Muskeln und Gelenke schieben und drücken. Der Herzrhythmus beschleunigt sich, das Blut tost durch Venen und Arterien. Während einer Schwangerschaft verändern sich alle Organe des Körpers. Ausgelöst durch eine Reihe Hormone, setzen diese Veränderungen gleich zu Beginn der Schwangerschaft ein. Wenige Tage nach der Befruchtung nistet sich der Embryo in der Gebärmutterschleimhaut ein. Da sich seine DNA von der seiner Mutter unterscheidet, müsste ihn das Immunsystem eigentlich als Fremdkörper erkennen, ihn angreifen und zerstören, genau wie Bakterien und andere schädliche Mikroben. Das ist die Aufgabe: Das Immunsystem der Mutter muss sowohl sie als auch den Fötus schützen, aber es kann nicht agieren wie sonst. Der Körper reagiert nicht einfach mit verringerter Immunabwehr, sondern mit einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Arten von Immunzellen, das wir gerade erst zu verstehen beginnen. Einige Immunzellen schützen offenbar den Fötus vor den Angriffen anderer. Außerdem bildet sich am Muttermund ein antibakterieller Schleimpfropf, der Keime abhält und bis zum Beginn der Geburt verschlossen bleibt. Im Laufe der Schwangerschaft dehnt sich die Gebärmutter mit dem Fötus nach vorn und nach oben aus. Um Platz zu schaffen, geben die Hormone Progesteron und Relaxin den Muskeln das Signal, zu entspannen. Auch die Muskeln, die Stoffe durch den Verdauungstrakt befördern, entspannen. Das macht sie träge und die verlangsamte Verdauung führt zu Verstopfung. Gelockerte Muskeln am Magen können dazu führen, dass Säure in Speiseröhre und Rachen gelangt und Sodbrennen verursacht. Das verstärkt oft morgendliche Übelkeit, die unter anderem durch das Hormon HCG entsteht und auch zu anderen Tageszeiten auftreten kann. Die wachsende Gebärmutter drückt gegen das Zwerchfell, den Muskel, der die Brust beim Atmen dehnt und zusammenzieht. Das schränkt das Zwerchfell ein. Zum Ausgleich regt das Hormon Progesteron die Atmung an. Die Schwangere atmet schneller, so dass sie und das Baby trotz verringerter Lungenkapazität genug Sauerstoff erhalten. Das kann bei der Schwangeren zu Kurzatmigkeit führen. Die Nieren schütten derweil vermehrt Erythropoetin aus, ein Hormon für die Produktion roter Blutkörperchen. Die Nieren geben nun auch weniger Salz und Wasser in den Urin ab und nutzen diese Stoffe für den Aufbau des Blutvolumens. Das Blutvolumen einer Schwangeren erhöht sich um mindestens 50 %. Doch das Blut ist dünner, da es nur rund 25 % mehr rote Blutkörperchen enthält. Unser Körper bildet Blutzellen mithilfe von Eisen in der Nahrung. Doch auch der Fötus nutzt Nährstoffe von der Mutter zum Blutaufbau. So bleiben weniger Nährstoffe und Eisen für die Mutter. Das Herz muss mehr arbeiten, um all das Blut durch Körper und Plazenta zu pumpen. Schwangere haben eine erhöhte Herzfrequenz. Aber wie sich ihr Blutdruck verändert, ist noch relativ unklar -- ein wichtiges Forschungsgebiet, denn einige der schwersten Komplikationen hängen mit Herz und Blutdruck zusammen. Die wachsende Gebärmutter kann auf Venen drücken. Dadurch sammelt sich Flüssigkeit in den Beinen und Füßen. Drückt sie auf eine große Vene namens Vena cava, kann das den Blutrückfluss zum Herzen beeinträchtigen. Das führt nach langem Stehen zu Blutdruckabfall und Schwindel. Schon vor der Geburt macht der Körper einige Veränderungen rückgängig. Kurz vor der Geburt senkt sich der Fötus, der Druck auf das Zwerchfell lässt nach und die Schwangere kann wieder tiefer atmen. Im Lauf der Geburt geht mit dem Fruchtwasser auch ein Großteil der zusätzlichen Flüssigkeit ab. In den Wochen nach der Geburt nimmt die Gebärmutter wieder ihre ursprüngliche Größe an. Eine Schwangerschaft hat auch Auswirkungen auf das Gehirn. Doch darüber wissen wir bisher nur sehr wenig. Neue Studien zeigen nach der Geburt in der ersten Zeit der Mutterschaft Veränderungen im Hirnscan. Diese Veränderungen sind vermutlich adaptiv. Das heißt, sie könnten mütterliche Kompetenzen fördern etwa die Fähigkeit, Mimik zu deuten, da Babys nicht sprechen können. Das fehlende Wissen in diesem Bereich zeigt eine allgemeine Wahrheit: Bisher beschäftigte sich die Forschung fast ausschließlich mit dem Fötus und nicht mit der Schwangeren. Das Erleben von Schwangerschaft variiert stark -- sowohl bei gesunden Schwangerschaften als auch wegen gesundheitlicher Probleme. Neue Forschung wird helfen, das zu verstehen und wirksame Behandlungen zu entwickeln. Jede Schwangerschaft ist anders und es ist wichtig, bei Fragen einen Arzt aufzusuchen. Heute wendet sich das Blatt, da sich mehr Forscher der faszinierenden Biologie der Schwangerschaft zuwenden.