54ich hörte vor allem, dass er den Zweiten Weltkrieg "gemacht" habe
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2:54 - 2:56und dass er den Algerischen Krieg "gemacht"habe.
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2:56 - 2:59Und in meinem Kopf sagte ich mir, dass das hiesse, er sei ein Soldat.
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2:59 - 3:03Ich kannte meinen Vater und er sagte mir immer, er sei ein Pazifist und gewaltlos,
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3:03 - 3:06also hatte ich grosse Mühe, ihn mir mit einem Helm und einem Gewehr vorzustellen.
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3:06 - 3:08Und tatsächlich lag ich ganz schön daneben.
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3:08 - 3:11Eines Tages, als mein Vater ein Dossier zusammenstellte,
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3:11 - 3:14damit wir alle die französische Nationalität erhielten,
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3:14 - 3:16sah ich Dokumente,
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3:16 - 3:19die mich beschäftigten.
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3:19 - 3:20Diese hier sind echte!
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3:20 - 3:23Es sind meine, ich wurde als Argentinierin geboren.
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3:23 - 3:25Aber das Dokument, das ich da sah
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3:25 - 3:27und das uns helfen sollte, unser Dossier zu vollenden,
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3:27 - 3:30das war ein Dokument von der Armee,
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3:30 - 3:33das meinem Vater für seinen Einsatz dankte,
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3:33 - 3:35den er für den Geheimdienst ausgeführt habe.
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3:35 - 3:38Und plötzlich sagte ich mir "wow"!
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3:38 - 3:39Ähm... mein Vater, ein Geheimagent?!
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3:39 - 3:42Das kam mir doch sehr wie James Bond vor...
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3:42 - 3:46Und ich wollte ihm Fragen stellen, auf die er nicht antwortete.
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3:46 - 3:49Später sagte ich mir, dass ihn
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3:49 - 3:52eines Tages befragen müsste.
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3:52 - 3:54Und ich war selber schon Mutter eines kleinen Jungen,
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3:54 - 3:57als ich mir sagte, es sei jetzt an der Zeit, er müsste unbedingt mit uns sprechen.
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3:57 - 3:59Tatsächlich war ich gerade Mutter geworden,
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3:59 - 4:01er wurde eben 77 Jahre alt,
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4:01 - 4:04und plötzlich hatte ich grosse Angst.
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4:04 - 4:06Ich hatte Angst, er ginge von uns
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4:06 - 4:08und nähme seine Stille mit,
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4:08 - 4:10er nähme all seine Geheimnisse mit.
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4:10 - 4:12Ich konnte ihn überzeugen, dass es für uns wichtig war,
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4:12 - 4:14aber vielleicht auch für die anderen,
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4:14 - 4:16dass er seine Geschichte mit uns teilte.
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4:16 - 4:18Er entschied sich, sie mir zu erzählen
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4:18 - 4:19und ich habe daraus ein Buch gemacht,
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4:19 - 4:21aus dem ich Ihnen nachher einige Stellen vorlesen werde.
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4:21 - 4:24Seine Geschichte also. Mein Vater wurde in Argentinien geboren.
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4:24 - 4:26Seine Eltern waren russischer Herkunft.
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4:26 - 4:30Und seine ganze Familie zog in den 30er Jahren nach Frankreich.
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4:30 - 4:35Seine Eltern waren Juden, Russen und vor allem sehr arm.
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4:35 - 4:38Also musste mein Vater im Alter von 14 Jahren arbeiten.
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4:38 - 4:39Und mit seinem einzigen Diplom,
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4:39 - 4:40seinem Abgangszeugnis,
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4:40 - 4:43fand er eine Anstellung in einer Färberei.
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4:43 - 4:46Dort entdeckte er etwas absolut magisches für ihn,
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4:46 - 4:48und wenn er davon spricht, ist es faszinierend,
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4:48 - 4:51es ist die Magie der Färbechemie.
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4:51 - 4:53Zu dieser Zeit war Krieg
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4:53 - 4:55und seine Mutter wurde ermordet, als er 15 Jahre alt war.
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4:55 - 4:58Das trifft zusammen mit dem Zeitpunkt,
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4:58 - 5:00in dem er sich mit Körper und Seele der Chemie verschrieb,
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5:00 - 5:03denn das war der einzige Trost in seiner Traurigkeit.
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5:03 - 5:06Den ganzen Tag lang stellte er seinem Chef eine Menge Fragen,
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5:06 - 5:09um mehr zu wissen, um mehr Kenntnisse zu sammeln,
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5:09 - 5:10und nachts, geschützt vor den Blicken,
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5:10 - 5:13setzte er seine Erfahrungen in die Tat um
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5:13 - 5:18und er interessierte sich vor allem für das Entfärben von Tinten.
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5:18 - 5:20All das um Ihnen zus sagen,
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5:20 - 5:22dass wenn mein Vater ein Fälscher wurde,
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5:22 - 5:24geschah das tatsächlich beinahe per Zufall.
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5:24 - 5:27Sie waren Juden und infolgedessen verfolgt.
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5:27 - 5:30Letztendlich wurde seine ganze Familie verhaftet und ins Lager von Drancy gebracht
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5:30 - 5:33und sie schafften es, in letzter Minute dank ihrer argentinischen Papiere zu entkommen.
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5:33 - 5:34Allerdings waren sie zwar draussen,
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5:34 - 5:37aber immer noch in Gefahr. Es gab immer noch einen grossen "Judenstempel" auf ihren Papieren.
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5:37 - 5:40Es war sein Vater, der entschied, dass sie falsche Papiere brauchten.
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5:40 - 5:44Und mein Vater hatte solchen Respekt vor dem Gesetz,
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5:44 - 5:46dass er zwar verfolgt wurde,
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5:46 - 5:48aber niemals an falsche Papiere gedacht hatte.
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5:48 - 5:51Er traf sich dann mit dem Mann vom Widerstand.
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5:51 - 5:54Zu dieser Zeit waren die Papiere kartonniert,
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5:54 - 5:55sie waren von Hand ausgefüllt
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5:55 - 5:58und der Beruf wurde darin ausgewiesen.
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5:58 - 6:00Damit er überleben konnte, war es nötig,
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6:00 - 6:02dass er arbeiete. Er bat diesen Mann,
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6:02 - 6:04ihn als "Färber" auszugeben.
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6:04 - 6:07Und plötzlich schien der Mann sehr sehr interessiert.
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6:07 - 6:10"Wie, Färber, weisst Du etwa, wie man Tintenflecke entfernt?"
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6:10 - 6:12Natürlich wusste er es.
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6:12 - 6:14Und plötzlich erklärte ihm der Mann,
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6:14 - 6:17dass der ganze Widerstand ein riesiges Problem hatte:
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6:17 - 6:20Nicht einmal die berühmtesten Experten
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6:20 - 6:23schafften es, eine Tinte zu entfernen, die als unlöschbar galt,
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6:23 - 6:25die blaue "Waterman"-Tinte.
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6:25 - 6:29Und mein Vater antwortete sofort, dass er genau wusste,
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6:29 - 6:30wie sie zu löschen war.
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6:30 - 6:34Nun, der Mann war natürlich sehr beeindruckt von diesem 17-jährigen Bengel,
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6:34 - 6:38der ihm die Formel einfach so sagen konnte, er rekrutierte ihn sofort.
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6:38 - 6:40Und ohne es zu wissen, hatte mein Vater gerade etwas erfunden,
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6:40 - 6:43das man heute in den Federmäppchen aller Schüler findet,
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6:43 - 6:46nämlich den Tintenkiller.
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6:46 - 6:52(Applaus)
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6:52 - 6:53Aber das war nur ein Anfang.
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6:53 - 6:55Das ist mein Vater.
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6:55 - 6:56Ab dem Tag seiner Ankunft im Laboratorium,
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6:56 - 6:58auch wenn er der jüngste war,
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6:58 - 7:01sah er sofort, dass es im Hinblick auf das Herstellen von falschen Papieren ein Problem gab.
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7:01 - 7:04Alle Bewegungen gaben sich damit zufrieden, sie zu verfälschen.
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7:04 - 7:06Aber die Nachfrage wurde immer grösser
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7:06 - 7:09und es war schwierig, mit existierenden Papieren zu basteln.
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7:09 - 7:10Er sagte sich, dass man sie fabrizieren müsste.
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7:10 - 7:13Er schuf die Druckerei. Er schuf den Lichtdruck.
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7:13 - 7:15Er machte sich daran, Stempel zu reproduzieren,
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7:15 - 7:17er erfand alle möglichen Arten von Dingen
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7:17 - 7:20aus allem möglichen Materia, er erfand eine Zentrifuge mit dem Rad eines Fahrrads.
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7:20 - 7:22Nun, es war nötig, dass er das alles tat,
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7:22 - 7:25denn er war absolut besessen von der Ausbeute.
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7:25 - 7:27Er hatte eine simple Rechnung angestellt:
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7:27 - 7:30in einer Stunde fabrizierte er 30 falsche Ausweise.
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7:30 - 7:34Wenn er eine Stunde schliefe, müssten 30 Menschen sterben.
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7:34 - 7:38Dieses Gefühl der Verantwortung
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7:38 - 7:41über das Leben anderer hatte er trotz seines jungen Alters von 17 Jahren,
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7:41 - 7:44und auch seine Schuld, ein Überlebender zu sein,
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7:44 - 7:47da er aus einem Lager entkommen war, während seine Freunde geblieben waren,
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7:47 - 7:50behielt er sein ganzes Leben lang.
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7:50 - 7:52Das erklärt vielleicht auch dass er während 30 Jahren
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7:52 - 7:55damit fortfuhr, falsche Papiere zu machen
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7:55 - 7:57und den Preis all seiner Opfer.
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7:57 - 7:58Ich möchte von den Opfern sprechen,
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7:58 - 8:00denn davon gab es mehrere.
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8:00 - 8:03Es gab natürlich finanzielle Opfer,
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8:03 - 8:04denn er hat sich immer geweigert, bezahlt zu werden.
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8:04 - 8:07Denn bezahlt zu werden, das hiess für ihn, ein Söldner zu sein.
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8:07 - 8:09Denn wenn er es akzeptierte, bezahlt zu werden,
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8:09 - 8:11dann könnte er nicht mehr "ja" oder "nein" sagen,
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8:11 - 8:13danach, ob der Zweck ihm rechtens erschien oder nicht.
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8:13 - 8:15So war er tagsüber Fotograf
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8:15 - 8:16und nachts Fälscher während 30 Jahren,
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8:16 - 8:18und die ganze Zeit über pleite.
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8:18 - 8:22Und dann gab es gefühlsmässige Opfer:
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8:22 - 8:24Wie mit einer Frau zusammenleben und so viele Geheimnisse haben?
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8:24 - 8:29Wie ihr erklären, was man nachts im Labor tut, und zwar jede Nacht?
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8:29 - 8:32Selbstverständlich gab es eine andere Art von Opfer,
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8:32 - 8:35in der Familienordnung, das habe ich später verstanden.
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8:35 - 8:38Eines Tages stellte mir mein Vater meine Schwester vor.
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8:38 - 8:42Und er erklärte mir, dass ich übrigens auch einen Bruder hätte,
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8:42 - 8:48und als ich sie das erste Mal sah, war ich wohl etwa 3 oder 4 Jahre alt
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8:48 - 8:50und sie waren 30 Jahre älter als ich.
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8:50 - 8:56Heute sind sie beide um die sechzig.
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8:56 - 8:58Um das Buch schreiben zu können,
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8:58 - 9:02habe ich meine Schwester befragt. Ich wollte wissen, wer mein Vater war,
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9:02 - 9:04wer der Vater war, den sie gekannt hatte.
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9:04 - 9:08Sie erklärte mir, dass dieser Vater, den sie gehabt hatte,
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9:08 - 9:12ihnen sagte, er käme am Sonntag und hole sie zu einem Spaziergang ab.
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9:12 - 9:14Und dass sie sich hübsch machten und auf ihn warteten
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9:14 - 9:16und er fast nie kam.
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9:16 - 9:20Er sagte "Ich rufe Euch an". Er rief nicht an.
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9:20 - 9:22Und dann kam er nicht.
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9:22 - 9:25Und dann eines Tages verschwand er einfach.
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9:25 - 9:26Wie die Zeit verging,
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9:26 - 9:29sagten sie sich, er hätte sie sicherlich
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9:29 - 9:31in der ersten Zeit vergessen.
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9:31 - 9:32Und als noch mehr Zeit verging,
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9:32 - 9:34nach fast zwei Jahren, sagten sie sich,
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9:34 - 9:38"Nun, vielleicht ist unser Vater letztendlich tot."
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9:38 - 9:40Ich habe begriffen,
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9:40 - 9:43dass die Tatsache, all diese Fragen an meinen Vater zu stellen,
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9:43 - 9:46eine ganze Vergangenheit aufrührte, über die er vielleicht nicht sprechen wollte,
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9:46 - 9:47weil es schmerzhaft war.
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9:47 - 9:52Und während sich meine Halbschwester und mein Halbbruder aufgegeben glaubten,
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9:52 - 9:54sozusagen Waisen,
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9:54 - 9:56fertigte mein Vater falsche Papiere an.
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9:56 - 10:00Wenn er es ihnen nicht sagte, war das natürlich zu ihrem Schutz.
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10:00 - 10:01Nach der Befreiung machte er weiter falsche Papiere,
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10:01 - 10:04um den Überlebenden zu erlauben, nach Palästina zu emigrieren,
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10:04 - 10:06bevor Israel geschaffen wurde.
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10:06 - 10:08Und weil er ein überzeugter Anti-Kolonialist war,
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10:08 - 10:12machte er falsche Papiere für die Algerier während des Algerienkriegs.
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10:12 - 10:15Und dann, nach dem Algerienkrieg,
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10:15 - 10:17im Kern der Bewegungen des internationalen Widerstands,
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10:17 - 10:19ging sein Name weiter um.
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10:19 - 10:21Und die ganze Welt klopfte an seine Tür.
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10:21 - 10:25In Afrika gab es Länder, die um ihre Unabhängigkeit kämpften.
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10:25 - 10:28Guinea, Guinea-Bissau, Angola.
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10:28 - 10:32Und mein Vater freundete sich mit der Anti-Apartheid-Partei von Nelson Mandela an.
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10:32 - 10:36Er machte falsche Papiere für die verfolgten schwarzen Südafrikaner.
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10:36 - 10:38Dann war da auch Lateinamerika.
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10:38 - 10:40Mein Vater kam den Widerstandskämpfern in Diktaturen zu Hilfe,
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10:40 - 10:42auf der Insel Santo Domingo, auf Haiti,
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10:42 - 10:48und dann in Brasilien, Argentinien, Venezuela, Salvador, Nicaragua,
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10:48 - 10:54Kolumbien, Peru, Uruguay, Chile und Mexico.
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10:54 - 10:56Und es gab den Vietnamkrieg.
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10:56 - 10:58Mein Vater machte falsche Papiere für die amerikanischen Deserteure,
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10:58 - 11:01die nicht gegen die Vietnamesen in den Krieg ziehen wollten.
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11:01 - 11:03Und Europa wurde auch nicht ausgespart.
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11:03 - 11:05Mein Vater machte die falschen Papiere für die Dissidenten
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11:05 - 11:09von Franco in Spanien. Auch gegen Salazar in Portugal.
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11:09 - 11:14Und gegen die Diktatur der Obersten in Griechenland.
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11:14 - 11:16Sogar in Frankreich.
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11:16 - 11:19Ein einziges Mal ist das passiert im Mai 1968.
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11:19 - 11:21Mein Vater schaute, natürlich mit Wohlwollen,
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11:21 - 11:24die Kundgebungen zum ersten Mai,
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11:24 - 11:26aber sein Herz und seine Zeit waren woanders,
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11:26 - 11:30denn er hatte mehr als 15 Länder zu bedienen.
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11:30 - 11:32Einmal allerdings hatte er zugesagt, falsche Papiere zu erstellen
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11:32 - 11:34für jemanden, den Sie vielleicht wiedererkennen werden.
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11:34 - 11:37(Gelächter)
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11:37 - 11:39Er war viel jünger zu jener Zeit,
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11:39 - 11:41und mein Vater hatte akzeptiert, die falschen Papiere zu machen,
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11:41 - 11:44um ihm zu erlauben, zurückzukehren und an einer Versammlung zu sprechen.
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11:44 - 11:49Er hat mir gesagt, diese falschen Papiere waren die medienwirksamsten
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11:49 - 11:52und die am wenigsten nützlichen, die er in seinem ganzen Leben gemacht hatte.
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11:52 - 11:54Aber er hatte zugesagt, sie zu machen,
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11:54 - 11:57auch wenn das Leben von Daniel Cohn-Bendit nicht in Gefahr war,
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11:57 - 12:00es war,
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12:00 - 12:01weil es dennoch eine schöne Gelegenheit war,
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12:01 - 12:03den Behörden eine lange Nase zu drehen
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12:03 - 12:06und ihnen zu zeigen, dass es nichts brüchigeres gibt als eine Grenze
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12:06 - 12:11und dass Ideen keine Grenzen kennen.
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12:11 - 12:13Während meiner ganzen Kindheit,
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12:13 - 12:17währenddem die anderen Papas meinen Freundinnen Grimm-Märchen erzählten,
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12:17 - 12:21erzählte mein Vater mir Geschichten von sehr diskreten Helden.
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12:21 - 12:24Solchen mit unerschütterlichen Utopien,
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12:24 - 12:27die Wunder vollbringen konnten.
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12:27 - 12:31Und diese Helden brauchten keine Armee hinter sich,
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12:31 - 12:33übrigens wäre ihnen sowieso niemand gefolgt
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12:33 - 12:37ausser einer Handvoll Männer und Frauen voller Überzeugung und Mut.
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12:37 - 12:38Und später habe ich verstanden,
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12:38 - 12:41dass es seine eigene Geschichte war, die mein Vater mir zum Einschlafen erzählte.
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12:41 - 12:44Ich habe ihn gefragt, angesichts der Opfer, die er gebracht hatte,
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12:44 - 12:46ob er das jemals bereut habe.
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12:46 - 12:48Er sagte mir nein,
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12:48 - 12:50er sagte mir, dass er in jedem Fall ausserstande gewesen wäre,
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12:50 - 12:53diese Ungerechtigkeiten zu sehen oder zu erdulden, ohne etwas dagegen zu tun.
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12:53 - 12:56Und dass er überzeugt gewesen wäre und bliebe,
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12:56 - 12:58dass eine andere Welt möglich sei,
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12:58 - 13:01eine Welt, in der niemand mehr einen Fälscher bräuchte.
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13:01 - 13:03Er träumt immer noch davon.
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13:03 - 13:05Mein Vater
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13:05 - 13:06ist heute hier im Saal.
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13:06 - 13:11Er heisst Adolfo Kaminsky und ich bitte ihn, aufzustehen.
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13:11 - 13:31(Applaus)
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13:31 - 13:34Danke.
- Title:
- Sarah Kaminsky: Mein Vater, dieser Fälscher
- Speaker:
- Sarah Kaminsky
- Description:
-
Sarah Kaminsky erzählt die aussergewöhnliche Geschichte ihres Vaters Adolfo und dessen Heldentaten während des Zweiten Weltkriegs, indem er seine Genialität und sein Talent einsetze, um mit seinen Fälschungen Leben zu retten.
- Video Language:
- French
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 13:40