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Let's talk about human trafficking. | Irene Hirzel | TEDxBern

  • 0:20 - 0:23
    Da bin ich aber froh,
    dass ich kein iPhone habe,
  • 0:23 - 0:25
    sonst würde es mir sagen:
  • 0:25 - 0:27
    "80%: Geh lieber gleich wieder."
  • 0:27 - 0:30
    (Lachen)
  • 0:31 - 0:33
    Jedenfalls freut es mich,
  • 0:33 - 0:36
    dass ich noch 9 Minuten
    oder 8 Minuten 47 Sekunden Zeit habe,
  • 0:36 - 0:39
    um mit euch über ein Thema zu sprechen,
  • 0:39 - 0:41
    dass eigentlich mehr Zeit brauchen würde.
  • 0:41 - 0:45
    Weltweit geht die UNO von
    21 Millionen gehandelten Menschen aus,
  • 0:46 - 0:50
    die gegen ihren Willen
    in der Sex-Industrie landen
  • 0:50 - 0:52
    -- das ist der größte Teil --,
  • 0:52 - 0:55
    die gegen ihren Willen
    in eine Arbeitssituation kommen
  • 0:55 - 0:59
    sowie auch ein kleinerer Teil,
    der im Organhandel landet.
  • 0:59 - 1:02
    Es gibt auch Opfer,
    die ich kennengelernt habe,
  • 1:02 - 1:06
    denen eine Niere entfernt wurde
  • 1:06 - 1:10
    und die danach in
    der Prostitution gelandet sind.
  • 1:10 - 1:13
    Es gibt also auch Multihandelssituationen.
  • 1:13 - 1:19
    Menschenhandel ist eine krasse Verletzung
    der Menschenrechte, weltweit verboten
  • 1:19 - 1:25
    und in der Kriminalitätsstatistik aber
    der größte kriminelle Akt, den es gibt.
  • 1:25 - 1:29
    Er hat den Waffen- und Drogenhandel
    mittlerweile überholt,
  • 1:29 - 1:32
    ist lukrativ und ein Milliardengeschäft,
  • 1:32 - 1:36
    an dem sich einige wenige bereichern.
  • 1:37 - 1:41
    Ich arbeite in asiatischen Ländern
    und in Osteuropa.
  • 1:41 - 1:45
    Wir arbeiten auch in Kambodscha,
    Indien, Afghanistan, Nepal,
  • 1:46 - 1:50
    aber auch in osteuropäischen Ländern
    der Ex-Sowjetunion.
  • 1:50 - 1:54
    Tatjana ist letztes Jahr
    als 15-Jährige aus Moldawien
  • 1:54 - 1:58
    in unser Schutzhaus gekommen,
    das wir mit Projektpartnern haben.
  • 1:58 - 2:02
    Sie war schwanger,
    ein Nachbar hatte sie vergewaltigt,
  • 2:02 - 2:07
    gefilmt, und dann das Filmmaterial
    auf einer Pornoseite verkauft.
  • 2:09 - 2:11
    Dann sagte er zu Tatjana:
  • 2:11 - 2:16
    "Wenn du das deinen Eltern erzählst,
    zeige ich ihnen den Film."
  • 2:17 - 2:20
    Es ist ganz klar,
    mit ihrem orthodoxen Hintergrund,
  • 2:20 - 2:22
    dass sie das nicht erzählt hat.
  • 2:22 - 2:25
    Monatelang wurde sie dann
    an weitere Männer verkauft,
  • 2:25 - 2:28
    und ist auch wieder gefilmt worden.
  • 2:28 - 2:31
    Auch das war eine mehrfache Ausbeutung,
  • 2:31 - 2:33
    und das alles wurde ins Netz gestellt.
  • 2:33 - 2:36
    Als sie dann mit 15 Jahren
    schwanger wurde,
  • 2:36 - 2:39
    verpasste der Händler die Abtreibung
  • 2:39 - 2:41
    und schickte sie auf die Straße.
  • 2:41 - 2:44
    Auf Umwegen kam sie dann zu uns,
  • 2:44 - 2:47
    als schwangere 15-Jährige,
    völlig zerbrochen.
  • 2:48 - 2:50
    Mittlerweile hat sie ein Kind.
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    Das ist übrigens nicht sie,
    das ist ein Symbolbild.
  • 2:53 - 2:55
    Wir zeigen nie Opfer.
  • 2:55 - 2:59
    Sie hatte den Mut, den Täter anzuzeigen.
  • 2:59 - 3:02
    Der wurde dann Gott sei Dank
    hinter Gitter gebracht.
  • 3:02 - 3:06
    Aber leider haben sie
    in den wenigsten Fällen diesen Mut.
  • 3:06 - 3:10
    2.7 Millionen Menschen kommen
    jedes Jahr neu in den Handel.
  • 3:10 - 3:13
    Auch die Schweiz ist betroffen.
  • 3:13 - 3:17
    Die KSMM, die Koordinationsstelle gegen
    Menschenhandel und Menschenschmuggel,
  • 3:17 - 3:19
    geht von bis zu 3.000 Frauen aus,
  • 3:19 - 3:21
    die jedes Jahr in die Schweiz
    gehandelt werden.
  • 3:22 - 3:24
    Man sieht sie in Zürich, Basel und Bern.
  • 3:24 - 3:27
    In Bern wurden letztes Jahr
  • 3:27 - 3:31
    50 gehandelte Thaifrauen befreit.
  • 3:34 - 3:37
    Es gibt einen Kreislauf
    des Menschenhandels.
  • 3:37 - 3:39
    Wir haben da heute schon einiges gehört.
  • 3:39 - 3:42
    Der Push-Faktor, also Geschichte
    und Hintergrund des Opfers,
  • 3:42 - 3:44
    beginnt meist im Herkunftsland,
  • 3:44 - 3:48
    durch Armut, Perspektivlosigkeit
  • 3:48 - 3:50
    oder sonstige widrige Umstände,
  • 3:50 - 3:52
    die das Opfer dazu bringen,
  • 3:52 - 3:54
    irgendjemandem ein Versprechen zu glauben,
  • 3:54 - 3:56
    der sagt: "Ich habe einen Job für dich,
  • 3:56 - 3:59
    ich kann dir etwas anbieten,
    komm doch in die Schweiz,
  • 3:59 - 4:01
    da kannst du arbeiten
    und etwas verdienen."
  • 4:01 - 4:05
    Die Pull-Faktoren sind natürlich
    die Konsumenten und Konsumentinnen,
  • 4:06 - 4:11
    die Pornografie, aber auch
    Frauen direkt konsumieren.
  • 4:12 - 4:16
    Das sind Pull-Faktoren,
    Angebot und Nachfrage.
  • 4:16 - 4:21
    Es gibt daher innerhalb
    des Rotlichts sowohl freiwillige
  • 4:21 - 4:24
    als auch gehandelte Frauen.
  • 4:24 - 4:26
    Es ist eine gemischte Szene.
  • 4:26 - 4:28
    Dieser bin ich in Basel begegnet.
  • 4:28 - 4:31
    Der nächste Schritt ist dann hoffentlich,
  • 4:31 - 4:34
    die Frauen zu identifizieren, zu retten,
  • 4:34 - 4:38
    in ein Reha-Zentrum zu bringen
    -- das ist die Rehabilitationsphase --,
  • 4:38 - 4:41
    und sie dann ins Leben zu reintegrieren.
  • 4:41 - 4:44
    Wir haben es hier mit sehr
    zerbrochenen Herzen zu tun,
  • 4:44 - 4:46
    mit schwerst traumatisierten Frauen.
  • 4:46 - 4:49
    Dieser Prozess dauert Jahre.
  • 4:49 - 4:51
    Bei jedem dieser Prozesse
    war ich schon dabei.
  • 4:51 - 4:54
    Ich bin schon seit 17 Jahren
    in diesem Bereich tätig.
  • 4:54 - 4:59
    Ich zeige euch nochmals kurz
    den Kreislauf zur Vertiefung.
  • 4:59 - 5:01
    Push-Faktoren:
  • 5:01 - 5:03
    Die Bilder mache ich auf meinen Reisen,
  • 5:03 - 5:05
    ich reise sehr oft
    nach Osteuropa oder Asien,
  • 5:05 - 5:07
    nächste Woche bin ich in Nepal.
  • 5:07 - 5:11
    Das Gefälle zwischen Arm und Reich
    ist ein Push-Faktor.
  • 5:11 - 5:12
    Sie wollen auch verdienen,
  • 5:12 - 5:14
    sie wollen auch eine Chance haben.
  • 5:14 - 5:20
    Sie suchen ihr Glück und fallen deshalb
    auf falsche Versprechungen rein.
  • 5:21 - 5:26
    Die Sexualisierung und Diskriminierung
    von Frauen ist fast ein globales Thema.
  • 5:26 - 5:32
    Korruption und Misswirtschaft verursachen
    Menschenhandel im großen Stil.
  • 5:33 - 5:35
    Push-Faktoren:
  • 5:36 - 5:40
    Hier war ich im Mai in Kiew am Majdan.
  • 5:41 - 5:43
    Da sieht man die Kriegssituationen,
  • 5:43 - 5:47
    und unsere Partner
    in der Ukraine berichten uns,
  • 5:47 - 5:52
    dass prorussische Separatisten
    Mädchen effektiv gekidnappt haben
  • 5:52 - 5:55
    und nun an der Front herumreichen.
  • 5:55 - 5:57
    Das wissen wir, weil es
    einem Mädchen gelungen ist,
  • 5:57 - 6:02
    das Handy eines Separatisten zu stehlen
    und damit die Mutter zu kontaktieren.
  • 6:03 - 6:05
    Befreien können wir sie nicht,
  • 6:05 - 6:08
    da sie wie gesagt in Donezk sind.
  • 6:08 - 6:14
    Pull-Faktoren: Angebot und Nachfrage,
    unser Konsumverhalten.
  • 6:14 - 6:18
    In unserer Gesellschaft ist
    die Meinung stark verbreitet,
  • 6:18 - 6:20
    dass Pornographie niemandem schadet.
  • 6:20 - 6:23
    Doch nachdem ihr die Geschichte
    von Tatjana gehört habt,
  • 6:23 - 6:25
    wisst ihr, dass das nicht so ist.
  • 6:25 - 6:27
    Im Hardcore-Bereich der Pornographie,
  • 6:27 - 6:31
    -- darüber mache ich auch Vorträge
    und rede mit Pornosüchtigen --
  • 6:31 - 6:35
    haben wir gesehen,
    dass viele Frauen missbraucht werden.
  • 6:35 - 6:39
    Viele unserer Frauen,
    die in ihre Länder zurückgegangen sind,
  • 6:39 - 6:41
    erzählen uns in den Shelters,
  • 6:41 - 6:45
    dass man sie unter Drogen gesetzt
    und Filmmaterial produziert hat.
  • 6:45 - 6:49
    Viele unserer Kinder, die wir retten
    und in die Projekte bringen,
  • 6:49 - 6:53
    wurden in pädophilen Filmen benutzt.
  • 6:53 - 6:56
    Das ist die traurige Realität.
  • 6:56 - 6:58
    Wenn wir also beim Händewaschen
    12 Mal schütteln,
  • 6:58 - 7:00
    müssen wir auch sagen,
  • 7:00 - 7:02
    dass wenn wir das nächste Mal
    auf den Knopf drücken
  • 7:02 - 7:04
    und das schauen wollen,
  • 7:04 - 7:06
    dass wir Teil des Faktors
    Menschenhandel sind.
  • 7:06 - 7:08
    Wir fördern das.
  • 7:08 - 7:11
    Menschenhandel findet
    an uns bekannten Orten statt,
  • 7:11 - 7:14
    ob Amsterdam, Hamburg, Berlin,
    ich war schon überall vor Ort.
  • 7:14 - 7:17
    Es ist überall das gleiche Bild.
  • 7:17 - 7:19
    Was ihr da seht in den Miniröckchen,
    mit den langen Beinen,
  • 7:19 - 7:21
    ist nicht das, was es wirklich ist.
  • 7:21 - 7:23
    Es sind sehr oft Mütter,
  • 7:23 - 7:25
    die zuhause Kinder haben
  • 7:25 - 7:29
    und die aufgrund der Arbeitssituation,
    weil sie Geld verdienen müssen,
  • 7:29 - 7:34
    migrieren, in unsere Städte kommen
    und ihre Körper anbieten.
  • 7:34 - 7:37
    Ich kenne viele dieser Frauen.
  • 7:37 - 7:39
    Ich habe mit hunderten
    dieser Frauen gearbeitet.
  • 7:39 - 7:42
    Nach 17 Jahren hat man viel gesehen.
  • 7:43 - 7:47
    Die Rettung erfolgt meist
    durch Gassenarbeit und die Polizei.
  • 7:47 - 7:50
    Ich arbeite hier in der Schweiz
    auch mit der Polizei zusammen.
  • 7:50 - 7:53
    Ich bin auch Mitglied
    der Arbeitsgruppe Schweiz-Rumänien,
  • 7:53 - 7:58
    die Simonetta Sommaruga gegründet hat.
  • 7:59 - 8:02
    Da reden wir genau über das:
  • 8:02 - 8:06
    Opferidentifizierung und Best Practices
    gegen die organisierte Kriminalität.
  • 8:08 - 8:12
    Da werden im großen Stil
    Frauen wie "Ware" gehandelt.
  • 8:12 - 8:14
    Sie nennen die Frauen
    ja auch Frischfleisch.
  • 8:14 - 8:17
    Für sie ist das Frischfleisch.
  • 8:17 - 8:20
    Da sind wir in einem
    Schutzhaus in Rumänien.
  • 8:20 - 8:25
    Die Frau auf dem Bild,
    Iana Matei, mit der ich auch arbeite,
  • 8:25 - 8:30
    rettet Mädchen von der Straße.
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    Im Mai, als ich da war,
  • 8:32 - 8:34
    waren die Mädchen
    zwischen 12 und 17 Jahre alt
  • 8:34 - 8:37
    und hatten bereits eine
    lange Missbrauchsgeschichte hinter sich.
  • 8:37 - 8:40
    Wenn sie nicht gerettet werden,
  • 8:40 - 8:42
    werden sie früher oder später
  • 8:42 - 8:44
    als "freiwillige" Prostituierte
    hier auftauchen
  • 8:44 - 8:47
    und der Polizei ganz sicher
    nicht erzählen, was ihnen passiert ist.
  • 8:47 - 8:50
    Ihre Angst ist massiv.
  • 8:51 - 8:53
    Rehabilitation, Reintegration,
  • 8:53 - 8:57
    ein Opfer zurück ins Leben, mit Baby:
  • 8:57 - 8:59
    Wir hatten vor 2 Jahren
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    5 schwangere Opfer,
  • 9:01 - 9:02
    blutjunge Mädchen.
  • 9:02 - 9:04
    Ihnen eine neue Perspektive zu geben,
  • 9:04 - 9:06
    ist uns ganz wichtig.
  • 9:06 - 9:09
    Ich möchte euch ganz herzlich danken,
  • 9:09 - 9:13
    dass ihr euch im Schnelldurchlauf
  • 9:13 - 9:16
    diesem Thema Menschenhandel
    und seinen Hintergründen
  • 9:16 - 9:18
    hoffentlich ein bisschen
    habt annähern können.
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    Ich bin sogar 2 Sekunden zu früh fertig.
  • 9:22 - 9:24
    (Applaus)
Title:
Let's talk about human trafficking. | Irene Hirzel | TEDxBern
Description:

This talk was given at a local TEDx event, produced independently of the TED Conferences. Human trafficking is a subject that few acknowledge as a part of European society. In this talk, Irene Hirzel offers data on European countries and explains the factors that lead to this sad reality. With this information, citizens are more empowered to help create change for those abused.

Irene Hirzel is now project leader at COM, fighting against human trafficking of women and children, particularly in Eastern Europe and Nepal. She is also a member of the Swiss–Romanian group against human trafficking, led by the Federal Department of Justice and Police.

About TEDx, x = independently organized event In the spirit of ideas worth spreading, TEDx is a program of local, self-organized events that bring people together to share a TED-like experience. At a TEDx event, TEDTalks video and live speakers combine to spark deep discussion and connection in a small group. These local, self-organized events are branded TEDx, where x = independently organized TED event. The TED Conference provides general guidance for the TEDx program, but individual TEDx events are self-organized.* (*Subject to certain rules and regulations)

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Video Language:
German
Team:
closed TED
Project:
TEDxTalks
Duration:
09:28

German subtitles

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