Auf der Suche nach der verlorenen Zeit | Benedikt Fischer | TEDxLeuphanaUniversityLüneburg
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0:05 - 0:07Nach dem tollen
Improvisationszeug von vorhin, -
0:07 - 0:10sollte ich jetzt auch einfach
meine Karten von mir werfen -
0:10 - 0:12und sagen: "Ganz neues Programm!
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0:12 - 0:13Ich erzähle euch was ganz anderes,
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0:13 - 0:16wenn wir uns auf die Suche
nach der verlorenen Zeit machen, -
0:16 - 0:17aber ich bin zu aufgeregt,
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0:17 - 0:20deswegen habe ich doch
alle meine Karten dabei. -
0:20 - 0:22Ich versuche euch
durch meine Ideen zu führen. -
0:22 - 0:23Vor ein paar Tagen
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0:23 - 0:25erzählte mir ein guter Freund,
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0:25 - 0:26dass seine jüngeren Geschwister
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0:26 - 0:28neuerdings nicht mehr von den Eltern
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0:28 - 0:31für Klavierunterricht und Fußball
abgeholt werden, -
0:31 - 0:32sondern von einem der neuen Fahrdienste,
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0:32 - 0:35die per Smartphone-App funktionieren
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0:35 - 0:37und der Taxiindustrie mehr und mehr
Konkurrenz machen. -
0:37 - 0:41Wow, so praktisch, so zeitsparend,
so effizient, dachte ich. -
0:41 - 0:44Das Beispiel erzählt ziemlich viel
von unserer Gesellschafft -
0:44 - 0:46und den Werten unserer Gesellschaft.
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0:46 - 0:48Einer Gesellschaft,
die gerne effizient ist, -
0:48 - 0:53fortschrittlich, pragmatisch, schnell,
produktiv und technologisch. -
0:53 - 0:55Denn Zeit ist wertvoll.
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0:55 - 0:58Deshalb haben wir in den
letzten Jahrzehnten -
0:58 - 1:00immer mehr Technologien
und Lösungen gefunden, -
1:00 - 1:03um uns noch effizienter und
noch produktiver zu machen. -
1:03 - 1:05Und trotzdem können wir genau
in dieser Gesellschaft -
1:05 - 1:07eine paradoxe Beobachtung machen.
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1:07 - 1:09Menschen um uns herum, oft wir selbst,
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1:09 - 1:14sind zunehmend gestresst,
ausgebrannt und arm an Zeit. -
1:14 - 1:16Zeit, und damit der gestresste,
moderne Mensch, -
1:16 - 1:19ist ein vielfach diskutiertes Thema.
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1:19 - 1:22Aber von einem sehr normativen
Standpunkt aus, wie ich finde. -
1:22 - 1:24Denn überall sehen wir den Imperativ:
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1:24 - 1:26Sei effizient! Nutze deine Zeit!
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1:26 - 1:28Sogar wenn es um uns selbst geht.
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1:28 - 1:30Für die Zeit, wenn wir
allein sind, uns ausruhen, -
1:30 - 1:32haben wir Begriffe kreiert,
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1:32 - 1:35wie "quality time",
"me time" oder "down time", -
1:35 - 1:38die eigentlich nur Teil von genau
diesem Effizienzgedanken sind. -
1:38 - 1:41Überall erliegen wir dem sozialen Druck,
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1:41 - 1:42sich einzupassen, fit zu bleiben,
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1:42 - 1:46informiert zu sein
oder intelligent zu wirken. -
1:46 - 1:50Das Glück der Langeweile haben
wir aus unserem Alltag verbannt. -
1:50 - 1:52Denn die Langeweile ist langweilig.
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1:52 - 1:54Ich wollte mehr über das Thema verstehen,
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1:54 - 1:56begann zu lesen und lernte:
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1:56 - 1:57Wir leben nicht nur in Kulturen
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1:57 - 2:01unterschiedlicher Sprachen,
Land und Gewohnheiten, -
2:01 - 2:05sondern auch unterschiedlich im Umgang
und der Wertschätzung von Zeit. -
2:05 - 2:09Ich habe mich in zwei sehr
unterschiedliche Zeitkulturen aufgemacht, -
2:09 - 2:12ins kalifornische Silicon Valley
und in südostasiatische Burma, -
2:12 - 2:14wo ich Menschen beobachtet habe.
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2:14 - 2:18Silicon Valley ist eine nach Effizienz
strebende Gesellschaft. -
2:18 - 2:21Die Technologien dort sind tief
verankert im Alltag der Menschen. -
2:21 - 2:23Es ist eine 24-Stunden-Gesellschaft,
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2:23 - 2:28die dicht vertaktet ist und wo Verabredung
nach der Uhr funktionieren. -
2:28 - 2:29Burma hingegen ist eine Agrarwirtschaft
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2:29 - 2:32mit starken familiären Strukturen,
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2:32 - 2:34mit einer religiösen
buddhistischen Gesellschaft. -
2:34 - 2:35Der Rhythmus der Natur,
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2:35 - 2:37Tages- und Nachtszeit und auch die Ernte
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2:37 - 2:40geben noch immer sehr stark
den Rhythmus vor -- -
2:40 - 2:42genauso für Verabredungen.
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2:42 - 2:44Ich habe auf meiner Reise
6 Personen getroffen, -
2:44 - 2:47und ich möchte gerne, dass ihr
sie heute Abend kennenlernt. -
2:47 - 2:49Alex ist Datenanalyst bei Google.
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2:49 - 2:52Wenn Alex morgens aufwacht,
dann klingelt sein iPhone, -
2:52 - 2:54draußen scheint bereits die Sonne
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2:54 - 2:58und er fängt an, in seinem Bett
E-Mails zu beantworten und zu lesen. -
2:58 - 3:02Die Arbeit folgt Alex
bis ins Schlafzimmer. -
3:02 - 3:04Wenn er mit dem Google-Bus
zum Büro fährt, -
3:04 - 3:05ist er mit dem WLAN verbunden.
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3:05 - 3:08Auch im Stau kann er
ohne Weiteres produktiv sein. -
3:08 - 3:11Für den Abend wird noch eine kleine
private Verabredung organisiert. -
3:11 - 3:13Der ganze Tag ist durchgeplant.
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3:13 - 3:15Schon bald wird Alex einen neuen Job,
ein neues Team haben, -
3:15 - 3:18denn Karrierewege im Silicon Valley
sind schnelllebig. -
3:18 - 3:21Koni auf der anderen Seite
ist ein Reisbauer in Burma. -
3:21 - 3:23Er wird morgens vom Sonnenlicht geweckt.
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3:23 - 3:26Die Kühe sind hungrig
und wollen gefüttert werden. -
3:26 - 3:29Er macht den Holzpflug fertig,
um aufs Feld hinauszugehen, -
3:29 - 3:31bevor die Temperaturen zu heiß werden.
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3:31 - 3:33Als wir draußen auf dem Feld sind,
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3:33 - 3:35entdecken wir einen Traktor in der Ferne.
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3:35 - 3:38Koni reagiert ambivalent,
fast schon verängstigt. -
3:38 - 3:41Ich frage mich: Weiß er wie viel
schneller und wie viel effizienter -
3:41 - 3:43dieser Traktor sein Feld pflügen könnte?
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3:43 - 3:45Aber Koni zeigt keine Reaktion von Neid --
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3:45 - 3:47im Gegenteil.
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3:47 - 3:49Ich glaube, er hat noch nichts
von Mikrokrediten gehört, -
3:49 - 3:51die seinem Dorf erlauben würden,
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3:51 - 3:53ein solches Gerät zu kaufen.
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3:53 - 3:56Koni sagt: Er war immer Reisbauer
und wird immer Reisbauer bleiben. -
3:56 - 3:59Während ich im Silicon Valley
die Leute gefragt habe, -
3:59 - 4:02in welche Kategorien sie ihre 24 Stunden
am Tag einsortieren würden, -
4:02 - 4:05konnten sie mir ganz viele
Kategorien nennen: -
4:05 - 4:08"work time social", "work time alone",
"free time", "transit time". -
4:08 - 4:11In Burma stößt die Frage
auf große Verwirrung. -
4:11 - 4:15Meine 24 Stunden bestehen
aus Tag und Nacht, sagt Koni. -
4:15 - 4:17Steve ist Produktmanager.
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4:17 - 4:19Sein Mittagessen heute
ist ein Arbeitslunch. -
4:19 - 4:22Genau verabredet, Beginn und Ende
im Kalender festgesetzt, -
4:22 - 4:23ganz unabhängig davon,
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4:23 - 4:27ob die eigentliche Tätigkeit
am Ende beendet ist. -
4:27 - 4:30Mutlitasking zwischen verschiedenen
Projekten, die jeweils am Laufen sind -
4:30 - 4:32und sich immer weiter entwickeln,
ist für ihn Alltag. -
4:32 - 4:36Nach dem Mittagessen wird noch
schnell mit seiner Freundin telefoniert. -
4:36 - 4:38Immer wieder springt er hin und her
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4:38 - 4:41zwischen privaten und
beruflichen Aufgaben. -
4:41 - 4:44Auch Steve ist Anhänger
der Quanified-Self-Bewegung. -
4:44 - 4:45Mit seinem digitalen Armband
-
4:45 - 4:48kann er seine Bewegung,
sein Essverhalten, sein Schlafverhalten -
4:48 - 4:52genau aufzeichnen und damit
seine Zeitnutzung optimieren. -
4:52 - 4:53Vor allem weiß er aber,
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4:53 - 4:57wie er seine Zeit genutzt,
wie er seine Zeit investiert hat. -
4:57 - 4:59Ashin Vilasa hingegen ist ein Mönch.
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4:59 - 5:02Diesen Mittag starrt er
20 Minuten lang aus dem Fenster. -
5:02 - 5:05Als ich ihn in der Ecke
eines Hauses entdecke, -
5:05 - 5:07beobachte ich ihn die ganze Zeit
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5:07 - 5:09und werde dabei selbst extrem nervös.
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5:09 - 5:10(Lachen)
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5:10 - 5:11Was macht er dort?
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5:11 - 5:13Später frage ich ihn, ob er meditiert hat?
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5:13 - 5:15Für mich die einzig plausible Erklärung,
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5:15 - 5:17jetzt wo alle Yoga machen.
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5:17 - 5:19Er sagt nein, er habe einfach
aus dem Fenster geschaut. -
5:19 - 5:23So unverplant --
solch eine Unerwartungshaltung -- -
5:23 - 5:26wie Ashin Vilasa seine freie Zeit
verbringt, macht Simon das nicht. -
5:26 - 5:30Simon ist Start-up-CEO und er ist
heute Abend im Fitnessstudio. -
5:30 - 5:32Er weiß ziemlich genau, warum er hier ist.
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5:32 - 5:33Weil er fit bleiben möchte.
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5:33 - 5:35So wie Simon fünfmal pro Woche
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5:35 - 5:38seine freie Zeit auf geplante
Art und Weise verbringt, -
5:38 - 5:41tun es viele Menschen in den
westlichen Industriegesellschaften. -
5:41 - 5:43Auch unsere Freizeit ist
am Ende ein Investment -
5:43 - 5:45und wir wissen oft ziemlich genau,
-
5:45 - 5:49welchen Gewinn und welchen Mehrwert
wir uns daraus erhoffen. -
5:49 - 5:52Choso hingegen ist
eine Ladenbesitzerin in Burma. -
5:52 - 5:54Ihre Familie hat einen Fernseher,
-
5:54 - 5:56am liebsten schauen sie "soap operas".
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5:56 - 5:58Sie sind in Burma Ausdruck
des modernen Lebens -
5:58 - 6:01und mit ihnen kommt die Idee
von geplanten Freizeitaktivitäten -
6:01 - 6:05zu ihnen nach Hause ins Wohnzimmer.
-
6:05 - 6:08Choso selbst sagt,
sie langweile sich sehr oft. -
6:08 - 6:13Ihre eigene Zeitkultur kennt
keine geplanten Freizeitaktivitäten. -
6:13 - 6:14Choso ist heute Abend ziemlich müde.
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6:14 - 6:16Sie schließt gerade ihren Laden
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6:16 - 6:18und ich frage sie, was
die Eröffnungszeiten sind. -
6:18 - 6:20Verwundert schaut sie mich an.
-
6:20 - 6:23Sie öffne am Morgen,
sie schließe am Abend. -
6:23 - 6:24Eine Uhr hat Choso nicht.
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6:24 - 6:26Wo auch immer wir herkommen,
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6:26 - 6:27wir sind Bürger einer Zeitkultur,
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6:27 - 6:31und uns häufig nicht bewusst,
wie unsere Umwelt, wie unsere Zeitkultur -
6:31 - 6:33eigentlich unseren Umgang und
unsere Entscheidungen -
6:33 - 6:36über Zeit definieren.
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6:36 - 6:37Forscher und Professoren,
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6:37 - 6:40zum Beispiel der deutsche Soziologe
Hartmut Rosa, sagen: -
6:40 - 6:43"Es gibt keinen Weg aus der eigenen
Zeitkultur auszubrechen. -
6:43 - 6:45Wenn du E-Mails und Anrufe
nicht beantwortest, -
6:45 - 6:47dann verlierst du deinen Job.
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6:47 - 6:50Wenn du nicht genung publizierst,
verlierst du deinen Ruf, -
6:50 - 6:51du wirst zum Versager."
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6:51 - 6:54Sie sagen: "Wellness-Industrie,
Yogakulturen, 'Sabbaticals' -
6:54 - 6:56sind am Ende nur systemische Auszeiten,
-
6:56 - 6:59kleine Wellness-Illusionen,
-
6:59 - 7:01um am Ende noch besser
Leistung zu erbringen, -
7:01 - 7:03um am Ende noch effizienter zu sein
-
7:03 - 7:05und noch entspannter
von A nach B zu rasen. -
7:05 - 7:07Kein wirklicher Ausbruch also
-
7:07 - 7:10aus einem System
der dauernden Selbstoptimierung. -
7:10 - 7:14Ich glaube, ob der Druck, in
der Tech-Szene produktiv zu sein, -
7:14 - 7:18oder der Druck einer Tradition,
-
7:18 - 7:21oder einer von Tradition geprägten
religiösen Gesellschaft, -
7:21 - 7:22oder beides zusammen --
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7:22 - 7:25der Schlüssel, um sich selbst
richtig in der Zeit zu führen -
7:25 - 7:28und ein Stück weit auch damit
bei sich selbst zu sein, -
7:28 - 7:32ist es sich den Werten unserer
jeweiligen Zeitkultur bewusst zu sein, -
7:32 - 7:34und sich zu fragen, wie diese Werte
-
7:34 - 7:38unser individuelles Zeitverständnis
eigentlich prägen. -
7:38 - 7:40Das heißt, das Zentrale ist
eigentlich hinterfragen. -
7:40 - 7:43Was sind die Werte meiner Zeitkultur?
-
7:43 - 7:44Simme ich mit ihnen überein?
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7:44 - 7:47Und wenn nicht, wie schaffe ich Raum
für meine eigenen Ideen. -
7:47 - 7:50Was ist meine individuelle Zeitkultur?
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7:50 - 7:53Diese Frage zu stellen,
glaube ich, ist schwer. -
7:53 - 7:54Und ich glaube es bedarf Mut,
-
7:54 - 7:57weil wir nicht immer unmittelbar
Antworten darauf finden -- -
7:57 - 7:59was wir in unserer
Informationsgesellschaft -
7:59 - 8:01nicht mehr wirklich gewohnt sind.
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8:01 - 8:03Wir müssen meistens nur
das richtige Suchwort kennen. -
8:03 - 8:06Viele Formate und Nachrichten erscheinen
in kurzer und knapper Form. -
8:06 - 8:09Auch ich sollte mich heute Abend
besser kurz halten. -
8:09 - 8:11Bereits das Stellen dieser Fragen:
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8:11 - 8:13Das Hinterfragen der eigenen Zeitkultur,
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8:13 - 8:15ohne unmittelbare Antwort, ist sinnvoll.
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8:15 - 8:17Zwei Gedanken dazu:
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8:17 - 8:20Für die Zeit, die wir
in der Familie verbringen, -
8:20 - 8:21schreibt unsere Zeitkultur
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8:21 - 8:24Männern und Frauen sehr
unterschiedliche Wertigkeiten zu. -
8:24 - 8:27Ein Grund übrigens, weshalb
die Forschung bereits jetzt überlegt, -
8:27 - 8:30nur noch Familien insgesamt
auf ihre Zeitbudgets zu untersuchen. -
8:30 - 8:32Das Hinterfragen von dieser Zeitkultur,
-
8:32 - 8:35von unserer Zeitkultur,
würde uns erlauben, -
8:35 - 8:37von aufoktroyierten Werten
Distanz zu nehmen -
8:37 - 8:41und Familienleben wirklich
so zu gestalten, wie wir es wollen. -
8:41 - 8:42Und zweitens:
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8:42 - 8:46Unsere Zeitkultur favorisiert geplante,
verabredete Freitzeitaktivitäten, -
8:46 - 8:48die der Selbstoptimierung am Ende dienen,
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8:48 - 8:50so wie Sport, Lesen und Lernen.
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8:50 - 8:55Herumschlendern, Beobachten,
Nachdenken und Reflektieren, -
8:55 - 8:58ohne Sinn und Ziel, zumindest am Anfang,
-
8:58 - 9:00werden tendenziell abgewertet.
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9:00 - 9:04Und das entspricht eigentlich am Ende
dem Kern unserer Zeitkultur, -
9:04 - 9:05nämlich immer genau wissen zu müssen,
-
9:05 - 9:08warum wir unsere Zeit
so verbringen, wie wir es tun. -
9:08 - 9:11Würden wir ein bisschen Abstand
zu unserer Zeitkultur gewinnen, -
9:11 - 9:13könnten wir Zeit auf eine Art verbringen,
-
9:13 - 9:17ohne den unmittelbaren Mehrwert
immer kennen zu müssen. -
9:17 - 9:20Ich will kurz zurück kommen auf das
Anfangsbeispiel von der Kinderabholung -- -
9:20 - 9:23effizient und zeitsparend, ja.
-
9:23 - 9:24Aber ich erinnere mich an die Momente,
-
9:24 - 9:28wenn ich mit meinen Eltern
gelangweilt im Stau stand. -
9:28 - 9:33Und teilweise zuvor womöglich abgeholt
wurde, auch vom Fußball oder Klavier, -
9:33 - 9:36und es dort eben vertraute und ehrliche
Momente manchmal gab, -
9:36 - 9:39an den man tatsächlich was
über den anderen erfahren hat, -
9:39 - 9:42aber eben ohne sich
für "quality time" zu verabreden, -
9:42 - 9:43oder in den nächsten Familienurlaub
-
9:43 - 9:46mit großen Erwartungen zu überfrachten.
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9:46 - 9:49Mit seinen Eltern im Stau im Auto
zu stehen, ist ziemlich banal. -
9:49 - 9:51Aber ich glaube genau,
weil es so banal ist, -
9:51 - 9:53kann der Moment so wertvoll sein.
-
9:53 - 9:56Keine durch eine Zeitkultur
aufgestülpten Erwartungen, -
9:56 - 9:59Raum für Unerwartetes
in einer Gesellschaft, -
9:59 - 10:01die ansonsten durchgetaktet
-
10:01 - 10:05und auf Effizienz und Produktivität
ausgerichtet ist. -
10:05 - 10:07Was ich von meiner Reise mitnehme?
-
10:07 - 10:10Ich glaube, es bedarf
heutzutage tatsächlich Mut, -
10:10 - 10:11nicht immer zu wissen,
-
10:11 - 10:13was der unmittelbare Mehrwert
unserer Zeit ist. -
10:13 - 10:19Erst das schafft Raum für Unerwartetes
und für wirklich Wertvolles. -
10:19 - 10:22(Applaus)
- Title:
- Auf der Suche nach der verlorenen Zeit | Benedikt Fischer | TEDxLeuphanaUniversityLüneburg
- Description:
-
Dieser Vortrag wurde bei einem nicht von den TED-Konferenzen ausgerichteten, örtlichen TEDx-Event gehalten.
Benedikt Fischer vergleicht in seinem Vortrag die Zeitkultur von Südostasiaten mit der von Silicon-Valley-Bewohnern. Das Publikum lernt: Ein Mönch kann 20 Minuten aus dem Fenster schauen nicht als Meditation, sondern einfach so. - Video Language:
- German
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDxTalks
- Duration:
- 10:32