Geschichten zu den unverwechselbaren Titelseiten des New Yorkers
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0:01 - 0:06Vor 24 Jahren stellte mich
der New Yorker als Layouter ein. -
0:09 - 0:14Ich sollte die etwas gesetzte Institution
des Magazins verjüngen. -
0:15 - 0:18Ich sollte neue Künstler finden
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0:18 - 0:21und die weltfremde Sichtweise des Magazins
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0:21 - 0:25zeitgemäßer gestalten.
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0:25 - 0:27Das war genau das Richtige für mich,
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0:27 - 0:30weil mich schon immer beeindruckt hatte,
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0:30 - 0:34wie ein Bild oder eine einfache Zeichnung
aus den vielen Bildern, -
0:34 - 0:38die wir jeden Tag sehen,
herausstechen kann. -
0:39 - 0:41Wie es einen Moment einfangen kann,
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0:41 - 0:46wie es einen sozialen Trend
und komplexe Ereignisse deutlich macht -- -
0:46 - 0:51Wörter können das meist nicht so gut --,
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0:51 - 0:56wie es die Essenz herausfiltert
und das dann in eine Karikatur verwandelt. -
0:56 - 0:58Ich ging also zur Bibliothek
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0:58 - 1:03und sah mir das erste Cover an,
das Rea Irvin 1925 gezeichnet hatte: -
1:04 - 1:08ein Dandy, der sich einen Schmetterling
durch sein Monokel ansieht. -
1:09 - 1:12Wir nennen ihn Eustace Tilley.
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1:12 - 1:16Während das Magazin immer bekannter
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1:16 - 1:21für seine detaillierte Recherche
und langen Reportagen wurde, -
1:21 - 1:25fiel mir auf, dass ein Teil des Humors
auf der Strecke geblieben war, -
1:25 - 1:29denn heute wird Eustace Tilley
als stolzer Dandy angesehen. -
1:29 - 1:32Aber 1925,
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1:33 - 1:36als Rea Irvin dieses Bild
zum ersten Mal gezeichnet hatte, -
1:36 - 1:39war es Teil eines Humormagazins,
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1:39 - 1:41das die Jugend der Zeit amüsieren sollte,
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1:41 - 1:44nämlich die hippen Flapper
der Goldenen Zwanziger. -
1:45 - 1:48In der Bibliothek
habe ich auch Bilder gefunden, -
1:48 - 1:53die sehr gut den Zeitgeist
der Großen Depression einfangen. -
1:54 - 2:00Sie zeigen uns nicht nur die Mode der Zeit
oder die damaligen Automodelle, -
2:00 - 2:03sondern auch, was als lustig galt
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2:03 - 2:05und welche Vorurteile es gab.
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2:05 - 2:08Sie geben uns ein Gefühl dafür,
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2:08 - 2:11wie das Leben in den 30er Jahren
gewesen sein muss. -
2:12 - 2:15Ich habe mich also
an heutige Künstler gewendet, -
2:15 - 2:18wie zum Beispiel Adrian Tomine hier.
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2:18 - 2:21Ich wende mich oft
an narrative Künstler -- -
2:21 - 2:23Karikaturisten, Kinderbuchautoren --
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2:23 - 2:26und gebe ihnen ein Thema, zum Beispiel:
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2:27 - 2:29"Wie ist es in der U-Bahn?"
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2:29 - 2:31oder "Valentinstag",
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2:31 - 2:33und sie schicken mir ihre Entwürfe.
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2:33 - 2:38Sobald der Redakteur, David Remnick,
die Entwürfe genehmigt, -
2:39 - 2:41legen wir los.
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2:42 - 2:43Ich persönlich liebe es,
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2:43 - 2:49dass diese Bilder uns nicht vorschreiben,
was wir über sie denken sollen. -
2:49 - 2:51Aber sie bringen uns zum Nachdenken.
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2:53 - 2:57Es ist fast wie ein Puzzle:
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2:57 - 3:02Der Künstler zeichnet die Punkte,
die der Betrachter verbinden soll. -
3:02 - 3:06Um das linke Bild von Anita Kurz
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3:06 - 3:09oder das rechte
von Tomer Hanuka zu verstehen, -
3:09 - 3:12müssen wir die Unterschiede erkennen.
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3:13 - 3:20Es ist wirklich sehr spannend zu sehen,
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3:20 - 3:25wie die Bilder den Betrachter einbeziehen
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3:26 - 3:32und wie sie mit Stereotypen spielen.
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3:32 - 3:34Aber wenn wir das Bild verstehen,
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3:34 - 3:37werden die Stereotypen
in unserem Kopf umgeformt. -
3:38 - 3:41Die Bilder zeigen aber nicht nur Menschen.
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3:41 - 3:43Manchmal zeigen sie ein Gefühl.
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3:43 - 3:45Nach dem 11. September
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3:46 - 3:50wusste ich wie viele andere nicht,
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3:50 - 3:55wie ich mit dem Geschehenen
umgehen sollte. -
3:55 - 4:01Ich dachte, dass kein Bild
diesen Moment einfangen könne. -
4:01 - 4:03Ich wollte ein komplett schwarzes Cover --
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4:03 - 4:05im Prinzip gar kein Cover.
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4:05 - 4:09Ich sprach mit meinem Mann,
dem Karikaturisten Art Spiegelmann, -
4:09 - 4:12und sagte ihm, dass ich
das vorschlagen würde. -
4:12 - 4:15Er sagte: "Wenn du
ein schwarzes Cover willst, -
4:15 - 4:19kannst du doch die Silhouette
der Zwillingstürme darauf abbilden, -
4:19 - 4:21schwarz auf schwarz."
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4:21 - 4:22Ich zeichnete einen Entwurf
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4:22 - 4:26und mir lief sofort ein Schauer
über den Rücken. -
4:26 - 4:28Mir wurde klar:
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4:29 - 4:32Indem wir uns weigerten,
ein Bild für das Cover zu entwerfen, -
4:32 - 4:36hatten wir einen Weg gefunden,
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4:36 - 4:37den Verlust,
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4:37 - 4:39die Trauer
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4:39 - 4:41und Abwesenheit einzufangen.
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4:42 - 4:46Ich habe etwas sehr Tiefgründiges
durch dieses Projekt gelernt -- -
4:46 - 4:52nämlich, dass manchmal die Bilder
mit den wenigsten Mitteln -
4:52 - 4:55das Meiste ausdrücken.
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4:56 - 4:59Ein einfaches Bild kann Bände sprechen.
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4:59 - 5:03Dieses Bild von Bob Staake
haben wir veröffentlicht, -
5:03 - 5:07als Barack Obama
zum Präsidenten gewählt wurde. -
5:08 - 5:11Es hat diesen historischen Moment
wunderbar eingefangen. -
5:11 - 5:14Wir können das allerdings nicht planen.
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5:14 - 5:15Um so etwas zu ermöglichen,
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5:15 - 5:20müssen wir den Künstler fühlen lassen,
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5:20 - 5:23was wir alle fühlen, wenn es passiert.
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5:23 - 5:27Im November 2016 zum Beispiel,
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5:27 - 5:30während der Wahl im letzten Jahr,
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5:30 - 5:33war dieses Bild hier das einzige,
das wir veröffentlichen konnten. -
5:33 - 5:37Und es war in der Woche der Wahl
an den Zeitungsständen erhältlich. -
5:37 - 5:38(Zuschauer lachen)
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5:38 - 5:41Wir wussten, dass das
die Reaktion sein würde, -
5:41 - 5:42(Lachen)
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5:42 - 5:46wenn die Wahlergebnisse
bekannt gegeben werden würden. -
5:46 - 5:50Als wir dann die Ergebnisse
wirklich erfuhren, -
5:51 - 5:52wussten wir nicht mehr weiter.
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5:54 - 5:58Dieses Bild wurde wieder
von Bob Staake eingesendet. -
6:00 - 6:02Das hat es wirklich gut getroffen.
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6:02 - 6:10Am Ende wissen wir nie wirklich,
was als nächstes passieren wird. -
6:10 - 6:13Hier wussten wir nicht,
wie wir weitermachen sollten, -
6:13 - 6:15aber wir fanden einen Weg
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6:15 - 6:20und veröffentlichten dieses Bild hier,
nachdem Donald Trump gewählt wurde -
6:20 - 6:25und während der Woman's March
in den ganzen USA gehalten wurde. -
6:26 - 6:28Während dieser 24 Jahre
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6:28 - 6:33habe ich mehr als 1 000 Bilder
Woche für Woche entstehen sehen -
6:33 - 6:35und werde oft gefragt,
welches mein Favorit ist, -
6:35 - 6:38aber ich kann mich für keins entscheiden,
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6:38 - 6:44denn am stolzesten bin ich darauf,
wie unterschiedlich alle Bilder sind. -
6:44 - 6:49Das liegt an dem Talent
und der Vielfältigkeit der Künstler, -
6:49 - 6:51die dazu beitragen.
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6:52 - 6:55Jetzt gehören wir Russland
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6:55 - 6:56und somit --
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6:57 - 6:58(Lachen)
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6:58 - 7:00verwandelte Barry Blitt
in seiner Darstellung hier -
7:00 - 7:06Eustace in Eustace Vladimirovich Tilley.
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7:06 - 7:11Der Schmetterling ist nun
ein verblüffter Donald Trump, -
7:11 - 7:13der wild mit den Flügeln
schlägt und versucht, -
7:13 - 7:16den Schmetterlingseffekt
unter Kontrolle zu bringen -
7:16 - 7:22und der berühmte Schriftzug
von Rae Irvin von 1925 -
7:22 - 7:24ist jetzt auf kyrillisch.
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7:24 - 7:29Was mich an diesem Moment
wirklich beeindruckt, ist, -
7:29 - 7:34wie wichtig die freie Presse
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7:34 - 7:37für unsere Demokratie ist.
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7:37 - 7:40Und wir sehen vom Erhabenen
bis zum Lächerlichen, -
7:40 - 7:45wie gut Künstler einen Moment
einfangen können -- -
7:45 - 7:47auf dieselbe Weise, auf die ein Künstler,
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7:47 - 7:53bewaffnet allein mit Tusche
und Aquarellfarben, -
7:53 - 7:59den kulturellen Dialog darstellen
und daran teilnehmen kann. -
7:59 - 8:03Es stellt die Künstler
in den Mittelpunkt dieser Kultur -
8:03 - 8:06und dort gehören sie
meiner Meinung auch hin, -
8:06 - 8:09denn was wir gerade am meisten brauchen,
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8:09 - 8:10ist eine gute Karikatur.
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8:10 - 8:12Vielen Dank.
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8:12 - 8:13(Applaus)
- Title:
- Geschichten zu den unverwechselbaren Titelseiten des New Yorkers
- Speaker:
- Françoise Mouly
- Description:
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Das ist Françoise Mouly, die künstlerische Leiterin des New Yorkers. In den letzten 24 Jahren hat sie mitentschieden, was auf der berühmten Titelseite des Magazins abgebildet wird – von der schwarz-auf-schwarz-Abbildung der Zwillingstürme in der Woche nach dem 9. September zu einer kürzlichen, von Russland-inspirierten Interpretation des Dandy-Maskottchen, Eustace Tilley. In diesem visuellen Rückblick spricht Mouly darüber, wie eine einfache Zeichnung aus der Menge an Bildern, die wir jeden Tag sehen, herausstechen und auf elegante Art und Weise das Gefühl (und die Sensibilität) eines Moments einfangen kann.
- Video Language:
- English
- Team:
- closed TED
- Project:
- TEDTalks
- Duration:
- 08:29
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