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Gary Kovacs: Beobachten wir die Beobachter

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    Ich weiß nicht genau warum, aber mich verblüfft der Gedanke immer wieder,
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    dass ca. zweieinhalb Milliarden von uns auf der Welt
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    miteinander über das Internet verbunden sind.
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    Und dass zu jedem Zeitpunkt
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    mehr als 30 Prozent der irdischen Bevölkerung
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    online gehen können, um zu lernen, um Inhalte zu erschaffen oder zu teilen.
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    Und die Zeit, die wir alle dafür aufwenden,
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    nimmt auch immer weiter zu.
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    Eine Studie hat kürzlich gezeigt,
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    dass die jüngere Generation allein
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    mehr als acht Stunden pro Tag online verbringt.
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    Als Vater eines achtjährigen Mädchens
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    kommt mir diese Zahl ziemlich niedrig vor.
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    (Gelächter)
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    Aber so wie das Internet die Welt jedem von uns geöffnet hat,
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    hat es auch alle von uns gegenüber dem Internet geöffnet.
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    Und in zunehmendem Maße ist der Preis, den wir
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    für diese Verbundenheit zahlen sollen,
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    unsere Privatsphäre.
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    Heute würden gerne viele von uns glauben,
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    dass das Internet ein privater Ort ist. Aber das ist es nicht.
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    Und mit jedem Mausklick und jeder Berührung des Bildschirms
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    lassen wir wie Hänsel und Gretel
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    Brotkrumen unserer persönlichen Information überall
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    auf unserem Weg durch die digitalen Wälder fallen.
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    Wir überlassen dem Internet unseren Geburtstag, unseren Wohnort,
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    unsere Interessen und Vorlieben,
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    unsere Beziehung,
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    unsere Finanzgeschichte, und so weiter und so fort.
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    Verstehen Sie mich bitte nicht falsch.
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    Damit möchte ich nicht andeuten, das Teilen von Daten sei eine schlechte Sache.
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    Nein, denn wenn ich weiß, welche Daten geteilt werden
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    und ich explizit um meine Zustimmung gebeten werde, dann möchte ich sogar,
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    dass einige Seiten meine Angewohnheiten verstehen.
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    So können sie mir bessere Bücher vorschlagen,
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    Filme, die ich mit meiner Familie schauen kann,
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    oder Freunde, mit denen wir uns vernetzen können.
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    Aber weiß ich es nicht und bin ich nicht gefragt worden,
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    dann entwickelt sich da ein Problem:
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    Das ist ein heute im Internet verbreitetes Phänomen
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    namens Verhaltens-Tracking,
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    ein richtig großes Geschäft.
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    Es gibt sogar ein ganzes Gewerbe, begründet darauf,
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    uns auf dem Weg durch die digitalen Wälder zu verfolgen,
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    und ein Profil von jedem von uns zu erstellen.
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    Und wenn all diese Daten gesammelt worden sind,
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    kann es mit uns machen, was immer es will.
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    In diesem Bereich gibt es heutzutage sehr wenige Bestimmungen
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    und noch weniger Regeln.
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    Bis auf ein paar kürzlich gemachte Ankündigungen hier in den USA und Europa
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    ist es ein Bereich im Konsumentenschutz, der fast komplett ungeschützt ist.
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    Diesen still lauernden Industriezweig möchte ich etwas sichtbarer machen.
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    Die Visualisierung, die sich hinter mir aufbaut, heißt Collusion
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    und es ist ein experimentelles Browser-Add-On,
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    das Sie in Ihrem Firefox-Browser installieren können.
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    So wird sichtbar, wo Ihre Webdaten hingehen und wer Ihnen nachspürt.
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    Die roten Punkte, die Sie sehen,
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    sind Seiten, die Verhaltens-Tracking anwenden,
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    die ich nicht aufgerufen habe, aber die mir trotzdem folgen.
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    Die blauen Punkte sind die Seiten, die ich tatsächlich aufgerufen habe.
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    Und die grauen Punkte sind Seiten, die mir auch nachspüren,
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    aber ich habe keine Ahnung, wer das ist.
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    Und alle von ihnen sind vernetzt, wie Sie sehen,
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    um ein Bild von meinen Tätigkeiten im Netz zu erstellen.
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    Und das ist mein Profil.
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    Ich komme nun zu einem praktischen und persönlichen Beispiel.
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    Vor zwei Wochen installierte ich Collusion auf meinem Laptop,
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    und ließ es mich an einem ziemlich typischen Tag verfolgen.
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    Wie die meisten von Ihnen
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    beginne ich meinen Tag, indem ich online gehe und E-Mails lese.
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    Dann schaue ich mir auf einer Nachrichtenseite die Schlagzeilen an.
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    Und in diesem besonderen Fall, da mir eine von ihnen
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    über die Vorzüge musikalischer Kompetenz an Schulen gefiel,
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    teilte ich diese über ein soziales Netzwerk.
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    Als unsere Tochter sich an den Frühstückstisch setzte, fragte ich sie:
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    "Wird an eurer Schule viel Wert auf musikalische Kompetenz gelegt?"
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    Und natürlich schaute sie mich als Neunjährige fragend an
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    und sagte: "Was heißt Kompetenz?"
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    Natürlich schickte ich sie online um es nachzuschlagen.
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    Halten wir hier an.
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    Wir haben noch nicht einmal zwei Bissen vom Frühstück genommen
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    und schon fast 25 Seiten sind dabei, mich zu verfolgen.
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    Ich habe bis jetzt insgesamt vier Seiten aufgerufen.
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    Gehen wir im Schnelldurchlauf durch den restlichen Tag.
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    Ich gehe ins Büro, lese E-Mails,
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    logge mich in ein paar mehr sozialen Netzwerken, blogge,
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    lese mehr Nachrichten, leite einige von denen weiter,
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    schaue mir ein paar Videos an, dieser Tag ist ein
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    klassisches Beispiel – in diesem Fall sogar ein peinlich genaues –
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    und am Ende dieses Tages, während er ausklingt,
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    schaue ich mir mein Profil an.
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    Die roten Punkte haben sich explosionsartig vermehrt.
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    Die Anzahl der grauen ist exponentiell gewachsen.
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    Insgesamt sind es dann 150 Seiten,
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    die mich verfolgen und meine persönlichen Informationen sammeln,
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    die meisten davon ohne meine Zustimmung.
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    Ich schaue mir dieses Bild an und ich gerate in Panik.
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    Das ist aber gar nichts. Ich werde im Web gestalkt.
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    And warum kommt es dazu?
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    Aus einem einfachen Grund – das ist ein Riesengeschäft.
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    Die Einnahmen der größten Firmen auf diesem Gebiet
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    betragen heutzutage mehr als 39 Milliarden Dollar.
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    Und es geht nicht nur uns Erwachsenen so.
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    Als ich mein eigenes Collusion-Profil erstellte,
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    erstellte ich auch eines für meine Tochter.
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    Und an einem Samstagmorgen, nach nur zwei Stunden im Internet,
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    sah so ihr Collusion-Profil aus.
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    Es handelt sich hier um eine Neunjährige,
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    die hauptsächlich Kinderseiten aufruft.
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    Meine Laune schlägt um – von Panik – zu Wut.
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    Ich bin jetzt kein Tech-Pionier oder ein Advokat für Privatsphäre mehr;
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    jetzt werde ich zum Vater.
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    Stellen Sie sich vor, in der realen Welt würde jemand
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    Ihren Kindern folgen, mit Kamera und Notizbuch,
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    und würde jede ihrer Bewegungen aufzeichnen.
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    Ich kann Ihnen versichern, in diesem Raum würde niemand untätig bleiben.
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    Wir würden zur Tat schreiten: zu keiner guten Tat, aber wir würden es trotzdem tun.
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    Wir können auch hierbei nicht untätig herumsitzen.
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    Das passiert jetzt, in diesem Moment.
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    Privatsphäre sollte nicht nur eine Wahl sein, die wir treffen können,
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    und sie sollte sicherlich nicht der Preis sein, den wir bezahlen müssen,
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    nur um im Internet surfen zu dürfen.
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    Unsere Stimmen sind wichtig, und unsere Handlungen noch wichtiger.
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    Heute haben wir Collusion eingeführt.
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    Man kann es herunterladen, auf Firefox installieren,
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    um zu sehen, wer einem durchs Web folgt,
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    durch die digitalen Wälder.
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    In Zukunft müssen all unsere Stimmen gehört werden,
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    denn, das, was wir nicht kennen, kann uns schaden,
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    weil das Gedächtnis des Internets ewig währt.
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    Wir stehen unter Beobachtung.
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    Jetzt wird es Zeit, dass wir die Beobachter unter Beobachtung stellen.
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    Danke.
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    (Applaus)
Title:
Gary Kovacs: Beobachten wir die Beobachter
Speaker:
Gary Kovacs
Description:

Beim Surfen im Internet werden Informationen über uns gesammelt. Webtracking ist nicht zu 100 % schlecht – persönliche Daten können uns beim Browsen helfen; Cookies können dazu beitragen, dass unsere Lieblingsseiten im Geschäft bleiben. Gary Kovacs jedoch behauptet, dass es unser Recht ist, darüber Bescheid zu wissen, welche unserer Daten gesammelt werden und wie sie verwendet werden. Er enthüllt ein Add-on von Firefox , das genau das macht.

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English
Team:
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Project:
TEDTalks
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06:39
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