36c3 Vorspannmusik
Herald: Herzlich willkommen zu unserem
nächsten Talk: Wie klimafreundlich ist
Software? Wahrscheinlich kennen das ja die
allermeisten von euch, dass Software immer
ressourcenhungriger wird und dann auf
alter Hardware nicht mehr so richtig gut
läuft und neue Betriebssysteme oder Spiele
oder Browser nicht mehr so richtig gut
funktionieren. Und Green IT ist heutzutage
in aller Munde. Und in den letzten Jahren
wird immer mehr darüber nachgedacht und
geforscht, wie man Software und Hardware
in ihrem Zusammenspiel nachhaltiger
gestalten kann. Und zwei ganz wichtige
Punkte dabei sind Forschung und
Zertifikate, damit man sowohl bestimmen
als auch kennzeichnen kann, was
nachhaltige Software eigentlich ausmacht.
Und wir haben hier heute zwei ganz
fantastische Speakerinnen, die uns zu
diesem Thema mehr erzählen werden. Frau
Marina Köhn ist Informatikerin und ist
auch selber lange als Software-
Programmiererin tätig gewesen. Jetzt ist
sie seit 28 Jahren im Umweltbundesamt, im
politischen Berlin, auch liebevoll UBA
genannt. Und Frau Eva Kern, Frau Dr. Eva Kern
arbeitet am Umwelt Campus Birkenfeld, und
ich wünsche euch jetzt ganz viel Spaß und
einen herzlichen Applaus für unsere beiden
Speakerinnen. Viel Spaß!
Applaus
Marina Köhn: Ja, vielen Dank für die
Einladung! Es freut mich sehr, dass auch
so sehr viele gekommen sind. Damit haben
wir jetzt gar nicht gerechnet. Wir dachten
erst, dass wir eher eine kleine Gruppe
hier haben, aber das freut uns umso sehr.
Wir sind ja schon sehr nett anmoderiert
worden, und die Moderatorin hat erzählt
wir werden jetzt natürlich über die Themen
Umweltschonung, Umweltschutz,
Ressourcenschonung. Was wir aber nicht
schonen sollten, das ist die Ressource
Wissen. Denn wie Sie wissen, vermehrt sich
die Ressource, wenn man sie teilt. Und das
möchten heute Eva Kern und ich. Wir
möchten Ihnen gerne unsere Erkenntnisse,
die wir aus unserer Forschung gewonnen
haben, mit ihnen teilen. Wir haben auch
eine entsprechende Agenda uns überlegt.
Als erstes werde ich ihn erläutern, warum
wir als Umweltbundesamt uns mit diesem
Thema überhaupt beschäftigen. Was drückt
uns da erheblich auf der Seele?
Anschließend wird Eva die
Forschungsergebnisse vorstellen, also die
Methode vorstellen und ganz, ganz viele
interessante Ergebnisse aus der Software-
Messung. Seien Sie schon gespannt. Also
ich finde den Vortrag immer wieder
spannend und werde auch gerne wieder
zuhören. Und zum Schluss erkläre ich Ihnen
oder erläutere ich Ihnen, den Blauen Engel. Denn aus
der Forschung heraus versuchen wir
natürlich immer, die Dinge auch
umzusetzen, die wir hier an Erkenntnis
gewonnen haben. Und in dem Fall ist es der
Blaue Engel, und anschließend erzähle ich
Ihnen noch, wie es jetzt eigentlich
weitergeht, denn wir hören definitiv nicht
auf. Zu den Hintergründen und Motiven:
Dieses Bild kennen Sie. Auf jeder
Veranstaltung, auf der man ist, sieht man
ganz viel Technik, die hochgehalten wird.
Aber Sie wissen und ich weiß es. Es ist
eben nicht nur Technik, sondern hier
Software dahinter. Viele machen sich keine
Gedanken, was passiert, wenn Sie Ihr
Konzert aufnehmen und per Klick an Ihre
WhatsApp-Gruppe verschicken. Dass Sie in
dem Moment einfach dazu beitragen, dass
sich Daten vervielfältigen, das ist die
Konsequenz. Ich habe Ihnen die neusten
Zahlen von der Bundesnetzagentur hier
wirklich nur der Bereich Mobilfunk. Aber
ich kann Ihnen sagen, auch im Festnetz
sieht es genauso aus. Wir haben eine
erhebliche steigende Tendenz an der Stelle
des Datenvolumens. Alle zwei Jahre
verdoppelt sich das Datenvolumen. Wenn Sie
sich vorstellen, zu Hause haben Sie ein
Bücherregal oder Bücherregale, und alle
zwei Jahre würden die sich verdoppeln. Das
ist ungefähr die Vorstellung, wie sich das
Ganze jetzt derzeit entwickelt. Und die
Daten müssen natürlich gespeichert, zur
Verfügung gestellt werden, und das findet
in Rechenzentren statt. Und auch hier,
trotz energieeffizienter Technik steigt
die Rechenleistungsbedarf kontinuierlich.
Und auch hier wissen wir, dass wir in den
nächsten Jahren noch weiter damit rechnen
müssen, dass der Anstieg noch viel
dramatischer ist. Die Kollegen aus
Skandinavien haben hier Prognosen
berechnet, und wenn sie sich den Grünpfeil
mal anschauen, dann kann einem wirklich
sehr bange werden. Denn wir reden an der
Stelle eben nicht nur, dass mehr
Rechenleistung verlangt wird, sondern das
bedeutet, wir haben einen extremen Anstieg
an Energiebedarf, aber eben auch Bedarf an
seltenen Metallen. Unser Ziel wird es
sein, dass wir möglichst auf dieser blauen
Linie bleiben. Das heißt, wir müssen in
allen Bereichen, und zwar nicht nur in den
Rechenzentren, sondern eben auch im
Bereich der Software effizienter werden.
Und der Energieverbrauch findet eben nicht
nur in den Rechenzentren statt, sondern
auch in dezentralen, sogenannten
"Serverfarmen". Bitcoin ist Ihnen allen
ein Begriff, und dass Bitcoinschürfen sehr
viel Energie verbraucht, das hat sich
glaube ich schon rumgesprochen. Was man
aber wissen muss, dass überwiegend die
Bitcoins in China geschürft werden. Und da
wird der Strom immer noch aus Kohlekraft
zur Verfügung gestellt. Also wenn wir über
das Thema wir müssen unseren CO2 Footprint
reduzieren, sind das natürlich
Entwicklungen, die kann man nicht
gutheißen. Hier muss man auch einfach
sagen, an der Stelle hätte irgendjemand
sagen müssen: Denkt noch mal drüber nach.
Geht das nicht effizienter? Müssen wir
unbedingt das Bitcoin schürfen, am
Energiepreis festmachen? Je höher, je mehr
Gewinn? Und das sind natürlich ungünstige
Zusammenhänge, die man ganz, ganz schlecht
wieder eingefangen bekommt. Das
Bitcoinschürfen verbraucht im Jahr so viel
wie das ganze Land Österreich. Also wir
reden nicht über Peanuts. Wir reden über
sehr, sehr viel und das ist Software. Ich
habe Ihnen ein Beispiel mitgebracht. Bis
eben haben wir darüber gesprochen, dass
Software zum Energieverbrauch beiträgt.
Aber Software trägt eben auch dazu bei,
dass Hardware obsolet wird. Und hier am
Beispiel von Windows mal über die Jahre:
Wieviel hat Windows mal am Anfang an
Speicherkapazität gebraucht an
Rechenleistung und man schaut mal auf
Windows 10, dann erkennt man durchaus eine
relativ heftige Entwicklung. Ich sehe
schon da ganz hinten wird einer sagen: Na
ja, aber Windows 95, da hat sich doch
inzwischen einiges getan. Und Windows ist
viel mächtiger geworden. Richtig. Aber
schauen Sie sich einfach mal die Spalte
an, wo Windows XP ist. Da ist Windows
immer noch mit 1,5 Gigabyte Festplatte
ausgekommen. Bei Vista waren schon 15, da
ist es immer noch mit 32 MB ausgekommen,
64 MB auskommen, bei Vista schon 512. Und
ich bezweifele, dass das mit dem
Funktionsumfang zu tun hat, sondern das
ist ein ganz klassisches Beispiel für
Software Blowing. Sie kennen sicherlich,
dass die Diskussion, dass Software immer
mehr Funktionen enthält. Wenn ich vor ein
paar Jahren noch ein
Tabellenkalkulationsprogramm hatte, dann
konnte ich damit berechnen. Heute kann ich
damit schon Bilder bearbeiten, und da
stellt sich durchaus die Frage: Muss das
sein? Müssen wir Software immer dicker
machen, dass wir immer mehr Hardware
brauchen, leistungsstärkere Hardware
brauchen und wir dazu beitragen, dass
Hardware schneller ausgetauscht werden
muss? Ich fasse mal ganz kurz zusammen.
Also wir haben auf der einen Seite haben
wir natürlich das Problem, dass Software
dazu beiträgt, dass wir sehr viel Energie
verbrauchen. Natürlich verbraucht nicht
die Software die Energie, sondern immer
noch die Hardware. Aber die Software gibt
die Befehle, dass die Hardware Energie
verbraucht, und die kann ich schlank
programmieren. Oder ich kann eben an der
Stelle weniger schlank programmieren. Aber
Software trägt eben auch dazu bei, dass
Hardware vorzeitig in den Ruhestand
geschickt wird. Und an der Stelle muss man
sagen: Reden wir über seltene Metalle, die
zum Teil unter verheerenden
gesundheitlichen Situationen gewonnen
werden und verarbeitet werden. Das muss
man an der Stelle auch immer sagen, sind
ja wertvolle Geräte, die wir da in der
Hand haben. Software ist auch dafür
verantwortlich, dass wir sehr dicke
Datenformate zum Teil haben. Also auch das kann
man schlanker machen, schlanker
übertragen. Und jetzt kann man natürlich
fragen: Warum hat Politik dann noch nie
reagiert? Politik hat deshalb nicht darauf
reagiert, weil es schwieriger ist,
Software zu regeln als Hardware. Ich kann
viel, viel einfacher eine Mindesteffizienz
an Hardware vorschreiben. Das findet auch
statt. Ich weiß nicht, wer von Ihnen die
EU Eco Design-Richtlinie kennt. Vielleicht
mal die Hand heben. kurze Redepause zum
Handheben Das ist so das typische Bild,
immer so 10 Prozent kennen Sie. Es gibt
eine Richtlinie der EU, die unter anderem
dafür sorgt, dass die Computer, Notebooks,
Monitore, Fernseher und so weiter eine
gewisse Energieeffizienz haben müssen.
Sonst kommen sie nicht in den europäischen
Markt. Und das ist der Grund, weshalb seit
2012 die Rechner, die Computer, die
Notebooks immer effizienter geworden sind.
Leider findet man das bei Software nicht,
weil es schwierig ist. Aber genau das
wollen wir machen. Eva, drückst du mal bitte Ich habe hier mal so
ein paar Ausschnitte aus den letzten
Monaten, die es da so an Skandale gab:
Also Update verhindert, dass eine Set-Top-
Box in den Ruhemodus geht oder Software
verhindert, dass das Smartphone ordentlich
schnell ist wie vorher und so weiter. Oder
es gibt keine Treiber mehr. Das kennen Sie
alles. Das ist der Hintergrund, weshalb
wir gesagt haben: Hier müssen wir rein in
die Forschung. Wir müssen zusehen, dass
wir eine Methode entwickeln, um den Umwelt
Impact von Software messen und später auch
bewerten zu können, vielleicht auch
irgendwann Mindestanforderungen zu setzen.
Und das zweite Ziel war, überprüfbare
Kriterien zu finden, die wir nutzen
können, um Software, umweltfreundliche
Software erkennen zu können. Und jetzt
würde ich Eva bitten, den Bereich
vorzustellen. Also das, was du und dein
Team erfunden haben, entwickelt haben, die
Methode vorzustellen und ein paar schöne
Ergebnisse.
Dr. Eva Kern: Genau. Wir forschen am
Umwelt Campus Birkenfeld, das ist ein
kleiner Standort der Hochschule Trier,
seit ungefähr zehn Jahren im Bereich grüne
Software. Was genau grüne Software ist,
wussten wir natürlich anfangs auch nicht,
wissen wir heute auch immer noch nicht im
Detail. Wir haben uns aber gesagt: Die
Software ist letztendlich, was Marina ja
schon ausgeführt hat, der Treiber für die
Hardware-Verbräuche und haben das Ganze
mal dargestellt, ums fassbarer zu machen,
gemeinsam mit der Universität Zürich.
Indem wir sagen, die Software hat nicht
nur selbst einen Lebenslauf, das heißt,
sie wird produziert, entwickelt. Sie wird
genutzt und wird dann auch am Ende wieder
deinstalliert. Das ist der so genannte
Software-Lebenszyklus. Sie hat auch
Auswirkungen auf den Lebenszyklus von
Hardware. Auch Hardware wird, das wissen
wir alle, produziert. Dann wird sie
genutzt und am Ende wieder aussortiert.
Software selbst beeinflusst hier besonders
die Nutzungsphase der Hardware
beziehungsweise beansprucht die Ressourcen
der Hardware. Und da geht es uns darum zu
gucken: Wie können wir das Ganze schlanker
machen? Wie können wir die Hardware-
Ressourcen-Verbräuche reduzieren? Und was
hat das Ganze eigentlich auch mit Umwelt
zu tun? Denn Hardware selbst wird
produziert, wird genutzt und hat während
des ganzen Lebenslaufs, indem die Software
auf die Hardware einwirkt, Einflüsse auf
die Umwelt. Und diese Umwelteinflüsse
wollen wir reduzieren. Das war unsere
Forschungsidee, unser Forschungsansatz, um
zu gucken: Okay, wo sind denn eigentlich
die Umwelteinflüsse und wie entstehen
eigentlich auch die Umwelteinflüsse? Wir
sind hingegangen und haben das Ganze nicht
nur im grafischen Modell gefasst, sondern
haben auch gesagt: Wir wollen Kriterien
entwickeln, die dafür stehen, ob Software
umweltfreundlich ist oder weniger
umweltfreundlich und wollen überhaupt mal
fassbar machen, was überhaupt
Umweltwirkungen von Software sein können.
Insbesondere, was da immer wieder auch ins
Tragen kommt, ist einerseits der
Energieverbrauch, aber eben auch der
Hardware-Verbrauch in dem Sinne, sei es,
indem Hardware beansprucht wird. Und da
haben uns dafür, wie Marina schon
angekündigt hat, eine Methode überlegt,
wie wir das Ganze greifbar machen wollen,
wie wir das erfassbar machen wollen. Die
Methode baut sich letztendlich aus drei
Schritten auf. Zunächst gehen wir hin und
überlegen uns: Wir betrachten ein Produkt,
was für Funktionalitäten dient diesem
Produkt. Das heißt, was kann das Produkt?
Was macht das Produkt? Und wie werden die
Produkte häufig genutzt? Aus dem Ganzen
bauen wir ein sogenanntes Stanard-
Nutzungsszenario. Ich habe gleich auch
noch Beispiele dabei, damit das ein
bisschen greifbarer ist, um auch was
messen zu können. Um was messen zu können,
brauchen wir was, was abläuft und das ist
unser Standardnutzungsszenario. Das Messen
ist, was in Schritt 2 stattfindet, der
sogenannte Erfassung. Hier gehen wir hin,
zeichnen die Standardnutzungsszenarien
auf. Das heißt, wir haben ein Programm,
was bestimmte Funktionalitäten ausführt,
und währenddessen wird der
Energieverbrauch, aber auch die
Beanspruchung von den Hardware Ressourcen
gemessen, erfasst und aufgezeichnet, damit
wir sie dann weiterhin auch auswerten
können. Wir haben einerseits die Erfassung
der Messungen, andererseits erfassen wir
aber auch Daten, die beispielsweise in
einem Benutzer-Handbuch, einer
Dokumentation, in einem Wiki, wo auch
immer gespeichert sind. Da schauen wir
rein, um das Produkt, das Software-Produkt
zu analysieren. Nach der Erfassung wird
das Ganze ausgewertet, um die Indikatoren,
die wir uns überlegt haben, als Kriterien,
um zu bestimmen, ob eine Software
umweltfreundlich ist oder nicht, zu
bewerten und um vor allem auch den
Nutzenden und den Entwicklerinnen
Informationen bereitstellen zu können, wo
vielleicht noch Optimierungspotenziale
sind, um auch eine Transparenz zu
schaffen, um hier auch Aufmerksamkeit zu
schaffen und ein Bewusstsein zu schaffen.
Wie sieht das Ganze aus? Wir haben
beispielsweise Standardnutzungsszenarien
überlegt für Textverarbeitungsprogramm,
für Browser, für Content Management
Systeme und auch für Datenbanken. Die
Funktionalitäten, die man hier sieht, sind
nichts, ich sage mal Weltbewegendes, ganz
klar, weil wir wollen ja auch die
Funktionalitäten abbilden, die die Art der
Programme typischerweise genutzt werden.
Das heißt, wenn ich ein
Textverarbeitungsprogramm nutze, bearbeite
ich Text. Ich erstelle vielleicht ein
Inhaltsverzeichnis. Ich kann die Ansicht
anpassen, und nachher kann ich es auch
noch speichern und eventuell auch noch ein
PDF erzeugen. Das ist so ein Beispiel für
ein Standardnutzungsszenario, die wir uns
für verschiedene Produktgruppen überlegt
haben. Immer vor dem Hinblick: So, was
macht ein typischer Anwender? Jetzt
keiner, der sich explizit nur mit einer
Funktionalität beschäftigt, sondern immer
davon ausgegangen, dass wir so einen
klassischen Software-Anwender uns angucken
wollen. Ein aktuelleres Beispiel, das wir
gerade gemessen haben, ist ein
Standardnutzungsszenario für Media-Player.
Auch hier: Die Funktionalitäten sind nicht
weiter überraschend. Wenn ich einen Media-
Player benutze, öffne ich ein Video, ich
stelle den Vollbild ein, ich scrolle vor
und zurück, halte das Ganze mal an, erhöhe
die Geschwindigkeit und gehe nachher
wieder auf die Standardvideowiedergabe. Am
Ende wird das Programm geschlossen. Das
Ganze dauert dann, wenn wir es
automatisieren, ungefähr achteinhalb
Minuten, weil wir als Erfassung auch
einfach eine Zeit brauchen, wo wir was
abspielen können, wo wir auch erfassen
können, um dann Auswertungen machen zu
können, um auch zu sehen: Was verursacht
hier eigentlich welche Hardware-Ressourcen
und was für Energieverbrauch wird
verursacht? Das Ergebnis: Moment. Zuerst
noch kurz zum Messaufbau: Wie sieht das
Ganze aus? Wir haben in Birkenfeld
mittlerweile ein kleines Labor aufgebaut,
was wir Software-Labor nennen, wo wir
einen Work Load Generator haben. Das heißt
letztendlich einfach nur einen PC, wo das
Nutzungsszenario automatisiert abgespielt
wird. Automatisiert deswegen, weil wir
statistisch das Ganze auswerten wollen und
in der Regel dafür 30 Messungen
durchführen, damit wir Messfehler
ausschließen auch können. Das Ganze wird
abgespielt auf einem sogenannten System
Under Test, was letztendlich ein ganz
einfacher PC ist, wo die Arbeit
stattfindet und wo gemessen wird, was für
Energieverbräuche sind. Wir haben ein
Standard-Messgerät installiert, das
erfasst die Energiedaten. Und wir haben
noch eine Einheit installiert, die
erfasst, welche Hardware-Ressourcen gerade
beansprucht werden. Das Ganze wird
zusammengefasst und ausgewertet in einem
Energieeffizienz-Report, der dann zur
Verfügung gestellt werden kann und allen
Anwendern, allen Entwicklern einen
Einblick geben kann, was eigentlich die
Ressourcen und Energieeffizienz des
eigenen Programms ist. Die Auswertung
sieht dann beispielsweise so aus, hier ein
Media-Player. Wir haben meistens
verschiedene Produkte aus gleichen
Produktgruppen genutzt. Hier
beispielsweise ein Media-Player, wo wir
sehen, wenn das Programm gestartet wird,
gibt's einen Ausschlag. Auch hier
verbraucht der Media-Player viel Energie.
Genauso ändert es sich, wenn ich meine
Funktionalität ändere. Wenn ich zu einer
bestimmten Position gesprungen bin, sehe
ich einen Ausschlag. Ich kann das Ganze
hier erfassen, weil wir eben die
Energiedaten erfassen, aber auch erfassen,
was passiert eigentlich wann. Das heißt,
wir können die Zeiten gegenüber legen und
wissen dann, was passiert. Jetzt hilft uns
das eine Beispiel ja nicht so viel, um zu
sagen: Okay, da ist ein Unterschied, egal,
mit welchem Programm ich es abspiele.
Deswegen haben wir einen zweiten Media-
Player auch gemessen. Hier einfach nochmal
zu zeigen, ganz grob. Der Datenverlauf,
der Energieverlauf sieht einfach anders
aus. Das war für uns das erste Indiz,
überhaupt weiterzumachen. Wir haben
verschiedene Programme, das Gleiche
abgespielt, um zu sehen: Okay, es kommen
andere Ergebnisse raus. Die Ergebnisse
haben wir ausgewertet und hier zum
Beispiel den Energieverbrauch in
Wattstunden einmal erfasst, sodass wir
sehen konnten, während der eine Media-
Player 0,833 Wattstunden verbraucht hat.
In dem Standardnutzungsszenario hat der
andere 0,479 Wattstunden verbraucht. Und
beide haben das Gleiche getan. Das heißt,
das konnten wir einerseits im
Energieverbrauch feststellen. Wir konnten
aber auch unterschiedliche
Prozessauslastungen über den Verlauf
feststellen und auch eine unterschiedliche
Arbeitsplatzbelegung. Das waren für uns
alles Zeichen, dass die gleiche
Funktionalität mit verschiedenen
Programmen zu unterschiedlichen
Ressourcenanforderungen führt. Wir haben
nicht nur die Messmethode entwickelt, wir
haben auch verschiedene Tools entwickelt,
weil wir gesagt haben: Okay, es bringt ja
jetzt nichts, wenn wir das Ganze in dem
kleinen Labor auswerten können. Die Idee
war auch hier zu sagen: Wir stellen Tools
bereit, die es ermöglichen, Messdaten auch
zu erfassen, die es möglichst vielen
Menschen auch ermöglichen, das zu
erfassen. Mit der Idee dahinter, dass
vielleicht auch irgendwann im Software-
Entwicklungsprozess es möglich ist, selber
die eigenen Daten zu erfassen, um hier
auch Optimierung machen zu können, um
schon während der Entwicklung möglichst
Energieeffizienz und Ressourceneffizienz
im Blick zu haben. Das eine Tool ist unser
sogenannter Oscar, eine Messeplattform, wo
wir die Daten einfach hochladen, wo eine
Statistik dahinter steht, das Ganze in R
programmiert, wo die Daten ausgewertet
werden, die aus unserem Messsystem
rauskommen. Nur kurz als Beispiel, die
Details sind hier zu weit.
Marina: kurzes Lachen
Eva: Aber hier als kurzes Beispiel
einfach. Hier werden alle statistischen
Daten ausgeliefert, weil wir gesagt haben,
wenn schon Messdaten da sind, wollen wir
eine Unterstützung bieten, wie die
Messdaten ausgewertet werden können. Und
wir haben auch ein zweites Tool. Ganz
einfach XML aus Excel-Tool kurz
geschrieben, das einfach die Daten
bereitgestellt werden können In einem XML-
format und zur Verfügung gestellt werden
können. Das Ganze haben wir nicht nur
gemacht für Textverarbeitung, Browser und
die Beispiele, die ich vorhin genannt
habe. Wir sind immer noch dran. Wir
erhöhen sozusagen auch den Pool unserer
Softwareprodukte, die wir uns angeguckt
haben. Wir haben inzwischen auch
Nachhaltigkeitsmanagementsoftware uns
angeguckt, auch in Kooperation mit den
Firmen, weil wir da gesagt haben: Es ist
ja schön, dass das Tool sich dem Thema
Nachhaltigkeit nähert. Aber was macht das
Tool eigentlich selbst? Das heißt, nicht
nur durch das Tool etwas zur
Nachhaltigkeit, zur nachhaltigen
Entwicklung beitragen, sondern auch die
Software dahinter selbst mal betrachten.
Wir gucken gerade noch uns verschiedene
Bildbearbeitungsprogramm an. Wir schauen
uns Webshops an. Wir gucken uns PDF-Viewer
an und so weiter. Das heißt, da sind wir
immer noch dran, um die ganze Methode auch
zu validieren. Was wir währenddessen aber
auch festgestellt haben, dass es
insbesondere drei Einflussfaktoren gibt,
die die Messergebnisse beeinflussen. Das
sind einerseits ganz klar die Auswahl der
Software. Das hängt aber auch vom
Nutzungsszenario ab und vom
Referenzsystem. Was heißt das im Detail?
Ganz klar, wir sind ja damit gestartet.
Wir gucken uns verschiedene Sachverhalte
an, um zu sehen, ob unterschiedliche
Energie und Ressourceneffizienz,
Ressourcenverbräuche vorhanden sind. Je
nachdem, welche Software ich auswähle.
Hier nochmal ein anderes Beispiel mit zwei
verschiedenen Textverarbeitungsprogramme,
die das Gleiche getan haben und hier ganz
klar unterschiedliche Verbräuche
resultieren. Das Ganze auch noch einmal
grafisch dargestellt. Auch hier sehen wir
wieder, dass sowohl die Arbeit, die
verrichtet wurde, das heißt der
Energieverbrauch, aber auch die CPU-
Auslastung und die Prozessorauslastung und
die RAM-Auslastung hier unterschiedlich
waren. Das heißt, hier haben wir uns auch
wieder angeguckt: Was hat eigentlich einen
Einfluss? Ganz klar, Auswahl der Software
hat einen Einfluss. Das zweite Thema ist
das Nutzungsszenario. Auch wenn wir uns da
gesagt haben, das Ziel ist es
typischerweise, Funktionalitäten
abzubilden, die üblich genutzt werden,
macht es hier natürlich auch einen
Unterschied, ob ich beispielsweise etwas
im Textverarbeitungsprogramm schreibe oder
ob ich einfach nur eine Seite betrachte im
Lesemodus, dass auch hier, um unsere
Methode sozusagen nochmal kritisch zu
hinterfragen und zu sagen: Wo achten wir
eigentlich drauf? Wo sind überall
Einflüsse möglich? Indem wir uns dessen
bewusst sind, hoffen wir einfach, dass da
weniger Manipulationsmöglichkeiten
vorhanden sind, wenn wir darauf aufmerksam
machen. Auch hier wieder die Auswertung.
Auch hier ist ganz klar: Das Schreiben
verursacht eindeutig mehr Ressourcen und
Energieverbräuche, während das Betrachten
im Lesemodus wenig verbraucht. Das letzte
Thema ist das Thema Referenzsystem. Unser
dritter Einflussfaktor, Referenzsystem
nennen wir das Programm, wo das Programm
abgespielt wird. Das heißt, wir haben
einen Computer, den wir ausgewählt haben,
unter bestimmten Kriterien und als
Referenzsystem bezeichnen. Hier findet die
Arbeit statt, das heißt, hier läuft das
Programm. Hier findet auch die Erfassung
der Energie- und Hardware-Werte statt. Wir
haben verschiedene Referenzsystem einfach
mal ausprobiert, um zu sehen, welche
Einflüsse da vorhanden sind, und kommen
auch hier zu einem Ergebnis, je nachdem,
welches System ich unterlege, sozusagen
welches ich im Messaufbau drin habe,
kommen unterschiedliche Werte raus. Auch
die Grafiken haben wir wieder ausgewertet.
Mit den verschiedenen Referenzsystem und
ganz allgemein gefasst kann man hier
sagen: Je älter das Referenzsystem ist,
desto größer sind die Unterschiede. Und
auch das war wieder ein Grund, um zu
sagen: Okay, wir wollen eine Methode
entwickeln, die möglichst valide ist. Aber
woran können wir die Methode eigentlich
festmachen? Und das sind insbesondere eben
die drei Einflussfaktoren. Wenn wir mal
ein Beispiel betrachten: Hier nochmal ein
Beispiel zur Textverarbeitung. Auch hier
sind wir hingegangen und haben wieder ein
Nutzungsszenario uns überlegt, für beide
Fälle das Gleiche. Wir haben verschiedene
Textverarbeitungsprogramm gemessen,
ausgewertet: Woher kommen die Peaks? Woher
kommen die Ausschläge? Und haben hier auf
dem gleichen Referenzsystem gemessen und
unter den gleichen Bedingungen
unterschiedliche Ergebnisse erhalten. Auch
wenn das Gleiche gemacht wurde, das
gleiche Referenzsystem vorhanden. Das
Ganze auch nochmal ausgewertet, um hier
die Unterschiede nochmal deutlich zu
machen, weil wir da auch ganz oft gefragt
werden: Ja, macht es denn überhaupt ein
Unterschied? Und sind das denn nicht
minimale Zahlen? Ja, es sind minimale
Zahlen für den Einzelnen. Aber wenn man
sich mal überlegt, allein beim Beispiel
der Textverarbeitung, wie viele
Textverarbeitungsprogramme länger als zehn
Minuten täglich weltweit genutzt werden,
glauben wir, dass es auch da einfach eine
Ansatzmöglichkeit gibt, weiterzumachen,
weiter zu gucken: Woran liegt das? Als
nächsten Schritt vielleicht auch zu
gucken: Wie können wir anders entwickeln,
damit weniger Energie und Hardware
verbraucht wird? Und wie können wir da vor
allem Transparenz schaffen? Und
Transparenz schaffen Ist das Stichwort für
uns gewesen, dass wir hingegangen sind und
ein Zertifikat entwickelt haben. Was genau
dahinter steckt, erzählt jetzt Marina.
Marina: Ja, bevor ich das mache, würde ich
gerne noch auf diese Folie zurückkommen.
Ach, schade eigentlich, die du gezeigt
hast. Da kann man nicht sehr schön mal
sehen, was Software vielleicht auch... Du
bist jetzt genau in die falsche Richtung.
An Textverarbeitung haben wir in der Tat
relativ lange uns damit beschäftigt, und
man konnte, noch eins davor, sehr schön
erkennen. Wir haben ja irgendwann
aufgehört zu messen. Und man sieht, wir
haben danach noch gehorcht. Und wenn Sie
jetzt mal da oben sich das angucken, dann
sehen Sie: Als erstes muss Ihnen
auffallen, dass man hier eine schöne Baseline hat. Für jemanden, der Energiemessung
hat, freut es einem, wenn meine Baseline
hat, also ein Bereich, wo nach einer
Funktion immer wieder zurückgekehrt wird,
weil es das Grundrauschen ist. Im Unteren
erkennen Sie es nicht. Da denkt man, die
Baseline ist oben. Also die zappelt eher
immer rum. Und dann schauen Sie sich mal
ab dem Zeitpunkt, wo wir zum Schluss
gespeichert haben: Da haben die Kollegen
mit Absicht noch länger mal beobachtet,
und man sieht das bei der oberen Software
sehr schön, dass nach dem Speichern Ruhe
ist. Bei der da unten nicht, die zappelt
noch. Was sie macht, wissen wir nicht.
Möglicherweise telefoniert sie irgendwo
hin. Aber wir wissen nicht, was sie macht.
Das heißt, ein Entwickler kann hierüber
sehr, sehr schön erkennen: Was passiert
hier eigentlich? Und es gab noch einen
Punkt während der Forschung. Das hat euch
ein bisschen verwundert. Es gab immer so
extrem hohe Peaks.
Eva: Mhm.
Marina: Und kannst du mal sagen, was ihr
herausgefunden hat, was diese Peaks für
Ursachen haben? Weißt du es nicht mehr?
Das war der blinkende Cursor.
Eva: Achso.
Marina: Der blinkende Cursor hat, dermaßen
viel Strom verbraucht, und man weiß, da
ist eine fehlerhafte Bibliothek, die ist
mal entwickelt worden zu einer Zeit, wo
die Prozessoren langsamer sind. Jetzt
haben wir schnellere Prozessoren, die
Bibliothek ist nicht ausgewechselt worden.
Und genau das ist unser Anliegen. Wir
möchten a) darauf aufmerksam machen,
Leute, die hier in dem Raum seid, die
Software programmiert. Diese Tools sind
kostenlos. Schaut sie euch an, nehmt euch
die Zeit, auch einfach effizienter zu
programmieren und zu gucken: Welche
Bibliotheken sind vielleicht gar nicht so
günstig? Vielleicht gibts dann ein
Äquivalent, was an der Stelle viel besser
ist. So, jetzt komme ich aber wirklich zu
dem Teil. Ich möchte Ihnen gerne den
Blauen Engel vorstellen. Eva hat ja gerade
gesagt, wir haben ja doch ein Jahr
gebraucht, aber eben nicht so lange wie
eigentlich gedacht, weil das
Forschungsvorhaben hat uns hier wirklich
eine sehr gute Basis geliefert. Ziel
dieses Blauen Engels war es und ist es
auch, dass wir auf der einen Seite
Software auszeichnen wollen, die sehr
effizient mit Hardware umgeht, also
möglichst Hardware weniger nutzt, sodass
auch alte Technik noch eine Chance hat,
dass die Software drauf läuft, dass der
Energieverbrauch möglichst gering ist. zu
Eva Du kannst ruhig eins weiter machen.
zum Publikum Der Energieverbrauch
möglichst gering ist. Das sind so die
Ziele, die wir hier an der Stelle hatten.
Der Blaue Engel, den kennen Sie sicherlich
alle. Wenn Sie mal im Baumarkt waren und
Wandfarbe gekauft haben, dann finden Sie
den Blauen Engel, und auch wenn sie
Toilettenpapier kaufen. Ganz wenige
wissen, dass es auch Blaue Engel für IKT-
Produkte gibt. Es gibt für Computer Blauer
Engel. Demnächst wird es auch für Server-
und Speichertechnik Blauen Engel geben,
und es gibt auch einen Blauen Engel für
Rechenzentren. Und ab nächstem Jahr auch
ganz neu wird es den Blauen Engel für
Software geben. Und der Blaue Engel will
an der Stelle keinen Standard setzen,
sondern wir wollen die Besten der Besten
auszeichnen. Das heißt, die Anforderungen,
die müssen an der Stelle schon
ambitioniert sein, und das war genau die
Schwierigkeit, die wir ein Stück weit
hatten. Denn ambitionierte Anforderungen
zu setzen kann man schnell, aber wie kann
man das überprüfen? Und das war die große
Herausforderung, der wir uns gestellt
haben und es ist uns gelungen. Wir haben
eine ganze Reihe von Indikatoren gefunden,
über die wir Software beurteilen können,
und eine Reihe davon konnten wir hier für
den Blauen Engel nutzen. Ich möchte, bevor
ich die Kriterien zeige, Ihnen kurz
erklären, wie das Prozedere vom Blauen
Engel ist. Wir als Umweltbundesamt sind
natürlich die Institution, die die
Kriterien entwickelt, in der Regel immer
begleitet durch Forschung. Das war auch in
diesem Fall so. Als nächstes ist es so,
dass wir dann diese Kriterien der breiten
Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, in
dem Sinne, dass wir einladen zu einem
Gespräch. Das ist die sogenannte
Expertenrunde. Da kann jeder, der möchte,
teilnehmen. Aber wir laden natürlich ein.
Wir laden Betroffene, sogenannte
Betroffene ein. Also Software-Hersteller
haben wir eingeladen. Wir haben Verbände
eingeladen. Die Leute vom Open-Source
waren mit bei, und gemeinsam haben wir
dann die Kriterien diskutiert und vor
allen Dingen eben auch unsere
Mindestanforderung diskutiert.
Schlussendlich ist nachher die Jury
Umweltzeichen, die zusammengesetzt ist aus
dem gesellschaftlichen Leben in
Deutschland. Da ist Kirche vertreten, da
ist auch BDI vertreten sind. Da sind auch
Umweltverbände vertreten, deutsche
Städtetag und so weiter und so fort. Und
die entscheiden schlussendlich, ob dieser
Blaue Engel auf den Markt kommt oder
nicht. Und im Dezember konnte ich
erfolgreich die Jury davon überzeugen,
dass unsere Kriterien sinnvoll sind und
dass wir uns wagen können, den Blauen
Engel für Software zu veröffentlichen. Und
jetzt werde ich Ihnen erklären, was von
Inhalt ist. Ich hatte vorhin schon gesagt,
das Thema Ressourceneffizienz ist uns sehr
wichtig und hinsichtlich der
Energieeffizienz und der Hardware-
Inanspruchnahme. Uns ist in der Tat auch
das Thema der Nutzungsdauer sehr wichtig,
hatte ich eingangs schon gesagt. Es kann
nicht sein, dass funktionstüchtige IT
schon in den Ruhestand gehen müssen,
obwohl es eigentlich möglich wäre, wenn
die Software schlanker wäre. Und
schlussendlich möchten wir aber auch, dass
der Nutzer ein Stück weit selber
entscheidet, welche Module er installiert,
dass er auch möglichst in der Lage ist,
ein anderes Software-Produkt zu wählen,
also nicht ewig und drei Tage an diese
Software gebunden ist. Das bedeutet offene
Standards erwarten wir an der Stelle. Und
was wir auch wollen, ist, dass eine
Software komplett deinstalliert werden
kann. Das hört sich immer so trivial an,
aber Sie wissen, so trivial ist es leider
nicht. Ich habe Ihnen jetzt mal die
einzelnen Kriterien mitgebracht. Da werde
ich jetzt nicht komplett durchgehen. Das
ist alles veröffentlicht, das können Sie
nachlesen. Ich möchte nur einige
herausgreifen. Wir erwarten, dass gemessen
wird in der gesamten Zeit. Der Zeichen-
Nutzungsvertrag geht bis zum 31.12.22. Und
in der Zeit erwarten wir nicht nur am
Anfang, dass gemessen wird und man uns das
Messprotokoll zur Verfügung stellt,
sondern wir erwarten, dass die Software
über diese Zeit schlanker wird. Das heißt
weniger Energie verbrauchen. Und wir
erwarten, dass bei Updates die Software
eben nicht dazu führt, dass Energie mehr
verbraucht wird. Das Thema der Hardware-
Nutzungsdauer haben wir adressiert über
die Referenzsystem, die Eva schon mal kurz
vorgestellt hat. Es gibt eine Liste an
Referenzsystemen. Und jemand, der den
Blauen Engel hat, muss beweisen, dass
seine Software auf mindestens fünf Jahre
alten Referenzsystem lauffähig ist.
Applaus
Marina: lacht
Eva: Machst du weiter?
Marina: Transparenz ist uns sehr wichtig,
hatte ich schon gesagt. Transparenz, was
die Daten-Formate angeht, was die
Schnittstellen angeht. Wir erwarten, dass
ein Nutzer in der Lage ist, mit anderen
Software-Produkten zu kommunizieren, wenn
die Software so ausgelegt ist. Wir möchten
eine möglichst modulare Software, das
heißt, der Nutzer entscheidet, ob er bei
Excel jetzt unbedingt noch eine
Bildbearbeitung dazu installiert haben
möchte. Also auch er soll die Autonomie
haben, das Ganze auch schlank zu halten.
Wir möchten Software nicht mit Werbung,
also unnötige Daten, die übers Netz
verteilt werden möchten wir nicht. An der
Stelle wird es keine Software geben, die
Werbung produziert. Jetzt Habe ich schon
erzählt, dass wir das überprüfen,
schlußendlich. Da gibt's dann eben diese
Abschlussevaluation, wo man beweisen muss,
dass man in der Zeit besser geworden ist,
welche Maßnahmen man ergriffen hat, um
besser zu werden, muss dann dokumentiert
werden.
Marina: Und jetzt kommt doch nochmal so
ein bisschen - Ja, Essig in den Wein würde
ich jetzt nicht sagen - aber das ist ein
Punkt da waren wir alle nicht so ganz
glücklich, dass wir uns im ersten Schritt
sehr beschränken mussten, welche Software-
Produkte wir auszeichnen können. Derzeit
beschränken wir uns auf Desktop Software-
Produkte, sehr wohl wissend, dass die
meisten eigentlich im Netz stattfinden.
Aber wir hatten die Wahl, entweder mit den
Kriterien sehr beliebig zu werden und
viele vielleicht auch nicht überprüfen zu
können, oder anspruchsvolle Kriterien, die
wir mit dem, was wir derzeit haben, auch
wirklich fordern können. Aber ich kann
jetzt schon versprechen wir machen weiter.
Wir werden nicht warten, bis die Laufzeit
von diesem Forschungsfonds, von diesem
Blauen Engel, fertig ist, sondern wir
werden derzeit versuchen, den
Geltungsbereich zu erweitern. Auch noch
vielleicht für den einen und den Anderen
eine bittere Pille. Es wird keinen blauen
Engel für Ballerspiele geben. Wir werden
für Spiele durchaus auszeichnen. Das ist
keine Frage, aber keine Spiele, die Gewalt
verherrlichen. Die sollen keinen blauen
Engel haben. Und jetzt hatte ich
versprochen, dass ich kurz darauf eingehe:
Was machen wir weiter? In der Tat.
Zu Eva Machst du mal weiter?
Marina: In der Tat werden wir versuchen,
Mindestanforderungen an die Effizienz zu
stellen. Das haben wir derzeit nicht. Wir
messen und versuchen, über diese Messung
Kenntnisse zu gewinnen, ob es uns gelingt,
eine Mindestanforderung an der Stelle zu
stellen. Den Geltungsbereich hatte ich
gesagt, den wollen wir erweitern. Wir
möchten mehr Standard-Nutzungsszenarien
erarbeiten, die wir dann zur Verfügung
stellen. Die Idee ist auch, Prüflabore zu
initiieren. Wir selber werden kein
Prüflabor aufbauen. Aber wir möchten Leute
ermuntern, ein Prüflabor zu installieren,
damit diejenigen, die den Blauen Engel
erwerben wollen, sich an ein
zertifiziertes Prüflabor wenden können,
der dann die Messungen durchführt. Das zum
Thema Blauer Engel und Software, was Eva
und ihr Team mit uns gemeinsam an der
Stelle geforscht hat. Aber das
Umweltbundesamt macht weiter in dem
Bereich weil es ein wirklich sehr, sehr
wichtiger Bereich ist. Und es gibt neben
dem Thema Energieverschwendung noch ein
Thema, was mir schon seit Jahren auf der
Seele brennt, da bin ich schon in 2000
unterwegs gewesen. Die Kombination oder
die Abhängigkeit von Soft- und Hardware,
also das Software bestimmt wie der
Hardware Austausch-Rhythmus ist, ist in
der IT, finde ich, schon schwierig. Jetzt
haben wir die Situation, dass immer mehr
Haushaltsgeräte Software haben. Und wenn
wir da eine ähnliche Entwicklung haben,
das heißt eigentlich langlebige Produkte,
plötzlich kurzlebig werden, weil ein
Sicherheits-Updates nicht mehr zur
Verfügung gestellt werden kann oder weil
eine Software nicht repariert werden kann,
oder... Diese Themen wollen wir in ein
Forschungsvorhaben, das ich in diesem Jahr
in Auftrag gegeben habe, bearbeiten. Und
ich guck mal, ich hab vorhin schon einige
von dem Forschungsteam gesehen. Vielleicht
steht ihr einfach mal auf und winkt. Alle,
die die Fragen haben, richten sich bitte
an die Kollegen, die mit uns gemeinsam das
Thema bearbeiten wollen. Und wir wollen an
der Stelle nicht nur wissen, dass es ein
Problem ist. Das wissen wir. Sondern was
wir wollen, ist, möglichst Kriterien für
ein Gesetzgeber zu geben. Dass wir auf EU-
Ebene bei der Ökodesign-Richtlinie eben
nicht nur das Thema Hardware adressieren,
sondern hier, wenn Hardware da ist, auch
ganz klare Mindestanforderungen an
Software stellen. Das wird das Ziel dieses
Forschungsvorhaben sein. So, das war's.
Wir geben Ihnen jetzt die Möglichkeit,
noch Fragen zu stellen. Aber erstmal
herzlichen Dank für den doch lange Geduld,
die Sie haben, und Ihre Aufmerksamkeit.
Applaus
Herald: Vielen herzlichen Dank für diesen super
spannenden Talk, wir haben tatsächlich
noch ziemlich viel Zeit für Fragen. Das
heißt, alle, die Fragen haben, können sich
gerne an den Mikrofonen anstellen. Alle,
die früher gehen wollen, benutzen bitte
nur die linke und die mittlere Tür, aber
nicht den Tunnel, durch den sie
reingekommen sind. Also Tendenziell eher
links halten, wenn ihr rausgeht. Dann
fangen wir zunächst an mit einer Frage aus
dem Internet, bitteschön?
Frage: Ja, und zwar fragt ein Nutzer, ob
ihr euch angeschaut habt, wie sich der
Energieverbrauch ändert, wenn man die
ganze Überwachung, die in modernen
Betriebssystemen eingebaut ist, mit
einbezieht. Also zum Beispiel bei Windows
10. Da sind ja sehr viele Tracking
Mechanismen.
Antwort Marina:
Wir haben uns das Betriebssystem nicht
angeschaut, was wir gemacht haben, ist,
dass wir natürlich gemessen haben, um an
der Stelle eine Basis zu haben, die wir
dann nachher das Delta bei der Messung
abziehen können. Aber das Betriebssystem
selber haben wir nicht gemessen.
Herald: Gut, da machen wir mal weiter mit
Mikrofon Nummer eins, bitteschön.
Frage: Vielen Dank für den tollen Vortrag.
Ich finde das super interessant. Ich
versuche dankbar zu sagen und nicht zu
meckern, aber meines also eigentlich es
ist alles konsistent. Aber es greift
natürlich schon deutlich zu kurz. Das
haben Sie ja angemerkt, dass unglaublich
viel von dem Energieverbrauch passiert,
sozusagen in der Cloud. Und ich glaube
auch nicht, auch wenn ich schon dafür bin,
dass wir mehr auf unseren eigenen Rechner
machen sollten. Von daher würde mich
interessieren, was Sie so planen, dass
stärker auch in den Cloud Systemen mal zu
schauen. Was ist Energieeffizienz, wenn es
virtuelle Maschinen oder Container angeht,
beispielsweise? Wie ist der
Energieverbrauch von Streaming? Und vor
allem was sind lohnende Ziele für den um
Energieverbrauch einzusparen. Das heißt
sind eigentlich noch private Rechner, die
ja wo immer stärker, sag ich mal, dieser
normale Desktop-PC auf dem Rückzug ist und
eher so Mobil-Devices die ja eigentlich
sehr energieeffizient sind, auf dem
Vormarsch sind, aber immer mehr auf die
Rechenzentren geht. Also werden Sie das
dann als nächstes sozusagen anvisieren?
Weil ich glaube, das lässt sich auch viel
besser regulieren. Denn wenn man sich so
aus dem Daten.
Herald: Kurze Faustregel: Kurze Fragen
sind gute Fragen.
Lachen
Herald: Also, da waren ja schon ein paar
Fragen drin.
Marina: Das war aber eine sehr gute Frage,
weil in der Tat, wir werden genau in dem
Bereich weitermachen. Ich habe weitere
Forschung im Bereich der Rechenzentren. Da
haben wir auch Indikatoren entwickelt, wie
wir die Energie und Ressourceneffizienz in
Rechenzentren untersuchen können, in denen
Themen und auch mit den Verantwortlichen
bin ich in der Diskussion. Aber ich gebe
ihnen recht. Wir werden es nicht schaffen,
als Umweltbundesamt sämtliche Produkte zu
messen. Was wir machen wollen, ist
wesentlich mehr im Bereich Blauer Engel
aufmerksam zu machen, dass es andere
Softwareprodukte gibt, die durchaus besser
sind. Was wir aber wollen, ist, dass wir
eine Diskussion, eine Debatte anregen. Und
ich würde mich freuen, wenn die
Intelligenz, die in der IT ist, genutzt
wird, um die IT effizienter zu machen. Die
Möglichkeit gibt es. Wir sind weit
entfernt von effizienten Geräten, auch
wenn Leute und sie auch andere
Wissenschaftler hören, die sagen: In
Deutschland gibt es die energieeffizientes
Rechenzentren. Hören Sie da nicht hin. Das
stimmt nicht. Wir haben gemessen, und wir
wissen, dass die Rechenzentren CPU
Auslastung von knapp 15 Prozent sind. Das
werden wir uns auf Dauer nicht leisten
können wenn wir Digitalisierung wollen.
Von daher müssen wir an allen Stellen an
der Stelle agieren. Aber was ich durchaus
vorhabe, ist, dass wir gemeinsam mit
Professoren aus anderen Universitäten, die
das Thema auch spannend finden, Curriculum
entwickeln wollen. Wir möchten an der
Stelle Professoren zu ermuntern, zu sagen,
was hier an Wissen ist, bitte gebt es
weiter. Dass die späteren oder die
Entwickler, die auf dem Markt kommen, auch
Tools und die richtige Kenntnis an der
Stelle haben. Wir hören nicht auf, wir
sind am Anfang. Das ist mir schon durchaus
bewusst.
Herald: Wir sind auch am Anfang der
Fragenden. Wir haben noch reichlich Zeit
für Fragen. Also haltet bitte durch an den
Mikrophonen und haltet euch auch daran,
nicht nur das die Fragen kurz sind,
sondern dass ihr auch möglichst nah an die
Mikrofone herangeht, dass es alle gut
verstehen. Wir machen nochmal weiter mit
einer weiteren Frage aus dem Internet.
Frage: Ja, und die geht in die Richtung
der Betriebssysteme. Ihr hattet ja schon
gesagt, dass ihr euch nicht angeguckt habt.
Aber habt ihr überlegt, in Zukunft das mal
zu machen, weil wahrscheinlich dieselbe
Textverarbeitung Software unter Windows
oder Linux einen anderen Energieverbrauch
hat?
Marina: Also, ich gehe mal davon aus, dass
wir wollen uns jetzt demnächst mit diesen
Themen beschäftigen, dass wir sicherlich
an der Stelle auch das untersuchen. Es
wird aber erstmal keinen blauen Engel für
Betriebssystem geben, da gibt es einfach
zu wenige. Und wenn wir diese Arbeit
machen und ein Blauer Engel bedeutet
wirklich viel Arbeit, dann kommt
garantiert die Frage der Jury: Gibt es dann
auch genügend Zeichennehmer? Wir werden es
untersuchen, aber in einem anderen Rahmen.
Das wird dann sicherlich auch dann
Bestandteil des Forschungsvorhaben sein.
Eva: Genau, und was wir schon betrachtet
haben, sind auch Programme auf
verschiedenen Betriebssystemen. Da haben
wir aber da sind wir einfach noch nicht so
weit, dass wir da Aussagen treffen können.
Uns ist aber bewusst, dass
unterschiedliche Programme auf
unterschiedlichen Betriebssystemen
unterschiedliche Verbräuche verursachen. Da
stecken im Moment auch noch in der
Referenzsystem Findung, sind aber auch
dabei.
Herald: Wobei bei der Bits- und Bäume
letztes Jahr ich einen Vortrag gehört
habe. Und ein bisschen schockiert war zu
hören, dass freie Software nicht
automatisch den besseren Energieverbrauch
hat. Das war für mich ein großer
Lernmoment. Wir machen weiter mit Mikrofon
Nummer zwei.
Frage: Vor 25 Jahren hat Niklaus Wirth aus
Zürich einen Artikel geschrieben: Die
Software Explosion. Den hat leider der
Springer-Verlag unter Verschluss. Aber das
Englische "A plea for lean software" im
Folgejahr ist im Internet auffindbar, das
ist also gar kein neues Problem. Das
exponentielle Wachstum ist ja ewig schon
da. Die Frage ist das, kann das Kriterium
Blauer Engel in die öffentliche
Beschaffung hinein einwirken? Kann das in
Gemeinwohl-Ökonomie Bilanzen zum Beispiel
einwirken? Und wie sieht's mit dem Digital
Pakt aus, der fünf Milliarden für Geräte
und Hardware Beschaffung über die Schulen
des Landes auskippt, derzeit. Wo ziemlich
ohne Sinn und Verstand einfach eingekauft
wird? Könnte da Regulierung greifen aus
einer Bundesbehörde für Bundesmittel? Das
wär schön. Seid ihr da in Kontakt?
Marina: Wir sind eine wissenschaftliche
Behörde. lacht Aber was wir durchaus schaffen,
ist, dass wir in Politik an der Stelle
wirken können mit unseren Ergebnissen. Und
das ist uns unter anderem gelungen, dass
wir in der Bundesverwaltung sichergestellt
haben, dass die Kriterien des Blauen
Engels bei Beschaffungen angewendet werden
müssen. Punkt. Das ist erstmal nur in der
Bundesverwaltung, aber im nächsten Jahr ja
noch nächstes Jahr, noch nicht dieses
Jahr. Im nächsten Jahr werden wir diese
Diskussion mit den Ländern führen. Da bin
ich auch eingeladen, zusammen mit den
Ländervertretern darüber zu diskutieren.
Und das wird ein Ziel sein. Der Druck
nimmt zu. Das freut uns sehr. Auf
Landesebene und auf Bundesebene können wir
im Bereich der Beschaffung einiges
bewirken, ja. Aber an der Stelle muss ich
dazusagen, dass wir in der
Bundesverwaltung schon seit 2008 eine
Green IT Initiative haben. Wir haben es
geschafft, den Energieverbrauch um 40
Prozent zu reduzieren. Jedes Mal schaue
ich immer in Verbände-Augen und sagen
Seid ihr dazu nicht auch in der Lage,
außer zu behaupten und nicht zu belegen,
dass ihr die Besten der Welt seid in dem
Bereich? Also da ist noch viel zu tun. Da,
wo wir uns einmischen können, tun wir es
sehr, sehr gerne und bisher in vielen
Bereichen, auch EU-Ebene, durchaus
erfolgreich.
Herald: Ich kann auch ergänzen, weil ich
für eine Bundestagsabgeordnete arbeite.
Was den Digital Pakt angeht, ist das
Tragische, das für die erste Runde das
ganze Geld schon verplant ist. Also das
müsste eher für weiter in die Zukunft
geplant werden. Jetzt zunächst eine Frage
von Mikrofon Nummer 6.
Frage: Soweit ich es verstanden habe,
konzentrieren Sie sich vor allem darauf,
wie effizient die Software ist. Aber
Effizienz heißt ja nicht, dass am Ende
weniger Energie verbraucht wird. Sie haben
ja uber Videoplayer geredet. Kann man ja
auch sagen: "Okay, jetzt haben wir ein
effizienter Videoplayer, jetzt können wir
die Auflösung verdoppeln." Und dann kommt
diese Frage Rebound-Effekt und so. Das hat
mich jetzt ein bisschen gewundert, dass es
überhaupt nicht in Ihrem Vortrag vorkam.
Berücksichtigen Sie das irgendwie, weil
also ich meine Computer sind um ums
Vielfache effizienter geworden in den
letzten 20 Jahren. Und trotzdem brauchen
wir mehr Strom.
Marina: Wir haben keine Kriterien
gefunden, um den Rebound Effekt zu
greifen. Ich gebe Ihnen vollkommen recht.
Wir haben einfach die Situation, dass in
dem Moment, wo etwas einfacher wird, wir
den Rebound Effekt haben. Man muss nicht
mehr ein Video ausleihen und irgendwo
hinfahren, sondern ich kann einen Vertrag
machen und kann, wenn ich will, den ganzen
Tag Videos anschauen. Das heißt, die
Vereinfachung führt bisher immer dazu,
dass wir diesen dramatischen Rebound
Effekt haben, der dann zu diesem hohen
Energieverbrauch führt. Das Einzige, was
wir an der Stelle geschafft haben, zu
erfassen, ist, dass wir die Lebensdauer
der Produkte möglichst lange zu halten,
dass wir sagen, dass die Software
mindestens auf fünf Jahre alte Rechner
noch lauffähig ist. Das ist momentan der
erste Punkt, aber sie sind gerne
eingeladen, wenn Sie Ideen haben, mit uns
mitzuwirken. Wir können nicht alles
wissen, und wir haben als wir, ich glaube
2012 oder 2013, als ich zum ersten Mal mit
dem Thema in die Fachwelt kam und ein
Fachgespräch initiiert habe. Da saßen drei
Leute. Wir hatten am Anfang richtig
Schwierigkeiten, Forscher zu finden,
Interessierte zu finden. Das hat sich Gott
sei Dank geändert. Denn bei der Anhörung
vom Blauen Engel habe ich noch nie so
viele Menschen in dem Raum gesehen. In der
Regel ist das immer so eine Gemeinschaft,
die sich kennt. Aber zum ersten Mal habe
ich auch neue Gesichter gesehen. Also ich
glaube, das Thema braucht Zeit, und
vielleicht brauchen wir auch noch mal
andere Kriterien, aber wir hören ja nicht
auf. Gerne wäre jemand, der eine tolle
Idee, der meldet sich bei mir. Adresse,
glaube ich, haben wir nachher.
Eva: Was wir auch drin haben, ist der
Energieverbrauch über die Zeit. Das heißt,
wir sagen ja, während du den Blauen Engel
trägst, darfst du nicht mehr als zehn
Prozent haben, zehn Prozent des
Energieverbrauchs erhöhen. Da gucken wir
auch. Also die, die den Blauen Engel
haben, sind aufgefordert. Das hat Marina
ja vor einem Vortrag auch gesagt. Ständig
zu messen, immer wieder zu überprüfen,
egal, welche Anderungen das Programm hat,
welches Update, welche Auflösung, was auch
immer. Da immer nachzuweisen, dass der
Energieverbrauch nicht höher als 10
Prozent steigt und da auch immer zu
begründen, warum er steigt.
Marina: Ich habe auch nicht alle Kriterien
vorgestellt. Es gibt noch ein wichtiges
Kriterium. Das ist unter anderem der Grund
gewesen, weil ich gesagt habe "Jetzt ist
Schluss mit lustig." Wir haben auf der EU
regeln können, das Power Management aktiv
geschaltet werden muss bei Computer, die
ausgeliefert werden. Es gibt Software, die
das verhindert, dass ein Computer im Power
Management fährt. Und diese Software nimmt
zu. Immer mehr Softwareprodukte, die ihre
Dokumente im Netz haben, erwarten, dass
der Computer ständig an ist.
Ansonsten verliert er sein Gedächtnis. Ich
bin Software-Entwickler, Sie auch. Und Sie
wissen, wir müssen einfach nochmal
nachdenken, ob das so eine kluge Idee ist
oder ob es nicht besser hinkriegen, dass
ein Computer in der Lage ist, in den
Niedrigenergie-Modus zu verfallen.
Herald: Vielen Dank für das
leidenschaftliche Plädoyer. Wir schieben
nochmal eine Frage aus dem Internet
dazwischen.
Frage: Hat Open-Source-Software eine
Möglichkeit, den Blauen Engel zu bekommen,
wenn keine juristische Person oder Firma
dahinter steht?
Marina: Ja, auf jeden Fall. Das haben wir
schon geklärt. Das ist möglich. Wir haben
auch Juristen bei uns, die prüfen das
natürlich. An der Stelle muss ich immer
sagen: Wir haben ja auch mit den Kollegen
vom Open-Source stehen wir auch im engen
Kontakt. Wenn alle anderen Kriterien
erreicht werden sehr, sehr gerne.
Herald: Wir machen aber weiter mit
Mikrofon 1.
Frage: Zu dem Energiemesslabor hätte ich
nur eine Frage, weil wir an der Fachgruppe
an der Uni auch so ein kleines bauen. Wir
beschäftigen uns aber mit konfigurierbaren
Softwaresystemen und versuchen, das zu
verstehen, wie Konfiguration den
Energieverbrauch beeinflusst. Und ihr habt
jetzt gesagt, ihr habt bei der
Energiemessung gewisse Faktoren konstant
gehalten wie das Nutzungsszenario, andere
abgedeckt wie verschiedene Rechner, auf
denen ihr messt. Und habt ihr dabei auch
schon mal die Konfigurationen betrachtet?
Denn wir haben festgestellt Es gibt zum
Faktor 100 bei Datenbankmanagementsystem
zum Beispiel, wo das schwanken kann, je
nach Konfiguration.
Eva: Haben wir noch nicht näher
betrachtet, ist uns aber bewusst, dass es
Anderungen hat. Das ist einer der
Einflussfaktoren, die wir noch nicht näher
untersucht haben, deswegen ist es halt
spannend, dass ihr das macht. Ich würde
mich gerne nachher noch mit euch
unterhalten.
Herald: Wahrscheinlich gibt's sowieso
viele Leute, die noch Nachfragen haben,
falls wir nicht fertig werden, alle Fragen
zu beantworten. Mikrofon Nr. 2 nochmal.
Frage: Mal abgesehen von der Beschaffung
in öffentlichen Einrichtungen gibt es für
die Hersteller und die Verbraucher beim
Blauen Engel für Software denn irgendwie
noch andere Anreize?
Marina: Also schwer. Natürlich kann der
Konsument erkennen, ob er ein
Softwareprodukt einkauft mit dem blauen
Engel, denn dieses Label ist ja oben
drauf, also jeder kann das entsprechend
für seine Werbung nutzen. Aber Anreize wie
in vielen anderen "Blauer Engel"-Produkten
ist es so, dass der jenige schon sehr
bewusst sich dem ist, dass es ein Problem
ist. Mehr konnen wir an der Stelle nicht
machen.
Herald: Mikrofon Nummer 1 nochmal.
Fragen: Ich wollte nochmal zurück kommen
auf Desktoprechner versus Rechenzentren.
Gibt es da irgendwie eine Abschatzung, wie
sich da der Energieverbrauch verteilt?
Marina: Also Desktop gegenüber ... Ich
habe eine Auswertung im Kopf, weiß ich
aber jetzt nicht so ganz genau, da war es
durchaus so, dass ungefähr, glaube ich,
die Hälfte sind Cloud-Anwendungen, wenn
mich nicht alles täuscht, aber legen Sie
mich jetzt nicht fest. Also wir haben noch
sehr, sehr viele Desktop-Anwendungen. Was
jeder jetzt so im Kopf hat, ist Word, ist
Excel und so weiter, aber ich rede von den
diversen Software-Produkten, die in
Verwaltungen immer noch entwickelt werden
und das sind in der Tat immer noch sehr
haufig Desktop-Anwendungen. Und ich rede
auch wirklich von vielleicht kleineren
Tools. Das ist auch gerade im Bereich der
Ökobilanzierer, da gibt es etliche Tools,
die laufen auf Desktop. Da gibt es schon
eine ganze Reihe, ich hab das im Vorfeld
mir angeschaut, denn das muss ich bei der
Jury aufzeigen, dass wir hier auch einen
Markt bedienen, der war jetzt nicht so
schlecht.
Fragen: Also die Größenordnung ist
ungefahr ähnlich?
Marina: Ich glaube ja.
Herald:
Eine weitere Frage aus dem Internet.
Frage: Ja, und die Frage geht dahin, ob
ihr eure eigene Software auch zertifiziert
habt.
Eva: Konnten wir insofern noch nicht
machen, weil es den Blauen Engel ja im
Moment noch nicht auf dem Markt gibt, aber
ist auf jeden Fall ein Ziel. Also es ist
am 11. Dezember entschieden worden,
dass es den Blauen Engel gibt und und
bisher ist er noch nicht veröffentlicht,
Anfang des Jahres gucken wir dann auch,
dass wir unsere Arbeit...
Marina: Aber es ist Open-Source.
Eva: Es ist Open-Source, ja.
Herald: Sehr gut, dafür gibt es auch schon
Punkte. Mikrofon Nummer 2.
Audio fehlt
Eva: ...die auch selbst bei uns im Umfeld
sehr viel benutzt wird und auch da wird
geguckt, wie wird sie denn benutzt?
Tatsächlich können wir es nicht ganz
ausschließen, weil wir nicht weltweit
erfassen. Also wir haben geguckt, ob es
Statistiken dazu gibt, wie typischerweise
Softwareprodukte genutzt werden.
Funktionalitäten oder sonst was haben wir
nicht gefunden. Das Ganze, es gab auch mal
die Idee zu erfassen, wie denn in der
Hochschule verschiedene Produkte erfasst,
benutzt werden. Das geht aber dann sehr
kritisch in Richtung Datenschutz, wer wie
arbeitet und deswegen haben wir davon auch
die Finger gelassen. Wir können es nicht
ausschließen, dass es nicht die typischen
Funktionalitäten sind, sind aber bemüht,
weil es im Moment noch klassische Produkte
sind, sage ich mal, dass die typischen
Funktionalitaten abgedeckt sind. Im
Open-Source Bereich haben wir tatsächlich
einfach Kontakt gehabt mit den
Herstellern, den EntwicklerInnen und da
auch gemeinsam entwickelt. Genau so mit
den Firmen, wo wir zusammengearbeitet
haben. Auch da haben wir geguckt, welche
Produkte werden denn wie benutzt? Und wo
sind zum Beispiel die häufigsten
Nutzeranfragen da gewesen?
Herald: Super, vielen Dank, Mikrofon
Nummer 6.
Frage: Ja, wir haben in Deutschland ja so
eine gute Tradition von Schummel-Software
auf Prüfständen. Wie verhindert man denn
in diesem Fall, dass die Software sich da
anders verhält oder man auch falsche
Anreize gesetzt hat, um zum Beispiel damit
die Software über fünf Jahre einsetzbar
ist, immer mehr in die Cloud auslagert,
damit einfach auf dem lokalen Desktop
weniger Energie verbraucht wird. Aber über
das Netz und externe Ressourcen verbrauche
ich im Endeffekt mehr, kriege aber den
Blauen Engel, weil ich lokal gut aussehe.
Marina: Deswegen wollten wir im ersten
Schritt erst mal grundsätzlich nur
Software auszeichnen, die lokal läuft.
Aus genau diesem Grund, dass wir noch kein
Nutzungsszenario für das Rechenzentrum
haben und man dann durchaus die
überwiegende Rechenleistung in einer Cloud
hat und dann sieht man lokal super aus,
haben wir gesagt, im ersten Schritt
zeichnen wir grundsätzlich Software aus,
die die Ressourcen des Computers vor Ort
nutzen.
Herald: Ich ...
Frage: Wie stellt man sicher, dass es
keine Verhaltensänderung gibt, weil man
eben auf diesem bekannten Prüfstand ist?
Marina: Also, einen Prüfstand gibt's ja in
dem Sinne nicht, sondern wir lassen an
Laboren bisher prüfen, die wir kennen. Und
wir prüfen auch nach. Es wird Auditoren
geben, die diese Werte, die man uns dann
vorlegt, prüft. Denn wir müssen ja auch
prüfen, ob es stimmt, dass die Software
auch auf ein fünf Jahre altes
Referenzsystem läuft, was wir da
vorgegeben haben. Das heißt, hier wird es
Personen geben, die das überprüfen. Das
Verfahren ist gar nicht so unüblich. Das
haben wir im Bereich der Rechenzentren
auch. Gibt ja einen Blauen Engel für
Rechenzentren. Und da kann man ja auch
alles Mögliche erzählen. Und deswegen
gibt's Auditoren, die durch Zahlen, die
ihnen vorliegen, und die Glaubwürdigkeit
abschätzen und Nachfragen an der Stelle
machen. Ich muss ganz ehrlich sagen, der
Blaue Engel, den gibt es 41 Jahre. Wir
haben vergangenes Jahr 40 Jahre gefeiert.
Und mit dem Blauen Engel gab es noch keine
Skandale. Das hat auch wirklich, glaube
ich, unter anderem ein Grund, dass wir so
gut sind. Aber der andere Grund ist,
diejenigen, die ernsthaft sich auszeichnen
lassen, die wollen beweisen, dass sie gut
sind. Und das Schlimmste, was einem
passieren kann, ist, dass man sagt: Ihr
wart gar nicht so gut. Weil die Konkurrenz
schaut. Die kriegen in der Regel als
erstes mit, wenn da irgendwo was nicht
stimmt. Das habe ich beim Rechenzentrum
gemerkt, dass ein Konkurrent dachte, das
stimmt doch den und den angeschwärzt hat.
Er lag aber falsch. Aber das trägt das
Ganze auch ein Stück weit, dass wir in der
Regel Unternehmen, die diesen
schmerzhaften Prozess, denn es ist ein
Prozess, und da braucht man viel Zeit, zum
Teil auch Geld, was man in die Hand nimmt,
wenn man da betrügerisch unterwegs ist.
Hab ich bisher noch nicht festgestellt.
Herald: Und apropos Zeit: Wir sind leider
am Ende der Zeit. Ich sehe und spüre, dass
hier noch sehr viel Redebedarf ist. Es ist
ja auch ein spannendes Thema, aber
bestimmt gibt es die Möglichkeit, die
Speakerinnen entweder jetzt danach oder
später vielleicht nochmal zu erwischen.
Ich glaube, die eine Speakerin muss weg
und hat jetzt Verpflichtungen aber kriegt
bestimmt noch andere Gelegenheiten, noch
Fragen zu stellen. Vielen Dank nochmal für
die ganzen Fragen, die ihr jetzt schon
gestellt habt. Und ganz, ganz vielen Dank
nochmal für den tollen Talk, nochmal einen
ganz herzlichen Applaus. Danke, dass ihr
alle da wart.
Applaus
Abspannmusik
Untertitel erstellt von c3subtitles.de
im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!