Die Ursprünge des Balletts - Jennifer Tortorello und Adrienne Westwood

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Kannst du dir ein Fest vorstellen, auf dem jede Bewegung und jedes sichtbare Detail von einem komplexen System von Regeln und Vorgehensweisen bestimmt wird? Jahrhundertelang waren solche Rituale unter den Adligen Europas weit verbreitet. Sie sind zwar aus der Mode gekommen, aber die Komponenten kennen wir unter der uns bekannten Bezeichnung: Ballett. Jennifer Tortorello und Adrienne Westwood erläutern die Geschichte dieses anmutigen und pedantisch genauen Tanzes.

Lektion von Jennifer Tortorello und Adrienne Westwood, Animation von Moran Barak Studio.

Kannst du dir ein Fest vorstellen,
auf dem jede Bewegung,

von der kleinsten Geste
bis hin zum Laufen durch den Raum,

und jedes sichtbare Detail,

von den Möbelstücken
bis hin zur Länge der Röcke

von einem komplexen Systemen aus Regeln
und Vorgehensweisen bestimmt wird?

Jahrhundertelang waren solche Rituale
unter den Adligen Europas weit verbreitet.

Zwar sind diese aus der Mode gekommen,

aber wir kennen die Komponenten
unter einer vertrauten Bezeichnung:

Ballett.

Ballett, vom italienischen "balletto",
oder auch kleiner Tanz,

hat seine Ursprünge
in der italienischen Renaissance

als eine Kombination aus Gesellschaftstanz

und choreogafischer Darbietung
beim Zusammentreffen des Adels.

In vielerlei Hinsicht wurden die Menschen
am Hof auf diese Weise

mit angemessenen
Verhaltensformen gesteuert,

wie das Schreiten, Verbeugen
oder die Hand eines anderen zu nehmen.

Dazu gehörten auch Regeln,
die alles, von der Kleidung

bis dahin, wo man, im Verhältnis
zum König, gehen oder stehen konnte.

Mit der Zeit wurde
das Erlernen von Ballett

ein Hauptbestandteil des höfischen Lebens

und die korrekte Erfassung der Etikette

konnte den Erfolg oder Misserfolg
als Höfling bestimmen.

Viele dieser höfischen Gesten
sind immer noch

in modernen Balletttechniken zu finden.

Im 16. Jahrhundert
kam das Ballett nach Frankreich,

und zwar durch Caterine de' Medici,

der italienischen Frau
von König Heinrich II.

Feierlichkeiten, wie auch der Tanz,
wurden aufwendiger.

Tanzmeister lehrten den jungen Adligen
ausgearbeitete Schritte

und Geschichtenelemente trugen
zur Vereinheitlichung des Themas bei.

Der Schwerpunkt verlagerte sich
von der Teilnahme zur Darbietung,

und die Gestaltung beinhaltete
mehr theatralische Aspekte,

wie professionell gestaltete Bühnenbilder

und eine leicht erhöhte Plattform
oder Bühne mit Vorhängen und Seitenbühnen.

Aber erst im 17. Jahrhundert,
am Hofe von Ludwig XIV.,

wurde Ballett zu dem Tanz entwickelt,
wie wir ihn heute kennen.

Ludwig selbst hatte von Kind auf
Ballettstunden gehabt.

Seine erste Rolle als Sonnengott Apollo
im Alter von 15 Jahren

zementierte die zentrale Rolle,

die Ballett während seiner
Regentschaft spielen würde.

Es brachte ihm auch
den Namen "Sonnenkönig" ein,

wegen des prächtigen goldenen Kostüms
und der Choreografie,

die das Konzept des König als ein von
Gott eingesetzter Herrscher unterstrich.

Ludwig spielte 80 Rollen
in 40 bedeutenden Ballettstücken,

entweder als Majestät in der Hauptrolle

oder manchmal in kleineren
oder komödiantischen Rollen,

die dann am Ende des Stücks
zur Hauptrolle wurden.

Er hatte täglich Ballettstunden

sowie Fecht- und Reitstunden,

und durch sein Beispiel

wurde Tanzen zur wesentlichen Fertigkeit
für alle Gentlemen jener Zeit.

Aber der Hauptbeitrag
Ludwigs XIV. zum Ballett

bestand nicht in seinen Auftritten.

Durch seine Gründung der
"Académie Royale de Danse" 1661

verlagerte sich der Einfluss von Ballett

von den örtlichen Zünften
an den königlichen Hof.

Als Direktor ernannte er

seinen persönlichen Ballettmeister
und häufigen Tanzpartner

Pierre Beauchamp,

der die heute noch verwendeten fünf
Hauptpositionen des Körpers festschrieb.

Durch seine Zusammenarbeit
mit Jean-Baptiste Lully,

dem Direktor der
"Académie Royale de Musique",

und dem berühmten Bühnendichter Molière

verhalf Beauchamp dem Ballett
zur Begründung eines großes Spektakels.

Im Jahr 1669 wurde eine separate
Ballettakademie gegründet.

Das "Ballet de l'Opéra de Paris" gilt
als ältestes Ballettensemble der Welt.

Ballett ging vom königlichen Hof
auf die Theaterbühnen über

und überlebte die demokratischen
Revolutionen und Reformen,

die im Laufe des nächsten
Jahrhunderts folgten.

Mit dem Beginn der Romantik

wurden Themen wie Fantasie
und Folklore zu häufigen Motiven.

Zwar ließ der Einfluss des Balletts
in Frankreich nach,

aber in anderen Ländern, wie Russland,

spielte er eine wesentliche Rolle in
der Weiterentwicklung des Tanzes.

Heute müssen die meisten
von uns glücklicherweise

keine komplizierten Schritte erlernen,

nur um sich auf einer Hochzeit
zu unterhalten.

Stattdessen gehen wir ins Theater,
um Profis zu sehen,

die ihr Leben lang hart trainieren,

um Kunststücke zu vollführen, die zur Zeit
Ludwigs XIV. undenkbar gewesen wären.