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Wie Gefängnisse die Armen erpressen

  • 0:01 - 0:03
    An einem Nachmittag im Sommer 2013
  • 0:03 - 0:05
    wurde ein verdächtig aussehender Mann,
  • 0:05 - 0:06
    der womöglich gefährlich sein könnte,
  • 0:06 - 0:10
    von der Polizei in Washington D.C.
    festgenommen, befragt und durchsucht.
  • 0:10 - 0:13
    Das ist zwar nicht die Kleidung,
    die ich am Tag meiner Verhaftung trug,
  • 0:13 - 0:16
    aber davon habe ich auch ein Foto.
  • 0:16 - 0:19
    Ich weiß es ist beängstigend --
    versuchen Sie ruhig zu bleiben.
  • 0:19 - 0:19
    (Gelächter)
  • 0:19 - 0:22
    Damals war ich Praktikant
  • 0:22 - 0:25
    beim Pflichtverteidigerdienst
    in Washington D.C.
  • 0:25 - 0:27
    Ich besuchte für die Arbeit
    eine Polizeistation.
  • 0:27 - 0:30
    Als ich hinausging und noch
    bevor ich mein Auto erreichte,
  • 0:30 - 0:33
    versperrten mir zwei Polizeiwagen den Weg.
  • 0:33 - 0:35
    Ein Beamter kam von hinten auf mich zu.
  • 0:35 - 0:38
    Er sagte, ich solle stehen bleiben,
    meinen Rucksack abnehmen
  • 0:38 - 0:41
    und meine Hände auf den Polizeiwagen
    legen, der neben uns parkte.
  • 0:41 - 0:44
    Etwa ein Dutzend Beamter
    versammelten sich rund um uns.
  • 0:44 - 0:46
    Alle hatten Pistolen,
    manche sogar Sturmgewehre.
  • 0:46 - 0:48
    Sie durchwühlten meinen Rucksack.
  • 0:48 - 0:50
    Sie tasteten mich ab.
  • 0:50 - 0:53
    Sie machten Fotos von mir auf
    dem Polizeiwagen und lachten dabei.
  • 0:53 - 0:55
    Und während all dies geschah --
  • 0:55 - 0:58
    während ich versuchte, meine
    zitternden Beine zu ignorieren
  • 0:58 - 1:00
    und überlegte, was ich tun sollte --
  • 1:00 - 1:02
    kam mir etwas eigenartig vor.
  • 1:02 - 1:06
    Wenn ich mich auf diesem Bild ansehe
    und mich selbst beschreiben müsste,
  • 1:06 - 1:08
    würde ich wahrscheinlich sagen:
  • 1:08 - 1:14
    "19-jähriger indischer Mann,
    trägt ein helles T-Shirt und eine Brille".
  • 1:14 - 1:16
    Aber sie erwähnten keines dieser Details.
  • 1:16 - 1:19
    Als sie mich über den Polizeifunk
    beschrieben, sagten sie immer wieder:
  • 1:19 - 1:23
    "Orientalischer Mann mit Rucksack".
  • 1:23 - 1:26
    Diese Beschreibung
    kam auch in die Polizeiakte.
  • 1:26 - 1:31
    Ich hätte nie gedacht, dass meine eigene
    Regierung mich so beschreiben würde:
  • 1:31 - 1:32
    "herumschleichend",
  • 1:33 - 1:35
    "verachtenswert",
  • 1:36 - 1:37
    "Terrorist".
  • 1:37 - 1:39
    Die Haft ging genauso weiter.
  • 1:39 - 1:43
    Spürhunde durchsuchten den Bereich,
    in dem ich war, auf Sprengstoff.
  • 1:43 - 1:46
    Sie fragten bei der Bundesbehörde,
    ob ich auf irgendeiner Suchliste stand.
  • 1:46 - 1:49
    Kriminalbeamte befragten
    mich und wollten wissen,
  • 1:49 - 1:53
    warum ich sie mein Auto nicht durchsuchen
    ließ, wenn ich nichts zu verbergen hätte.
  • 1:53 - 1:55
    Ich sah, dass sie nicht zufrieden waren,
  • 1:56 - 1:59
    aber ich hatte das Gefühl, nie zu wissen,
    was sie als nächstes tun würden.
  • 1:59 - 2:04
    Der Beamte, der mich durchsuchte,
    sah sich die Polizeistation genau an.
  • 2:04 - 2:08
    Er wollte sehen, wo die Kameras waren
    und wie viel aufgezeichnet wurde.
  • 2:08 - 2:13
    Dabei wurde mir bewusst,
    wie sehr ich ihnen ausgeliefert war.
  • 2:13 - 2:15
    Wir sind wohl alle von
    klein auf daran gewöhnt,
  • 2:15 - 2:19
    Polizeibeamte, Verhaftungen
    und Handschellen zu sehen.
  • 2:19 - 2:23
    Wir vergessen leicht, wie erniedrigend
    und erzwungen es eigentlich ist,
  • 2:23 - 2:26
    sich Kontrolle über den Körper
    eines anderen Menschen zu verschaffen.
  • 2:26 - 2:28
    Ich weiß, es klingt,
    als wollte ich zeigen,
  • 2:28 - 2:30
    wie schlecht ich wegen meiner
    Hautfarbe behandelt wurde
  • 2:30 - 2:34
    und ja, ich denke, sie hätten mich
    nicht verhaftet, wenn ich weiß wäre.
  • 2:34 - 2:36
    Aber eigentlich will ich
    über etwas anderes sprechen.
  • 2:36 - 2:39
    Nämlich wie viel schlimmer
    es sein hätte können,
  • 2:39 - 2:40
    wenn ich nicht wohlhabend wäre.
  • 2:40 - 2:43
    Sie dachten, ich würde Sprengstoff legen.
  • 2:43 - 2:46
    Sie ermittelten diese Möglichkeit
    eineinhalb Stunden lang,
  • 2:46 - 2:48
    aber mir wurden nie Handschellen angelegt.
  • 2:48 - 2:50
    Ich wurde nie in eine Zelle gesperrt.
  • 2:50 - 2:54
    Käme ich aus einer der armen
    Gegenden von Washington D.C.
  • 2:54 - 2:57
    und sie glaubten, ich könnte
    einen Beamten gefährden,
  • 2:57 - 2:58
    hätte es anders enden können.
  • 2:58 - 3:01
    In unserem System ist es besser,
  • 3:01 - 3:04
    reich zu sein und als Bombenleger
    verdächtigt zu werden,
  • 3:04 - 3:08
    als arm zu sein und einer viel
    geringeren Tat verdächtig zu werden.
  • 3:08 - 3:11
    Ich gebe Ihnen ein Beispiel
    aus meiner jetzigen Arbeit.
  • 3:11 - 3:15
    Im Moment arbeite ich für eine
    Menschenrechtsorganisation in D.C.
  • 3:15 - 3:17
    namens Equal Justice Under Law.
  • 3:17 - 3:19
    Ich möchte mit einer Frage beginnen.
  • 3:19 - 3:23
    Wie viele von Ihnen hatten schon mal
    einen Strafzettel für Falschparken?
  • 3:23 - 3:24
    Heben Sie ihre Hand.
  • 3:24 - 3:26
    Ja, ich auch.
  • 3:26 - 3:28
    Ihn zu bezahlen,
    war lästig und unangenehm,
  • 3:28 - 3:31
    aber ich zahlte ihn und vergaß das Ganze.
  • 3:31 - 3:34
    Ich nehme an, die meisten
    von Ihnen taten dasselbe.
  • 3:35 - 3:39
    Aber was passiert, wenn Sie sich
    den Strafzettel nicht leisten können
  • 3:39 - 3:41
    und Ihre Familie das Geld auch nicht hat.
  • 3:41 - 3:42
    Was passiert dann?
  • 3:42 - 3:47
    Was gesetzlich nicht passieren darf,
    ist Sie zu verhaften und einzusperren,
  • 3:47 - 3:49
    nur weil Sie es sich nicht leisten können.
  • 3:49 - 3:51
    Das ist laut Bundesgesetz illegal.
  • 3:51 - 3:55
    Aber genau das machen örtliche Behörden
    landesweit mit armen Menschen.
  • 3:55 - 3:58
    Daher befassen sich viele Verfahren
    bei Equal Justice Under Law
  • 3:58 - 4:01
    mit den heutigen Schuldner-Gefängnissen.
  • 4:02 - 4:04
    Einer unserer Fälle läuft
    gegen Ferguson in Missouri.
  • 4:05 - 4:08
    Ich weiß, wenn ich Ferguson sage,
    denken viele von Ihnen an Polizeigewalt.
  • 4:08 - 4:11
    Aber heute möchte ich einen
    anderen Aspekt ansprechen,
  • 4:11 - 4:14
    der die Beziehung zwischen der
    Polizei und ihren Bürgern betrifft.
  • 4:14 - 4:20
    Ferguson erließ durchschnittlich
    zwei Haftbefehle pro Person und Jahr,
  • 4:20 - 4:22
    großteils für unbezahlte
    Schulden an das Gericht.
  • 4:22 - 4:26
    Mir wird schlecht, wenn ich daran
    denke, wie sich das anfühlen muss:
  • 4:26 - 4:30
    Immer wenn ich das Haus verlasse, könnte
    ein Polizist mein Nummernschild scannen,
  • 4:30 - 4:33
    einen Haftbefehl für
    unbezahlte Schulden sehen,
  • 4:33 - 4:36
    mich wie an jenem Tag in D.C. verhaften
  • 4:36 - 4:39
    und mich dann ins Gefängnis stecken.
  • 4:39 - 4:42
    Ich lernte viele Menschen in Ferguson
    kennen, denen genau das passiert ist.
  • 4:42 - 4:44
    Ich hörte einige ihrer Geschichten.
  • 4:44 - 4:48
    Im Gefängnis von Ferguson hat jede kleine
    Zelle ein Stockbett und eine Toilette.
  • 4:48 - 4:51
    aber sie stecken vier
    Personen in jede Zelle.
  • 4:51 - 4:54
    Also liegen zwei Personen in den
    Betten und zwei auf dem Boden.
  • 4:54 - 4:58
    Eine muss direkt neben der schmutzigen
    Toilette liegen, die nie gereinigt wird.
  • 4:58 - 5:00
    Die ganze Zelle wurde nie gereinigt.
  • 5:00 - 5:04
    Der Boden und die Wände
    waren voll Blut und Schleim.
  • 5:04 - 5:08
    Das einzige Trinkwasser kommt aus einem
    Hahn, der mit der Toilette verbunden ist.
  • 5:08 - 5:10
    Es sah schmutzig aus
    und schmeckte auch so.
  • 5:10 - 5:13
    Es gab nie genug zu essen und
    nie die Möglichkeit zu duschen,
  • 5:13 - 5:16
    Frauen erhielten keine Hygieneprodukte
    während der Menstruation
  • 5:16 - 5:17
    und keine medizinische Versorgung.
  • 5:17 - 5:20
    Als ich eine Frau nach der
    medizinischen Versorgung fragte,
  • 5:20 - 5:22
    lachte sie und sagte:
  • 5:22 - 5:26
    "Die einzige Versorgung, die man von
    den Wachen bekommt, ist sexueller Art".
  • 5:26 - 5:29
    Sie bringen die Schuldner also
    an diesen Ort und sagen:
  • 5:29 - 5:32
    "Wir lassen Sie nicht raus bis Sie
    einen Teil Ihrer Schulden zahlen".
  • 5:32 - 5:36
    Wenn ein Familienmitglied
    irgendwie Geld auftreiben könnte,
  • 5:36 - 5:38
    dann kämen Sie vielleicht frei.
  • 5:38 - 5:41
    Wenn es genug Geld wäre, könnten Sie raus.
  • 5:41 - 5:44
    Aber wenn nicht, bleiben Sie
    tage- oder wochenlang eingesperrt.
  • 5:44 - 5:46
    Jeden Tag kommen die Wachen zu den Zellen
  • 5:46 - 5:50
    und feilschen mit den Schuldnern
    über den Freilassungspreis des Tages.
  • 5:51 - 5:55
    Sie bleiben so lange eingesperrt,
    bis das Gefängnis voll ist
  • 5:55 - 5:57
    und sie jemand Neuen einsperren wollen.
  • 5:57 - 5:58
    Sie denken dann wohl:
  • 5:58 - 6:01
    "Diese Person kann das Geld
    wahrscheinlich nicht auftreiben.
  • 6:01 - 6:03
    Die neue Person womöglich schon".
  • 6:03 - 6:06
    Sie sind raus, die kommen rein
    und so läuft die Maschinerie weiter.
  • 6:06 - 6:09
    Ich traf einen Mann, der vor
    9 Jahren verhaftet wurde,
  • 6:09 - 6:12
    weil er in einem Supermarkt bettelte.
  • 6:12 - 6:16
    Er konnte seine Strafe und
    die Gerichtskosten nicht bezahlen.
  • 6:16 - 6:19
    Als er jünger war, entkam er nur
    knapp aus einem brennenden Haus,
  • 6:19 - 6:22
    indem er aus dem Fenster
    im dritten Stock sprang.
  • 6:22 - 6:27
    Der Aufprall verursachte bleibende Schäden
    im Gehirn und an anderen Körperteilen.
  • 6:27 - 6:31
    Er kann nicht arbeiten und ist
    zum Überleben auf Sozialhilfe angewiesen.
  • 6:31 - 6:34
    Als ich ihn in seiner Wohnung traf,
    hatte er nichts von Wert --
  • 6:34 - 6:35
    nicht mal Essen im Kühlschrank.
  • 6:35 - 6:37
    Er ist ständig hungrig.
  • 6:37 - 6:40
    Er hatte nichts Wertvolles
    außer ein kleines Stück Karton,
  • 6:40 - 6:42
    auf dem die Namen seiner Kinder standen.
  • 6:42 - 6:45
    Er schätzte es sehr
    und zeigte es mir voll Stolz.
  • 6:45 - 6:48
    Aber er hatte nichts, womit er
    seine Schulden hätte zahlen können.
  • 6:48 - 6:52
    In den letzten 9 Jahren
    wurde er 13 Mal verhaftet
  • 6:52 - 6:56
    und insgesamt 130 Tage lang
    wegen Betteln eingesperrt.
  • 6:57 - 7:00
    Einmal sogar 45 Tage am Stück.
  • 7:00 - 7:04
    Stellen Sie sich vor, sie verbringen
    die Zeit von jetzt bis Juni
  • 7:04 - 7:07
    an dem Ort, den ich
    vorhin beschrieben habe.
  • 7:07 - 7:13
    Er erzählte mir von all den
    Selbstmordversuchen im Ferguson-Gefängnis;
  • 7:13 - 7:17
    Von einem Mann, der sich außerhalb
    der Reichweite anderer Insassen erhängte.
  • 7:17 - 7:22
    Sie konnten nur rufen und rufen, um die
    Aufmerksamkeit der Wachen zu erregen,
  • 7:22 - 7:24
    damit sie ihn losschneiden würden.
  • 7:24 - 7:27
    Er erzählte mir, dass die Wachen
    5 Minuten brauchten, um zu reagieren.
  • 7:27 - 7:29
    Als sie kamen, war der Mann bewusstlos.
  • 7:29 - 7:33
    Sie riefen die Rettung und
    die Sanitäter gingen zur Zelle.
  • 7:33 - 7:36
    Sie sagten: "Er wird wieder", also
    ließen sie ihn einfach am Boden liegen.
  • 7:36 - 7:40
    Ich hörte viele solcher Geschichten
    und sie sollten mich nicht überraschen,
  • 7:40 - 7:43
    denn Selbstmord ist die häufigste
    Todesursache in unseren Gefängnissen.
  • 7:43 - 7:47
    Das hat mit der mangelnden
    psychologischen Versorgung dort zu tun.
  • 7:47 - 7:49
    Ich traf eine alleinerziehende
    Mutter von drei Kindern,
  • 7:49 - 7:51
    die 7 Dollar die Stunde verdiente.
  • 7:51 - 7:54
    Nur durch Essensmarken konnte
    sie sich und ihre Kinder ernähren.
  • 7:54 - 7:57
    Vor etwa zehn Jahren
    bekam sie einige Strafzettel
  • 7:57 - 7:59
    und eine unbedeutende
    Anzeige wegen Diebstahls
  • 7:59 - 8:02
    Sie konnte sich die Kosten nicht leisten.
  • 8:03 - 8:06
    Seither war sie zehnmal wegen
    dieser Fälle im Gefängnis.
  • 8:06 - 8:11
    Sie ist schizophren und bipolar
    und braucht täglich Medikamente.
  • 8:11 - 8:14
    Sie erhielt diese Medikamente
    im Ferguson-Gefängnis nicht,
  • 8:14 - 8:16
    weil dort niemand Zugang
    zu Medikamenten hat.
  • 8:16 - 8:20
    Sie erzählte mir, wie es war zwei
    Wochen in einem Käfig zu verbringen.
  • 8:20 - 8:23
    Sie halluzinierte und hörte Stimmen.
  • 8:23 - 8:27
    Sie flehte um ihre Medikamente, damit es
    aufhören würde, aber sie wurde ignoriert.
  • 8:28 - 8:30
    Das ist nicht ungewöhnlich:
  • 8:30 - 8:35
    30 % der Frauen in unseren Gefängnissen
    haben wie sie ernste psychische Probleme,
  • 8:35 - 8:39
    aber nur ein Sechstel erhält im
    Gefängnis psychologische Versorgung.
  • 8:40 - 8:43
    Ich hörte diverse Geschichten
    über diese grotesken Kerker,
  • 8:43 - 8:46
    die Ferguson für Schuldner betrieb.
  • 8:46 - 8:48
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte,
  • 8:48 - 8:52
    als ich das Gefängnis von
    Ferguson schließlich besuchte,
  • 8:52 - 8:54
    aber bestimmt nicht das.
  • 8:54 - 8:56
    Ein gewöhnliches, öffentliches Gebäude,
  • 8:56 - 8:59
    das auch ein Postamt
    oder eine Schule sein könnte.
  • 8:59 - 9:00
    Es erinnerte mich daran,
  • 9:00 - 9:04
    dass diese illegalen Erpressungsmaßnahmen
    nicht irgendwo im Dunkeln ablaufen,
  • 9:04 - 9:07
    sondern in aller Öffentlichkeit
    durch unsere Regierungsbeamten.
  • 9:07 - 9:09
    Sie sind Teil der öffentlichen Politik.
  • 9:09 - 9:11
    Das erinnerte mich daran,
  • 9:11 - 9:14
    welch offensichtliche und wichtige Rolle
    es in unserem Justizsystem spielt,
  • 9:14 - 9:18
    Arme ins Gefängnis zu stecken
    und das nicht nur im Schuldnerkontext.
  • 9:18 - 9:20
    Ich denke dabei an unser Kautionssystem.
  • 9:20 - 9:23
    Ob man seine Verhandlung
    in einer Zelle abwartet,
  • 9:23 - 9:26
    hängt in unserem System nicht
    davon ab, wie gefährlich man ist
  • 9:26 - 9:28
    oder ob man ein Fluchtrisiko darstellt.
  • 9:28 - 9:31
    Es hängt davon ab, ob man
    sich die Kaution leisten kann.
  • 9:31 - 9:34
    Bill Cosby, dessen Kaution
    bei einer Million Dollar lag,
  • 9:34 - 9:37
    stellte sofort einen Scheck aus und
    verbrachte keine Sekunde in einer Zelle.
  • 9:37 - 9:39
    Aber Sandra Bland, die im Gefängnis starb,
  • 9:39 - 9:43
    war nur dort, weil ihre Familie
    die 500 Dollar nicht aufbringen konnte.
  • 9:43 - 9:47
    Tatsächlich gibt es eine halbe Million
    Leute wie Sandra Bland in den USA --
  • 9:47 - 9:49
    500.000 Menschen sitzen
    gerade im Gefängnis,
  • 9:49 - 9:52
    nur weil sie sich ihre Kaution
    nicht leisten können.
  • 9:52 - 9:54
    Uns wird gesagt, Gefängnisse
    seien für Kriminelle.
  • 9:54 - 9:57
    Statistisch gesehen
    stimmt das jedoch nicht:
  • 9:57 - 10:01
    Drei von fünf Insassen warten
    dort auf ihre Verhandlung.
  • 10:01 - 10:03
    Sie wurden nicht verurteilt.
  • 10:03 - 10:06
    Sie haben sich zu keinem
    Verbrechen schuldig bekannt.
  • 10:06 - 10:13
    Hier in San Francisco sind 85 % der
    Gefängnisinsassen in Untersuchungshaft.
  • 10:13 - 10:17
    San Francisco gibt also pro Jahr
    etwa 80 Millionen Dollar aus,
  • 10:18 - 10:19
    um die U-Haft zu finanzieren.
  • 10:21 - 10:26
    Viele dieser Insassen, die sich
    die Kaution nicht leisten können,
  • 10:26 - 10:28
    erwarten so geringe Anschludigungen,
  • 10:28 - 10:31
    dass die Zeit, die sie im Gefängnis
    auf ihr Verfahren warten, länger ist
  • 10:31 - 10:34
    als die Strafe, die sie im Falle
    einer Verurteilung bekämen.
  • 10:34 - 10:37
    Sie kommen also garantiert schneller frei,
  • 10:37 - 10:38
    wenn sie sich schuldig bekennen.
  • 10:38 - 10:40
    Also haben sie folgende Wahl:
  • 10:40 - 10:42
    Soll ich hier an diesem
    schrecklichen Ort bleiben,
  • 10:42 - 10:45
    weit weg von meiner Familie
    und Menschen, die mich brauchen,
  • 10:45 - 10:49
    fast unausweichlich meinen Job verlieren
    und gegen die Anschuldigungen kämpfen?
  • 10:49 - 10:52
    Oder soll ich mich einfach schuldig
    bekennen und freikommen?
  • 10:52 - 10:55
    Zu diesem Zeitpunkt sind
    sie noch keine Kriminellen.
  • 10:55 - 10:57
    Aber sobald sie sich schuldig
    bekennen, sind sie kriminell,
  • 10:57 - 11:00
    obwohl eine wohlhabende Person
    nie in diese Situation geraten wäre,
  • 11:00 - 11:03
    weil eine wohlhabende Person
    auf Kaution frei gekommen wäre.
  • 11:04 - 11:06
    Jetzt fragen sie sich wahrscheinlich:
  • 11:06 - 11:09
    "Der Typ ist in der Kategorie Inspiration,
    was macht der bloß --
  • 11:09 - 11:11
    (Gelächter)
  • 11:11 - 11:13
    Das ist wahnsinnig deprimierend,
    ich will mein Geld zurück".
  • 11:14 - 11:15
    (Gelächter)
  • 11:15 - 11:21
    Ich finde über Inhaftierung zu sprechen
    weniger deprimierend als die Alternative.
  • 11:21 - 11:24
    Wenn wir nämlich nicht
    über diese Probleme sprechen
  • 11:24 - 11:26
    und gemeinsam verändern,
    wie wir darüber denken,
  • 11:26 - 11:28
    haben wir am Ende unseres Lebens
  • 11:28 - 11:31
    immer noch Gefängnisse voll armer
    Leute, die dort nicht hingehören.
  • 11:31 - 11:33
    Das finde ich richtig deprimierend.
  • 11:33 - 11:36
    Mich reizt der Gedanke, dass diese
    Geschichten uns dazu bewegen können,
  • 11:36 - 11:38
    anders über Inhaftierung zu denken.
  • 11:38 - 11:40
    Nicht in sterilen politischen Begriffen,
  • 11:40 - 11:43
    wie "Masseninhaftierung," oder
    "Verurteilung gewaltfreier Straftäter",
  • 11:43 - 11:45
    sondern in menschlichen Begriffen.
  • 11:45 - 11:51
    Wenn wir Menschen tage-, wochen- oder
    sogar jahrelang in einen Käfig stecken,
  • 11:51 - 11:53
    was tun wir dann dem Verstand
    und dem Körper damit an?
  • 11:53 - 11:56
    Unter welchen Bedingungen
    sind wir gewillt, das zu tun?
  • 11:57 - 11:59
    Wenn die paar Hundert Menschen
    in diesem Raum beginnen,
  • 11:59 - 12:02
    Inhaftierung in einem
    anderen Licht zu betrachten,
  • 12:02 - 12:06
    dann können wir die Norm, die ich
    vorhin angesprochen habe, aufheben.
  • 12:06 - 12:09
    Ich hoffe, Sie gehen heute mit
    folgendem Gedanken hinaus:
  • 12:09 - 12:11
    Wenn wir eine grundlegende
    Veränderung wollen --
  • 12:11 - 12:15
    nicht nur eine Reform unserer
    Kautions- und Strafpolitik --
  • 12:15 - 12:18
    müssen wir sicherstellen,
    dass ein neues System,
  • 12:18 - 12:21
    nicht wieder die Armen und
    Ausgegrenzten bestraft.
  • 12:21 - 12:25
    Wenn wir diese Art von Veränderung wollen,
    ist ein Umdenken bei uns allen nötig.
  • 12:25 - 12:26
    Danke.
  • 12:26 - 12:30
    (Applaus)
Title:
Wie Gefängnisse die Armen erpressen
Speaker:
Salil Dudani
Description:

Warum stecken wir Menschen ins Gefängnis, nur weil sie arm sind? Heutzutage sind eine halbe Million Amerikaner im Gefängnis, weil sie sich die Kaution nicht leisten können und noch weitere sind eingesperrt, weil sie ihre Schulden an das Gericht nicht bezahlen können, manchmal geht es dabei nur um Kleinigkeiten wie einen Strafzettel für Falschparken. Salil Dudani erzählt die Geschichten von Menschen in sogenannten Schuldner-Gefängnissen in Ferguson, Missouri und fordert uns auf, die Art, wie wir arme und ausgegrenzte Menschen bestrafen, zu überdenken.

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Video Language:
English
Team:
closed TED
Project:
TEDTalks
Duration:
12:43
Angelika Lueckert Leon approved German subtitles for How jails extort the poor
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Andrea Kapplmüller edited German subtitles for How jails extort the poor
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