Ich bin heute hier um meine Fotos von den Lakotas zu zeigen.
Viele von Ihnen haben vielleicht schon von den Lakota gehört
oder zumindest von der größeren Stammesgruppe
namens Sioux.
Die Lakota sind einer von vielen Stämmen die von ihrem Land
in Kriegsgefangenenlager umgesiedelt wurden
die man heute Reservate nennt.
Das Pine Ridge Reservat,
das Thema der heutigen Präsentation,
befindet sich ungefähr 75 Meilen südöstlich
der Black Hills in South Dakota.
Es wird manchmal
als Kriegsgefangenenlager Nummer 334 bezeichnet,
und dort leben die Lakota heute.
Falls jemand von Ihnen schon einmal von AIM gehört hat,
der Bewegung der Amerikanischen Indianer (American Indian Movement),
oder von Russell Means,
oder Leonard Peltier,
oder von dem Patt von Oglala
dann wissen Sie dass Pine Ridge das Explosionszentrum, der Ground Zero ist
wenn es um die Belange der Indianer in den USA geht.
Ich wurde also gebeten heute ein bisschen
über meine Beziehung mit den Lakota zu sprechen,
was für mich sehr schwierig ist.
Denn, falls Sie es nicht schon an meiner Hautfarbe erkannt haben,
ich bin ein Weißer,
und das ist ein riesiges Hemmnis in einem Indianerreservat.
Sie werden heute viele Leute in meinen Fotos sehen,
denen ich sehr nahe gekommen bin, und die mich wie ein Familienmitglied willkommen geheißen haben.
Sie haben mich Bruder und Onkel genannt
und mich über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg immer wieder eingeladen.
Aber in Pine Ridge
werde ich immer ein sogenannter wasichu sein,
und wasichu ist ein Lakota-Wort
das Nicht-Indianer bedeutet,
aber eine andere Bedeutung dieses Wortes
lautet "der der das beste Fleisch für sich selbst nimmt".
Und darauf möchte ich mich konzentrieren -
auf den der den besten Teil vom Fleisch nimmt.
Das bedeutet gierig.
Also sehen Sie sich heute in diesem Saal um.
Wir befinden uns in einer Privatschule im Westen Amerikas,
sitzen auf roten Samtstühlen
und haben Geld in unseren Taschen.
Und wenn wir uns unsere Leben einmal anschauen,
dann haben wir uns tatsächlich
den besten Teil des Fleisches genommen.
Also schauen wir uns heute einmal eine Reihe Fotos an
von einem Volk das verloren hat
damit wir gewinnen konnten,
und seien Sie sich bewusst, dass wenn sie die Gesichter dieser Menschen sehen,
das nicht nur Bilder der Lakota sind;
sie stehen für alle indigenen Völker.
Auf diesem Stück Papier
steht die Geschichte wie ich sie
von meinen Lakota Freunden und meiner Lakota Familie gelernt habe.
Was folgt ist eine Zeitachse
von Verträgen die geschlossen wurden, Verträgen die gebrochen wurden
und Massakern die als Schlachten getarnt wurden.
Ich werde im Jahr 1824 beginnen.
"Die sogenannte Abteilung für Indianische Angelegenheiten (Bureau of Indian Affairs)
wurde im Kriegsministerium geschaffen,
was früh einen aggressiven Ton
in unserem Umgang mit den Eingeborenen Amerikas setzte.
1851:
Der erste Vertrag von Fort Laramie wurde abgeschlossen,
und markierte die Grenzen der Lakota Nation deutlich.
Dem Vertrag zufolge
ist dieses Land eine eigenständige Nation.
Wenn die Grenzen dieses Vertrages bestanden geblieben wären -
und es gibt eine rechtliche Grundlage dafür -
würden die USA heute so aussehen.
10 Jahre später
ließ der von Präsident Lincoln unterzeichnete Homestead Act
eine Flut von weißen Siedlern über das Land der Indianer hereinbrechen.
1863:
Ein Aufstand der Santee Sioux in Minnesota
endet in der Erhängung von 38 Sioux Männern,
der größten Massenhinrichtung in der Geschichte der USA.
Die Hinrichtung wurde von Präsident Lincoln angeordnet,
nur zwei Tage nachdem
er die Emanzipations-Proklamation unterzeichnet hatte.
1866, der Anfang der transkontinentalen Eisenbahn -
eine neue Ära.
Wir beschlagnahmten Land für Trassen und Züge
um eine Abkürzung durch das Herz der Lakota Nation schlagen zu können.
Die Verträge waren damit vergessen.
Als Reaktion darauf attackierten und besiegten drei Stämme, geführt von dem Lakota Häuptling Red Cloud
die US Arme wiederholt.
Ich möchte diesen Teil noch einmal wiederholen.
Die Lakota besiegten die US Armee.
1868: Der zweite Vertrag von Fort Laramie
garantiert eindeutig die Souveränität der Großen Sioux Nation (Great Sioux Nation)
und die Besitzrechte der Lakota über die heiligen Black Hills.
Die Regierung versprach auch Land- und Jagdrechte
in den umliegenden Staaten.
Wir versprechen dass das Powder River Land
von nun an für alle Weißen gesperrt sein wird.
Der Vertrag schien ein Sieg auf ganzer Linie
für Red Cloud und die Sioux zu sein.
In Wirklichkeit ist es der einzige Krieg in der amerikanischen Geschichte
bei dem die Regierung einen Frieden aushandelte
indem sie allen Forderungen des Feindes nachgab.
1869:
Die transkontinentale Eisenbahn wurde fertiggestellt.
Sie transportierte, unter anderem, viele Jäger
die mit der massenhaften Jagd auf Büffel begannen
und dadurch etwas auslöschten was für die Sioux eine Quelle von Nahrung, Kleidung und Schutz darstellte.
1871:
Der Indian Appropriation Act
macht alle Indianer zu Mündeln der amerikanischen Bundesregierung.
Zusätzlich gab das Militär Befehle,
die es den Indianern des Westens verboten, die Reservate zu verlassen.
Alle Indianer des Westens
wurden zu diesem Zeitpunkt zu Kriegsgefangenen.
Ebenfallls im Jahr 1871
beendeten wir die Zeit des Vertragsschließens.
Das Problem bei Verträgen ist dass sie es den Stämmen erlauben als souveräne Nationen zu leben,
und das konnten wir nicht zulassen,
wir hatten Pläne.
1874:
General George Custer verkündete die Entdeckung von Gold auf dem Gebiet der Lakota,
genauer gesagt in den Black Hills.
Die Nachricht von Gold führt zu einem massiven Zustrom an weißen Siedlern
in die Lakota Nation.
Custer empfiehlt dass der Kongress eine Möglichkeit finden sollte,
die Verträge mit den Lakota
so schnell wie möglich zu beenden.
1875: Der Lakota Krieg beginnt
wegen des Verstoßes gegen den Vertrag von Fort Laramie.
1876:
Am 26. Juli
wurde Custers 7. Kavallerie, die auf dem Weg war ein
Lakota Dorf anzugreifen,
in der Schlacht am Little Big Horn dem Erdboden gleichgemacht.
1877:
Der große Lakota Krieger und Häuptling namens Crazy Horse (verrücktes Pferd)
kapituliert bei Fort Robinson.
Er wurde später in Haft getötet.
1877 ist auch das Jahr in dem wir eine Möglichkeit fanden
die Verträge von Fort Laramie zu umgehen.
Ein neues Abkommen wurde den Sioux Häuptlingen und ihren führenden Männern vorgelegt
im Rahmen einer Kampagne namens "verkauf oder stirb."
Unterschreib den Vertrag, oder es gibt kein Essen für deinen Stamm.
Nur 10 Prozent der erwachsenen Männer unterschrieben.
Der Vertrag von Fort Laramie
verlangte, dass mindestens drei viertel des Stamms
unterschreiben müssten um Land abzutreten.
Diese Klausel wurde offensichtlich ignoriert.
1887: Der Dawes Act.
Der kommunale Landbesitz in Reservaten endet.
Die Reservate werden in Stücke von 160 Morgen (647,5m²) zerteilt
und an individuelle Indianer verteilt,
der Überschuss wird entsorgt.
Die Stämme verloren Millionen Morgen.
Der Amerikanische Traum vom individuellen Landbesitz
stellte sich als eine sehr raffinierte Art und Weise heraus
das Reservat zu zerteilen bis nichts mehr übrig blieb.
Dieser Schachzug zerstörte die Reservate
und machte es leichter Gebiete mit jeder Generation weiter
zu zerteilen und zu verkaufen.
Der größte Teil des überschüssigen Landes
und viele der Grundstücke innerhalb der Reservatsgrenzen
befinden sich nun in den Händen von weißen Viehzüchtern.
Wieder einmal geht das beste Fleisch an wasichu.
1890, ein Datum, das ich für das
wichtigste in dieser Präsentation halte.
Dies ist das Jahr des Massakers von Wounded Knee.
Am 29. Dezember
umzingelten US-Truppen ein Sioux Camp an einem Bach namens Wounded Knee
und massakrierten den Häuptling Big Foot
und 300 Kriegsgefangene
mit einer neuen Schnellfeuerwaffe,
namens Hotchkiss Geschütz,
die explodierende Geschosse abfeuerte.
Für diese sogenannte Schlacht
wurden 20 Ehrenmedallien des Kongresses für Tapferkeit
an die 7.Kavallerie verliehen.
Bis heute
sind dies die meisten Ehrenmedaillen
die jemals für eine Schlacht vergeben wurden.
Mehr Ehrenmedaillen
wurden für das wahllose Abschlachten von Frauen und Kindern vergeben
als für irgendeine Schlacht im Ersten Weltkrieg,
dem Zweiten Weltkrieg,
Korea, Vietnam,
Irak oder Afghanistan.
Das Massaker von Wounded Knee
wird als das Ende der Indianerkriege angesehen.
Wann immer ich den Ort
des Massengrabes am Wounded Knee besichtige
sehe ich ihn nicht nur als ein Grab
für die Lakota oder die Sioux,
sondern als ein Grab für alle eingeborenen Völker.
Der heilige Mann, Black Elk, sagte
"Ich wusste damals nicht
wie viel damit beendet wurde.
Wenn ich heute zurückblicke
von diesem hohen Hügel meines Alters aus
kann ich immer noch die abgeschlachteten Frauen und Kinder sehen
die aufgehäuft und verstreut
überall entlang der gekrümmten Schlucht lagen,
und das genauso deutlich wie ich sie sah
als meine Augen noch jung waren.
Und ich kann sehen, dass noch etwas anderes dort im blutigen Schlamm starb
und im Schneesturm begraben wurde.
Der Traum eines Volkes starb dort,
und es war ein wunderschöner Traum."
Mit diesem Ereignis begann
eine neue Ära in der Geschichte der Indianer.
Alles kann in "vor Wounded Knee"
und "nach Wounded Knee" eingeteilt werden.
Denn in diesem Moment,
mit den Fingern am Abzug der Hotchkiss Geschütze
hat die US Regierung offen ihre Einstellung zu den Rechten der Eingeborenen verkündet.
Sie waren die Verträge leid.
Sie waren die heiligen Hügel leid.
Sie waren die Geistertänze leid.
Und sie waren die ganzen Unannehmlichkeiten mit den Sioux leid.
Also holten sie ihre Kanonen raus.
"Wollt ihr jetzt ein Indianer sein?" fragten sie
mit dem Finger am Abzug.
1900:
Die indianische Bevölkerung in den USA erreicht ihren Tiefpunkt
weniger als 250 000
verglichen mit geschätzten acht Millionen
im Jahr 1492.
Spulen wir vor.
1980:
Das längste Gerichtsverfahren in der Geschichte der USA,
die Sioux Nation gegen die Vereinigten Staaten,
wurde vom US Supreme Court (Oberster Gerichtshof) entschieden.
Das Gericht beschloß, dass als die Sioux in die Reservate umgesiedelt wurden
und sieben Million Morgen ihres Landes
für Goldsucher und Siedler freigegeben wurden,
gegen die Bestimmungen des zweiten Vertrages von Fort Laramie
verstoßen worden war.
Das Gericht erklärte,
dass die Black Hills illegal in Besitz genommen wurden
und das der ursprüngliche Angebotspreis plus Zinsen
an die Sioux Nation gezahlt werden solle.
Als Bezahlung für die Black Hills,
sprach das Gericht der Sioux Nation
nur 106 Millionen Dollar zu.
Die Sioux lehnten das Geld mit der Parole
"Die Black Hills stehen nicht zum Verkauf" ab.
2010:
Statistiken über die eingeborene Bevölkerung heute,
mehr als ein Jahrhundert nach dem Massaker von Wounded Knee,
offenbaren ein Erbe der Kolonialzeit,
erzwungener Migration
und Vertragsverstößen.
Die Arbeitslosenrate im Pine Ridge Reservat
schwankt zwischen 85 und 90 Prozent.
Das Wohnungsamt kann keine neuen Gebäude errichten
und die existierenden Gebäude zerfallen.
Viele sind obdachlos
und jene, die eine Behausung haben sind mit bis zu fünf Familien
in verrottenden Gebäuden eingepfercht.
39 Prozent der Häuser in Pine Ridge
haben keinen Strom.
Mindestens 60 Prozent der Häuser auf dem Reservat
sind von Schwarzschimmel befallen.
Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung
lebt unter der von der Regierung festgelegten Armutsgrenze.
Die Tuberkuloserate in Pine Ridge
ist ungefähr acht mal so hoch wie der amerikanische Durchschnitt.
Die Kindersterblichkeitsrate
ist die höchste auf diesem Kontinent
und ist ungefähr drei mal so hoch wie der amerikanische Durchschnitt.
Gebärmutterhalskrebs tritt fünf mal so oft auf
als im amerikanischen Durchschnitt.
Der Anteil der Schulabbrecher beträgt bis zu 70 Prozent.
Die Lehrerfluktuation
ist acht mal so hoch wie im amerikanischen Durchschnitt.
Oft ziehen Großeltern ihre Enkel auf,
weil Eltern, aufgrund von Alkoholismus,
häuslicher Gewalt und allgemeiner Apathie
dazu nicht in der Lage sind.
50 Prozent der Bevölkerung über 40
leidet an Diabetes.
Die Lebenserwartung für Männer
liegt zwischen 46
und 48 Jahren -
was ungefähr der
Afghanistans und Somalias entspricht.
Das letzte Kapitel bei jedem erfolgreichen Völkermord
ist das in dem der Unterdrücker
seine Hände wegnehmen und sagen kann
"Um Gottes Willen, was tun diese Menschen sich an?
Sie töten sich gegenseitig.
Sie töten sich selbst,
während wir ihnen beim Sterben zusehen."
So haben wir die Vereinigten Staaten in unseren Besitz genommen.
Dies ist das Vermächtnis
der Idee vom "Manifest Destiny".
Gefangene werden immer noch
in Kriegsgefangenenlager hineingeboren,
lange nachdem die Wachen abgezogen sind.
Dies sind die Knochen
die übriggeblieben sind nachdem das beste Fleisch genommen wurde.
Vor langer Zeit
wurde eine Reihe von Ereignissen in Bewegung gesetzt,
von Menschen die aussehen wie ich, von wasichu,
erpicht darauf das Land und das Wasser
und das Gold in den Hügeln zu nehmen.
Diese Ereignisse führten zu einem Dominoeffekt
der noch nicht aufgehört hat.
Wie fern wir, die dominierende Gesellschaft, uns auch fühlen mögen
von einem Massaker im Jahr 1890,
oder einer Reihe von gebrochenen Verträgen vor 150 Jahren,
Ich muss Ihnen trotzdem die Frage stellen,
wie Sie sich angesichts der Statistiken von heute fühlen sollten?
Was ist die Verbindung
zwischen diesen Bildern von Leid
und der Geschichte die ich Ihnen gerade vorgelesen habe?
Und wieviel von dieser Geschichte
müssen wir überhaupt wissen?
Ist irgendetwas davon heute Ihre Verantwortung?
Mir wurde gesagt, dass es etwas geben muss was wir tun können.
Es muss einen Aufruf zum Handeln geben.
Denn so lange stehe ich schon an der Seitenlinie,
zufrieden damit ein Zeuge zu sein,
der lediglich Fotos macht.
Denn die Lösung scheint so weit in der Vergangenheit zu liegen,
dass ich nichts weniger als eine Zeitmaschine bräuchte,
um die Lösungen greifen zu können.
Das Leid der eingeborenen Völker
ist kein Problem das sich einfach lösen lässt.
Es ist nichts wofür sich jeder engagieren kann,
so wie sich jeder für Haiti engagieren kann,
oder gegen Aids, oder für den Kampf gegen eine Hungersnot.
Die - sogenannte - Lösung
könnte für die dominierende Gesellschaft viel schwieriger sein
als zum Beispiel ein 50 Dollar Scheck
oder ein Kirchenausflug
um ein paar graffitiverschmierte Häuser zu streichen,
oder dass eine Vorstadtfamilie
eine Schachtel Kleider spendet die sie nicht einmal mehr wollen.
Was bleibt uns also?
Im Dunkeln mit den Schultern zu zucken?
Die Vereinigten Staaten
verstoßen täglich
weiter gegen die Bedingungen
der Verträge mit den Lakota von Fort Laramie
aus den Jahren 1851 und 1868.
Den Aufruf zum Handeln den ich heute anbieten kann -
mein TED Wunsch - ist folgender:
Respektieren Sie die Verträge.
Geben Sie die Black Hills zurück.
Es geht Sie nichts an was sie damit machen.
(Beifall)