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*36C3 Vorspannmusik*
[Füller, bitte in amara entfernen]
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Herald-Angel Noujoum: Herzlich willkommen
zu unserem nächsten Talk, warum 3D
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gedruckte Kleidung nicht die Zukunft ist.
Kurze Frage ins Publikum, wer hat schon
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mal selber irgendwas 3D-gedruckt? Bitte
einmal die Hände hoch. Hab ich mir
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gedacht, ich schätze, 80% der Leute, die
hier im Saal sind. Kein Wunder, ist ja
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auch das Thema, deswegen seid ihr
wahrscheinlich alle hier. Zweite Frage,
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wer hat schon mal versucht, Kleidung 3D zu
drucken? Bitte erneut Handzeichen. Da sehe
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ich vier Leute. Und wie ist es so
gelaufen? Ich sehe eine Person, die
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versucht anzuzeigen, dass es super
gelaufen ist. Die anderen zeigen an, mäßig
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bis gar nicht mal so gut. Wer von den
Leuten, die sich am Anfang gemeldet haben,
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dass sie schon mal was in 3D gedruckt
haben, hat schon mal darüber nachgedacht,
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Kleidung 3D zu drucken? Bitte nochmal
Hände. Deutlich mehr, vielleicht so zehn
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Leute haben darüber nachgedacht. Unsere
nächste Speakerin, Rebekka, wird euch
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jetzt sagen, warum das vielleicht gar
nicht so eine gute Idee ist, Klamotten in
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3D zu drucken. Rebekka ist im Internet,
vor allem auf Twitter, unter ihrem
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Nickname Kurfuerstin bekannt und sie ist
Bekleidungstechnikerin. Das heißt, sie
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forscht an der Schnittstelle zwischen
herkömmlicher Bekleidungsherstellung, das
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heißt, sie hat schon in einem
Modeunternehmen gearbeitet, aber auch am
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Theater und bei einer Fernsehserie. Und
auf der anderen Seite beschäftigt sie sich
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mit innovativen Techniken wie 3D-Druck und
virtueller Bekleidungssimulation. Also wie
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man einem Computerprogramm beibringt, dass
ein Rock realistisch aussieht und
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realistisch an einer virtuellen Puppe
hängt. Ich wünsche euch ganz viel Spaß mit
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dem Talk. Ich hoffe, dass ihr viel lernt,
Spaß habt und bitte begrüßt unsere
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Speakerin Rebekka mit einem ganz großen
Applaus. Vielen Dank!
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*Applaus*
[Füller, bitte in amara entfernen]
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Speakerin Rebekka/Kurfuerstin: Ich habe
noch kurz Post bekommen, aber das soll
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mich nicht davon abhalten, einen Talk zu
halten. Herzlich willkommen, schön, dass
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ihr alle da seid hier im Saal und auch im
Stream und- oh weitere Post, okay, viel
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los hier auf der Bühne. Ich les das dann
vielleicht einfach später, aber es ist
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sehr schön, dass das Postsystem
funktioniert. Mein Talk heißt: Warum 3D
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gedruckte Kleidung nicht die Zukunft ist.
Es wird darum gehen, welche Eigenschaften
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3D-gedruckte Kleidung hat und warum und
was passieren müsste, damit es eine
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ernstzunehmende Möglichkeit für
Alltagskleidung wäre. Ich wurde ja gerade
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angekündigt als Bekleidungstechnikerin und
für den Fall, dass jemand nicht weiß, was
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das für ein komisches Wort ist, Bekleidung
und Technik, ganz kurze Erklärung. Das
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muss man sich so vorstellen, wenn Kleidung
hergestellt wird, dann gibt es an der
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einen Stelle das Design, den Entwurf, die
Idee. Die Umsetzung ist aber die
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Produktion, das findet woanders statt und
das macht jemand ganz anderes. Grob
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vereinfacht kommt also eine Person, die
ein Design erstellt hat und sagt, ich habe
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dieses Kleid entworfen. Sie hat also ein
schönes Bild, auf dem man ein bisschen
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etwas erkennen kann, aber viel auch nicht.
Und sie geht damit zur Produktion, zu
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einer Fabrik und sagt, hier, macht doch
mal dieses Kleid. Dann fragt die
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Produktion höflich zurück, aber wo ist
denn die Tabelle? Denn die Produktion
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möchte gerne alle Informationen haben über
dieses Kleid. Und dann fragt das Design,
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was? Und dann sagt die Produktion, was?
Und an dieser Stelle würde es dann nicht
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mehr weitergehen. Denn die Produktion
möchte wissen, welchen Stoff brauchen wir
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für dieses Kleid, wie viel, welche Größen
sollen genäht werden, wie viele
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Stückzahlen in welcher Größe, welche
Maschinen brauchen wir dafür? Was soll auf
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den Pflege-Etiketten stehen und wie soll
der Abstand sein von den Etiketten in
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Zentimeter von der Seitennaht nach oben?
All das ist aus der Zeichnung nicht
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herauszulesen. Genau da kommt die
Bekleidungstechnik ins Spiel als
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Schnittstelle zwischen Design und
Produktion. Es geht also um die technische
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Umsetzung von Design als eine Art Reality
Check. Was ist überhaupt umsetzbar, und
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was muss man machen, damit es umgesetzt
werden kann? Da geht es um Materialien, um
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Qualität, aber auch um Preise und Orte. Wo
soll das Ganze produziert werden, zu
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welchem Zeitpunkt? All das muss geklärt
werden und dafür ist die
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Bekleidungstechnik zuständig. Und diesen
Reality Check, also diese Frage der
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Umsetzbarkeit, habe ich auch auf den
3D-Druck angewendet. Wer nach den Wörtern
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3D-Druck und Kleidung sucht, kriegt so
ähnliche Schlagzeilen als Überschriften
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von Artikeln. Zum Beispiel: Der 3D-Druck
wird viel Flexibilität in die Modebranche
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bringen. Oder: Die Kleidung der Zukunft.
Oder: Kommt die Streetwear der Zukunft aus
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dem 3D-Drucker? Oder: Kann 3D-Druck die
Modeindustrie umkrempeln? Vor ein paar
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Jahren waren die noch reißerischer. Da
hieß es, 2020 werden wir alle einen
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Drucker zuhause haben und dann drucken wir
uns morgens den Pullover, am Abend
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schmelzen wir ihn ein und am nächsten Tag
drucken wir uns einen neuen. Inzwischen
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sind diese Überschriften ein bisschen
vorsichtiger geworden mit einem
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Fragezeichen am Ende. Aber man sieht auch
aus diesen Überschriften, dass da ganz
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viel Hoffnung dahinter steht, dass sich
jetzt etwas ganz grundsätzlich verändert,
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dass die ganze Modeindustrie umgekrempelt
wird. Es steht auch die Hoffnung der
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Nachhaltigkeit dahinter mit den
Argumenten, dass das Verfahren nachhaltig
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ist und Nachhaltigkeit ja auch ein großes
Thema in der Bekleidungsindustrie ist. Die
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Frage ist, ob 3D-Druck jetzt die Lösung
sein könnte. Es gibt tatsächlich schon
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3D-gedruckte Kleidung, das ist gar nicht
so neu oder unrealistisch. Es wurden schon
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ganze Kollektion gedruckt und ich zeige
jetzt 3 Beispiele. Danit Peleg hat in
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Israel ihre 5-teilige Abschlusskollektion
komplett 3D gedruckt. Ein Beispiel ist das
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zweiteilige Ensemble rechts, ein Top und
ein bodenlanger Rock. Der Rock wurde
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komplett mit Desktop-Printern gedruckt.
Das bedeutet, er besteht aus Modulen, die
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nur A4-Größe haben, die aneinandergereiht
miteinander verbunden wurden. Das
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Besondere ist, dass er beweglich und
flexibel ist, weil er einerseits aus
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flexiblem Filament gedruckt wurde und
andererseits eine Zickzack-Struktur hat,
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die es ermöglicht, dran zu ziehen. Wenn
man den Rock hochzieht, federt er nach und
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springt hoch und runter. Die Jacke ist das
erste 3D-gedruckte ready-to-wear
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Kleidungsstück, das man online bestellen
kann, in limitierter Auflage von 100
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Stück. Sie kostet 1500 Dollar. Man kann
sich dann noch die Farbe und einen
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Schriftzug am Rücken aussuchen und dann
wird die Jacke auch schon in 100 Stunden
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gedruckt. Ein anderes Beispiel ist von dem
Designkollektiv Nervous System, die das
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Kinematics-System entwickelt haben. Das
besteht aus Dreiecken, die mit Scharnieren
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miteinander verbunden sind. Das heißt,die
ganze Fläche ist flexibel und beweglich.
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Allerdings ist es aus hartem Material
gedruckt. Es ist zwar beweglich, aber
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nicht elastisch, und es klappert auch ein
bisschen, wenn man damit durch die Gegend
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läuft. Nach einer Weile haben sie dann
eine blickdichte Variante entwickelt. Das
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Kleid rechts basiert auf derselben
Dreiecksstruktur, hat aber oben drauf
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diese Art von Blütenblättern. Das heißt,
es ist blickdicht, aber eben aus einem
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sehr festen Material. Ein drittes Beispiel
ist das Pangolin Dress, das auch aus einer
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Struktur besteht, aus verschiedenen
Modulen, die sich in der Bewegung
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ineinander und übereinander schieben
können. Dadurch ist eine gewisse
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Flexibilität möglich. Man kann sich in dem
Kleid bewegen und die Fläche bewegt sich
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mit. Daran war unter anderem Travis Fitch
beteiligt, ein Designer, der in New York
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arbeitet. Mit Travis hatte ich Kontakt.
Ich bin Bekleidungstechnikerin, ich möchte
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Zahlen haben. Ich habe ihn dann gefragt,
wie ist das, woher nehmt ihr denn
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überhaupt die Information, dass eine
entwickelte Struktur für so ein Kleid
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geeignet ist. Woran macht ihr fest, dass
die Elastizität reicht, um die Struktur in
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Kleidung einzusetzen? Macht ihr
Labortests? Und er hat gesagt, naja, ich
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zieh dann daran und sage entweder, es
reicht oder es reicht nicht. Und dann kam
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die Bekleidungstechnikerin in mir durch
und ich habe gesagt, wie wär es denn mit
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Zahlen? Ich habe also angeboten, diese
Strukturen zu untersuchen, Laborprüfungen
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zu machen, um herauszufinden, wie die
Eigenschaften denn in Zahlen und Einheiten
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ausgedrückt werden können. Das waren jetzt
nur drei von vielen Beispielen. Es gibt
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auf Modenschauen, auf Laufstegen noch
viele weitere. Es ist klar, dass diese
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Beispiele nicht für den Alltag sind. Das
ist keine Alltagskleidung, das sind ganz
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besondere Einzelfertigungen. Das dauert
teilweise Monate, bis sie fertig gedruckt
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sind, sie bestehen aus 300 verschiedenen
Teilen, die zusammengefügt werden müssen.
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Aber bei diesen Fragen, ob 3D-Druck die
Modeindustrie umkrempeln wird, muss es ja
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um Alltagskleidung gehen. Einzelstücke auf
einer Modenschau krempeln nicht die
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Modeindustrie um. Da muss noch irgendwas
passieren, bis das zur Alltagskleidung
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kommt. Deshalb stelle ich die Frage, was
muss denn diese Kleidung für Eigenschaften
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haben, um überhaupt als Alltagskleidung
gelten zu können, also als Kleidung, die
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wir jeden Tag zu jeder Gelegenheit
anziehen können? Kleidung muss in erster
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Linie bequem sein. Wie bequem Kleidung
ist, lässt sich durch den Tragekomfort
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ausdrücken. Es gibt vier verschiedene
Aspekte von Tragekomfort. Zum einen der
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psychologische, das hat mit Modetrends zu
tun, mit der Gesellschaft, mit
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Individualität und Abgrenzung. Dass ich
jetzt hier in T-Shirt und Hoodie stehe,
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das passt halt gut auf diesen Kongress.
Wenn ich diesen Vortrag auf einer anderen
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Fachtagung vorgetragen hätte, dann hätte
ich mir vielleicht etwas anderes
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angezogen, weil es ein anderer Kontext
wäre. Und dass hier Leute im Onesie oder
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im Gänsekostüm rumfahren, ist auch sehr
speziell für diese Gruppe hier.
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*Lachen*
Das bedeutet, in diesem Kontext kann man
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sich sehr wohlfühlen in dieser Bekleidung
und in einem anderen Kontext würde man
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sich vielleicht nicht so wohlfühlen,
obwohl sich an dem Kleidungsstück selber
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nichts geändert hat und das ist dieser
psychologische Tragekomfort. Beim
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hautsensorischen Tragekomfort geht es
darum, wie sich etwas auf der Haut selber
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anfühlt. Oberflächen können weich sein
oder kratzig, sie können auch Allergien
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auslösen. Es geht um den direkten Kontakt
auf der Haut. Der physiologische
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Tragekomfort ist auch sehr wichtig, da
geht es nämlich um den Klima-Haushalt und
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darum, dass Kleidung wärmt, aber
andererseits auch erlaubt, dass
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Feuchtigkeit abgeführt werden kann. Denn
der menschliche Körper hat ja dieses tolle
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System, uns vor Überhitzung zu schützen,
indem wir anfangen zu schwitzen und diese
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Feuchtigkeit dann verdampft. Diese
Verdampfung muss aber durch ein
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Kleidungsstück hindurch gewährt sein. Das
macht Kleidung für uns und manche Kleidung
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besser als andere. Und das ist ganz, ganz
wichtig dafür, dass wir uns überhaupt
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wohlfühlen in unserer Kleidung. Der vierte
Aspekt ist der ergonomische Tragekomfort,
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da geht es um Bewegungsfreiheit, und damit
hab ich mich etwas genauer beschäftigt.
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Bewegungsfreiheit kommt einerseits dadurch
zustande, wie ein Kleidungsstück
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geschnitten ist, also in erster Linie, wie
weit oder wie eng es ist. In zweiter
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Hinsicht durch die Elastizität der
verwendete Materialien. Das ist total
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wichtig, denn es gibt Stellen am Körper,
zum Beispiel die Knie oder die Ellbogen,
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wo man 50% Dehnung braucht. Wenn man diese
Bewegung macht, dann muss an dieser Stelle
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gewährleistet werden, dass ich das
überhaupt machen kann. Es wäre auch gut,
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wenn das Kleidungsstück dort dann nicht
kaputt gehen würde. Wenn das Material an
-
dieser Stelle nicht elastisch ist, dann
würde die Fläche dort ausbeulen. Wenn wir
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einen ganz engen Ärmel haben und das
Material ist nicht elastisch, dann wird
-
das an der Stelle immer diese Form
annehmen und es wird ausgebeult. Das
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heißt, wir brauchen ein Material mit einer
elastischen Rücksprungskraft. Nachdem wir
-
diese Bewegungen gemacht haben, geht es
wieder in den Ursprungszustand zurück. Das
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heißt, wenn eine Fläche überhaupt nicht
elastisch ist, dann ist sie gar nicht so
-
gut geeignet, um sie überhaupt als
Kleidung einzusetzen. Das ist im Prinzip
-
möglich, aber dann muss man das
ausgleichen durch den Schnitt eines
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Kleidungsstücks, dann kann es eben nicht
so eng sein. Wenn man es weiter macht,
-
dann ist es kein Problem, wenn die Fläche
nicht elastisch ist. Mein Gedanke war,
-
wenn ich herausfinden kann, wie in
3D-gedruckten Flächen oder Strukturen die
-
elastischen Eigenschaften sind und wodurch
sie überhaupt beeinflusst werden, dann
-
kann ich das gezielt einsetzen. Mit dem
Hintergedanken, dass man dann den
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Tragekomfort 3D-gedruckter Kleidung
erhöhen kann und damit ein Stückchen näher
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kommt zur 3D-gedruckten Alltagskleidung.
In textilen Flächen, also Stoffen, die wir
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täglich tragen, kommt Elastizität durch
zwei Aspekte zustande. Einerseits durch
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das Material selbst, durch ein elastisches
Material, das ist in der Regel Elastan.
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Elastan kann man 300 % dehnen und dann
geht es wieder zurück in den
-
Ausgangszustand und es wird in ganz vielen
Kleidungsstücken benutzt. Ein ganz
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übliches Mischungsverhältnis ist 98%
Baumwolle und 2% Elastan. Diese 2% reichen
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dann schon, dass ein Shirt so elastisch
ist, dass man bequem reinkommt. Das Shirt
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kann trotzdem total eng sein und beult
nach dem Tragen nicht aus. Die zweite
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Möglichkeit, zu Elastizität zu kommen, ist
über die Struktur, also über
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Strukturelastizität und das ist bei
Bekleidung in erster Hinsicht Maschenware.
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Wenn man an einer Fläche aus Maschenware
zieht, bewegen sich die Maschen, verändern
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ein bisschen die Form und geben ein
bisschen von ihrem Faden an die
-
benachbarten Maschen ab. Dadurch kann man
eine elastische Fläche erzielen, auch mit
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Materialien, die an sich keine hohe
Elastizität haben. Baumwollfasern z.B.
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haben keine hohe Elastizität. Wenn man
Fäden aus Baumwolle aber in Maschen
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verarbeitet, kann man eine Fläche
herstellen, die trotzdem schön beweglich
-
und elastisch ist. Auch bei 3D-gedruckte
Flächen ist es möglich, ein elastisches
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Material einzusetzen z.B. TPU. Das steht
für thermoplastisches Polyurethan und
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Polyurethan ist auch in Elastan enthalten.
Das heißt, es hat eine sehr ähnliche
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Eigenschaft, weil es auf den gleichen
chemischen Eigenschaften basiert. Auch
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Strukturelastizität ist möglich. Man kann
prinzipiell auch Maschen drucken, aber man
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kann auch auf andere Formen zurückgreifen,
also Bögen, Spiralen oder Federn.
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Strukturen, die man entweder
zusammendrücken kann oder an denen man
-
ziehen kann, sodass man erstmal an der
Struktur zieht und noch nicht an dem
-
Material selber. Die Gestaltung ist aber
abhängig vom Druckverfahren. Es gibt ja
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verschiedene 3D-Druckverfahren, und nicht
alle sind gleich geeignet, um verschiedene
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Formen herzustellen. Für meine Forschungen
habe ich mich auf zwei Verfahren
-
fokussiert. Zum einen das FLM-Verfahren,
das steht für Fused Layer Modeling,
-
manchmal auch FDM genannt, für Fused
Deposition Modeling. Das ist ein
-
Schmelzschichtverfahren, das bedeutet, ein
Filament wird erwärmt und fängt an zu
-
schmelzen. Im flüssigen Zustand wird es
durch eine Düse geführt, die auf dem
-
Druckbett einen Strang ablegt. Dadurch
kann man dann eine Geometrie gestalten.
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Wenn man ein Objekt mit einem sogenannten
Überhang hat, so wie die Form ganz links,
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dann braucht man dafür Stützstrukturen. In
jeder Schicht, in der der Druckkopf
-
irgendwo Filament ablegt, muss auch schon
diese Stützstruktur gebildet werden. Wenn
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das Objekt fertig gedruckt ist, hat man
diese Säulen, die das Ganze abstützen und
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die man hinterher entfernt. Das Entfernen
ist kein Problem, wenn man mit einem
-
festen, harten Material druckt, dann kann
man das abbrechen und abfeilen. Wenn man
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das mit etwas Elastischem druckt, sieht
das anders aus, dann ist da nichts mit
-
Abbrechen. Wenn man daran zieht, dann wird
es halt länger. Das heißt, wenn man
-
Geometrien mit Überhängen oder mit
Verschachtelung haben möchte, dann eignet
-
sich dieses Verfahren nicht sehr gut. Denn
wenn man Stützstrukturen hat, die man
-
nicht abbrechen kann, sondern irgendwie
mit der Schere abschneiden muss, dann hat
-
man ja nun wirklich gar nichts gewonnen an
Zeit oder anderen Vorteilen von diesem
-
Verfahren.
Zwischenruf: Wasserlösliche
-
Stützstrukturen!
Speakerin: Ja, gute Idee, funktioniert
-
leider mit TPU noch nicht. Material für
wasserlösliche Stützstrukturen ist in der
-
Regel PVA, das kann man dann hinterher mit
Wasser lösen. Da passen aber die
-
Schmelztemperaturen nicht zusammen. Das
TPU braucht eine hohe Temperatur zum
-
Schmelzen, ich habe mit 215° gedruckt und
an dieser Stelle ist das PVA schon
-
zersetzt. Das braucht eine sehr viel
niedrigere Temperatur. Also theoretisch
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eine gute Idee, im Moment passt das in den
Druckern leider noch nicht zusammen. Ich
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hoffe, dass da vielleicht noch etwas Neues
entwickelt wird, was dann zusammenpasst.
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Das andere Verfahren ist das SLS-
Verfahren, das Selective Laser Sintering,
-
das ist ein Pulverdruckverfahren. In den
Bauraum wird eine ganze Schicht Pulver
-
aufgetragen. Ein Laser lässt genau da die
kleinen Pulverkörner verschmelzen, wo man
-
die Geometrie braucht. Dann wird eine
komplett neue Schicht Pulver aufgetragen.
-
Das heißt, das Pulver selbst ist schon die
Stützstruktur und man braucht keine
-
Säulen. Am Ende ist der komplette Bauraum
mit Pulver gefüllt und irgendwo da drin
-
ist dann die Struktur, die man gedruckt
hat. Das Pulver kann man dann hinterher
-
entfernen und auch nochmal
wiederverwenden. Ich habe dann für meine
-
Forschung verschiedene Strukturen
getestet. Die linke und die mittlere sind
-
mit dem Pulverdruckverfahren hergestellt.
Das heißt, ich hatte die Möglichkeit, ein
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bisschen in die Höhe zu gehen und
Verkettungen herzustellen. Ich hatte
-
verschiedene Größen. Die kleinere Variante
ist viel beweglicher, die kann man sehr
-
leicht zusammenfalten und bewegen. Die
Module sind gegeneinander verschiebbar.
-
Man kann sie zusammenschieben und an ihnen
ziehen, dadurch ist die Struktur schön
-
beweglich. Beim anderen Verfahren war ich,
wie gesagt, in der Gestaltung
-
eingeschränkt. Diese Struktur basiert auf
einem Rautenmuster, das einfach in die
-
Höhe extrudiert wurde. Es wird dann erst
die Raute lang gezogen, bevor am Material
-
selber gezogen wird. Auch das hatte ich in
verschiedenen Varianten, mit größeren und
-
kleineren Rauten und mit verschiedenen
Schichthöhen, um zu gucken, welche
-
Variante welche elastischen Eigenschaften
hat und ob man dann sagen kann, dass
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dieser oder jener Faktor entscheidend ist
für die elastischen Kennwerte. Wie kann
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man jetzt überhaupt die elastischen
Eigenschaften prüfen? Mit einer
-
sogenannten Zugprüfung. Das heißt, man
testet kein ganzes Kleidungsstück, sondern
-
Probestreifen. Die werden in eine
Zugprüfmaschine eingespannt, die mit
-
konstanter Geschwindigkeit daran zieht.
Die dazugehörige Software spuckt
-
automatisch ein Diagramm aus, das seht ihr
auf der rechten Seite. Es zeigt die
-
Längenänderung in Prozent, also wie viel
die Probe schon auseinandergezogen ist und
-
auf der anderen Achse die aufgewendete
Kraft in Newton, also wieviel Kraft man
-
überhaupt braucht, um diese Längenänderung
zu erreichen. Aus diesem Diagramm kann man
-
ablesen, welche Dehnung, Elastizität und
Zugfestigkeit oder auch Reißfestigkeit ein
-
Material hat. An dieser Stelle der
Hinweis, dass Dehnung und Elastizität
-
nicht dasselbe ist. Ich kann etwas dehnen,
und wenn es dann so lang bleibt, dann ist
-
es halt ausgebeult. Und ich kann etwas
auseinanderziehen und wenn es an dieser
-
Stelle dann noch elastisch dehnbar ist,
dann geht es, nachdem ich loslasse, wieder
-
in den Ursprungszustand zurück. Das sind
zwei verschiedene Größen, die man aber
-
auch aus diesem Kraft-Dehnungs-Diagramm
ablesen kann. Das habe ich mit all meinen
-
verschiedenen Varianten gemacht. Da muss
man dann natürlich auch mehrere Proben
-
machen, Mittelwerte bilden usw. Ich habe
dann Zahlen und Einheiten herausbekommen.
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Ich will ja immer Zahlen und Einheiten
haben. Aber was nützt mir das? Irgendwie
-
muss ich ja noch wissen, ob das gute
Zahlen sind oder schlechte Zahlen. Es gibt
-
eine Empfehlung vom Dialog Textil
Bekleidung zusammen mit dem German Fashion
-
Mode Verband. Das ist keine Norm und kein
Gesetz. Kleidungsstücke müssen nicht diese
-
Zahlen erreichen. Aber es ist eine
Empfehlung, welche Dehngungen
-
Kleidungsstücke ungefähr besitzen sollten
und welche Zugkräfte sie aushalten
-
sollten. Das ist ein kleiner Ausschnitt
daraus, das ist aufgesplittet nach
-
Produktgruppen, also Hosen und Röcke
müssen etwas anderes aushalten können als
-
z.B. Unterwäsche. Wenn es körperfern
geschnitten ist, also etwas weiter, dann
-
reichen auch niedrigere Zugkräfte, denn
wenn es weiter vom Körper weg ist, ist die
-
Dehnbarkeit nicht ganz so entscheidend.
Ich habe also diese Zahlen miteinander
-
verglichen und rausgefunden, die
Dehnungen, die meine Strukturen erreicht
-
haben, sind super. Aber die
Höchstzugkräfte werden nicht erreicht. Das
-
bedeutet, ich kann zwar meine Strukturen
ziehen, das ist wunderbar. Aber ich
-
brauche gar nicht so viel Kraft, bis sie
auseinanderreißen. Das ist schlecht. Also
-
es ist okay, dass ich sie dehnen kann,
aber Sie müssen ja bestimmte Kräfte
-
aushalten. Und wenn ich meinen Ellbogen
anwinkel und an dieser Stelle reißt es
-
dann schon auseinander, hab ich nichts
gewonnen. Die Reißfestigkeit dieser
-
3D-gedruckten Strukturen liegt also
deutlich unter den geforderten Werten für
-
Bekleidung. Dann wollte ich ja noch
rausfinden, was denn überhaupt die
-
Faktoren sind, warum was wie elastisch
ist. Was ich aus meinen Zahlen rauslesen
-
konnte, ist dass die Größe meiner Elemente
tatsächlich einen Einfluss hatte. Die
-
großen Varianten haben bessere Werte
erzielt als die kleine Variante.
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Allerdings hat die große Variante nicht so
viel mit stoffähnlichen Eigenschaften zu
-
tun. Die kleine Variante ist viel
stoffähnlicher, hat aber leider nicht so
-
gute Werte bekommen. Außerdem kam noch ein
unerwarteter Faktor von der Seite rein,
-
und zwar das Slicing-Programm. Das
Slicing-Programm hat zwei wesentliche
-
Aufgaben. Erstens unterteilt es das
3D-Objekt in Schichten, und zweitens gibt
-
es an den 3D-Drucker die Information, wo
denn in welcher Schicht der Druckkopf sein
-
soll. Bei so einer Vase z.B. wäre die
unterste Schicht komplett gefüllt, denn
-
man will ja Wasser reingießen und es soll
nicht rausfließen. Das heißt, der Weg vom
-
Druckkopf könnte ungefähr so aussehen wie
hier, er soll dann immer in Reihen hin und
-
her gehen, um das komplett auszufüllen.
Die zweite Schicht wäre ein Ring und da
-
würde der Druckkopf vielleicht so einen
Weg gehen, aber vielleicht auch einen
-
anderen. Es gibt ganz viele verschiedene
Programme, und da gibt es verschiedene,
-
begrenzte Einstellungsmöglichkeiten. Ich
habe dann nochmal ein bisschen genauer
-
geguckt und habe festgestellt, dass bei
meinen Rautenstrukturen der Druckkopf
-
einen ganz bestimmten Weg gegangen ist,
und zwar bis zu dieser Kreuzung und dann
-
wieder zurück in eine andere Richtung. Am
Mikroskop kann man dann genau sehen, dass
-
es genau an dieser Stelle gerissen ist.
Der Druckkopf ist kein einziges Mal über
-
diese Kreuzung rüber gegangen. An dieser
Stelle sind bloß alle Stränge ein kleines
-
bisschen miteinander verschmolzen, nämlich
immer dann, wenn ein neuer, heißer Strang
-
des Weges kam und ein bisschen in den
anderen übergegangen ist. Aber dadurch,
-
dass kein Strang direkt über die Kreuzung
geht, ist dort quasi eine Sollbruchstelle.
-
Und genau da ist auch die Struktur
gerissen. In einer anderen Variante, die
-
eigentlich auf exakt demselben Muster
basiert, hat das Slicing-Programm etwas
-
Anderes entschieden. Nämlich, dass der
Druckkopf genau bis zum Knick der Raute
-
gehen soll. Logischerweise ist dann genau
da die Sollbruchstelle entstanden.
-
Deswegen sehen die Proben nach dem Reißen
auch anders aus, weil sie eben an einer
-
anderen Stelle gerissen sind. Das erklärt
auch meine niedrige Reißfestigkeit, weil
-
ich gar nicht so sehr am Material selber
ziehe, sondern an diesen
-
Verbindungsstellen und je nachdem, wie die
halt sind, kann das leichter oder schwerer
-
auseinander gerissen werden. Das heißt,
das Verfahren selber sorgt schon dafür,
-
dass meine Reißfestigkeit gar nicht so
hoch ist. Ich habe ja acht verschiedene
-
Strukturen, acht verschiedene Varianten
geprüft. Und jetzt könntet ihr sagen, aber
-
wieso kommst du dann zu dieser steilen
These, dass das bedeutet, dass man 3D
-
gedruckte Kleidung generell nicht
empfehlen sollte. Kann ja sein, dass
-
andere Strukturen viel bessere Werte
hätten. Ja, das kann sein. Aber aus dem
-
Verfahren selber ergeben sich bestimmte
Begrenzungen, was diese Werte angeht. Da
-
muss man noch mal in die Tiefe gucken,
nämlich auf die Moleküle. Textilfasern
-
haben von sich aus schon eine sehr hohe
Reißfestigkeit. Naturfasern, z.B.
-
Baumwolle, Wolle oder auch Flachs, also
Leinen, haben im Inneren schon eine
-
gleichmäßige Anordnung der Molekülketten.
Es gibt amorphe und kristalline Bereiche.
-
Diese Stränge da bilden Molekülketten ab.
Da, wo sie ein bisschen durcheinander
-
liegen wie ein Teller Spaghetti, sind sie
nicht besonders stabil und da, wo sie
-
schön geordnet sind, an dieser Stelle sind
sie fest. Naturfasern haben von sich aus
-
schon einen hohen Grad an kristallinen
Bereichen, also eine hohe Festigkeit. Das
-
heißt, Fasern haben von sich aus schon
eine hohe Reißfestigkeit, die meine
-
3D-gedruckten Strukturen nicht haben
können. Und wenn es um synthetische Fasern
-
geht, dann hat man sogar noch die
Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen,
-
wie reißfest sie sind. Es gibt
verschiedene Verfahren, um Fasern zu
-
spinnen, und mindestens eins davon ist
eigentlich sehr ähnlich zum 3D-Druck. Man
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verflüssigt den Kunststoff und presst ihn
durch eine Düse. Der Unterschied ist aber,
-
dass man hier Einfluss darauf nehmen kann,
welche Eigenschaften die Fasern am Ende
-
haben. Denn der Kristallisationsgrad, also
der Anteil an kristallinen Bereichen, ist
-
abhängig von der Abkühlrate. Das heißt, je
langsamer es abkühlt, umso mehr Zeit haben
-
die Molekülketten, um in einen geordneten
Zustand überzugehen. Deswegen sind die
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Spinnschächte, in die diese Fasern
gesponnen werden, auch beheizt, um eine
-
möglichst langsame Abkühlrate zu haben,
damit diese Fasern einen möglichst hohen
-
Kristallisationsgrad haben und damit eine
möglichst hohe Reißfestigkeit. Diese
-
Möglichkeit haben wir beim 3D-Druck gar
nicht. Wir können zwar eine beheizte
-
Druckplatte einsetzen. Das hat dann aber
nur einen Einfluss auf die ersten zwei
-
Schichten vielleicht, danach nicht mehr.
Außerdem wollen wir ja, nachdem der Strang
-
abgelegt wird, dass er möglichst schnell
aushärtet. Denn sonst würde er zur Seite
-
wegschmelzen. Und dass eine nächste
Schicht abgelegt wird, funktioniert auch
-
nur, wenn die Schicht darunter schon hart
geworden ist. Wir können das Ganze nicht
-
auf konstant hoher Temperatur halten. Beim
Pulverdruck sieht das ein bisschen anders
-
aus, da ist das Verfahren etwas besser
geeignet, um eine höhere Reißfestigkeit
-
herzustellen, und die Strukturen hatten
auch tatsächlich bessere Ergebnisse, was
-
die Reißfestigkeit angeht. Außerdem haben
wir bei Synthetikfasern noch eine
-
Möglichkeit, die Festigkeit zu erhöhen,
nämlich durch das Verstrecken. Die Fasern
-
werden, nachdem sie gesponnen wurden,
nochmal durch Walzen geführt und einer
-
Zugkraft ausgesetzt. Dadurch wird nochmal
der Kristallisationsgrad erhöht. Die
-
Moleküle werden gezwungen, sich noch mehr
auszurichten. Das führt auch dazu, dass
-
der Faserdurchmesser ein bisschen kleiner
wird, noch feiner, noch weicher und
-
gleichzeitig fester. Das erklärt, warum
textile Fasern so viel höhere Festigkeiten
-
haben, während sie aber so viel feiner
sind als das, was man mit 3-D-Druckern
-
herstellen kann. Textile Fasern haben
außerdem den Vorteil, dass sie wunderbar
-
wärmen können, und zwar durch isolierende
Lufteinschlüsse. Das heißt, überall da, wo
-
kleine Kammern entstehen, hat eine textile
Fläche die Möglichkeit zu wärmen, wenn es
-
am Körper getragen wird. Das liegt daran,
dass textile Flächen aus Fäden bestehen.
-
Diese Fäden bestehen aus Fasern, wie man
auf diesem Mikroskopbild sieht. Das ist
-
kein grober Teppich, das ist ein
Mikroskopbild von einem Stoff. Diese
-
ganzen kleinen Fasern würde man jetzt mit
grobem Auge nicht sehen. An all diesen
-
Stellen kann Luft isoliert und damit
gewärmt werden. Diese kleinen Abstände
-
sind aber auch wichtig für den
Feuchtigkeitstransport. An dieser Stelle
-
kann der Schweiß hindurchgehen und
verdampfen. Das heißt, es kann
-
gleichzeitig gewärmt und vor Überhitzung
geschützt werden. Solche kleinen, feinen
-
Strukturen können wir mit einem 3D-Drucker
nicht herstellen. Wir sind sehr begrenzt,
-
was die Feinheit angeht. Wir können jetzt
nicht unbedingt solche kleinen Luftkammern
-
drucken. Das heißt, einige Sachen können
3D-gedruckte Strukturen einfach noch nicht
-
leisten. Aber was können Sie denn
stattdessen? Wir haben tatsächlich eine
-
hohe Gestaltungsfreiheit, die man in der
Bekleidung jetzt eher so bei Accessoires
-
oder Schuhen einsetzen könnte. Also z.B.
für Armbänder, Ketten oder Brillen. Zum
-
Beispiel bei Kostümen, in dem Film Black
Panther wurden mehrere Kronen 3D-gedruckt.
-
Theoretisch ist es auch nachhaltig, allein
dadurch, dass es eine additive Fertigung
-
ist. Das heißt, es wird nur da Material
aufgebaut, wo man es tatsächlich benötigt.
-
Das steht im großen Gegensatz zu
herkömmlicher Bekleidungsherstellung. Wenn
-
man ein Stück Stoff zuschneidet, kann man,
wenn man wirklich gut ist, eine Auslastung
-
von 90 % erreichen. Dadurch, dass
Schnittteile unterschiedliche Formen
-
haben, werden 10 % vom Stoff regelmäßig
weggeschmissen und das ist keine gute
-
Bilanz. Das ist tatsächlich ein guter
Aspekt vom 3D-Druck. Die Materialien
-
können auch wiederverwendet werden.
Recycling ist auch ein großes Problem in
-
der Bekleidungsindustrie. Gerade wenn es
darum geht, dass man das Pulver nicht
-
wegschmeißen muss, sondern wieder
verwenden kann, ist das eine gute Sache.
-
Es eignet sich sehr gut, um Einzelstücke
zu fertigen. Das kommt bei herkömmlicher
-
Bekleidungsherstellung oft mit sehr hohen
Kosten des Weges. Es ist im Prinzip auch
-
möglich, im selben Produkt verschiedene
Materialeigenschaften zu erstellen. Wenn
-
ich jetzt einen Schulterbereich habe, in
dem es ein bisschen fester sein soll, dann
-
kann ich das in meinem 3D-Modell so
anlegen. Ich kann bestimmen, hier soll
-
mehr Material aufgebaut werden. Wenn ich
das aus Stoff mache, dann müsste an dieser
-
Stelle eine Naht sein, es müsste ein
anderes Material sein oder ich müsste es
-
mit einer zusätzlichen Schicht verstärken.
Im 3D-Druck könnte das alles im selben
-
Schritt passieren. Es gibt im Prinzip auch
die Möglichkeit, noch weitere
-
Zusatzfunktionen einzubringen, also Kabel,
LEDs, irgendwelche Sensoren. Da steht aber
-
jetzt noch ein Fragezeichen dahinter.
Erstens ist das auch nicht richtig
-
Alltagskleidung, und zweitens ist das auch
noch nicht so fortgeschritten. Ein Vorteil
-
könnte sein, dass man in einem Schritt
gleich das komplette Kleidungsstück
-
herstellt. Im Moment muss erst der Stoff
hergestellt werden, dann wird es
-
zugeschnitten, dann wird es
zusammengenäht, dann wird vielleicht noch
-
einmal gefärbt. Das sind unterschiedliche
Schritte, die an unterschiedlichen Orten
-
stattfinden. Wenn man ein Kleidungsstück
3D-druckt, könnten alle Schritte in einem
-
Prozess passieren. Aber nur, wenn es in
den Bauraum vom Drucker passt. Wenn wir
-
viele A4-Blätter drucken, die wir dann
aneinander fügen, sind wir ja wieder in
-
der Situation, dass alles erst
zusammengebaut werden muss. Ein bisschen
-
cleverer ist das, was Nervous System
entwickelt hat, nämlich eine Software, die
-
das Kleid direkt digital zusammenfaltet
und dann im zusammengefalteten Zustand
-
gedruckt. Dadurch reduziert sich der
benötigte Bauraum erheblich. Irgendwo in
-
diesem Pulverblock ist das Kleid, das wie
in der Archäologie befreit, von den
-
Pulverresten gesäubert und dann
auseinanderfaltet wird. Das ist eine gute
-
Möglichkeit, um wirklich diesen Vorteil
von 3D-Druck zu nutzen. Die Nachteile oder
-
die Herausforderungen sind die ungenügende
Reißfestigkeit, die aus dem Verfahren
-
selber kommt, da kann man tatsächlich auch
nicht so viel machen. Wir sind noch sehr
-
begrenzt, was die Feinheit angeht.
Standard-Düsendurchmesser sind 0,4
-
Millimeter und bei Fasern bewegen wir uns
eher im Mikrometer-Bereich. Das sind große
-
Unterschiede. Die Feinheit ist wichtig
dafür, wie sich etwas auf der Haut
-
anfühlt, dass Feuchtigkeit transportiert
werden kann, dass Lufteinschlüsse für
-
Wärme sorgen. Das ist so elementar, dass
die Aspekte von Tragekomfort nicht
-
wirklich gegeben sind, wenn wir es
3D-drucken würden. Zeit und Kosten sind
-
beim 3D-Druck definitiv noch sehr
ungünstig. Es dauert ziemlich lange und es
-
ist auch noch ziemlich teuer. Das ist dann
noch nicht wirklich Alltagskleidung, das
-
sind Einzelteile. Definitiv geklärt werden
müssten noch die Pflegeeigenschaften. Kann
-
man so ein Teil dann überhaupt waschen?
Wenn es Alltagskleidung ist, wird es jeden
-
Tag getragen. Und dann möchte man bitte
auch, dass es gewaschen werden kann und
-
sauber ist. Wenn wir über Bekleidung
reden, müssen wir auch immer über
-
Verschlussmöglichkeiten reden, irgendwie
muss man ja ins Kleidungsstück reinkommen.
-
Das heißt Reißverschlüsse, Knöpfe, Haken,
Ösen. All das muss mitgedacht werden, wenn
-
wir alles in einem Stück drucken. Das
heißt, dieser Aufbau von Stoffen aus
-
Fäden, die wiederum aus Fasern bestehen,
ist im Moment noch unschlagbar, was den
-
Tragekomfort angeht. Es gibt noch nicht
wirklich Lösungen, das im 3D-Druck zu
-
imitieren oder durch irgendein anderes
Verfahren oder durch irgendeine andere
-
Anordnung von Material auf eine andere
Weise zu lösen. Zum jetzigen Stand der
-
Technik ist 3D-gedruckte Kleidung nicht
nur nicht die Zukunft, sondern eigentlich
-
noch nicht einmal die Gegenwart. Denn die
Gegenwart ist ja, dass wir Stoffe aus
-
textilen Fasern haben, und das
funktioniert richtig gut. Und 3D-gedruckte
-
Strukturen können das noch nicht leisten.
Das heißt nicht, dass man aufhören sollte,
-
daran zu forschen. Und wer da vorhin
gesagt hat, dass das schon gut geklappt
-
hat mit dem 3D-drucken von Kleidung, da
bin ich sehr interessiert, was daran gut
-
geklappt hat und ob da vielleicht andere
Aspekte noch dabei sind, die ich nicht
-
bedacht habe. Aber es sollte nicht
vergessen werden, was überhaupt die
-
Grundfunktionen von Kleidung ist und diese
Kunstwerke, die ich am Anfang gezeigt
-
habe, die sind super und ich finde die
großartig und daran sollte bitte auch
-
weiter geforscht werden. Aber dabei eben
nicht vergessen, dass uns Kleidung ja noch
-
wärmen und blickdicht sein soll und dass
dieser Klimahaushalt gewährleistet sein
-
muss. Und diese Hoffnung, dass durch ein
nachhaltiges Verfahren die ganze Industrie
-
umgekrempelt werden kann, finde ich ein
bisschen schwierig. Denn die
-
Bekleidungsindustrie ist
hochproblematisch. Es gibt ganz viele
-
Probleme ökologischer Art,
gesellschaftlich-sozialer Art. Aber die
-
Hoffnung auf so eine neue Technik zu legen
und zu sagen, ja, das wird dann das alles
-
lösen, denn das ist ja dann nachhaltig,
dann drucken wir halt einfach alles mit
-
einem 3D-Drucker und dann ist dieses
Nachhaltigkeitsproblem gelöst, das sehe
-
ich eher nicht so. Also gerne daran
weiterforschen, Grundfunktionen dabei aber
-
nicht vergessen und nicht darauf ausruhen,
dass eine neue, innovative Technik das
-
wohl schon alles lösen wird, sondern die
Bekleidungsbranche gerne an allen anderen
-
Stellen revolutionieren Aber sich nicht
darauf verlassen, dass der 3D-Druck das
-
schon alles, alles lösen wird. Und damit
bin ich fertig mit meiner Präsentation und
-
bedanke mich fürs Zuhören.
[Füller, bitte in amara entfernen]
-
*Applaus*
[Füller, bitte in amara entfernen]
-
Herald-Angel Noujoum: Ja, vielen Dank, das
war eine ziemliche Punktlandung, wir haben
-
leider keine Zeit für Fragen, es tut mir
Leid für alle Leute, die gerade zu den
-
Mikrofonen strömen. Aber ihr seht ja hier,
wo ihr Rebekka noch erwischen könnt, ihr
-
könnt ihr auf Twitter eine Frage stellen
unter @Kurfuerstin. Ihr könnt sie bestimmt
-
auch gleich nach dem Talk noch erwischen.
Vielleicht nicht gleich hier vorne,
-
sondern irgendwo ein bisschen weiter
hinten. Sie muss ja auch erst noch ihre
-
Postkarten lesen. Aber es gibt sicherlich
noch Zeit und Möglichkeit, um sich über
-
3D-Druck und Bekleidung aus dem 3D-Drucker
auszutauschen. Noch einmal einen ganz,
-
ganz herzlichen Applaus für Rebekka und
schön, dass ihr alle da wart.
-
*Applaus*
-
*Abspannmusik*
-
Untertitel erstellt von c3subtitles.de
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