Eine kreative Lösung für die Wasserkrise in Flint, Michigan
-
0:01 - 0:06Im Jahr 2016 bekam ich den Auftrag,
-
0:06 - 0:11eine Fotoreportage über die Wasserkrise
in Flint, Michigan, zu erstellen. -
0:12 - 0:14Die Krise besteht seit 2014.
-
0:16 - 0:18Ich nahm den Auftrag an und plante,
-
0:18 - 0:22drei Generationen
von Frauen zu fotografieren, -
0:22 - 0:25die täglich mit dieser Krise
umgehen müssen. -
0:26 - 0:30Zum Glück traf ich
zwei sehr gute Freundinnen, -
0:30 - 0:35die Künstlerinnen, Aktivistinnen und
Dichterinnen Amber Hasan und Shea Cobb, -
0:35 - 0:37die mich durch Flint führten.
-
0:38 - 0:42Als Schulbusfahrerin wurde Shea Cobb
zur zentralen Figur der Fotoreportage -- -
0:43 - 0:47zusammen mit ihrer Mutter, Ms. Renée,
und ihrer achtjährigen Tochter Zion. -
0:47 - 0:51Ich verfolgte wie besessen
Sheas Schulbusrouten. -
0:52 - 0:54Wenn Shea nicht Bus fuhr,
-
0:55 - 0:59kümmerte sie sich um Zion
und achtete darauf, dass sie lernte. -
0:59 - 1:04Ich wurde ein Teil
von Sheas Alltag und Privatleben. -
1:04 - 1:07Als Shea mich in Zions Schule mitnahm,
-
1:07 - 1:11sah ich dort Trinkbrunnen,
auf denen stand: -
1:11 - 1:13"Verseucht. Kein Trinkwasser."
-
1:14 - 1:17Das konnte ich
einfach nicht fotografieren. -
1:17 - 1:19Es erschütterte mich zutiefst,
-
1:19 - 1:23dass es in den USA statt
Trinkbrunnen mit der Aufschrift -
1:23 - 1:25"Nur für Weiße" oder "Nur für Schwarze"
-
1:25 - 1:28nun Brunnen gibt, auf denen steht:
-
1:28 - 1:31"Verseucht. Kein Trinkwasser".
-
1:31 - 1:34Und das soll in Ordnung sein?
-
1:35 - 1:40Die Bewohner von Flint müssen
zum Trinken, Kochen und Baden -
1:40 - 1:42Wasser aus Flaschen verwenden,
-
1:42 - 1:45zahlen aber die höchsten
Rechnungen landesweit -
1:45 - 1:50für Wasser mit tödlichen Legionellen.
-
1:51 - 1:53Es war naheliegend, nach Flint zu gehen,
-
1:53 - 1:58denn ich kannte Industrieverschmutzung
und mit Bakterien verseuchtes Wasser -
1:58 - 2:03nur allzu gut von meiner Kindheit
in der Stadt Braddock, Pennsylvania, -
2:04 - 2:07wo meine Mutter und ich gegen Krebs
-
2:07 - 2:10und Autoimmunerkrankungen
wie Lupus kämpften. -
2:12 - 2:15Unsere 14-jährige gemeinsame Arbeit
am Buch "The Notion of Family" -
2:15 - 2:20entstand aus unserem Überlebenskampf
gegen Umweltrassismus, -
2:21 - 2:25ungleiche Gesundheitsversorgung
und chemische Emissionen, -
2:25 - 2:30die von der Firma US Steel
dereguliert und ausgestoßen wurden. -
2:30 - 2:32Daher hatte Braddock landesweit
-
2:32 - 2:38die höchste Sterblichkeitsrate
infolge von Asthma und bei Kindern. -
2:39 - 2:43W. E. B. Du Bois beschreibt die Gegend
-
2:43 - 2:45zwischen Monongahela River
und Flint River so: -
2:46 - 2:51"Die Stadt, das ganze Tal
hat dem Fluss den Rücken gekehrt. -
2:52 - 2:55Er wird als Kloake, als Abfluss verwendet,
-
2:55 - 2:58als Ort, wohin man den Müll wirft."
-
2:59 - 3:03General Motors entsorgt
bekanntlich seit Jahrzehnten -
3:03 - 3:05Chemikalien im Flint River.
-
3:07 - 3:11Im August 2016 erschien
meine Fotoreportage "Flint is Family". -
3:11 - 3:13Sie diente als Mahnung an Amerika:
-
3:13 - 3:17Obwohl Flint nicht mehr
die Schlagzeilen dominierte, -
3:17 - 3:19war die Wasserkrise längst nicht vorbei.
-
3:20 - 3:21Natürlich wusste ich,
-
3:21 - 3:25dass mehr als eine Fotoserie
notwendig sein würde, -
3:26 - 3:29um den Leuten in Vehicle City zu helfen.
-
3:32 - 3:35Shea und ich trafen uns
über unsere Mütter und Großmütter. -
3:35 - 3:38Amber und ich kämpften
gemeinsam gegen Lupus. -
3:38 - 3:41Wir beschlossen, in Kontakt zu bleiben
-
3:42 - 3:44und unseren kreativen Kampf fortzusetzen.
-
3:45 - 3:512017 gründeten Shea und Amber gemeinsam
das Künstlerkollektiv "The Sister Tour". -
3:51 - 3:55Es soll Künstlerinnen aus Flint
einen geschützten Raum bieten. -
3:56 - 3:59Ein Jahr später präsentierte ich
hier in New York -
3:59 - 4:03in der Gavin Brown's Enterprise
an der West 127th Street -
4:03 - 4:07meine Soloausstellung "Flint is Family".
-
4:08 - 4:11Wenn sich Besucher
der Fassade des Gebäudes nähern, -
4:11 - 4:14sehen sie eine neun Meter hohe Werbetafel.
-
4:14 - 4:20Sie besteht aus drei großen Farbnegativen
mit der Aufschrift "Wasser ist Leben", -
4:20 - 4:24gestaltet aus Nestlé-Wasserflaschen
von "The Sister Tour". -
4:24 - 4:28Nestlé, der größte
Wasserabfüller der Welt, -
4:29 - 4:32pumpt fast kostenlos
über 1.500 Liter Wasser pro Minute -
4:32 - 4:36aus der grundwasserführenden Schicht
des Lake Michigan ab. -
4:36 - 4:40Die Firma bezieht auch
Millionen Liter Wasser -
4:40 - 4:42aus kanadischen Indianerreservaten,
-
4:42 - 4:46während die Menschen dort
keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. -
4:47 - 4:50Dieses Plakat nutzte ich
zum Spendenaufruf -
4:51 - 4:54und schickte "The Sister Tour"
zu Veranstaltungen, -
4:54 - 4:57um über die Dauerkrise zu informieren.
-
4:57 - 5:00Auch ich machte das Thema
weiterhin publik, -
5:01 - 5:03indem ich Countdown-Fahnen herstellte,
-
5:03 - 5:06die landesweit auf
Einrichtungen gehisst wurden. -
5:06 - 5:10Letzten Juni bekam ich
eine E-Mail von Amber: -
5:10 - 5:14Michigans Justizminister hatte
in den Ermittlungen zu Flints Wasserkrise -
5:14 - 5:16die Anklage fallengelassen,
-
5:16 - 5:19in der acht staatliche
und städtische Angestellte -
5:19 - 5:23zum Teil sogar des Totschlags
bezichtigt wurden. -
5:24 - 5:26Ich konnte nicht länger nur zusehen
-
5:26 - 5:30und darauf warten,
dass die Regierung etwas unternimmt. -
5:31 - 5:33Die Rechtsprechung wird aufgeschoben,
-
5:34 - 5:36die Rechtsprechung wird verwehrt.
-
5:36 - 5:38Seit nunmehr fünf Jahren
-
5:38 - 5:43warten wir auf Gerechtigkeit für
die Männer, Frauen und Kinder in Flint. -
5:44 - 5:47Ich fragte Amber: "Was kann ich tun?"
-
5:47 - 5:50Sie erzählte mir von einem Mann
namens Moses West, -
5:50 - 5:52den sie in Puerto Rico getroffen hatte,
-
5:53 - 5:59Erfinder eines 1,8 Tonnen schweren
atmosphärischen Wassergenerators. -
6:00 - 6:05Amber stellte Moses
Mandatsträgern der Stadt Flint vor. -
6:06 - 6:07Keiner zeigte Interesse,
-
6:07 - 6:11die Maschine zur Lösung des Problems
nach Flint zu transportieren. -
6:13 - 6:15Amber musste die Maschine
-
6:15 - 6:19von einem Militärstützpunkt in Texas
bis nach Flint bringen. -
6:20 - 6:23Niemand in Flint
hatte dafür das nötige Geld. -
6:23 - 6:26Also beschloss ich,
-
6:27 - 6:31den Erlös meiner Soloausstellung
"Flint ist Familie" -
6:31 - 6:36und die großzügige Förderung
der Robert-Rauschenberg-Stiftung -
6:37 - 6:39an Moses West zu übergeben.
-
6:40 - 6:43Letzten Juli kam Moses West
nach Flint, Michigan, -
6:43 - 6:45und ließ seinen Wassergenerator
-
6:45 - 6:51in North Saginaw zwischen
Marengo und Pulaski aufstellen. -
6:52 - 6:54Er ist dort bis heute in Betrieb.
-
6:56 - 7:00Diese Gemeinde, drei Meilen
vom Stadtzentrum entfernt, -
7:00 - 7:03hat keine Schulen mehr,
-
7:03 - 7:07keinen Zugang zu gesunden Lebensmitteln
oder sauberem Wasser. -
7:07 - 7:11Sie erscheint von Armut
und Gewalt geprägt. -
7:11 - 7:14Aber ich sehe etwas ganz anderes.
-
7:15 - 7:20Moses, ein Offizier, Ranger, Veteran,
-
7:20 - 7:25hatte klare Vorstellungen
für seine Wasserrettungs-Mission: -
7:26 - 7:30Er wollte den Menschen in Flint
kostenloses, sauberes Wasser bringen, -
7:30 - 7:34ihnen zeigen, wie man
die Maschine nutzt und pflegt -
7:34 - 7:38und besonders, wie man
Verantwortung dafür übernimmt. -
7:39 - 7:43Sie sollten alle auffordern,
möglichst viele Behälter mitzubringen -
7:43 - 7:46und so viel Wasser mitzunehmen
wie sie lagern können -- -
7:47 - 7:49besonders vor dem Winter,
-
7:49 - 7:53denn die Maschine extrahiert
bei Minusgraden keine Feuchtigkeit. -
7:54 - 7:59Diese Technologie zieht Luft durch
einen großvolumigen Filter. -
8:00 - 8:03Sie erzeugt maschinell Kondensation
-
8:03 - 8:08und produziert dadurch
7.571 Liter Wasser am Tag. -
8:09 - 8:15Jeder Einwohner kann der Maschine
täglich zwischen 9 und 20 Uhr -
8:15 - 8:17beliebig viel Wasser entnehmen.
-
8:17 - 8:22Das erspart langes Anstehen
für Wasser in Flaschen. -
8:22 - 8:25Ich frage oft Menschen,
die die Maschine nutzten: -
8:25 - 8:29"Was bedeuten Moses und die Maschine
für Ihre Gemeinschaft?" oder -
8:29 - 8:33"Wie ist es, ohne Zugang
zu sauberem Wasser zu leben?" -
8:34 - 8:36Alita sagte mir:
-
8:36 - 8:41"Es ist ein Wunder, dass Gott Moses
das Wissen und die Technologie gab, -
8:41 - 8:45um uns mit sauberem
Trinkwasser zu versorgen." -
8:46 - 8:47Nach eigenen Worten
-
8:47 - 8:51litt sie vor Ankunft der Maschine
unter heftigen Kopfschmerzen -
8:51 - 8:55und vom Wasser wurde ihr so übel,
dass sie nicht essen konnte. -
8:56 - 8:58Tina berichtete,
-
8:58 - 9:01das mit Blei verseuchte Wasser
lasse ihr Haar ausfallen. -
9:02 - 9:05Meistens fühlt sie sich
schwach und schwindelig. -
9:06 - 9:11Seit sie die Maschine nutzt,
hat sie Energie und Kraft. -
9:13 - 9:18David war überglücklich,
dass ihnen jemand aus Texas half. -
9:18 - 9:21Als er das Wasser trank, dachte er:
-
9:21 - 9:24"So schmeckt Wasser,
wie Gott es erschaffen hat." -
9:26 - 9:31Er füllt täglich drei 26-Liter-Kanister
für seinen Imbiss-Stand. -
9:33 - 9:36Durch Kreativität und Solidarität
-
9:37 - 9:42konnten Amber Hasan, Shea Cobb,
Tuklor Senegal, "The Sister Tour", -
9:43 - 9:45ich selbst, die Menschen in Flint,
-
9:46 - 9:51Dexter Moon, Moses West
und sein atmosphärischer Wassergenerator -
9:51 - 9:58über 450.000 Liter kostenloses,
sauberes Wasser bereitstellen. -
9:59 - 10:00(Applaus)
-
10:03 - 10:04(Applaus endet)
-
10:05 - 10:09Die Menschen in Flint haben
ein Recht auf sauberes Wasser. -
10:09 - 10:11Wasser ist Leben.
-
10:11 - 10:12Es ist der Lebensgeist,
-
10:12 - 10:16der uns vor Krankheit,
Tod und Zerstörung bewahrt. -
10:17 - 10:21Wir könnten Millionen Leben retten,
-
10:21 - 10:25wenn Moses' Maschine
an Orten wie Newark, New Jersey, -
10:26 - 10:28in Südafrika oder Indien stünde --
-
10:29 - 10:33aus Motiven des Mitgefühls
und nicht, um Profit zu machen. -
10:34 - 10:36Ich schaltete die Kamera ein,
-
10:36 - 10:40fokussierte und legte
den Finger auf den Auslöser, -
10:40 - 10:45als Shea und Zion den ersten Schluck
sauberes Wasser tranken. -
10:45 - 10:47Als die Kamera auslöste,
-
10:47 - 10:52überkam mich ein tiefes Gefühl
von Freude und Gerechtigkeit. -
10:53 - 10:56Als ich Shea Fotos schickte, schrieb sie:
-
10:57 - 11:01"Danke nochmals für das Licht,
das du in meine Stadt bringst." -
11:01 - 11:03Ich antwortete sofort:
-
11:04 - 11:06"Das Licht war schon in dir."
-
11:09 - 11:13Seit vier Jahren
fotografiere ich nun in Flint -
11:14 - 11:18und endlich kann ich
poetische Gerechtigkeit schaffen: -
11:20 - 11:24Egal wie düster eine Situation erscheint,
-
11:24 - 11:27eine Kamera kann das Licht extrahieren
-
11:27 - 11:30und ein Negativ in ein Positiv verwandeln.
-
11:30 - 11:32Vielen Dank.
-
11:32 - 11:36(Applaus)
- Title:
- Eine kreative Lösung für die Wasserkrise in Flint, Michigan
- Speaker:
- LaToya Ruby Frazier
- Description:
-
Die Künstlerin LaToya Ruby Frazier lebte fünf Monate in Flint, Michigan. Sie dokumentierte das Leben der von der Wasserkrise der Stadt betroffenen Menschen in einer Fotoreportage mit dem Titel "Flint is Family". Da die Krise kein Ende nahm, wurde ihr klar, dass mehr nötig sein würde als eine Fotoserie, um den Menschen zu helfen. In diesem inspirierenden, erstaunlichen Vortrag spricht sie über den kreativen Prozess, den sie in Gang brachte, um den Menschen in Flint zu kostenlosem, sauberem Wasser zu verhelfen.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 11:49
Andrea Hielscher edited German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan | ||
Andrea Hielscher edited German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan | ||
Sonja Maria Neef approved German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan | ||
Sonja Maria Neef edited German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan | ||
Andrea Hielscher accepted German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan | ||
Andrea Hielscher edited German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan | ||
Andrea Hielscher edited German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan | ||
Andrea Hielscher edited German subtitles for A creative solution for the water crisis in Flint, Michigan |