0:00:00.000,0:00:02.000 Geboren wurde ich in Den Bosch, 0:00:02.000,0:00:05.000 wonach sich der Maler Hieronymus Bosch benannte. 0:00:05.000,0:00:07.000 Und so hat mir dieser Maler, der im 15. Jahrhundert lebte 0:00:07.000,0:00:10.000 und sein Werk schuf, immer am Herz gelegen. 0:00:10.000,0:00:12.000 Interessant in Bezug auf sein Verhältnis zu Moral 0:00:12.000,0:00:15.000 war das Abklingen der religiösen Beeinflussung zu seiner Lebenszeit, 0:00:15.000,0:00:17.000 und ich glaube, er fragte sich, 0:00:17.000,0:00:19.000 was mit der Gesellschaft passieren würde, 0:00:19.000,0:00:22.000 wenn es keine oder weniger Religion gäbe. 0:00:22.000,0:00:25.000 Und so schuf er sein berühmtes Gemälde "Der Garten der Lüste", 0:00:25.000,0:00:27.000 das einige als die Menschheit 0:00:27.000,0:00:29.000 vor dem Sündenfall interpretiert haben, 0:00:29.000,0:00:32.000 andere als die Menschheit ohne Sündenfall. 0:00:32.000,0:00:34.000 Das wirft die Frage auf, 0:00:34.000,0:00:37.000 was passiert, wenn wir quasi nicht vom Baum der Erkenntnis genascht hätten, 0:00:37.000,0:00:40.000 und wie es dann um unsere Moral aussähe. 0:00:40.000,0:00:42.000 Viel später, als Student, 0:00:42.000,0:00:44.000 ging ich in einen sehr anderen Garten, 0:00:44.000,0:00:47.000 einen zoologischen Garten in Arnhem, 0:00:47.000,0:00:49.000 wo es Schimpansen gibt. 0:00:49.000,0:00:51.000 Hier bin ich in jungen Jahren mit einem Schimpansenbaby. 0:00:51.000,0:00:54.000 (Lachen) 0:00:54.000,0:00:56.000 Und dort entdeckte ich, 0:00:56.000,0:00:59.000 dass Schimpansen sehr machthungrig sind und schrieb ein Buch darüber. 0:00:59.000,0:01:02.000 Und zu jener Zeit lag der Fokus bei einem Großteil der 0:01:02.000,0:01:04.000 Tierforschung auf Aggression und Wettbewerb. 0:01:04.000,0:01:06.000 Ich malte ein ganzes Bild über das Reich der Tiere, 0:01:06.000,0:01:08.000 die Menschheit eingeschlossen, 0:01:08.000,0:01:10.000 und wie wir tief drinnen Rivalen sind, 0:01:10.000,0:01:12.000 wir sind aggressiv, 0:01:12.000,0:01:15.000 wir sind im Prinzip alle auf unseren eigenen Vorteil bedacht. 0:01:15.000,0:01:17.000 Hier wird mein Buch veröffentlicht. 0:01:17.000,0:01:19.000 Ich bin nicht sicher, wie gut die Schimpansen es lesen konnten, 0:01:19.000,0:01:22.000 aber sie fanden das Buch auf jeden Fall interessant. 0:01:24.000,0:01:26.000 Während ich diese 0:01:26.000,0:01:28.000 ganzen Forschungen über Macht, Dominanz, 0:01:28.000,0:01:30.000 Aggression und so weiter anstellte, 0:01:30.000,0:01:33.000 entdeckte ich, dass Schimpansen sich nach einem Streit wieder versöhnen. 0:01:33.000,0:01:36.000 Hier sehen Sie zwei Männchen nach einem Kampf. 0:01:36.000,0:01:39.000 Am Ende saßen sie in einem Baum und einer streckt die Hand zum anderen aus. 0:01:39.000,0:01:42.000 Und circa eine Sekunde nach diesem Foto setzten sie sich in einer Astgabel zueinander 0:01:42.000,0:01:44.000 und küssten und umarmten sich. 0:01:44.000,0:01:46.000 Das ist sehr interessant, 0:01:46.000,0:01:49.000 denn damals ging alles um Wettbewerb und Aggression, 0:01:49.000,0:01:51.000 also würde das gar nicht ins Bild passen. 0:01:51.000,0:01:53.000 Die einzig wichtige Sache ist, dass man gewinnt oder verliert. 0:01:53.000,0:01:55.000 Aber wieso sollte man sich nach einem Kampf versöhnen? 0:01:55.000,0:01:57.000 Das ergibt keinen Sinn. 0:01:57.000,0:02:00.000 So machen das Bonobos. Bonobos machen alles über den Sex. 0:02:00.000,0:02:02.000 Sie versöhnen sich also auch wieder mit Sex. 0:02:02.000,0:02:04.000 Aber das Prinzip ist genau das gleiche. 0:02:04.000,0:02:06.000 Im Prinzip geht es um 0:02:06.000,0:02:08.000 eine wertvolle Beziehung, 0:02:08.000,0:02:10.000 die durch Konflikt beschädigt wird, 0:02:10.000,0:02:12.000 also muss man etwas dafür tun. 0:02:12.000,0:02:14.000 Mein ganzes Bild des Tierreichs 0:02:14.000,0:02:16.000 inklusive der Menschen 0:02:16.000,0:02:18.000 begann sich zu jener Zeit zu wandeln. 0:02:18.000,0:02:20.000 In der Politikwissenschaft, 0:02:20.000,0:02:22.000 Wirtschaft, Geisteswissenschaft, und natürlich 0:02:22.000,0:02:24.000 der Philosophie gibt es dieses Bild: 0:02:24.000,0:02:26.000 Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. 0:02:26.000,0:02:29.000 Tief drinnen ist unsere Natur also böse. 0:02:29.000,0:02:32.000 Das ist eine ziemlich unfaire Darstellung des Wolfes. 0:02:32.000,0:02:34.000 Der Wolf ist schließlich 0:02:34.000,0:02:36.000 ein sehr kooperatives Tier. 0:02:36.000,0:02:38.000 Daher haben so viele von Ihnen einen Hund zu Hause, 0:02:38.000,0:02:40.000 der über dieselben Charakteristika verfügt. 0:02:40.000,0:02:42.000 Und es ist genau so unfair der Menschheit gegenüber, 0:02:42.000,0:02:46.000 denn die Menschheit ist viel kooperativer und einfühlsamer, 0:02:46.000,0:02:48.000 als man es ihr nachsagt. 0:02:48.000,0:02:50.000 Ich begann mich also für diese Sachen zu interessieren, 0:02:50.000,0:02:52.000 und sie in anderen Tieren zu untersuchen. 0:02:52.000,0:02:54.000 Das hier sind also die Säulen der Moral. 0:02:54.000,0:02:58.000 Fragen Sie irgendjemanden: "Worauf ist Moral basiert?", 0:02:58.000,0:03:00.000 werden diese beiden Faktoren immer herauskommen. 0:03:00.000,0:03:02.000 Einer ist Gegenseitigkeit, 0:03:02.000,0:03:05.000 und wird mit einem Sinn für Gerechtigkeit und Fairness assoziiert. 0:03:05.000,0:03:07.000 Und der andere ist Mitgefühl und Einfühlungsvermögen. 0:03:07.000,0:03:10.000 Und das menschliche Moralgefühl ist mehr als das, 0:03:10.000,0:03:12.000 aber würde man diese beiden Säulen entfernen, 0:03:12.000,0:03:14.000 wäre wahrscheinlich nicht mehr viel übrig. 0:03:14.000,0:03:16.000 Sie sind also absolut grundlegend. 0:03:16.000,0:03:18.000 Hier sind ein paar Beispiele. 0:03:18.000,0:03:20.000 Das ist ein sehr altes Video aus dem Yerkes Primate Center, 0:03:20.000,0:03:23.000 wo Schimpansen auf Kooperation trainiert werden. 0:03:23.000,0:03:26.000 Wir haben also schon vor ungefähr hundert Jahren 0:03:26.000,0:03:29.000 Experimente zur Kooperation angestellt. 0:03:29.000,0:03:32.000 Hier sind zwei junge Schimpansen mit einer Kiste, 0:03:32.000,0:03:35.000 und die Kiste ist zu schwer, als dass ein Schimpanse sie ziehen könnte. 0:03:35.000,0:03:37.000 Und natürlich ist in der Kiste Essen. 0:03:37.000,0:03:39.000 Sonst würden sie da nicht so kräftig dran ziehen. 0:03:39.000,0:03:41.000 Also ziehen sie die Kiste herein. 0:03:41.000,0:03:43.000 Und man kann sehen, dass sie aufeinander abgestimmt sind. 0:03:43.000,0:03:46.000 Sie arbeiten ganz offensichtlich zusammen, ziehen zur gleichen Zeit. 0:03:46.000,0:03:49.000 Das ist ein großer Vorteil zu vielen anderen Tieren, 0:03:49.000,0:03:51.000 die zu so einem Verhalten nicht fähig wären. 0:03:51.000,0:03:53.000 Und jetzt ergibt sich ein noch interessanteres Bild, 0:03:53.000,0:03:56.000 denn jetzt ist einer der beiden Schimpansen gefüttert worden. 0:03:56.000,0:03:58.000 Einer der beiden ist also nicht länger interessiert 0:03:58.000,0:04:01.000 an dieser Aufgabe. 0:04:01.000,0:04:04.000 (Lachen) 0:04:08.000,0:04:13.000 (Lachen) 0:04:19.000,0:04:22.000 (Lachen) 0:04:35.000,0:04:38.000 Jetzt sehen Sie mal, was ganz am Ende passiert. 0:04:41.000,0:04:43.000 (Lachen) 0:04:52.000,0:04:54.000 Er nimmt quasi alles. 0:04:54.000,0:04:57.000 (Lachen) 0:04:57.000,0:04:59.000 Hier gibt es zwei interessante Elemente. 0:04:59.000,0:05:01.000 Zum einen ist sich der Schimpanse auf der rechten 0:05:01.000,0:05:03.000 deutlich bewusst, dass er einen Partner braucht – 0:05:03.000,0:05:05.000 er ist sich also des Bedürfnisses zur Kooperation voll bewusst. 0:05:05.000,0:05:08.000 Und zweitens ist der Partner bereit zur Arbeit, 0:05:08.000,0:05:10.000 obwohl er sich nicht für das Essen interessiert. 0:05:10.000,0:05:13.000 Wieso ist das so? Das hat wohl was mit Gegenseitigkeit zu tun. 0:05:13.000,0:05:15.000 Es gibt viele Hinweise bei Primaten und anderen Tieren, 0:05:15.000,0:05:17.000 dass sie Gefallen erwidern. 0:05:17.000,0:05:19.000 Er wird also irgendwann in der Zukunft 0:05:19.000,0:05:21.000 diesen Gefallen erwidert bekommen. 0:05:21.000,0:05:23.000 Und so funktioniert das alles. 0:05:23.000,0:05:25.000 Dieselbe Aufgabe bekommen Elefanten. 0:05:25.000,0:05:28.000 Es ist sehr gefährlich, mit Elefanten zu arbeiten. 0:05:28.000,0:05:30.000 Außerdem haben wir bei Elefanten das Problem, 0:05:30.000,0:05:32.000 dass man keine Konstruktion bauen kann, 0:05:32.000,0:05:34.000 die zu schwer für einen einzelnen Elefanten wäre. 0:05:34.000,0:05:36.000 Wahrscheinlich kann man eine herstellen, 0:05:36.000,0:05:38.000 aber das wäre dann eine ziemlich wackelige Konstruktion. 0:05:38.000,0:05:40.000 Wir lösten unser Problem so – 0:05:40.000,0:05:43.000 diese Untersuchungen finden in Thailand mit Josh Plotnik statt – 0:05:43.000,0:05:46.000 wir haben also eine Konstruktion, um die ein einzelnes Seil befestigt ist. 0:05:46.000,0:05:48.000 Und wenn man an einer Seite des Seils zieht, 0:05:48.000,0:05:50.000 verschwindet es auf der anderen Seite. 0:05:50.000,0:05:53.000 Zwei Elefanten müssen es also zur selben Zeit aufheben und ziehen. 0:05:53.000,0:05:55.000 Sonst passiert nichts 0:05:55.000,0:05:57.000 und das Seil verschwindet. 0:05:57.000,0:05:59.000 Im ersten Video sehen Sie, 0:05:59.000,0:06:01.000 wie zwei Elefanten zusammen in das Szenario gebracht werden 0:06:01.000,0:06:03.000 und nun an der Konstruktion ankommen. 0:06:03.000,0:06:06.000 Die Konstruktion ist zur linken und enthält Futter. 0:06:06.000,0:06:09.000 Sie kommen also zusammen an, 0:06:09.000,0:06:11.000 heben das Seil zusammen auf und ziehen zusammen daran. 0:06:11.000,0:06:14.000 Das ist eine ziemlich einfache Aufgabe für sie. 0:06:15.000,0:06:17.000 Hier sind sie. 0:06:24.000,0:06:26.000 Und so holen sie sich ihr Futter. 0:06:26.000,0:06:28.000 Aber jetzt machen wir es schwerer. 0:06:28.000,0:06:30.000 Denn in diesem Experiment wollen wir verstehen, 0:06:30.000,0:06:32.000 wie gut sie das Prinzip der Kooperation verstehen. 0:06:32.000,0:06:35.000 Verstehen sie es so gut wie zum Beispiel Schimpansen? 0:06:35.000,0:06:37.000 Und so lassen wir im nächsten Schritt 0:06:37.000,0:06:39.000 einen Elefanten vor dem anderen in das Szenario 0:06:39.000,0:06:41.000 und dieser Elefant muss clever genug sein, 0:06:41.000,0:06:43.000 innezuhalten und nicht am Seil zu ziehen – 0:06:43.000,0:06:46.000 denn wenn er am Seil zieht, verschwindet es und der Test ist vorbei. 0:06:46.000,0:06:48.000 Dieser Elefant macht jetzt etwas Unerlaubtes, 0:06:48.000,0:06:50.000 das wir ihm nicht beigebracht hatten. 0:06:50.000,0:06:52.000 Aber es zeigt, was für ein Verständnis er aufbringt, 0:06:52.000,0:06:55.000 denn er stellt seinen riesigen Fuß auf das Seil, 0:06:55.000,0:06:57.000 steht auf dem Seil und wartet so auf den anderen, 0:06:57.000,0:07:00.000 und dann muss der andere alle Arbeit für ihn verrichten. 0:07:00.000,0:07:03.000 Das nennt man schmarotzen. 0:07:03.000,0:07:05.000 (Lachen) 0:07:05.000,0:07:08.000 Aber es zeigt deutlich die Intelligenz der Elefanten. 0:07:08.000,0:07:11.000 Sie entwickeln einige dieser alternativen Techniken, 0:07:11.000,0:07:14.000 die wir nicht unbedingt gutheißen. 0:07:14.000,0:07:19.000 Der andere Elefant kommt nun also her 0:07:19.000,0:07:22.000 und wird das Futter heranziehen. 0:07:38.000,0:07:41.000 Jetzt schauen Sie sich den anderen an. Das Essen vergisst er natürlich nicht. 0:07:41.000,0:07:45.000 (Lachen) 0:07:45.000,0:07:47.000 Das war der Teil über Kooperation und Gegenseitigkeit. 0:07:47.000,0:07:49.000 Jetzt kommen wir zum Einfühlungsvermögen. 0:07:49.000,0:07:51.000 Zur Zeit ist Einfühlungsvermögen mein Hauptforschungsfeld. 0:07:51.000,0:07:53.000 Und es hat zwei Merkmale. 0:07:53.000,0:07:56.000 Eine Komponente davon ist das Verständnis. Hier eine Standard-Definition: 0:07:56.000,0:07:58.000 "Die Fähigkeit, die Gefühle des anderen zu verstehen und zu teilen." 0:07:58.000,0:08:00.000 Und die emotionale Komponente. 0:08:00.000,0:08:02.000 Einfühlungsvermögen verläuft quasi auf zwei Kanälen. 0:08:02.000,0:08:04.000 Einer ist der Körper-Kanal. 0:08:04.000,0:08:06.000 Wenn man mit einer traurigen Person spricht, 0:08:06.000,0:08:09.000 wird man eine traurige Miene und Körperhaltung annehmen, 0:08:09.000,0:08:11.000 und ehe man sich's versieht, ist man selbst traurig. 0:08:11.000,0:08:14.000 Und das ist im Prinzip der Körper-Kanal des emotionalen 0:08:14.000,0:08:16.000 Einfühlungsvermögens vieler Tiere. 0:08:16.000,0:08:18.000 Auch die meisten Hunde haben dies. 0:08:18.000,0:08:20.000 Das ist sogar der Grund, aus dem Leute Säugetiere halten, 0:08:20.000,0:08:22.000 und nicht Schildkröten oder Schlangen oder ähnliche Tiere, 0:08:22.000,0:08:24.000 die über dieses Einfühlungsvermögen nicht verfügen. 0:08:24.000,0:08:26.000 Und dann gibt es den kognitiven Kanal, 0:08:26.000,0:08:28.000 in dem man eher die Perspektive des anderen einnehmen kann. 0:08:28.000,0:08:30.000 Und der ist wiederum beschränkter. 0:08:30.000,0:08:32.000 Es gibt wenige Tiere – Elefanten und Menschenaffen können es, glaube ich – 0:08:32.000,0:08:35.000 aber es gibt sehr wenige Tiere, die das tun können. 0:08:35.000,0:08:37.000 Synchronisierte Handlung, 0:08:37.000,0:08:39.000 die Teil des ganzen Empathie-Mechanismus ist, 0:08:39.000,0:08:41.000 ist also im Tierreich schon sehr alt. 0:08:41.000,0:08:43.000 Und bei Menschen können wir das zum Beispiel sehen, 0:08:43.000,0:08:45.000 wenn Gähnen ansteckend wirkt. 0:08:45.000,0:08:47.000 Menschen gähnen, wenn andere gähnen. 0:08:47.000,0:08:49.000 Und das hat etwas mit Einfühlungsvermögen zu tun. 0:08:49.000,0:08:51.000 Dieselben Gehirnbereiche werden aktiviert. 0:08:51.000,0:08:53.000 Wir wissen auch, dass Leute, die sehr leicht vom Gähnen angesteckt werden, 0:08:53.000,0:08:55.000 hoch empathisch sind. 0:08:55.000,0:08:57.000 Leute mit Problemen beim Einfühlungsvermögen, wie etwa autistische Kinder, 0:08:57.000,0:08:59.000 werden nicht vom Gähnen angesteckt. 0:08:59.000,0:09:01.000 Da besteht also eine Verbindung. 0:09:01.000,0:09:04.000 Bei unsere Schimpansen können wir das mit einem animierten Kopf studieren. 0:09:04.000,0:09:06.000 Hier oben links sehen Sie also 0:09:06.000,0:09:08.000 einen animierten Kopf, der gähnt. 0:09:08.000,0:09:10.000 Und ein Schimpanse schaut zu, 0:09:10.000,0:09:13.000 ein echter Schimpanse schaut auf einen Computerbildschirm, 0:09:13.000,0:09:16.000 auf dem wir diese Animationen abspielen. 0:09:20.000,0:09:22.000 (Lachen) 0:09:22.000,0:09:24.000 Den ansteckenden Charakter von Gähnen, 0:09:24.000,0:09:26.000 der Ihnen wahrscheinlich allen bekannt ist – 0:09:26.000,0:09:29.000 wahrscheinlich beginnen Sie bald selbst zu gähnen – 0:09:29.000,0:09:32.000 ist also etwas, das wir mit anderen Tieren teilen. 0:09:32.000,0:09:35.000 Und das liegt an diesem ganzen Körper-Kanal der Synchronisation, 0:09:35.000,0:09:37.000 der dem Einfühlungsvermögen zugrunde liegt, 0:09:37.000,0:09:40.000 und der im Prinzip allen Säugetieren gemein ist. 0:09:40.000,0:09:43.000 Jetzt untersuchen wir also komplexere Ausdrücke. Hier ist Trost. 0:09:43.000,0:09:46.000 Wir sehen ein Schimpansenmännchen, das einen Kampf verloren hat und schreit. 0:09:46.000,0:09:48.000 Ein Jungtier kommt an und umarmt 0:09:48.000,0:09:50.000 und beruhigt es. 0:09:50.000,0:09:53.000 Das ist Trost. Es ist dem menschlichen Trost sehr ähnlich. 0:09:53.000,0:09:56.000 Und tröstendes Verhalten 0:09:56.000,0:09:58.000 liegt in Empathie begründet. 0:09:58.000,0:10:01.000 Wenn wir Einfühlungsvermögen bei Kindern untersuchen wollen, 0:10:01.000,0:10:03.000 dann bitten wir ein Familienmitglied, unglücklich zu wirken, 0:10:03.000,0:10:05.000 und warten auf die Reaktion kleiner Kinder. 0:10:05.000,0:10:07.000 Das ist also dem Einfühlungsvermögen ähnlich, 0:10:07.000,0:10:10.000 und um diese Art Körpersprache geht es uns. 0:10:10.000,0:10:13.000 Vor einer Weile veröffentlichten wir ein Ihnen vielleicht bekanntes Experiment. 0:10:13.000,0:10:16.000 Es geht um Altruismus und Schimpansen, 0:10:16.000,0:10:18.000 und die Frage ist, sorgen sich Schimpansen 0:10:18.000,0:10:20.000 um das Wohlergehen von anderen? 0:10:20.000,0:10:22.000 Und zwei Jahrzehnte lang wurde angenommen, 0:10:22.000,0:10:24.000 dass nur Menschen so etwas tun können, 0:10:24.000,0:10:27.000 dass nur Menschen sich um das Wohlergehen anderer sorgen. 0:10:27.000,0:10:29.000 Wir haben hier ein sehr einfaches Experiment vorgenommen. 0:10:29.000,0:10:32.000 Es wurde mit Schimpansen in Lawrenceville durchgeführt, 0:10:32.000,0:10:34.000 dort ist die Feldstation von Yerkes. 0:10:34.000,0:10:36.000 Und so leben sie dort. 0:10:36.000,0:10:39.000 Und wir locken sie in einen Raum und machen Experimente mit ihnen. 0:10:39.000,0:10:41.000 In diesem Fall postierten wir zwei Schimpansen nebeneinander, 0:10:41.000,0:10:44.000 einer hat einen Eimer voller Marken mit verschiedenen Bedeutungen. 0:10:44.000,0:10:47.000 Eine der Marken gibt nur dem Wählenden Futter, 0:10:47.000,0:10:49.000 die andere führt zu Futter für beide. 0:10:49.000,0:10:52.000 Diese Untersuchung führten wir mit Vicky Horner durch. 0:10:53.000,0:10:55.000 Und hier sind die beiden farbigen Marken. 0:10:55.000,0:10:57.000 Es gibt also einen ganzen Eimer voll. 0:10:57.000,0:11:00.000 Und sie müssen eine der beiden Farben wählen. 0:11:00.000,0:11:03.000 Sie werden sehen, wie das ausgeht. 0:11:03.000,0:11:06.000 Also wenn dieser Schimpanse eine egoistische Wahl trifft, 0:11:06.000,0:11:09.000 was in diesem Fall die rote Marke ist... 0:11:09.000,0:11:11.000 Er muss uns die Marke geben. 0:11:11.000,0:11:14.000 Wir nehmen die Marke, legen sie auf einen Tisch mit zwei essbaren Belohnungen, 0:11:14.000,0:11:17.000 aber in diesem Fall bekommt nur der rechte Affe Futter. 0:11:17.000,0:11:19.000 Die Schimpansin links geht weg, weil sie bereits weiß, 0:11:19.000,0:11:22.000 dass der Test nicht gut für sie ausgegangen ist. 0:11:22.000,0:11:24.000 Die nächste Marke ist die pro-soziale Marke. 0:11:24.000,0:11:27.000 Der auswählende Affe – das ist hier der interessante Teil – 0:11:27.000,0:11:29.000 für den auswählenden Affen ist 0:11:29.000,0:11:31.000 die Wahl der Marke eigentlich egal. 0:11:31.000,0:11:34.000 Sie gibt uns also die pro-soziale Marke und beide Schimpansen bekommen Futter. 0:11:34.000,0:11:37.000 Der auswählende Affe wird also immer belohnt. 0:11:37.000,0:11:39.000 Es ist also egal, was gewählt wird. 0:11:39.000,0:11:41.000 Sie sollte sozusagen einfach blind wählen. 0:11:41.000,0:11:43.000 Aber wir haben herausgefunden, 0:11:43.000,0:11:45.000 dass sie die pro-soziale Marke bevorzugen. 0:11:45.000,0:11:48.000 Das hier sind die 50 Prozent, die bei willkürlicher Wahl erwartet werden. 0:11:48.000,0:11:51.000 Und besonders wenn der Partner Aufmerksamkeit erregt, wählen sie mehr. 0:11:51.000,0:11:54.000 Und wenn der Partner Druck ausübt, 0:11:54.000,0:11:57.000 also zum Beispiel wenn er Wasser spuckt und einschüchtern will, 0:11:57.000,0:12:00.000 dann geht die Wahl runter. 0:12:00.000,0:12:02.000 So als würden sie sagen: 0:12:02.000,0:12:04.000 "Wenn du dich nicht benimmst, bin ich heute nicht pro-sozial." 0:12:04.000,0:12:06.000 Und das passiert ohne einen Partner, 0:12:06.000,0:12:08.000 wenn kein Partner da sitzt. 0:12:08.000,0:12:10.000 Also haben wir herausgefunden, dass Schimpansen 0:12:10.000,0:12:12.000 sich um das Wohlergehen anderer sorgen – 0:12:12.000,0:12:15.000 besonders wenn es um Mitglieder ihrer Gruppe geht. 0:12:15.000,0:12:18.000 Das endgültige Experiment, das ich erwähnen möchte, 0:12:18.000,0:12:20.000 ist unsere Fairness-Studie. 0:12:20.000,0:12:23.000 Sie wurde ziemlich berühmt. 0:12:23.000,0:12:25.000 Und jetzt gibt es noch viel mehr, 0:12:25.000,0:12:27.000 denn nachdem wir sie vor zehn Jahren durchführten, 0:12:27.000,0:12:29.000 wurde sie wohlbekannt. 0:12:29.000,0:12:31.000 Ursprünglich wurde sie mit Kapuzineräffchen durchgeführt. 0:12:31.000,0:12:34.000 Und hier zeige ich Ihnen das erste Experiment von damals. 0:12:34.000,0:12:37.000 Jetzt ist es auch mit Hunden und Vögeln 0:12:37.000,0:12:39.000 und Schimpansen durchgeführt worden. 0:12:39.000,0:12:43.000 Aber mit Sarah Brosnan führten wir sie mit Kapuzineräffchen durch. 0:12:43.000,0:12:45.000 Wir postierten damals also 0:12:45.000,0:12:47.000 zwei Kapuzineräffchen nebeneinander. 0:12:47.000,0:12:49.000 Diese Tiere leben zusammen in einer Gruppe und kennen sich. 0:12:49.000,0:12:52.000 Wir nehmen sie aus der Gruppe heraus und sie kommen in eine Testkammer. 0:12:52.000,0:12:54.000 Dort gibt es eine sehr einfache Aufgabe, 0:12:54.000,0:12:56.000 die sie verrichten müssen. 0:12:56.000,0:12:59.000 Wenn man beiden ein Stück Gurke für die Aufgabe gibt, 0:12:59.000,0:13:01.000 den beiden Äffchen nebeneinander, 0:13:01.000,0:13:03.000 dann tun sie das gern 25-mal hintereinander. 0:13:03.000,0:13:07.000 Also Gurke, die ist zwar meiner Meinung nach nur Wasser, 0:13:07.000,0:13:10.000 aber sie finden Gurke völlig in Ordnung. 0:13:10.000,0:13:13.000 Wenn man dem Partner aber Weintrauben gibt – 0:13:13.000,0:13:15.000 die kulinarischen Vorlieben meiner Kapuzineräffchen 0:13:15.000,0:13:18.000 sind proportional zu den Supermarktpreisen – 0:13:18.000,0:13:21.000 wenn man ihnen also Weintrauben gibt, ein weitaus besseres Essen, 0:13:21.000,0:13:24.000 dann wird Ungleichheit zwischen beiden hergestellt. 0:13:24.000,0:13:26.000 Dieses Experiment führten wir also durch. 0:13:26.000,0:13:29.000 Vor einer Weile nahmen wir es mit neuen Äffchen auf, die die Aufgabe nicht kannten, 0:13:29.000,0:13:31.000 wir dachten, sie würden vielleicht stärker reagieren, 0:13:31.000,0:13:33.000 und das war auch so. 0:13:33.000,0:13:35.000 Der Affe links ist der mit der Gurke als Belohnung. 0:13:35.000,0:13:38.000 Der Affe rechts bekommt die Trauben. 0:13:38.000,0:13:40.000 Beachten Sie bei dem Affen mit der Gurke, 0:13:40.000,0:13:42.000 dass das erste Stück Gurke vollkommen akzeptabel ist. 0:13:42.000,0:13:45.000 Sie isst das erste Stück. 0:13:45.000,0:13:48.000 Dann sieht sie, dass der andere eine Weintraube bekommt, und sehen Sie genau hin. 0:13:48.000,0:13:51.000 Sie gibt uns ein Steinchen. Das ist die Aufgabe. 0:13:51.000,0:13:54.000 Und wir geben ihr ein Stück Gurke und sie isst es. 0:13:54.000,0:13:57.000 Das andere Äffchen muss uns auch ein Steinchen geben. 0:13:57.000,0:14:00.000 Und jetzt macht sie das. 0:14:00.000,0:14:03.000 Sie bekommt die Weintraube und isst sie. 0:14:03.000,0:14:05.000 Die andere sieht das. 0:14:05.000,0:14:07.000 Jetzt gibt sie uns ein Steinchen, 0:14:07.000,0:14:10.000 und bekommt wieder Gurke. 0:14:12.000,0:14:27.000 (Lachen) 0:14:27.000,0:14:30.000 Sie probiert das Steinchen nun an der Wand aus. 0:14:30.000,0:14:32.000 Sie muss es uns geben. 0:14:32.000,0:14:35.000 Und sie bekommt wieder Gurke. 0:14:37.000,0:14:41.000 (Lachen) 0:14:43.000,0:14:47.000 Hier sehen Sie im Prinzip einen Wall-Street-Protest. 0:14:47.000,0:14:50.000 (Lachen) 0:14:50.000,0:14:53.000 (Beifall) 0:14:53.000,0:14:55.000 Ich möchte Ihnen – 0:14:55.000,0:14:57.000 ich habe noch zwei Minuten und eine Anekdote. 0:14:57.000,0:14:59.000 Diese Studie wurde sehr berühmt, 0:14:59.000,0:15:01.000 und wir bekamen viele Zuschriften, 0:15:01.000,0:15:03.000 besonders von Anthropologen, Ökonomen, 0:15:03.000,0:15:05.000 Philosophen. 0:15:05.000,0:15:07.000 Sie mochten das überhaupt nicht. 0:15:07.000,0:15:10.000 Denn sie hatten wohl für sich selbst beschlossen, 0:15:10.000,0:15:12.000 dass Fairness eine sehr komplexe Geschichte ist, 0:15:12.000,0:15:14.000 und sie in Tieren nicht existiert. 0:15:14.000,0:15:16.000 Ein Philosoph schrieb uns sogar, 0:15:16.000,0:15:19.000 dass es unmöglich war, dass Äffchen einen Sinn für Fairness hätten, 0:15:19.000,0:15:22.000 denn Fairness wurde in der französischen Revolution erfunden. 0:15:22.000,0:15:24.000 (Lachen) 0:15:24.000,0:15:27.000 Ein weiterer schrieb ein ganzes Kapitel darüber, 0:15:27.000,0:15:31.000 wie er glauben würde, dass es mit Fairness zu tun hätte, 0:15:31.000,0:15:33.000 wenn das Äffchen mit den Weintrauben diese verweigern würde. 0:15:33.000,0:15:35.000 Aber das Lustige bei Sarah Brosnan war, 0:15:35.000,0:15:37.000 sie hatte das ja mit Schimpansen gemacht, 0:15:37.000,0:15:39.000 und sie hatte ein paar Paarungen von Schimpansen, 0:15:39.000,0:15:42.000 wo tatsächlich der mit der Weintraube diese verweigern würde, 0:15:42.000,0:15:44.000 bis der andere auch eine Weintraube bekam. 0:15:44.000,0:15:47.000 Wir kommen also sehr nah an das menschliche Verständnis von Fairness heran. 0:15:47.000,0:15:51.000 Und ich denke, Philosophen müssen ihre Philosophie mal überdenken. 0:15:51.000,0:15:53.000 Ich fasse zusammen. 0:15:53.000,0:15:55.000 Ich glaube, es gibt eine entwickelte Moral. 0:15:55.000,0:15:57.000 Ich glaube, Moral ist viel mehr als das, worüber ich gesprochen habe, 0:15:57.000,0:16:00.000 doch ohne diese Zutaten, die wir in anderen Primaten finden, 0:16:00.000,0:16:02.000 wäre sie unmöglich, 0:16:02.000,0:16:04.000 also Einfühlungsvermögen und Trost, 0:16:04.000,0:16:07.000 pro-soziale Tendenzen und Gegenseitigkeit und ein Gerechtigkeitssinn. 0:16:07.000,0:16:10.000 Und so arbeiten wir an diesen Umständen 0:16:10.000,0:16:13.000 um herauszufinden, ob wir eine Moral von der Pike auf neu erschaffen können, 0:16:13.000,0:16:15.000 ohne dass zwingend Gott und Religion darin verwickelt sind, 0:16:15.000,0:16:18.000 und um herauszufinden, wie wir zu einer entwickelten Moral gelangen können. 0:16:18.000,0:16:21.000 Und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. 0:16:21.000,0:16:30.000 (Beifall)