Return to Video

34C3 - Die Sprache der Überwacher

  • 0:00 - 0:15
    Musik
  • 0:15 - 0:20
    Angelika Adensamer: Hallo! Wir wollen
    heute zeigen, wie in Österreich über das
  • 0:20 - 0:24
    Thema Staatliche Überwachung gesprochen
    wird. Wir wollen das anhand von vor allem
  • 0:24 - 0:30
    zwei Argumentationslinien nachzeichnen und
    zwar erstens, dass die abstrakte, so
  • 0:30 - 0:34
    genannte angebliche Gefahr immer größer
    dargestellt wird, als sie tatsächlich ist,
  • 0:34 - 0:39
    um genügend Gründe für die Ausweitung von
    Überwachung zu finden. Und zweitens, dass
  • 0:39 - 0:43
    die Schäden, die Überwachung in einer
    Gesellschaft anrichten kann, klein gemacht
  • 0:43 - 0:49
    werden. Unser Schluss ist dann daraus,
    dass wir der... diese Sprache sehr präzise
  • 0:49 - 0:53
    anschauen müssen, ihr auf den Grund gehen
    müssen, und wenn wir das tun (und das
  • 0:53 - 0:55
    gründlich tun), damit auch erfolgreich
    sein können.
  • 0:55 - 1:00
    Thomas Lohninger: Gut. Vielen Dank
    Angelika. Das ist Angelika Adensamer,
  • 1:00 - 1:03
    unsere Juristin und Policy Advisor.
    Applaus
  • 1:03 - 1:09
    AA: lacht
    TL: Mein Name ist Thomas Lohninger und wir
  • 1:09 - 1:12
    sprechen hier für epicenter.works. Wir
    sind ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in
  • 1:12 - 1:16
    Wien und setzen uns für Privatsphäre und
    Meinungsfreiheit im Internet ein. Am
  • 1:16 - 1:19
    ehesten kennt man uns vielleicht noch für
    die Abschaffung der
  • 1:19 - 1:24
    Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene mit
    unserem... unserer Klage vor dem
  • 1:24 - 1:27
    Europäischen Gerichtshof, als wir noch
    AKVorrat hießen.
  • 1:27 - 1:35
    Applaus
    TL: Und wenn ihr uns deswegen nicht kennt,
  • 1:35 - 1:38
    vielleicht wegen der Netzneutralität, da
    haben wir mit der SavetheInternet.eu-
  • 1:38 - 1:42
    Kampagne auch angeschoben, damit wir jetzt
    einheitlichen Schutz der Netzneutralität
  • 1:42 - 1:49
    in Europa haben. Aber...
    Applaus
  • 1:49 - 1:54
    TL: Vielen Dank! Aber jetzt... weiter zu
    meinem Kollegen, Werner Reiter.
  • 1:54 - 1:58
    Werner Reiter: Ich habe noch nie vor so
    vielen Menschen gesprochen und bin ehrlich
  • 1:58 - 2:05
    gesagt etwas nervös. Helft mir bitte.
    Applaus
  • 2:05 - 2:09
    WR: Das war noch nicht die Frage. Die
    Frage war - und ich bitte um ein
  • 2:09 - 2:13
    Handzeichen - "Wer von euch findet
    staatliche Überwachung oder einen
  • 2:13 - 2:18
    Bundestrojaner / Staatstrojaner (wie er in
    Deutschland heißt) nicht so toll?" Naja,
  • 2:18 - 2:29
    das sind doch einige, ne? Dann habe ich
    jetzt was für euch.
  • 2:29 - 2:33
    TL: Ton bitte. Wir haben hier Videos drin,
    ganz viele davon. Wir spielen es ab...
  • 2:33 - 2:37
    Video: "...alle, die innerhalb und
    außerhalb des Parlaments, die sich gegen
  • 2:37 - 2:42
    diese gesetzliche Anpassung wenden, planen
    einen Anschlag auf die Sicherheit der
  • 2:42 - 2:46
    Österreicherinnen und Österreicher und
    geben Ihnen nicht die Möglichkeit, die
  • 2:46 - 2:51
    selbe Sicherheit zu haben, die andere
    Länder haben, bzw. nicht am Stand der
  • 2:51 - 2:55
    Technik zu sein."
    WR: So. Das ist Wolfgang Sobotka,
  • 2:55 - 3:01
    ehemaliger Innenminister Österreichs. Er
    hat euch soeben zu Gefährderinnen und
  • 3:01 - 3:04
    Gefährdern abgestempelt. Ihr habt seine
    Pläne kritisiert...
  • 3:04 - 3:07
    Applaus
    WR: ...und er unterstellt euch, dass ihr
  • 3:07 - 3:12
    einen Anschlag plant. Wir haben übrigens
    deswegen auch eine Anzeige gegen ihn
  • 3:12 - 3:18
    eingebracht. Viel schlimmer als die
    Diffamierungen, die... Gegenstand dieser
  • 3:18 - 3:21
    Anzeige ist, ist die emotionale
    Erpressung, die in dieser Aussage steckt.
  • 3:21 - 3:26
    Wer für Grund- und Freiheitsrechte
    eintritt, ist eine schlechte
  • 3:26 - 3:30
    Staatsbürgerin bzw. ein schlechter
    Staatsbürger. Ihr seid schlechte
  • 3:30 - 3:33
    Staatsbürger. Tut mir leid.
    Applaus
  • 3:33 - 3:39
    TL: lacht Applaus... Gut. Worum geht's
    hierbei? Wer uns kennt, wird es schon
  • 3:39 - 3:44
    ahnen. Es geht um konkrete
    Gesetzesvorschläge, die im Jahr 2017 in
  • 3:44 - 3:48
    Österreich diskutiert wurden. Die ganze
    Geschichte begann im Jänner 2017 mit dem
  • 3:48 - 3:54
    neuen Koalitionsabkommen der damaligen
    rot-schwarzen Regierung. Wir kommen noch
  • 3:54 - 3:57
    zu den aktuellen Entwicklungen, aber diese
    lückenlose Überwachung, die ihr hier seht,
  • 3:57 - 4:01
    ist nicht irgendwie unsere Zuschreibung,
    sondern wiederum ein Zitat von unserem
  • 4:01 - 4:06
    ehemaligen Innenminister Wolfgang Sobotka
    und heutigen Parlamentspräsidenten -
  • 4:06 - 4:10
    immerhin dem zweithöchsten Amt in der
    Zweiten Republik - und er hat das so
  • 4:10 - 4:14
    deutlich ausgesprochen, wie wohl kaum
    Sicherheitspolitiker, zumindest im
  • 4:14 - 4:19
    deutschsprachigen Raum. Worum ging es
    jetzt konkret bei dem Koalitionsabkommen,
  • 4:19 - 4:23
    das uns im Jänner auf den Plan gerufen
    hat? Ihr seht hier die Latte an Maßnahmen,
  • 4:23 - 4:28
    um nur ein paar rauszugreifen... Gefordert
    wurde: die flächendeckende und vernetzte
  • 4:28 - 4:32
    Videoüberwachung, also auch alle Kameras
    der Wiener Linien und der ÖBB würden im
  • 4:32 - 4:36
    Innenministerium zusammenlaufen in Echtzeit,
    die Erfassung von allen Kennzeichen
  • 4:36 - 4:40
    auf Bundesstraßen und auch die
    Registrierung beim Kauf von Bahn- und
  • 4:40 - 4:45
    Bustickets. Und schon allein aus den 3
    Maßnahmen ergibt sich ein Gesamtbild, wo
  • 4:45 - 4:49
    es egal ist, ob ich mit meinem eigenen
    Auto fahr', mit dem Zug, mit dem Bus oder
  • 4:49 - 4:53
    einfach nur mit der U-Bahn - es gibt von
    dieser Bewegung einen Eintrag in einer
  • 4:53 - 4:59
    staatlichen Datenbank. Aber das, was am
    meisten diskutiert wurde, war dieses lütte
  • 4:59 - 5:03
    Hutschpferdchen hier, nämlich der
    Bundestrojaner. Wir haben schon
  • 5:03 - 5:07
    Staatstrojaner, wie es in Deutschland
    heißt, sprich staatliche Spionagesoftware
  • 5:07 - 5:12
    und staatliches Hacking, womit die Ende-
    zu-Ende-Verschlüsselung, die dank Snowden
  • 5:12 - 5:17
    heutzutage in unser aller Hosentaschen
    ist, umgangen werden soll, damit man auch
  • 5:17 - 5:21
    wieder diese Form von geschützter
    Kommunikation als Staat überwachen kann.
  • 5:21 - 5:26
    Und diese Art von staatlicher
    Spionagesoftware - da gab es schon einen
  • 5:26 - 5:31
    ersten Anlauf die in Österreich zu
    legalisieren, und zwar im Jahr 2016 von
  • 5:31 - 5:35
    Justizminister Brandstetter. Wir haben es
    damals geschafft, den ersten Versuch schon
  • 5:35 - 5:41
    in der Begutachtung zu stoppen. Das Gesetz
    wurde zurückgenommen. Dann 2017 der zweite
  • 5:41 - 5:45
    Anlauf. Da nehme ich etwas vorweg: Er
    wurde auch gestoppt und wir kommen dann am
  • 5:45 - 5:49
    Ende noch zum dritten Anlauf. Aber in der
    Debatte und den Statements von vielen
  • 5:49 - 5:54
    Politikern die ihr gleich hören werdet,
    ging es auch immer um diese Art der
  • 5:54 - 5:57
    Überwachung.
    Werner Reiter: Ja, wir waren kurz nach der
  • 5:57 - 6:02
    Präsentation des Koalitionsübereinkommen
    schon mit einer Kampagne am Start: "Stoppt
  • 6:02 - 6:07
    das Überwachungspaket. Wir haben mit allen
    zur Verfügung stehenden Mitteln mobil
  • 6:07 - 6:11
    gemacht. Wir haben ein breites,
    zivilgesellschaftliches Bündnis gegründet,
  • 6:11 - 6:15
    wo Amnesty International unter anderem
    dabei war, Attac und viele viele weitere
  • 6:15 - 6:21
    mehr. Wir haben erstmals in Österreich in
    ganz Österreich Kampagnen und Aktionen
  • 6:21 - 6:26
    gemacht, nicht nur in Wien, nicht nur im
    Netz, sondern auch auf der Straße in allen
  • 6:26 - 6:30
    österreichischen Hauptstädten. Wir haben
    eine Hotline gemacht, wo man
  • 6:30 - 6:34
    Politikerinnen und Politiker anrufen
    konnte, um sie zu überzeugen, dass dieses
  • 6:34 - 6:39
    Überwachungspaket weit über das
    hinausschießt, was mit unseren Werten noch
  • 6:39 - 6:45
    vereinbar ist. Man konnte auch Anrufe
    buchen. Das heißt, Sobotka jeden
  • 6:45 - 6:51
    Donnerstag um 11 Uhr mitteilen, dass ein
    Überwachungspaket keine so tolle Idee ist.
  • 6:51 - 6:57
    Und als dann die Gesetzesvorschläge in die
    Begutachtung gingen haben wir erstmals in
  • 6:57 - 7:02
    Österreich etwas gemacht, und zwar ein
    Tool, wo man ganz einfach Stellungnahmen
  • 7:02 - 7:07
    einbringen konnte, in den
    Begutachtungsprozess des Gesetzes. Das
  • 7:07 - 7:11
    haben sehr, sehr viele Menschen gemacht.
    Ein toller Erfolg. Zu den Zahlen kommen
  • 7:11 - 7:15
    wir später noch.
    Thomas Lohninger: Genau. Also... wir
  • 7:15 - 7:18
    erinnern uns: Im Jänner wurde das ganze
    vorgestellt, dann war lange Debatte, aber
  • 7:18 - 7:22
    nichts Konkretes wurde vorgelegt. Es wurde
    zwischen den Parteien und Ministerien
  • 7:22 - 7:27
    diskutiert und dann hat man gewartet, bis
    die Sommerpause begann und im Juli wurden
  • 7:27 - 7:32
    dann konkrete Gesetzesvorschläge in
    Begutachtung geschickt. Die umfassten
  • 7:32 - 7:36
    sogar noch mehr als die ursprünglichen
    Koalitionspapiere vermuten ließen. Da
  • 7:36 - 7:40
    waren zum Beispiel neue Maßnahmen wie
    Netzsperren enthalten, die es Providern
  • 7:40 - 7:44
    erlauben, ganz normal in ihrer
    Produktgestaltung nur noch Teile des
  • 7:44 - 7:47
    Internets anzubieten. Unter dem Deckmantel
    von Jugend- oder Pornoschutzfiltern
  • 7:47 - 7:52
    konnten da einfach Teile des Nets in der
    Produktgestaltung zensiert oder blockiert
  • 7:52 - 7:56
    werden. Dann gab es auch eine Ausweitung
    von IMSI-Catchern und dem Lauschangriff
  • 7:56 - 8:00
    aufs Auto. Beides ist jetzt nur
    geringfügig möglich, sollte damit
  • 8:00 - 8:04
    ausgeweitet werden, und was wir zu dem
    Zeitpunkt im Juli schon verhindert hatten,
  • 8:04 - 8:08
    war die Fußfessel für Gefährderinnen und
    Gefährder. Die ist aufgrund der Kritik
  • 8:08 - 8:11
    einfach nicht weiter verfolgt worden.
    Angelika Adensamer: Unsere Hauptkritik im
  • 8:11 - 8:15
    Überwachungspaket ist, das es
    grundrechtswidrig ist. Es verletzt
  • 8:15 - 8:18
    insbesondere das Recht auf Achtung der
    Privatsphäre.
  • 8:18 - 8:22
    Feedback-Geräusch
    Thomas Lohninger: ...Danke.
  • 8:22 - 8:26
    AA: Überwachung kann grundsätzlich schon
    den Menschenrechten entsprechen; es ist
  • 8:26 - 8:30
    nicht automatisch so, dass sie
    grundrechtswidrig ist. Es muss aber die
  • 8:30 - 8:34
    konkrete Überwachungsbefugnis
    verhältnismäßig sein. Das heißt, sie muss
  • 8:34 - 8:38
    erstens einen legitimen Zweck erfüllen.
    Das kann zum Beispiel durchaus auch
  • 8:38 - 8:43
    Sicherheit sein. Aber in einem zweiten
    Schritt muss dieses Mittel auch geeignet,
  • 8:43 - 8:47
    erforderlich und angemessen sein, um
    diesen Zweck zu erreichen. Und da wird's
  • 8:47 - 8:51
    schon schwieriger, weil in dieser ganzen
    Debatte wird niemals auch nur irgendwie
  • 8:51 - 8:55
    begründet, wie genau diese
    Überwachungsmaßnahmen nun die Sicherheit
  • 8:55 - 9:00
    fördern sollen, zu ihr beitragen sollen,
    und es wird schon gar nicht bewiesen oder
  • 9:00 - 9:04
    irgendwie belegt. Deswegen halten wir das
    Überwachungspaket für eine Gefahr für die
  • 9:04 - 9:08
    Demokratie, für unsere Freiheit,
    ironischerweise auch für unsere
  • 9:08 - 9:13
    Sicherheit. Und wir sind deswegen für eine
    Überwachungs-Gesamtrechnung, in der nicht
  • 9:13 - 9:17
    nur die einzelnen Überwachungsmaßnahmen
    auf ihre Vereinbarkeit mit den
  • 9:17 - 9:22
    Grundrechten geprüft werden, sondern alle
    gemeinsam und besonders auch in ihren
  • 9:22 - 9:26
    Kombinationen.
    Werner Reiter: Wir spulen noch etwas
  • 9:26 - 9:33
    zurück und zwar ganz an den Beginn: was
    war der Ausgangspunkt für all das? Der Ton
  • 9:33 - 9:37
    ist leider nicht besonders gut, aber es
    ist ein historisches Video und ich muss es
  • 9:37 - 9:40
    trotzdem zeigen.
    [Video mit Untertiteln]
  • 9:55 - 9:58
    Gelächter
    Werner Reiter: Ja... ich hoffe mit
  • 9:58 - 10:05
    Untertitel geht's. Ihr habt wahrscheinlich
    auch "Sekrement" verstanden, Exkrement ist
  • 10:05 - 10:12
    gemeint, egal. Ein Innenminister bekämpft
    also das Symptom - Kot vor der Haustür -
  • 10:12 - 10:17
    mit Kameras und denkt nicht eine Sekunde
    darüber nach, aus welchem Grund ihm der
  • 10:17 - 10:23
    Haufen vor die Tür gelegt wurde. Das ist
    leider symptomatisch für die
  • 10:23 - 10:27
    Debatte um Sicherheit in Österreich und
    wahrscheinlich auch in anderen Ländern:
  • 10:27 - 10:32
    man versucht Symptome mit Placebos zu
    behandeln, anstatt über die Ursachen
  • 10:32 - 10:36
    nachzudenken. Und damit sind wir bei der
    Politik der Gefühle.
  • 10:36 - 10:38
    Thomas Lohninger: Genau. Und dann der
    zweite Teil des Videos...
  • 10:38 - 10:42
    [Video mit Untertiteln]
  • 10:46 - 10:51
    TL: Genau: Das ist ein ganz zentraler
    Begriff um die Debatte rund um Überwachung
  • 10:51 - 10:56
    und Sicherheit, zu verstehen. Es geht um
    das subjektive Sicherheitsgefühl der
  • 10:56 - 11:00
    Bevölkerung. Ursprünglich war das mal ein
    Schmähwort der Datenschützer gegen diese
  • 11:00 - 11:04
    Art von Überwachungspolitik, heute ist es
    die ernstgemeinte Begründung für diese
  • 11:04 - 11:09
    Vorhaben und gesetzlichen Verschärfungen.
    Und ganz wichtig ist eben, dass es da
  • 11:09 - 11:13
    jetzt nicht mehr um objektive oder
    messbare Sicherheit geht. Es geht nicht um
  • 11:13 - 11:17
    eine Verbesserung der Aufklärungsquote
    oder gar das Verhindern von Anschlägen.
  • 11:17 - 11:21
    Die meisten der Maßnahmen, die jetzt in
    diesem Überwachungspaket enthalten sind,
  • 11:21 - 11:25
    waren schon längst etabliert, seit Jahren
    in anderen EU-Mitgliedsstaaten und haben
  • 11:25 - 11:30
    dort schon nicht geholfen. Trotzdem
    versucht man hier eben weiter mit einem
  • 11:30 - 11:34
    Gefühl in der Bevölkerung, das ja aktiv
    befördert wird durch diese Art der
  • 11:34 - 11:38
    politischen Rhetorik, solche Maßnahmen zu
    rechtfertigen.
  • 11:38 - 11:42
    Angelika Andensamer: Wir hören jetzt noch
    einmal unseren Ex-Innenminister Sobotka in
  • 11:42 - 11:47
    seinen letzten Tagen im Amt im Parlament
    sprechen.
  • 11:47 - 11:51
    Wolfgang Sobotka (Video): Wir wissen heute
    dass der nächste Anschlag geplant wird.
  • 11:51 - 11:54
    Wir wissen aber nicht wann und wir wissen
    nicht wo.
  • 11:54 - 11:59
    AA: Ja, das ist auch typisch für diese
    Diskussion. Es geht um den Schutz vor
  • 11:59 - 12:03
    abstrakten potenziellen Gefahren. Im
    Gegensatz zu konkreten, die man dann
  • 12:03 - 12:08
    vielleicht doch konkret benennen könnte;
    es ist nur irgendwann irgendwas. So
  • 12:08 - 12:12
    richten sich dann auch Gesetze gegen
    sogenannte Gefährderinnen und Gefährder.
  • 12:12 - 12:16
    Das sind Menschen, die nicht verurteilt
    worden sind, die auch nicht konkret im
  • 12:16 - 12:21
    Verdacht stehen, Straftaten verüben zu
    wollen oder zu planen, aber die trotzdem
  • 12:21 - 12:28
    auf irgendeine Weise anscheinend abstrakt
    gefährlich sind. In dem neuen
  • 12:28 - 12:33
    Regierungsübereinkommen der
    rechtskonservativen - rechtsextremen und
  • 12:33 - 12:38
    konservativen - Regierung heißt es: Es
    soll bereits im Vorfeld gegen potenzielle
  • 12:38 - 12:41
    Gefährder eingeschritten werden und zwar
    sollen Gebiets- und Reisebeschränkungen
  • 12:41 - 12:45
    für Gefährder sowie Einschränkungen
    elektronischer Kommunikationsmittel bei
  • 12:45 - 12:51
    Gefährdern eingeführt werden. Nun könnten
    theoretisch, wie wir vorhin schon gehört
  • 12:51 - 12:55
    haben, alle abstrakt und potenziell
    Gefährderinnen und Gefährder sein: man
  • 12:55 - 12:59
    braucht nur einmal sagen, man ist gegen
    das Überwachungspaket, und schon plant man
  • 12:59 - 13:03
    einen Anschlag auf die Sicherheit der
    Österreicherinnen und Österreicher zufolge
  • 13:03 - 13:08
    unseres Innenministers. Das große Problem
    daran ist, dass man aus solchen
  • 13:08 - 13:12
    Datenbanken üblicherweise nicht gelöscht
    wird. Es gibt meistens kaum
  • 13:12 - 13:16
    Voraussetzungen dafür, aus Gefährder-
    Datenbanken wieder rauszukommen und es ist
  • 13:16 - 13:20
    auch tatsächlich ein bisschen schwierig.
    Wenn man einmal abstrakt und potenziell
  • 13:20 - 13:25
    gefährlich ist oder war, wie soll man
    jemals beweisen können, dass man
  • 13:25 - 13:28
    das zu irgendeinem Zeitpunkt
    nicht mehr ist.
  • 13:28 - 13:33
    Werner Reiter: Ja, wir haben jetzt viel
    gehört über die ach so große, wenn auch
  • 13:33 - 13:41
    abstrakte Gefahr. Die Maßnahmen die man
    dagegen einsetzen will, sind relativ
  • 13:41 - 13:44
    klein, zumindest in der Sprache der
    Politikerinnen und Politiker.
  • 13:44 - 13:47
    Video: ...daher wollen wir diese Lücke
    schließen. Mehr ist es gar nicht; es geht
  • 13:47 - 13:50
    um das Schließen einer Lücke, im Bereich
    der Überwachung, die wir immer schon
  • 13:50 - 13:53
    gehabt haben, die sich ergeben hat durch
    den technischen Fortschritt.
  • 13:53 - 13:57
    WR: Joa. Also, es geht um die Schließung
    einer kleinen Lücke, des mach'mer schnell
  • 13:57 - 14:02
    mal und dann ist das alles wieder erledigt
    und wir sind wieder sicher. Nun ja.
  • 14:02 - 14:08
    Thomas Lohninger: Ja, die Sache mit der
    Technologie. Da stoßen wir ganz offen in
  • 14:08 - 14:12
    der Netzpolitik an diese Grenze, dass
    versucht wird, Technologie zu regulieren,
  • 14:12 - 14:15
    bevor man sie wirklich verstanden hat. Das
    ist so als ob man irgendwie
  • 14:15 - 14:19
    Familienpolitik machen will, wo man nicht
    versteht, wie Kinder zustande kommen und
  • 14:19 - 14:23
    was sie vielleicht brauchen könnten oder
    wie eine Familie funktioniert. Aber hier
  • 14:23 - 14:28
    ist es leider nichts, was dazu führt, dass
    Aussagen disqualifiziert werden, sondern man
  • 14:28 - 14:33
    äußert sie dann einfach nur mit noch mehr
    Inbrunst. Hier ein schönes Video vom Forum
  • 14:33 - 14:37
    Alpbach aus diesem Jahr.
    Sobotka (Video): Da würde ich bitten unsere
  • 14:37 - 14:42
    Cybercrime-Spezialisten, vielleicht der
    Leiter des BVTs, zu beantworten, wie das
  • 14:42 - 14:47
    technisch aussieht.
    Moderatorin (Video): Aber auch... okay. Herr Gridling.
  • 14:47 - 14:51
    Gridling (Video): Ja, vielen Dank. Ich
    fürchte, ich bin auch nicht der technische
  • 14:51 - 14:55
    Experte, der jetzt genau erklären kann,
    wie das geht.
  • 14:55 - 14:59
    TL: Genau. Peter Gridling, der Chef des
    BVT, des Verfassungsschutzes in
  • 14:59 - 15:03
    Österreich, im Inlandsgeheimdienst unter
    dem Innenministerium, also Wolfgang
  • 15:03 - 15:07
    Sobotka war damals noch sein Chef, und den
    Namen merken wir uns, der kommt nämlich
  • 15:07 - 15:13
    später auch noch mal. Sehr ähnlich in
    dieselbe Kerbe schlagt der Wiener
  • 15:13 - 15:16
    Polizeipräsident Gerhard Pürstl.
    Reporter (Video): Sie könnten in jedes
  • 15:16 - 15:21
    Schlafzimmer jedes Österreichers schauen
    und die Software wird dadurch unsicher,
  • 15:21 - 15:24
    und Kriminelle haben dann Zugriff auf alle
    Daten. Ist Ihnen das bewusst?
  • 15:24 - 15:27
    Gerhard Pürstl (Video): Ja, aber das sind
    ja Totschlagargumente. Man muss sich das
  • 15:27 - 15:31
    technisch ansehen. Man kann mir nicht
    erzählen, dass technisch derartige Dinge
  • 15:31 - 15:37
    nicht möglich sind.
    Gelächter
  • 15:37 - 15:42
    Applaus
    TL: Da kommt schon sehr viel rüber von,
  • 15:42 - 15:46
    einerseits, eben dieses Gebrauchs des
    Worts "Totschlagargument", gepaart mit
  • 15:46 - 15:51
    dieser technischen Ignoranz. Und dadurch
    ist natürlich jede sachliche Debatte schon
  • 15:51 - 15:55
    fast unmöglich. Und wenn man jetzt
    versucht, irgendwie mit technischem
  • 15:55 - 15:58
    Sachverstand zu argumentieren, könnte man
    glauben, dass man die Leute schnell
  • 15:58 - 16:02
    schachmatt setzt. Aber um das geht es
    ihnen an der Stelle gar nicht, sondern es
  • 16:02 - 16:06
    ist eher so die Herangehensweise eines
    Spielzeugs.
  • 16:06 - 16:11
    Werner Reiter: Ja, gebt denen doch dieses
    Spielzeug, warum lang drüber reden. Jetzt
  • 16:11 - 16:15
    kommt der ehemalige Justizminister
    Wolfgang Brandstetter.
  • 16:15 - 16:20
    Brandstetter (Video): Wenn der Chef des
    BVT, unseres Verfassungsschutzes, einfach
  • 16:20 - 16:23
    diese Maßnahmen für notwendig und
    erforderlich hält und sie fordert, dann muss
  • 16:23 - 16:27
    man reagieren.
    WR: Also... Wie...
  • 16:27 - 16:30
    langsames Klatschen
  • 16:30 - 16:38
    WR: lacht Also man reagiert auf die
    Wünsche des Verfassungsschutzchef und
  • 16:38 - 16:45
    Cybercrime-Experten, der nicht beantworten
    kann, wie es technisch funktionieren soll.
  • 16:45 - 16:50
    Gebt ihm das Spielzeug.
    Angelika Andensamer: Aber... Keine Sorge.
  • 16:50 - 16:52
    Applaus
    AA und WR: Keine Sorge.
  • 16:52 - 16:56
    Sobotka (Video): Es ist für mich immer
    sehr, sehr kurios, dass man dem Staat
  • 16:56 - 17:01
    immer permanent, wo man jeden Beamten
    seinen Eid auf die Verfassung schwören
  • 17:01 - 17:08
    lässt, diesen... ähm... Missbrauch der
    Daten unterstellt und in der Verfolgung
  • 17:08 - 17:12
    der Kriminellen nicht die Möglichkeit in
    die Hand gibt, das zu tun.
  • 17:12 - 17:16
    AA: Ja. Am besten dem Staat einfach
    vertrauen. Datenmissbrauch - sowas gibt's
  • 17:16 - 17:21
    überhaupt nicht. Gut - wir vertrauen dem
    Staat auf diese Weise nicht. Beispiele für
  • 17:21 - 17:25
    Datenmissbrauch gibt's tatsächlich genug.
    Nur ein kleines Beispiel: ich war einmal
  • 17:25 - 17:29
    in einem Strafprozess, darüber wird nicht
    mal großartig berichtet, über solche
  • 17:29 - 17:32
    Fälle. Ein Polizist hat einer Frau, die er
    mochte, Daten über ihren Ex-Freund
  • 17:32 - 17:36
    rausgeholt, weil er zeigen wollte, was das
    für ein Typ ist, wie oft der festgenommen
  • 17:36 - 17:40
    worden ist oder so. Staat sind auch nur
    Menschen - Datenmissbrauch? Haben wir nie
  • 17:40 - 17:46
    gehört. Überhaupt sollte man in einem
    Rechtsstaat dem Staat nicht auf diese
  • 17:46 - 17:49
    Weise vertrauen müssen. Entscheidungen
    sollten transparent sein, es muss
  • 17:49 - 17:54
    Kontrollinstanzen geben. Ich hätte
    grundsätzlich persönlich überhaupt kein
  • 17:54 - 17:58
    Vertrauen in jemanden, der sich so wie
    hier gegen jegliche Kontrolle wehrt.
  • 17:58 - 18:05
    Applaus
  • 18:05 - 18:09
    Ja, hier gleich nochmal; das ist Werner Amon,
    Sicherheitssprecher der ÖVP, hier auch im
  • 18:09 - 18:12
    Parlament: ...
    Amon (Video): Der Datenschutz darf nicht
  • 18:12 - 18:17
    falsch verstanden werden und darf nicht
    dazu führen, dass es zu einem Täterschutz
  • 18:17 - 18:20
    kommt.
    AA: "Datenschutz ist Täterschutz", das ist
  • 18:20 - 18:24
    auch ein sehr beliebter Satz. Es stecken
    nur zwei ganz grundlegend falsche Annahmen
  • 18:24 - 18:29
    dadrin. Erstens ist Datenschutz ein
    Grundrecht, das, wie alle Grundrechte,
  • 18:29 - 18:34
    alle schützt. Auch Täter und Täterinnen.
    Wer das nicht versteht, hat das Prinzip
  • 18:34 - 18:38
    von Grundrechten ganz grundlegend nicht
    verstanden. Zweitens...
  • 18:38 - 18:44
    Applaus
    AA: Und zweitens sind die
  • 18:44 - 18:48
    Überwachungsbefugnisse
    Ermittlungsbefugnisse, d.h. sie richten
  • 18:48 - 18:52
    sich gegen Verdächtige oder wie vorher zum
    Beispiel auch gegen Gefährderinnen und
  • 18:52 - 18:56
    Gefährder, die noch nicht einmal konkret
    verdächtigt sind. Und davon sind nicht alle
  • 18:56 - 19:01
    Täter und Täterinnen. Wüsste man schon,
    dass das alles Täter und Täterinnen sind,
  • 19:01 - 19:04
    müsste man sie wahrscheinlich nicht
    überwachen und gegen sie ermitteln.
  • 19:04 - 19:10
    Werner Reiter: Nächstes Kapitel. Die
    Überwachungsdebatte ist geprägt von einer
  • 19:10 - 19:15
    sehr seltsamen Wettbewerbslogik. Wir haben
    hier nochmal Werner Amon.
  • 19:15 - 19:19
    Amon (Video): Es kann nicht sein, dass die
    internationale Kriminalität oder
  • 19:19 - 19:24
    Terrorismus in der Champions League mit
    ihren Möglichkeiten spielt und wir uns auf
  • 19:24 - 19:29
    der Ebene der Regionalliga aufhalten.
    Gelächter im Publikum
  • 19:29 - 19:35
    WR: Also... da will wer klatschen.
    - Wir haben doch keine Zeit.
  • 19:35 - 19:41
    - Champions League - Regionalliga. ... Wir
    haben von Innenminister Sobotka schon
  • 19:41 - 19:45
    gehört: andere Länder hätten das auch und
    wir bräuchten das. Das geht noch einmal
  • 19:45 - 19:48
    einen Schritt weiter: Wir begeben uns
    jetzt nicht den Wettbewerb mit anderen
  • 19:48 - 19:53
    Ländern, sondern direkt in den Wettbewerb
    mit Terroristen und Terroristen. Das
  • 19:53 - 20:00
    heißt, was uns Werner Amon hier sagt: Er
    würde gerne dieselben Methoden anwenden,
  • 20:00 - 20:04
    die auch Kriminelle anwenden. Und ich
    glaube nicht dass das Staaten sind, die
  • 20:04 - 20:06
    wir haben wollen.
  • 20:06 - 20:11
    Applaus
    Angelika Andensamer: Zeigt sich auch
  • 20:11 - 20:16
    teilweise ein etwas eigenartiges
    Demokratieverständnis. So lässt uns zum
  • 20:16 - 20:20
    Beispiel unser Ex-Innenminister Sobotka
    via die Kronen-Zeitung ausrichten: die
  • 20:20 - 20:24
    Sicherheit steht über der Politik, und was
    er damit sagt, ist tatsächlich: Er möchte
  • 20:24 - 20:29
    es nicht diskutieren. Er möchte darüber
    keine politische Diskussion führen und
  • 20:29 - 20:36
    versteht auch eigentlich gar nicht, warum
    es dafür eine politische Einigung braucht.
  • 20:36 - 20:41
    TL: Das war bis jetzt mal soweit die
    Debatte. Bis dann der Wahlkampf im Sommer 2017
  • 20:41 - 20:46
    passiert ist. Und auch in dem waren
    Sicherheit und Überwachung weiterhin zwei
  • 20:46 - 20:52
    sehr beherrschende Themen im innenpolitischen
    Diskurs. Was wir auch noch hervorstreichen
  • 20:52 - 20:59
    wollen ist der ehemalige Kanzler Kern. Die SPÖ
    hat es komplett vermieden, sich in diesem
  • 20:59 - 21:04
    Thema zu positionieren - bis auf ein paar
    Statements von eher niederrangigen
  • 21:04 - 21:08
    Politikern aus dem Parlamentsklub und auch
    der Kanzler hat selbst gemeint, dass er so
  • 21:08 - 21:13
    eine sensible Materie doch nicht in den
    Wahlkampf ziehen will. Und damit hat es
  • 21:13 - 21:17
    die SPÖ vermieden, einerseits sich zu
    positionieren aber auch eine Chance
  • 21:17 - 21:21
    verpasst, sich auf die Seite der
    Grundrechte zu stellen und auch mitten im
  • 21:21 - 21:25
    Wahlkampf von den Konservativen
    abzugrenzen. Die haben das Spiel auch
  • 21:25 - 21:32
    durchaus beherrscht.
    WR: Indes die ÖVP. Man machte im Wahlkampf
  • 21:32 - 21:38
    gern ein bisschen so... Wohlfühlen-
    Feelgood-Rhetorik. Hier, ganz schön,
  • 21:38 - 21:42
    "brauchen mehr Transparenz in unserem
    Staat, aber keine Schnüffelstaat" und das
  • 21:42 - 21:46
    währenddessen sie für das
    Überwachungspaket weiter trommeln. Mich
  • 21:46 - 21:51
    erinnert das frappant an die Hacker-Ethik
    "öffentliche Daten nützen, private Daten
  • 21:51 - 21:55
    schützen". Schön wär's.
    TL: Es gibt übrigens immer noch kein
  • 21:55 - 22:01
    Transparenzgesetz in der neuen Regierung.
    AA: Ja. Vor der Wahl war die FPÖ noch in
  • 22:01 - 22:05
    der Opposition, nun ist sie in der
    Regierung. Damals hatte es noch geheißen,
  • 22:05 - 22:09
    über das Überwachungspaket, das wäre das
    Ende des Rechtsstaats wie wir ihn kennen,
  • 22:09 - 22:13
    so ein Papier der Gräßlichkeiten ist
    undenkbar. Man sieht hier auf dem Bild
  • 22:13 - 22:19
    Kickl, der jetzt unser Innenminister ist,
    von der FPÖ. Und was wir auch hier
  • 22:19 - 22:23
    versucht haben zu illustrieren ist, wie
    immer wieder vermischt werden die Themen
  • 22:23 - 22:27
    Islam, Migration, Terrorismus. Sicherheit,
    Überwachung, was vor allem den Effekt hat
  • 22:27 - 22:32
    einerseits Rassismus weiter zu schüren und
    andererseits Stimmung zu machen für mehr
  • 22:32 - 22:38
    Überwachung. Auf Fakten wird in dieser
    Diskussion weitgehend verzichtet. Hier
  • 22:38 - 22:44
    haben wir Harald Vilimsky, auch ein
    hochrangiger FPÖ-Politiker. Er ist EU-
  • 22:44 - 22:47
    Parlamentsabgeordneter und
    stellvertretender Vorsitzender der
  • 22:47 - 22:52
    Fraktion "Europa der Nationen und der
    Freiheit", also der rechten Fraktion und
  • 22:52 - 22:55
    ist hier auch noch als Oppositioneller
    österreichischer Politiker.
  • 22:55 - 22:58
    Harald Vilimsky (Video): Die ÖVP möchte
    zeigen, dass sie eine Sicherheitspartei
  • 22:58 - 23:02
    ist, ist aber keine Sicherheitspartei,
    sondern lediglich eine Überwachungspartei.
  • 23:02 - 23:07
    AA: Genau, so spricht er über die ÖVP, die
    jetzt ihr Koalitionspartner ist, mit der
  • 23:07 - 23:12
    sie jetzt das neue Überwachungspaket
    durchsetzen. Damals noch klar gegen
  • 23:12 - 23:16
    Überwachung positioniert, teilweise sogar
    mit unserer Diktion.
  • 23:16 - 23:23
    TL: Ja und dann am 1. September 2017 nach
    dem Nationalen Sicherheitsrat trat
  • 23:23 - 23:28
    Innenminister Sobotka vor die Kameras und
    erklärte, er gibt auf. Das
  • 23:28 - 23:33
    Sicherheitspaket kommt vorerst nicht, weil
    der linke Flügel der Sozialdemokraten sich
  • 23:33 - 23:39
    durchgesetzt hätte und damit waren diese
    Maßnahmen vom Tisch. Nach 8 Monaten
  • 23:39 - 23:45
    Kampagnen ist das unsere Bilanz. Wir
    konnten mit 9.220 Menschen insgesamt
  • 23:45 - 23:50
    18.000 Stellungnahmen zu diesen Gesetzen
    abgeben, im Begutachtungsprozess. Das
  • 23:50 - 23:54
    macht diese Begutachtungen zur größten in
    der Geschichte der Zweiten Republik und
  • 23:54 - 24:03
    zwar mit Abstand. Und... danke.
    Applaus
  • 24:03 - 24:08
    TL: Was uns vor allem sehr auch gefordert
    und gefreut hat war, dass dieses Thema
  • 24:08 - 24:11
    wirklich intensiv diskutiert wurde in
    Österreich. Es ist ja klar, dass man
  • 24:11 - 24:15
    irgendwie so "Standard", "Futurezone", das
    sind die Dinger, wo öfter über solche
  • 24:15 - 24:18
    Themen debattiert wurde. Aber es gab
    mehrere Chefredakteurinnen und
  • 24:18 - 24:22
    Chefredakteure, die sich dazu geäußert
    haben, es war auch auf allen öffentlich-
  • 24:22 - 24:26
    rechtlichen und Privatsendern vertreten
    und insgesamt haben wir eine Debatte
  • 24:26 - 24:29
    erlebt, die dann zum Beispiel auch in
    manchen User-Umfragen, auch in
  • 24:29 - 24:33
    Boulevardzeitungen gezeigt hat, dass die
    Leute eine erhöhte Sensibilität für dieses
  • 24:33 - 24:37
    Überwachungsthema bekommen haben. Und wir
    sind schon ein bisschen stolz, dass sie es
  • 24:37 - 24:42
    geschafft haben, 10 von diesen 12 Themen
    zu verhindern, zumindest jetzt mal
  • 24:42 - 24:47
    vorerst, weil wir sind natürlich nach der
    Wahl weiter mit einer Situation
  • 24:47 - 24:49
    konfrontiert.
    WR: Auftritt Wolfgang Sobotka.
  • 24:49 - 24:53
    Wolfang Sobotka (Video): Und sie können
    sich noch an meinen Spruch erinnern, vor
  • 24:53 - 24:58
    mehreren Monaten, wo ich hier gesagt habe:
    das ist ein Anschlag auf die Sicherheit,
  • 24:58 - 25:02
    das nicht durchzuführen. Meine Damen und
    Herren, das muss uns ganz bewusst sein:
  • 25:02 - 25:08
    wenn wir der Polizei diese Maßnahme nicht
    in die Hand geben, dann haben wir wenig
  • 25:08 - 25:11
    Chance, diese Netzwerke auch zu
    detektieren.
  • 25:11 - 25:18
    WR: Ja, er wiederholt die Anschuldigungen,
    die er gegen euch erhoben hat. Der Mann
  • 25:18 - 25:22
    hat in den Koalitionsverhandlungen
    übrigens auch das Kapitel Sicherheit,
  • 25:22 - 25:28
    Ordnung und - man höre und staune -
    Heimatschutz verhandelt für die ÖVP und er
  • 25:28 - 25:32
    bekräftigt, er hält euch für potenzielle
    Terroristinnen und Terroristen.
  • 25:32 - 25:38
    WR: Wir haben seit kurzem ja auch eine
    neue Regierung und als das
  • 25:38 - 25:42
    Koalitionspapier rauskam, haben wir
    innerhalb von 24 Stunden eine Analyse
  • 25:42 - 25:45
    davon online gestellt, wo ihr euch 4
    Seiten durchlesen könnt, was da drinnen
  • 25:45 - 25:51
    steht, aber auch eine farbcodierte Version
    der 180 Seiten wo alle Vorhaben nach ihrer
  • 25:51 - 25:55
    netzpolitischen Relevanz in Ampelfarben
    einsortiert sind. Und wir sehen da drin
  • 25:55 - 25:59
    mehr oder weniger ein Überwachungspaket
    2.0. Wir haben: aus den abstrakten
  • 25:59 - 26:03
    Gefährdern wurden die potenziellen
    Gefährder, gegen die weiterhin schon im
  • 26:03 - 26:07
    Vorfeld, also vorm Verdacht oder vor der
    Verurteilung, tätig geworden sein soll.
  • 26:07 - 26:12
    Dann gibt es Lücken bei der Überwachung
    von internetbasierter Kommunikation, die
  • 26:12 - 26:15
    geschlossen werden sollen. Da lugt schon
    wieder ein bisschen der Bundestrojaner um
  • 26:15 - 26:19
    die Ecke, aber da haben wir noch ganz
    viele andere Probleme und da ist so das
  • 26:19 - 26:23
    Überthema der Vernetzung von staatlichen
    Datentöpfen. Es soll zum Beispiel, wer
  • 26:23 - 26:27
    sich noch an die Bildungsdokumentation von
    Liesel Gehrer erinnert - das Ding, on
  • 26:27 - 26:31
    steroids 3.0. Also, es soll wirklich eine
    Datenbank geschaffen werden, wo von
  • 26:31 - 26:35
    Kindergarten bis zur Uni jede
    Leistungsbeurteilung, jede Verhaltensnote,
  • 26:35 - 26:40
    jeder Klassenbucheintrag gespeichert
    werden soll mit potentiellem Zugriff
  • 26:40 - 26:46
    nachträglicher potenzieller Arbeitgeber.
    Das Ganze wird auch ausgeweitet auf den
  • 26:46 - 26:51
    Erwachsenenbereich und auch unter der
    Ägide des AMS, sozusagen, bei allen
  • 26:51 - 26:57
    E-Learning-Kursen und der zentrale Zugriff
    wird von einer staatlichen ID gesteuert.
  • 26:57 - 27:02
    Das ist sozusagen die Weiterentwicklung
    der Handysignatur. Und dann gibt es auch
  • 27:02 - 27:05
    noch viel mehr Vernetzungen von
    Datenbanken aus dem Sicherheits- und
  • 27:05 - 27:10
    Sozialbereich, die vor allem eben auch
    dann noch im Thema Zuwanderung schlagend
  • 27:10 - 27:15
    werden. Ja, aber es gibt da noch so ein
    Überthema. Ich habe schon eingangs
  • 27:15 - 27:18
    erwähnt. Wir haben jetzt, das ist der
    dritte Versuch, einen Bundestrojaner in
  • 27:18 - 27:22
    Österreich zu legalisieren. Und das stellt
    uns auch mal ein bisschen so vor die
  • 27:22 - 27:26
    Frage: wann haben wir eigentlich gewonnen?
    Wenn das Ding
  • 27:26 - 27:30
    jetzt zweimal verhindert wurde, wann
    merken sie es sich? Die harte Antwort ist
  • 27:30 - 27:34
    leider, dass sich Bürgerrechte nicht von
    selbst verteidigen, sondern dass wir
  • 27:34 - 27:38
    unsere, um unsere Grundrechte zu bewahren,
    die ganze Zeit wachsam bleiben müssen,
  • 27:38 - 27:42
    weil man sie zwar über viele Jahrzehnte
    bewahren kann, aber es braucht nur ein
  • 27:42 - 27:47
    Moment, wo die Leute nicht aufpassen und
    dann können sie uns genommen werden.
  • 27:47 - 27:54
    Applaus
    AA: Die FPÖ, die damals noch so gegen
  • 27:54 - 27:59
    Überwachung war, ist nun auf Linie. Das
    ist unser neuer Innenminister Kickl.
  • 27:59 - 28:04
    Kickl (Video): Es kann nicht sein, dass
    sozusagen die Ganoven landauf, landab und
  • 28:04 - 28:09
    die internationale Kriminalität die besten
    technischen Möglichkeiten hat, aber wir im
  • 28:09 - 28:13
    eigenen Land nicht die gesetzlichen
    Rahmenbedingungen haben, damit die Polizei
  • 28:13 - 28:16
    auch auf Höhe der technischen
    Möglichkeiten agieren kann.
  • 28:16 - 28:20
    AA: Damit hat mit der
    Regierungsbeteiligung die FPÖ jetzt auch
  • 28:20 - 28:23
    die Argumente der ÖVP übernommen und
    findet auch, dass sich der Staat der
  • 28:23 - 28:27
    gleichen Mittel wie die Kriminellen
    bedienen sollte.
  • 28:27 - 28:32
    WR: Ja, sie haben noch etwas anderes
    übernommen, und zwar die Feelgood-Rhetorik
  • 28:32 - 28:37
    der ÖVP aus dem Wahlkampf. Jetzt heißt es
    zum Beispiel vom neuen Innenminister aus
  • 28:37 - 28:41
    einem Interview, dass er seiner eigenen
    Online-Redaktion gegeben hat, das erste
  • 28:41 - 28:45
    Interview übrigens, "geht es der
    Sicherheit gut, geht's uns allen gut", na
  • 28:45 - 28:49
    wunderbar. Ganz so gut dürfte es aber dann
    doch nicht sein. Er hat nämlich auch
  • 28:49 - 28:55
    übernommen, dass die Webseite des
    Innenministeriums nach wie vor kein HTTPS
  • 28:55 - 29:01
    kann. Und das zeigt ein bisschen die
    Ignoranz, die die Politikerinnen und
  • 29:01 - 29:06
    Politiker den technischen Themen gegenüber
    haben und die Ignoranz spiegelt sich
  • 29:06 - 29:09
    leider auch wieder, in viel gefährlicheren
    Dingen wie zum Beispiel Bundestrojaner,
  • 29:09 - 29:14
    Videoüberwachung und all diese Dinge, die
    da auf uns zukommen.
  • 29:14 - 29:20
    TL: Um zum Abschluss zu kommen: Wir würden
    auch gerne über unsere Sprache sprechen,
  • 29:20 - 29:23
    die Kampagnen-Sprache, die wir diesen
    politischen Vorhaben entgegengesetzt
  • 29:23 - 29:30
    haben. Wir haben das Sicherheitspaket ganz
    bewusst als das bezeichnet, was es ist,
  • 29:30 - 29:34
    ein Überwachungspaket. Und wir haben es
    damit geschafft, wirklich auch medial
  • 29:34 - 29:39
    durchzukommen. Es haben viele Medien den
    Begriff übernommen und immer öfter auch
  • 29:39 - 29:43
    ohne Anführungszeichen. Das war kein
    Sicherheitspaket, das war ein
  • 29:43 - 29:47
    Überwachungspaket, weil da weder
    Sicherheit drin ist, aber dafür sehr viele
  • 29:47 - 29:52
    Überwachungsmaßnahmen. Und genau diese
    Änderung des Narrativs ist der
  • 29:52 - 29:58
    Schlusspunkt mit dem ich enden will, weil
    ich glaube, dass das auch der Aspekt von
  • 29:58 - 30:01
    dieser ganzen Geschichte ist, der
    vielleicht allen anderen Campaingnern und
  • 30:01 - 30:04
    Menschen, die sich für diese Themen
    interessieren oder auch im privatem Umfeld
  • 30:04 - 30:08
    darüber sprechen, am hilfreichsten sein
    könnte. Nämlich die Änderung des
  • 30:08 - 30:13
    Narrativs, die wir vollziehen müssen. Wir
    gewinnen die Überwachungsdebatte nur,
  • 30:13 - 30:17
    indem wir sie zu einer Sicherheitsdebatte
    machen. Massenüberwachung funktioniert in
  • 30:17 - 30:21
    großen Teilen nicht. Andere Maßnahmen sind
    nicht nur viel sinnvoller für die
  • 30:21 - 30:26
    Sicherheit sondern auch schonender für die
    Grundrechte. Und gerade diese anderen
  • 30:26 - 30:32
    Maßnahmen sind das beste Gegenargument,
    das wir diesen sinnlosen Vorgaben
  • 30:32 - 30:37
    entgegensetzen können. Diesen Spielzeugen,
    die man sich hier anschaffen will. Wir
  • 30:37 - 30:41
    brauchen eine grundrechtsfreundliche,
    faktenbasierte Sicherheitspolitik und das
  • 30:41 - 30:45
    sind die besten Gegenargumente. Deshalb
    fordern wir auch immer eine Überwachungs-
  • 30:45 - 30:49
    Gesamtrechnung. Das wäre eine Evaluierung
    von allen Überwachungsmaßnahmen in einem
  • 30:49 - 30:55
    Land, auf ihre Verfassungskonformität und
    ihrem realen Beitrag zur Sicherheit. Damit
  • 30:55 - 31:09
    dürfen wir uns bedanken.
    Applaus
  • 31:09 - 31:12
    TL: Wir haben jetzt, glaube ich, gar keine
    Zeit mehr wirklich für Fragen. Aber wir
  • 31:12 - 31:17
    haben eine Assembly in Saal 3, direkt
    neben IFF und EDRi, schaut da vorbei.
  • 31:17 - 31:22
    Wir sind bis Tag 3 noch dort, also ich
    glaube Tag 4 auch noch ein bisschen. Ah ja
  • 31:22 - 31:26
    und wir sind ein spendenfinanzierter
    Verein und damit wir weiter unabhängig das
  • 31:26 - 31:30
    tun können, was wir tun, brauchen wir euch
    als Fördermitglieder, das wäre ganz toll.
  • 31:30 - 31:38
    Vielen Dank.
    Applaus
  • 31:38 - 31:44
    Herald: Ja, vielen Dank Thomas Lohninger,
    Werner Reiter und Angelika Adensamer. Wir
  • 31:44 - 31:48
    haben heute leider in diesem Talk keine
    Zeit für Fragen, aber nochmal einen großen
  • 31:48 - 31:53
    Applaus für unsere drei Gäste hier aus
    Österreich.
  • 31:53 - 32:00
    Applaus
  • 32:00 - 32:05
    Abspann
  • 32:05 - 32:22
    Untertitel erstellt von c3subtitles.de
    im Jahr 2019. Mach mit und hilf uns!
Title:
34C3 - Die Sprache der Überwacher
Description:

more » « less
Video Language:
German
Duration:
32:22

German subtitles

Revisions