33C3 Vorspannmusik
Erzähler: Guten Abend.
Was sie hier heute sehen werden,
ist keine Fiktion.
Die Wörter, Sätze und Szenen,
die wir Ihnen gleich präsentieren,
wurden so gesagt.
Es sind die wortgetreuen Aussagen von
deutschen Beamten, die als Zeugen vor
einem Untersuchungsausschuss des
Deutschen Bundestages vorgeladen waren.
Dieser Untersuchungsausschuss bemüht sich
seit mehr als zweieinhalb Jahren das
Treiben des Bundesnachrichtendienstes und
des Bundesamtes für Verfassungsschutz
aufzuklären:
Helfen die beiden Behörden dem
amerikanischen Geheimdienst NSA, deutsche
Bürger und deutsche
Unternehmen auszuspionieren?
Verstoßen die deutschen
Nachrichtendienste gegen Gesetze?
Sind sie außer Kontrolle geraten?
Führen sie ein Eigenleben?
In unserem Stück treten auf:
Der Vorsitzende –
äh Licht -
Applaus
Mitglied der Unionsfraktion und
Leiter des Untersuchungsausschusses.
Die Koalition –
Applaus
Abgeordnete von Union und SPD, die
aufklären wollen, aber nicht zu viel,
denn ihre Parteien stellen
gleichzeitig die Bundesregierung.
Die Opposition –
Applaus
Abgeordnete von Linkspartei und Grünen,
die aufklären wollen, aber im Zweifel
nicht dürfen, da sie keine Mehrheit haben.
Der Zeuge –
Applaus
Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes,
vom kleinen Sachbearbeiter
bis zum großen General.
Der Rechtsanwalt –
Applaus
der schlecht gelaunte Rechtsbeistand
des Zeugen, der dafür sorgen soll,
dass er nicht zu viel verrät.
Und schließlich: Die Bundesregierung
Die Bundesregierung –
Applaus
Herrscherin über alle Informationen und
Wächterin aller Geheimnisse. Sie werden
hören, welche Fragen die Abgeordneten
stellen. Und Sie werden hören, welche
Antworten sie von den
Geheimdienst-Mitarbeitern bekommen.
Noch einmal: Wir haben nichts
dazugedichtet. Wir haben lediglich die
vielen hundert Stunden der Befragungen im
NSA-Untersuchungsausschuss ein klein wenig
gekürzt. Selbstverständlich werden Sie
daher nur einen Ausschnitt erleben
– einige kurze Blicke hinter den Vorhang
der Geheimhaltung. Doch wir hoffen, dass
ihnen diese Momente einen Eindruck davon
vermitteln, wie wichtig es ist,
Überwacher zu überwachen.
Viel Vergnügen!
Applaus
Vorsitzender: Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Ich eröffne die Sitzung des
1. Untersuchungsausschusses der 18.
Wahlperiode. Nach Artikel 44 Absatz 1 des
Grundgesetzes erhebt der Untersuchungsausschuss
seine Beweise in öffentlicher Verhandlung.
Ich stelle fest: Die Öffentlichkeit ist
hergestellt. Die Öffentlichkeit und die
Vertreter der Presse darf ich an dieser
Stelle ganz herzlich begrüßen. Bevor ich
zum Gegenstand der heutigen Sitzung komme,
gestatten Sie mir einige Vorbemerkungen:
Ton- und Bildaufnahmen sind während der
öffentlichen Beweisaufnahme grundsätzlich
nicht zulässig. Ein Verstoß gegen dieses
Gebot kann nach dem Hausrecht des
Bundestages nicht nur zu einem dauernden
Ausschluss von den Sitzungen dieses
Ausschusses sowie des gesamten Hauses
führen, sondern gegebenenfalls auch
strafrechtliche Konsequenzen nach sich
ziehen. Ich rufe nun den einzigen
Tagesordnungspunkt der Tagesordnung auf:
Es wird Beweis erhoben zum
Untersuchungsauftrag: Wurden durch
Überwachungsprogramme des US-amerikanischen
Nachrichtendienstes NSA Daten einer
Speicherung sowie einer Auswertung
unterzogen, von der auch Kommunikation
von, nach und in Deutschland betroffen war?
Haben Stellen des Bundes Daten aus
entsprechenden Aktivitäten erlangt oder
genutzt sowie dafür vorgesehene
möglicherweise Gegenleistungen erbracht?
Nach dieser notwendigen Vorbemerkung
stelle ich fest, dass der Zeuge
ordnungsgemäß geladen ist: Herr Zeuge,
herzlichen Dank, dass Sie der Einladung
gefolgt sind und dem Ausschuss für diese
Vernehmung zur Verfügung stehen. Vor Ihrer
Anhörung habe ich Sie zu belehren. Als
Zeuge sind Sie verpflichtet, die Wahrheit
zu sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und
vollständig sein. Wer vor dem
Untersuchungsausschuss uneidlich falsch
aussagt, kann gemäß § 162 in Verbindung
mit § 153 des Strafgesetzbuches mit
Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu
fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft werden.
Herr Zeuge, bitte nennen Sie uns nun Ihren
Namen und eine ladungsfähige Anschrift, in
Ihrem Fall genügt die Angabe der Initialen
und die Anschrift Ihrer Dienststelle.
Zeuge: Ja, äh ...
klopft an Mikrofon
B.N.D., Gardeschützenweg, Berlin.
Vorsitzender: So, ich stelle fest, dass
Sie von einem Rechtsbeistand begleitet
werden. Der Rechtsbeistand ist uns zwar
bekannt. Aber, Herr Rechtsanwalt, möchten
Sie sich kurz vorstellen?
Rechtsanwalt: Sie haben ja meinen Namen
schon genannt. Vielen Dank.
Vorsitzender: Klar. Hätte ja sein können,
dass ich noch bestimmte Insignien der
Macht vergessen habe. Aber, Herr
Rechtsanwalt: Schön, dass Sie da sind.
Vorsitzender: Herr Zeuge, wir kommen dann
zu Ihrem Eingangsstatement. Sie können an
dieser Stelle en bloc vortragen, wenn das
gewünscht ist. Natürlich nur zum
Gegenstand der Vernehmung. Das ergibt
sich aus § 24 Absatz 4 des
Untersuchungsausschussgesetzes.
Sie haben das Wort.
Zeuge: Äh, ja. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
räuspert sich
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Ich arbeite beim Bundesnachrichtendienst.
Und es war im letzten Jahr ungewöhnlich
viel zu lesen über den BND. Das Bild des
BND war geprägt von Misstrauen und
unzutreffenden Behauptungen über eine
angebliche anlasslose, massenhafte
Ausspähung deutscher Bürger. Ich
persönlich weiß nicht, warum man nur allzu
gerne glaubt, der BND wäre eine Art
übermächtiger Nachfolger der
Staatssicherheit der DDR oder eine
Vereinigung von Tausenden Kriminellen, die
im rechtsfreien Raum tun und lassen
würden, was sie wollen.
Denn das sind wir nicht.
Wir sind …
Lachen im Publikum
Wir sind der Auslandsnachrichtendienst–
und ich wiederhole das sehr gerne noch
einmal: Der Auslandsnachrichtendienst der
Bundesrepublik Deutschland mit einem
gesetzlichen Auftrag und einer
parlamentarischen Kontrolle und, ob Sie es
mir nun glauben wollen oder nicht, mit
ganz normalen Mitarbeitern, die Familien
zu Hause haben und die sich an Recht und
Gesetz halten. Ich persönlich arbeite
schon lange für den BND und ich habe in
vielen Projekten mitgewirkt. Natürlich
wurden und werden all diese Projekte
fachlich auf Herz und Niere geprüft, aber
vor allem auch rechtlich: Durch Juristen,
durch Abteilungsleiter und auch durch die
Leitung des Dienstes. Meine Erfahrung ist,
dass der BND nicht leichtfertig damit
umgeht. Im BND heiligt nicht der Zweck die
Mittel, sondern Projekte werden im Zweifel
lieber einmal nicht durchgeführt; denn die
Mitarbeiter halten sich an Recht und Gesetz.
Vorsitzender: Ganz herzlichen Dank für
diese Ausführungen. Dann beginnt nun die
erste Fragerunde mit den Fragen
der Regierungskoalition, Frau Kollegin.
Koalition: Dankeschön. Herr Zeuge, Sie
machen mir einen sehr strukturierten
Eindruck. Daher will ich Ihnen kurz die
Fragen erläutern: Was ist aus Ihrer Sicht
Anlasslosigkeit? Was ist aus Ihrer Sicht
eine Massendatenerfassung? Vielleicht
fangen wir mit Letzterem an. Wie würden
Sie eine Massendatenüberwachung definieren?
Zeuge: Also eines muss ich gleich sagen:
Ich äh bin sehr wohl aufgeregt. Vielleicht
wirke ich da nur anders. Massendaten-
erfassung wäre für mich, wenn ich ohne
Grund alle Daten speichern würde, die ich
zum Beispiel an einem bestimmten
Internetknoten abgreifen kann.
Koalition: Worauf ich hinaus möchte: Nach
meinem Verständnis bringt eine
Massendatenerfassung im neutralen
informationstechnischen Sinn – also nicht
im juristischen oder im politischen – keine
Quantitäten zum Ausdruck, also irgendwelche
Stückzahlen von Daten. Man könnte auch
sagen: Eine Massendatenerfassung liegt vor,
wenn ich eine Leitung XY auswähle. Denn
dann habe ich eine Masse von Daten, die
dort anfallen und die ich in einen
gezielten Analyseprozess überführe.
Schließen Sie sich dem an?
Wie sehen Sie das?
Zeuge: Also Entschuldigung, aber da habe
ich eine etwas andere Auffassung. Für mich
ist eine Massendatenerfassung die
anhaltslose Erfassung von unausgewählten
Daten auf Vorrat. Und genau das tun wir
eben nicht. So eine Leitung ist kleiner,
als Sie vielleicht denken.
Lachen
Äh, ja ... Da möchte ich ungern von einer
Massendatenerfassung sprechen.
Lachen
Wir nehmen auch nicht alle Daten. Wir
suchen uns die Daten aus, die für den
jeweiligen Auftrag relevant sind.
Koalition: Dann muss ich umgekehrt fragen:
Wann wäre denn eine Massendatenerfassung
aus Ihrer Sicht gegeben?
Zeuge: Also der Begriff „Massendaten“
suggeriert, dass wir keine Auswahl
treffen, sondern
massenhaft Daten erfassen.
Lachen
Äh das würde bedeuten, selbst wenn wir
eine Auswahl treffen und dann immer noch
eine Unmenge an Daten haben, dass wir
nicht gezielt nach unserem Auftrag arbeiten.
Wir müssen jedoch so früh wie möglich die
erfassten Daten einschränken, sodass sie
am Schluss ein Mensch
überhaupt noch bearbeiten kann.
Vorsitzender: Vielen Dank, Frau Kollegin.
Wir kommen nun zu den Fragen der Opposition.
Opposition: Die Mengen, die man so liest,
verwundern dann aber doch. Können Sie dazu
irgendetwas sagen, zu den Mengen
an Daten, die anfallen?
Zeuge: Welche Mengen?
Opposition: Metadaten, die pro Tag
anfallen in den Außenstellen des BND ...
Zeuge: Also das müsste ich jetzt auch
schätzen. Ich würde sagen: Millionen.
Lachen
Opposition: Genau, das würde ich auch
denken. Wenn diese Daten beim BND
anfallen, teilt man die irgendwie?
Zeuge: Mit anderen Diensten, meinen Sie jetzt?
Opposition: Leitet man die weiter?
Zeuge: Ja ... Man teilt natürlich welche
mit anderen Diensten. Aber das ist ein
sehr verschwindend geringer Teil. Die große
Masse behält man natürlich für sich selbst,
Lachen, Applaus
weil man sie ja braucht
zur Analyse neuer Ziele.
Lachen, Applaus
Worauf spielen Sie jetzt an?
Ich nehme an auf den Artikel, der in
der ZEIT ONLINE erschienen ist?
Opposition: Auf den Artikel, genau.
Zeuge: Ja. Ich glaube, da standen
220 Millionen Metadaten pro Tag.
Opposition: Genau.
Zeuge: Und da stand, die
gehen alle an die USA, oder?
Opposition: Ja.
Zeuge: Ja und das stimmt nicht.
Lachen
Opposition: Das stimmt nicht?
Zeuge: Das stimmt nicht.
Opposition: Sondern? Wo gehen die hin?
Zeuge: Die bleiben bei uns.
Lachen
Opposition: Und wie viele davon gehen in
die USA? Denn es wäre eine wichtige
Aussage, zu sagen: „Das stimmt nicht.“
Damit wir einschätzen können,
wie weit das nicht stimmt.
Zeuge: Äh, also da würde ich auf die
nichtöffentliche Sitzung verweisen.
Ich sag mal so viel: Ich glaub, das kann
ich sagen, das ist im Promillebereich.
Das ist weniger als im Promillebereich.
Opposition: Also wenn man 220 Millionen Daten
am Tag hat, sind Promille natürlich auch schon viel.
Zeuge: Nein.
Lachen, Applaus
Opposition: Wenn man 220 Millionen
Metadaten jeden Tag hat und rechnet das
mal 365, dann kommt man in den Milliarden-
bereich. Und wenn man dann „Promille“
sagt, dann geht es immer noch um viel Holz.
Zeuge: Also das ist nicht anlasslos.
Das ist quasi selektiv.
Opposition: Ja, das ist die interessante Frage.
Zeuge: Ja also mich ärgert der Artikel sehr.
Opposition: Natürlich…
Lachen
Opposition: Sie versuchen, sich
an den Grundrechtsschutz zu halten. Aber
wenn die Amerikaner in Dänemark unsere
Daten sammeln und der BND die dänischen
Daten sammelt und nachher tauscht man
fröhlich, dann führt das am Ende eben doch
zu einer Massenüberwachung.
Und Sie sind ein Teil davon.
Zeuge: Aber das versuche ich ja gerade auszuräumen.
Opposition: Ja, aber das überzeugt mich nicht.
Lachen
Zeuge: Schade.
Lachen, Applaus
Opposition: Noch mal zu diesem letzten
Punkt. Die Daten, von denen hier die Rede
ist, diese 220 Millionen, das sind
nur Telefondaten, nur Wählverkehre?
Zeuge: Ja, so ist es.
Opposition: Keine Internetdaten?
Zeuge: So ist es, ja.
Opposition: Werden irgendwo
Internetdaten gespeichert?
Zeuge: zögernd Ja.
Lachen
Darüber hatten wir ja in der
nichtöffentlichen Sitzung gesprochen –
beim Projekt „Eikonal“.
Opposition: Ja, dann sollten wir diesen
Punkt auch nichtöffentlich fortsetzen?
Zeuge: Ja.
Vorsitzender: Ok äh ... Für die Vernehmung
des Zeugen wird die Sitzung gemäß § 15
Abs. 1 des Parlamentarischen Untersuchungs-
ausschussgesetzes in Verbindung mit der
Geheimschutzordnung des Deutschen
Bundestages mit dem Geheimhaltungsgrad
Geheim versehen, weil die Kenntnisse von
der Beweisaufnahme durch Unbefugte die
Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland
gefährden würde. Wer diesem Beweisbeschluss
so zustimmen möchte, den bitte ich um das
Handzeichen. Herzlichen Dank.
Gegenstimmen? Enthaltungen?
Damit ist dies einstimmig so beschlossen.
Vorsitzender: Sind die Türen zu? Ich guck
mal in die Runde, ob noch Personen im Raum
sind, die hier nicht drin sein dürften.
- Damit stelle ich fest, dass keine
unbefugten Personen im Sitzungssaal sind.
Mobiltelefone und vergleichbare Geräte
sind außerhalb des Raumes aufzubewahren,
und hierfür haben Sie, soweit ich weiß,
Ihre Unterlagen alle abgegeben. Sind auch
wirklich alle Handys entsprechend draußen
abgegeben worden? - Das ist der Fall.
Mitgeschrieben werden darf nur auf den
dafür vorgesehenen Blanko-Verschlusssachen.
Ansonsten sind Ihre Notizen von der
Geheimschutzstelle als Verschlusssache zu ver-
einnahmen. Gut, dann kann es ja jetzt weitergehen.
Regierung: Nur eine Zwischenfrage: Wenn
wir jetzt in den Komplex „Eikonal"
einsteigen, dann wären wir ja sogar im
streng geheimen Teil, weil die Akten als
Streng Geheim eingestuft sind und nicht
nur als Geheim. Dann wäre es vielleicht
sinnvoll, wenn wir den „Eikonal“-
Komplex später machten?
Opposition: Ja so pauschal kann man
das, glaube ich, nicht sagen.
Koalition: Es mischt sich ja
auch, es mischt sich.
Opposition: Ja es mischt sich. Es gibt als
„Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuftes
Material, es gibt Geheimes Material und es
gibt Streng Geheim Eingestuftes zu
„Eikonal“; das ist ganz unterschiedlich.
Regierung: Genau. Aber der Vorgang „Eikonal“,
der gesamte operative Vorgang, ist Streng Geheim.
Opposition: Sie sagen, die Summe der Teile von
„Eikonal“ ist geheimer als die Teile an sich?
Regierung: Ja. Wenn ich ein Einzelteil
habe und keinerlei Rückschluss auf die
Operation „Eikonal“ vorliegt, dann hat es
erst mal einen geringeren Einstufungsgrad.
Das sieht die Verschlusssachenanweisung vor.
Vorsitzender: Darf ich vielleicht
noch mal an dieser ...
Regierung: Ja. Wenn ich ein Einzelteil
habe und keinerlei Rückschluss auf die
Operation „Eikonal“ vorliegt, dann hat es
erst mal einen geringeren Einstufungsgrad.
Das sieht die Verschlusssachenanweisung vor.
Vorsitzender: Darf ich vielleicht mal?
Regierung: Das sind unsere Unterlagen!
Lachen
Vorsitzender: Also bitte! Natürlich stuft
die Behörde ein, die die Akten abgibt. Ich
glaube aber, wir müssten mal hinterfragen,
ob dieses Dokument wirklich Streng Geheim
sein muss, oder ob nicht Geheim genügt.
Da sehe ich eher die Diskussion.
Vorsitzender: Ach ich weiß nicht, Herr
Rechtsanwalt ... Können Sie dazu
etwas beitragen?
Sie sind jetzt nicht Teil der Bundesregierung.
Rechtsanwalt: Der Zeuge wird diese Frage
jetzt nicht beantworten, weil er nach den
Ausführungen der Bundesregierung davon
ausgeht, dass seine Aussagegenehmigung
dazu nicht ausreicht. Sie können hier
diskutieren, solange Sie wollen. Das ist,
glaube ich, alles, was Sie wissen müssen.
Vorsitzender: Bevor wir den Saal
auseinandernehmen ... Es gibt zwei
Möglichkeiten: Entweder wir sind
unzufrieden mit der Einstufung der Akten
als Streng Geheim und gehen dann nun auch
in eine streng geheime Sitzung über. Oder
wir hinterfragen das noch mal. Irgendwie
müssen wir jetzt weiterkommen.
Opposition: Also ohne jetzt eine Schärfe
reinzubringen, aber hier werden Akten
plötzlich immer geheimer. Das ist schon
drollig. Wir haben Akten, die sind Geheim.
Da stehen tatsächlich interessante und
sensible Dinge drin. Aber Sie machen
daraus jetzt nachträglich sogar streng
geheime Akten. Also gut. Ich habe noch
eine Frage! Eine Frage, die nicht streng
geheim ist, nur geheim nämlich. Gab es bei
Eikonal von diesen Internetdaten
einen Vertrag mit einem Provider?
Regierung: Jetzt wären wir
wieder in Streng Geheim!
Lachen
Opposition: Ach so. Tschuldigung.
Koalition: Das ist absurd!
Nicht die Frage ist absurd!
Die Situation, in der wir uns
befinden, ist absurd!
Vorsitzender: Deswegen wollten wir
ja auch in Streng Geheim gehen.
Opposition: Ja aber das war nun wirklich
keine streng geheime Frage! Gut. Ich würde
gerne zu einem anderen Dokument was
fragen, vom 2. Oktober 2013.
Zeuge: Äh ja, ich ahne, worum es dabei
gehen wird. Das war die Geschichte mit den
500 Millionen Metadaten, die so durch die
Presse geisterten. In dem Spiegel-Artikel
ist eine Grafik drin, über der steht
einfach: Germany. Und fälschlicherweise
hatte man angenommen, das sind Daten von
Deutschen. Wir konnten die Zahl erst gar
nicht nachvollziehen, da wir die Metadaten
in der Form nicht zählen. Wir mussten erst
einmal eine Zählmethode etablieren, eine
Statistik. Das hat ein bisschen gedauert.
Es sind Daten, die wir in Krisenregionen
erfassen. Und die Zahlen schwanken. Aber
für uns war das plausibel. Auch wenn es
für uns am Anfang erschreckend viel klang,
denn hier wird wirklich jedes einzelne
Metadatum gezählt, egal ob 50 oder 200
davon zu einem Verkehr gehören.
Opposition: Die Frage ist jetzt, ob es
hier zu einer Massenerhebung gekommen ist.
Wie würden Sie die Zahl bezeichnen: Ist
das eine Massendatenerhebung?
Zeuge: Also wir haben das, als die
Snowden-Affäre hoch kam, mal im
Parlamentarischen Kontrollgremium des
Bundestages demonstriert: Allein mit einem
Handy, mit dem Sie einen Tag lang sich
bewegen, erzeugen Sie schon Hunderte von
Metadaten; mit einem Aufruf einer Webseite
bereits über 250 Metadaten, allein mit
diesem Aufruf. Wir haben dann einfach
alles gezählt, alle Metadaten, nur um zu
gucken: Ist das eine plausible Zahl? Wenn
jemand anders auch so zählt, kommt er auf
die 500 Millionen; anders kommen Sie nicht
auf die große Summe. Hehe.
Lachen
Opposition: Und wenn ich jetzt noch einmal
frage: Ist das Massendatenerfassung?
Zeuge: lacht Also da sich darin
wahrscheinlich ein erklecklicher Anteil an
Sachdaten befindet, würde ich sagen Nein.
Sie können da natürlich anderer Meinung
sein; aber das ist jetzt meine Auffassung.
Opposition: Da können wir anderer Meinung
sein. Wir sind da anderer Meinung, und wir
haben jetzt ein erhebliches Problem, das
sich aus der Beweiserhebung hier in
geheimer Sitzung ergibt. Wir hatten vorhin
in der öffentlichen Sitzung Aussagen, es
findet keine Massenerhebung statt, es
findet keine anlasslose Erhebung statt.
Beim Grundrecht geschützte Daten wurden
herausgefiltert. Es gab keine Weitergabe
an den ausländischen Nachrichtendienst,
etc. Was sollen wir jetzt tun? Sollen wir
rausgehen aus der geheimen Sitzung und
sagen: „Einiges, was in Ihrem
Eingangsstatement verkündet wurde, hat
sich hier zwar nicht widerlegt, aber doch
in großen Teilen relativiert“? Wir sehen
Anhaltspunkte dafür, dass viele von den
Thesen, mit denen wir hier in diesen
Untersuchungsausschuss gestartet sind,
belegt wurden. Wir können aber, da diese
Sitzung geheim ist, zu keinem dieser
Gegenstände etwas sagen. Also bleibt das,
was öffentlich falsch dargestellt wurde,
stehen. Entweder Sie zwingen uns jetzt zu
zivilem Ungehorsam, um bestimmte Dinge
zurechtzurücken, oder Sie weisen uns einen
Weg, wie wir relevante Teile, die hier
verhandelt wurden, wenigstens in
summarischer Art und Weise wiedergeben
können. Wir unterliegen hier natürlich
alle der Bindung der geheimen Sitzung.
Aber wir haben auch eine Wahrheitspflicht
gegenüber der Öffentlichkeit.
Was sollen wir jetzt tun?
Vorsitzender: Meine Damen und Herren,
bitte, der Zeuge kann uns dabei nicht
behilflich sein. Ich würde vorschlagen,
wir vertagen das Ganze und setzen die
unterbrochene öffentliche Sitzung des
Untersuchungsausschusses fort. Ich bitte
die Saaldiener, die Türen nun wieder für
die Öffentlichkeit und die Vertreter der
Presse zu öffnen. Sehr schön.
Opposition: Herr Zeuge. Gibt es
Vorschriften innerhalb des BNDs, welche
Benachrichtigungspflichten eintreten, wenn
bei der Datenverarbeitung Verstöße gegen
das Grundgesetz beziehungsweise gegen
deutsche Interessen festgestellt werden?
Also wenn deutsche Unternehmen oder
deutsche Politiker betroffen sind?
Zeuge: Also äh ... Also für den Bereich
Grundgesetz gibt es ein extra Referat, wo
mehrere Volljuristen tätig sind, die diese
Rechtsfolgen ganz genau kennen und auch in
Dienstvorschriften umsetzen. Die wissen
das natürlich ganz genau. Ich weiß das
nicht ganz genau. Ich kenne meine Dienst-
pflichten, gegen die ich nicht verstoßen soll.
Opposition: Gut. Dann reden wir
über diese Dienstpflichten.
Zeuge: Ja.
Opposition: Noch mal: Gibt es
Benachrichtigungspflichten bei Verstößen
gegen das Grundgesetz?
Zeuge: Verstehe ich jetzt nicht.
Welcher konkrete Verstoß?
Opposition: Gibt es etwas im BND, das
sagt, wenn sich die Namen von Deutschen in
der Datenverarbeitung finden, dass
irgendjemand im Haus zu informieren ist?
Zeuge: Also es gibt eine Dienstvorschrift
zum Grundgesetz. Da steht das bestimmt
alles ganz genau drin, was man in
welchem Fall wie zu tun hat.
Ich bin aber kein Grundgesetz-Bearbeiter.
Lachen
Opposition: Gut. Aber es kann ja sein,
dass auch außerhalb der Grundgesetz-
Bearbeitung plötzlich Grundgesetz-Bezüge
auftreten. Was passiert dann?
Zeuge: Also soweit ich weiß, gibt es die
Weisung, es unverzüglich zu löschen, wenn
unbeabsichtigt etwas erfasst wird.
Opposition: Keine Benachrichtigungspflicht?
Zeuge: Soweit ich weiß, nicht. Aber ich
bin jetzt auch kein Experte auf dem Gebiet.
Opposition: Gibt es da so etwas wie eine
Benachrichtigungspflicht oder eine Löschpflicht?
Oder entscheidet man das frei von Vorschriften?
Zeuge: Also der BND bekommt ein
Auftragsprofil von der Bundesregierung.
Er hat das Sammeln von Informationen an
diesem Auftragsprofil auszurichten und er
prüft die Ergebnisse. Die Ergebnisse
müssen dann relevant sein für das
Auftragsprofil. Wenn sie nicht relevant
sind oder man diese Informationen an
anderer Stelle einfacher bekommen kann,
dann ist das zu löschen.
Opposition: Und das ist dann wo niedergelegt?
Zeuge: Also ich glaube, das ist
allgemeiner Rechtsgrundsatz.
Das ist ... Also das äh ...
Das kann ich Ihnen jetzt so nicht sagen.
Opposition: Aber das ist allen bekannt?
Zeuge: Das ... ist grundsätzlich allen bekannt.
Opposition: Wenn man feststellt, dass
irgendetwas stattfindet, was möglicherweise
gegen das Grundgesetz verstößt, dann heißt
es löschen und nicht benachrichtigen?
Zeuge: Also, das Grundgesetz ist immer
eine ganz andere Kategorie; dann sofort
löschen. Und wenn irgendwas passiert ist,
dann diesen oder jenen informieren.
Opposition: Haben Sie denn ein Verständnis
dafür, warum diejenigen in Ihrer Behörde,
die die problematischen Suchbegriffe
gelöscht haben, das niemandem erzählt haben?
Zeuge: Verständnis können Sie ja nur
haben, wenn Sie die Gründe kennen.
Opposition: Ja genau.
Zeuge: Und die weiß ich nicht.
Opposition: Danach frage ich Sie jetzt
aber. Könnte es sein, dass sie einen Grund
gehabt haben, niemanden zu informieren?
Zeuge: Also Frau Abgeordnete,
mir ist keiner bekannt.
Opposition: Könnte es sein, dass es einen gibt?
Zeuge: Es wird sicher einen geben; sonst
hätten sie es ja nicht machen können. Wenn
jemand nicht darüber sprechen will, dann
wird er wohl einen Grund gehabt haben.
Opposition: Was könnte denn ein Grund
dafür sein, dass Ihre Mitarbeiter über
einen so megarelevanten Vorgang, wegen dem
jetzt die ganze Republik Hammeralarm ist,
nicht Bericht erstattet haben?
Erklären Sie es mir.
Zeuge: Also das habe ich mich
jetzt auch schon gefragt.
Lachen, Applaus
Ich habe keinen gefunden.
Lachen
Opposition: Wann würde man die Behörden-
leitung informieren? Was muss eigentlich
passieren, dass man sagt: „Oh je, das
stelle ich jetzt nach ganz oben durch“?
Zeuge: Ja gut, das ist eine Ermessensfrage.
Und es gibt ein paar Dienstvorschriften,
wie zum Beispiel die Dienstvorschrift
„Besondere Vorkommnisse“. Da steht dann
genau drin, welches konkrete Dings man
wann, wie und warum melden muss.
Opposition: Die Dienstvorschrift „Besondere
Vorkommnisse“, glaube ich, haben wir nicht.
Ähm die wurde uns nicht vorgelegt, oder?
Die wäre wahrscheinlich
hilfreich für unsere Arbeit.
Vorsitzender: Ich äh habe auch schon
geguckt, ob wir die Dienstvorschrift haben.
Ähm. Herr Zeuge, Sie waren ja einige Jahre
Soldat, Berufssoldat. Sie kennen doch den
Grundsatz beim Militär
„Melden macht frei“, oder?
Zeuge: Den kenne ich, jawohl.
Vorsitzender: Das ist gut. Der ist auch
nirgendwo aufgeschrieben, glaube ich, oder?
Zeuge: Äh wie bitte?
Vorsitzender: Ist der Grundsatz
irgendwo aufgeschrieben?
Zeuge: Nein.
Vorsitzender: Aber er hilft. Oder?
Zeuge: Ja gut. Dem, der meldet,
dem hilft er, ja.
Lachen
Denn dann kann er denn auch den
unwichtigen Kram nach oben melden und muss
selber keine Entscheidungen treffen ...
Vorsitzender: Richtig.
Zeuge: ... und keine Verantwortung übernehmen.
Vorsitzender: Genau. Ich will damit sagen:
Es gibt sicherlich das ein oder andere,
was nicht in einer Dienstvorschrift steht,
das aber trotzdem ganz klug ist für den,
der meldet. Wann würden Sie entscheiden:
Das ist hier ein Sachverhalt, der zu
melden ist, oder das ist ein
Sachverhalt, den melde ich nicht?
Wonach entscheiden Sie das?
Zeuge: Ja gut. Man kriegt mit den Jahren
ein Gefühl dafür, was meldewürdig ist und
was nicht meldewürdig ist. Äh natürlich
ist es in bestimmten Fällen
vorgeschrieben, gerade mal bei, ich sag
mal, nachrichtendienstlichen Sachen, die
ein gewisses Risiko beinhalten. Da ist
dann vorgeschrieben, was zu melden ist.
Vorsitzender: Also diese
„besonderen Vorkommnisse“ ...
Zeuge: Ja.
Vorsitzender: Die sind immer
meldepflichtig, glaube ich. Der Bereich,
den wir gerade mit Ihnen diskutieren,
der war kein besonderes Vorkommnis.
Oder doch?
Zeuge: Also ...
Geflüster
Zeuge: Dann machen wir das so, ja.
Da mache ich von meinem
Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch.
Lachen
Vorsitzender: Gut. Falls Sie etwas zu
trinken brauchen, das steht vor Ihnen.
Wenn Sie irgendwas anderes brauchen, ein
kleines Päuschen, sagen Sie es einfach.
Sie sollen immer fit sein und auf alle
Fragen hier antworten können. Wir machen
weiter mit den Fragen der Opposition.
Opposition: Danke. Ich würde gerne wissen,
ob von diesem Aussageverweigerungsrecht
Gebrauch gemacht wird, weil Sie durch die
Angabe, die Sie machen würden,
strafrechtliche oder
dienstrechtliche Folgen fürchten.
Rechtsanwalt: Dienstrechtliche Untersuchung!
Opposition: Ich habe den Zeugen gefragt
und nicht Sie, Herr Rechtsanwalt.
Rechtsanwalt: Ja! Und ich habe
den Zeugen beraten!
Zeuge: Also demnach ... Also ich fürchte
eine disziplinarische Untersuchung.
Opposition: Die Sorge kann ich Ihnen
nehmen. Ihr Dienstherr hat hier gesagt,
solche Überlegungen einer dienstrechtlichen
Ermittlung gibt es nicht. Wenn Sie keine
Straftat befürchten, sondern nur ein
disziplinarisches Verfahren, sehe ich das
Aussageverweigerungsrecht infrage gestellt.
Zeuge: Ja und ich nehme das zur Kenntnis,
dass gesagt wird, im Moment sehe man
keinen Anhalt dafür, ein Disziplinar-
verfahren gegen mich einzuleiten. Aber es
kann natürlich sein, dass ich mich durch
eine Aussage so belaste, dass mein
Dienstherr gezwungen ist, ein Disziplinar-
verfahren einzuleiten – weil er Kenntnis
von Sachen bekommt, die
er bisher nicht wusste.
Lachen, Applaus
Also, mache ich weiter von meinem
Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch.
Opposition: Naja ich bin auch ein großer
Fan vom Auskunftsverweigerungsrechts. Aber
ich werde den Eindruck nicht los, dass wir
an dieser Stelle damit konfrontiert sind,
weil wir eine bestimmte ...
Rechtsanwalt: Verdächtigung!
Opposition: Nein, jetzt rede ich, Herr
Rechtsanwalt. ...
Weil wir zu dem Vorgang eine Geschichte
präsentiert bekommen, die an der Frage
endet: Wurde vereinbart, darüber
Stillschweigen zu bewahren? Wir werden das
Gefühl nicht los, dass daran etwas nicht
stimmt. Wir werden das Gefühl nicht los,
dass uns eine oder zwei Personen
präsentiert werden sollen, die das auf
ihre Kappe nehmen, damit die
Verantwortungsebene drüber geschont wird.
Es gibt keinen glaubwürdigen Grund, bei so
gravierenden Problemen nicht den
Vorgesetzten zu informieren. Und sei es
nur, um die Last dann nicht alleine zu
tragen. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass ein Beamter sagt: „Das mache ich mit
mir alleine aus.“ Unvorstellbar! Da sitzt
doch kein Roboter, der nur von hier bis
zur Wand denkt. Und deswegen ist das für
uns so schwierig, dass wir diese
entscheidende Frage nicht beantworten,
sondern nur sagen: Aussageverweigerung.
Rechtsanwalt: Das ist aber sein gutes Recht!
Zeuge: Also ich habe mich eindeutig
erklärt. Ich weise Ihre Unterstellung,
ich würde hier wissentlich
die Unwahrheit sagen, von mir.
Rechtsanwalt: Das ist ja schon fast
eine verbotene Vernehmungsmethode!
Opposition: Es glaubt hier kaum jemand an
diese Geschichte. Und am Ende des Tages,
wenn dieser Untersuchungsausschuss vorbei
ist, werden Sie kein disziplinarisches
Verfahren bekommen. Und wir werden
keine Antworten bekommen.
Opposition: Anderes Thema: Herr Zeuge,
wenn sich bei der Sichtung der Daten
ergeben würde, dass eine europäische
Institution von der Überwachung betroffen
ist: Was würde das dann auslösen?
Geflüster
Zeuge: Da müsste ich auf die
nichtöffentliche Sitzung verweisen.
Opposition: Gibt es dazu Regelungen? Was
ist, wenn europäische Parlamente,
Regierungen, Institutionen betroffen sind?
Zeuge: Ja, da gibt es Regelungen.
Opposition: Gesetzt den Fall, es werden
unter den NSA-Suchbegriffen, die der BND
nutzt, Namen von deutschen Firmen, Namen
europäischer Regierungsstellen und Namen
von Politikern gefunden – das wäre ja
ungefähr so, als wenn in einer Bäckerei
plötzlich festgestellt würde, dass da
keine Brötchen verkauft werden, sondern Koks.
Lachen
Zeuge: Ähm also ... Könnten Sie das bitte
noch mal wiederholen? Das hab ich nicht ...
Lachen
Das hab ich jetzt nicht richtig verstanden.
Opposition: Wenn man feststellt, dass
unter den NSA-Suchbegriffen Namen von
deutschen Firmen, von Politikern und
europäischen Institutionen sind, dann ist
das ungefähr so, wie wenn der Bäckermeister
feststellt, dass in seinem Laden statt
Brötchen plötzlich Kokain über den Warentisch
geht. Da hätte man als Bäckermeister nun
zwei Möglichkeiten: Entweder man sagt: „Hab
ich nicht gesehen“, oder man ruft die Polizei.
Warum hat man nicht die Polizei gerufen?
Zeuge: Also ich verstehe die Frage nicht.
Opposition: Doch Sie wissen, was ich
meine! Es geht hier nicht um Bagatellen,
es geht darum, dass gegen Gesetze
verstoßen wurde, es geht darum, dass es
möglicherweise eine geheimdienstliche
Agententätigkeit der NSA ist. Warum
erkannte man nicht die Relevanz? Warum
sagt man stattdessen: „Schwamm drüber“?
Rechtsanwalt: Ich gebe dem Zeugen den Rat,
diese Frage nicht zu beantworten.
Das ist erstens nicht ernst gemeint ...
Opposition: Oh doch!
Lachen
Rechtsanwalt: ... und zweitens gereicht
die Frage dem Zeugen zur Unehre.
Opposition: Die Frage ist vollkommen ernst
gemeint. Wenn der BND feststellt, dass die
NSA mit Hilfe die französische Regierung
ausspioniert, dann muss doch Vollalarm
sein. Da muss der Dienstherr informiert
werden, da muss das Bundeskanzleramt
informiert werden, da muss das
Parlamentarische Kontrollgremium
informiert werden ...
Aber da war kein Vollalarm!
Rechtsanwalt: Er
beantwortet die Frage nicht!
Opposition: Och Sie sollen meine Frage
nicht beantworten, Herr Rechtsanwalt.
Der Zeuge müsste sagen:
Ich beantworte die Frage nicht.
Zeuge: Ich beantworte die Frage nicht.
Lachen, Applaus
Vorsitzender: Ganz herzlichen Dank, die
Fragezeit ist damit auch abgelaufen. Und
wir kommen nun zu den Fragen der
Regierungskoalition, Frau Kollegin.
Koalition: Ich frage mal umgekehrt:
Deutschland hat einen EU-Kommissar, der
sitzt in Brüssel und seine Mails haben
keine „de“-Adresse. So. Ist nie jemand
darauf gekommen, zu sagen: „Liebes
Auswärtiges Amt, geben Sie uns mal alle
führenden Deutschen in internationalen
Organisationen, die keine ‚de‘-Domains in
ihrer Kommunikation haben?“
Zeuge: Also es gibt im BND die sogenannte
Funktionsträgertheorie. Das heißt, ein
EU-Kommissar, der im Rahmen seines EU-
Kommissariats kommuniziert, wäre nicht geschützt.
Koalition: Echt?
Opposition: Er ist kein Grundrechtsträger
mehr, obwohl er Deutscher ist?
Zeuge: Nein. Wenn er im Rahmen
seiner EU-Tätigkeit kommuniziert,
fungiert er nicht als Deutscher.
Lachen
Opposition: Das muss man dem Oettinger mal
sagen! Das würde ihn sicher interessieren!
Lachen, Applaus
Der BND kann doch keinen
deutschen EU-Kommissar ausspionieren!
Das ist doch kaum zu glauben!
Koalition: Also lassen wir das mal. Die
Funktionsträgertheorie, können Sie uns die
noch mal so aus Ihrer Sicht beschreiben,
wie Sie die verstehen?
Zeuge: Also, wenn ein Deutscher bei der
EU-Mission oder zum Beispiel bei der UN
tätig ist, dann ist er nicht geschützt.
Koalition: Ja das tut mir jetzt leid für
den Herrn Oettinger. Also ich weiß ja
nicht, wie der Herr Oettinger kommuniziert.
Aber ich stell mir das mal so vor ...
Wenn der eine E-Mail-Adresse hat, die er
für die Arbeit nutzt, aber über die er
auch seinen Kindern schreibt,
oder seiner Frau ...
Opposition: Oder der Geliebten!
Koalition: Das könnte man gar
nicht unterscheiden, oder?
Zeuge: Man würde es am Inhalt erkennen.
Lachen, Applaus
Vorsitzender: Ich möchte an dieser Stelle
darauf hinweisen, dass von der Tribüne
bitte nicht kommentiert wird.
Beifallsbekundungen oder Lachen dürfen in
der Sitzung nicht stattfinden.
Herzlichen Dank.
Lachen, Applaus
Koalition: Noch mal. Wenn Sie sich fragen:
„Was ist der Sinn des Grundrechtsschutzes?“,
dann müsste Ihnen doch aufgegangen sein,
dass es da einen Haken gibt. Da müsste bei
Ihnen doch mal Skepsis aufgekommen sein.
Da müssten Sie sich doch fragen,
ob das so richtig ist?
Zeuge: Also ich bin jetzt kein Jurist. Ich
habe über solche Dinge nicht nachgedacht.
Mir wurde erklärt, dass mit der
Funktionsträgertheorie so zu verfahren ist.
Vorsitzender: Vielen Dank. Wir kommmen
damit nun wieder zu den Fragen der
Opposition, bitte Frau Kollegin.
Opposition: Ähm habe ich das richtig
verstanden, dass der Bundesnachrichtendienst
auch Suchbegriffe zu ausländischen
Botschaften und Politikern, auch aus dem
europäischen Raum, einsetzen darf, steuern
darf? Also beispielsweise zum
französischen Außenministerium?
Zeuge: Nur unter gewissen Bedingungen.
Opposition: Welche wären das?
Zeuge: Naja wenn es dem Auftrag des
Bundesnachrichtendienstes entspricht. Das
heißt, wenn es zur Aufklärung der Lage in
einem Krisenland dient, wenn diese
Informationen auf keinem anderen Weg
beschafft werden kann, und wenn diese
Information so wertvoll ist, dass sie das
Lagebild komplettiert. Dann ist es
vorstellbar beziehungsweise vertretbar.
Opposition: Das heißt, der französische
Außenminister ist im Verdacht, dass er mit
XY telefoniert oder E-Mails wechselt. Dann
dürfen Sie nach den Daten des französischen
Außenministers suchen oder des
Außenministeriums? Und von den Suchergebnissen
nehmen Sie dann nur die, bei denen er mit
XY telefoniert hat, und die übrigen Daten
löschen Sie? Ist das richtig?
Zeuge: Ich kann nicht die gesamten Daten
des Außenministers steuern, weil er
zufällig mal mit einem Politiker Kontakt
hatte. Opposition: Nein, nicht zufällig,
regelmäßig, vor allen
Dingen in Krisensituationen.
Zeuge: Also wenn ich darauf Hinweise habe,
dann könnte man sich das vorstellen. Unter
gewissen Umständen wären gewisse
Suchbegriffe bei enger Auslegung
vorstellbar – mehr nicht. Dem habe ich
dann auch nichts weiter hinzuzufügen.
Opposition: Na, das ist interessant. Jetzt
komme ich zu der zweiten Frage: Wann ist
diese Praxis beendet worden? Sind Ihnen
Fälle bekannt, dass diese Praxis
fortgeführt worden ist, dass also nach
Oktober 2013 noch Botschaften,
Politiker gesteuert wurden?
Zeuge: Äh also ähm ...
Das ist aus meiner Sicht
von meiner Aussagegenehmigung
nicht abgedeckt.
Opposition: Aha. Wieso das denn?
Rechtsanwalt: Äh der Zeuge ist
dann jetzt auch ermüdet!
Lachen
Opposition: Mir kommt es nicht
auf einen einzelnen Monat an.
Zeuge: Also das ist mir im Untersuchungs-
zeitraum nicht bekannt geworden.
Opposition: Also bis einschließlich
März 2014 sind Ihnen solche Fälle
nicht mehr bekannt geworden?
Zeuge: Ja.
Opposition: Und wie ist es heute?
Rechtsanwalt: energisch Das ist
kein Untersuchungsgegenstand!
Zeuge: langsamer Das ist kein
Untersuchungsgegenstand.
Lachen, Applaus
Vorsitzender: Ganz herzlichen Dank. Die
Fragezeit ist damit auch abgelaufen und
wir kommen wieder zu den Fragen der
Regierungskoalition. Frau Kollegin.
Koalition: Danke, Herr Vorsitzender. Herr
BND, in einem Bericht des Parlamentarischen
Kontrollgremiums ist von einer Weisung die
Rede, von einer Weisung aus dem Oktober
2013. Es ist eine mündliche Weisung des
BND-Präsidenten, sämtliche Suchbegriffe
gegen Botschaften und Regierungseinrichtungen
der EU- und von NATO-Staaten zu deaktivieren.
Diese Weisung hat der Präsident des BND
aus dem Kanzleramt entgegengenommen und
dann an die Abteilung Technische Aufklärung
weitergegeben. Kennen Sie diese Weisung?
Zeuge: Nein.
Koalition: Haben Sie vielleicht im Nachgang
davon gehört? Also, Sie kennen sie vielleicht
nicht aus dem Oktober 2013; aber das Thema
ist Ihnen inzwischen bekannt?
Zeuge: Also das Thema wurde mir
zwischenzeitlich bekannt. Ich war aber
weder bei einem Gespräch dabei, noch bei
einer mündlichen Weisung. Ich habe aber
eine schriftliche Weisung gesehen.
Koalition: Wann war denn das?
Zeuge: Das ist der Punkt. Ich muss das
alles im Kopf behalten. Ich meine, es war
im April 2014, aber ich will jetzt nicht
ausschließen, dass es im April 2015 war.
Lachen
Vielleicht kann mir jemand helfen und
sagen, ob das 2014 oder 2015 war?
Bundesregierung: 2014!
Koalition: Wenn ich Sie jetzt richtig
verstanden habe, dann haben Sie im
Frühjahr 2014 von der
Weisung erfahren, ja?
Zeuge: Ich habe bei der Aktenlektüre
gesehen, dass ich diesen Vorgang am
14. April 2014 abgezeichnet habe. Ich habe
mich nicht daran erinnert, dass ich den
abgezeichnet habe; aber es ist meine Paraphe,
also muss ich mir das wohl zurechnen lassen.
Koalition: Wurde Ihnen damals von dem
Klärungsbedarf berichtet, der bestanden
hat hinsichtlich der Suchbegriffe
zu EU- und NATO-Staaten?
Zeuge: Also ich kann mich
nicht erinnern, nein.
Koalition: Haben Sie die Umsetzung der
Weisung mitbekommen? Hat man Ihnen
berichtet, dass eben diese Suchbegriffe
aus der Steuerung genommen wurden?
Zeuge: Ja. Also das habe
ich im Nachgang mitbekommen.
Koalition: Okay. Aber ohne sich jetzt
weitere Gedanken dazu zu machen?
Zeuge: Also ich hab jetzt nicht vertieft
darüber nachgedacht, nein.
Koalition: Also, ich würde jetzt mal
behaupten, das war keine alltägliche
Weisung, sondern das war ein Thema, das
etwas sensibler ist. Wenn man dann plötzlich
eine Weisung kommt, man möge Ziele aus der
EU und der NATO nicht mehr steuern, dann
hat das ja auch ’ne politische Dimension.
Aber das hat bei Ihnen jetzt nicht dazu
geführt, dass Sie sagen: Ach Gott, ich
frag mal nach. Weil Sie sagen, Sie haben
sich überhaupt nicht mehr erinnert, ja?
Zeuge: Ja.
Koalition: Das wundert mich jetzt.
Vorsitzender: Vielen Dank. Das Fragerecht
wechselt nun wieder zur Opposition.
Frau Kollegin.
Opposition: Ähm ich habe noch eine
Verständnisfrage bezüglich der Weisungen:
Es gibt mündliche Weisungen, es gibt
schriftliche Weisungen, es gibt Weisungen,
die am Telefon gemacht werden, es gibt
Weisungen, die in Sitzungen erteilt werden.
Ist das korrekt?
Zeuge: Das ist korrekt, ja.
Opposition: Mich interessiert jetzt nicht,
wie Weisungen Sie erreichen, sondern wie
Sie diese Dinge anschließend festhalten,
um ein beständiges und nicht willkürliches
Verwaltungswesen zu bekommen. Wenn Sie
jetzt beispielsweise mündlich die Anweisung
erreicht, künftig bei Spesen pro Getränk
nicht mehr 1,67 Euro, sondern 1,92 Euro
abzurechnen, wie wird das dann umgesetzt?
Also wird nicht grundsätzlich am Ende
jeder Weisung etwas irgendwo schriftlich
festgehalten?
Zeuge: Also nein. Es wird nicht jede Weisung
schriftlich festgehalten. Zum Beispiel die
Bewirtungskosten, wenn die sich erhöhen
würden, dann wäre das mit Sicherheit eine
Weisung, die auch schriftlich
in die Breite verteilt werden würde.
Lachen
Opposition: Warum?
Zeuge: Naja da werden sich ja dann
irgendwelche Bewirtungskostengesetze
geändert haben. Und dann muss man das den
Leuten, die mit anderen essen gehen, auch
zur Kenntnis geben. Hä.
Opposition: Richtig. Damit das umgesetzt
wird, nicht wahr? Jetzt frage ich mich:
In einem grundrechtsrelevanten Bereich, zu
dem ich die Bewirtungskosten nicht
unbedingt zähle: Wie wird das da gemacht?
Zeuge: Also jede Weisung, die bei uns
ankam, hab ich natürlich bekannt gegeben.
Und sie wurde dann mitgeteilt.
Opposition: Wie mitgeteilt?
Zeuge: Ja also in der Form, in der ich sie
erhalten habe. Wenn ich es schriftlich
hatte, wurde es schriftlich verteilt. Wenn
ich es in einer Sitzung gehört hatte,
konnte ich es ja auch nur mündlich
überliefern, weil es kein offizielles
Dokument war. So wie ich es bekommen habe,
habe ich es weitergegeben.
Opposition: Nun gibt es eine Fluktuation
bei den Leuten, die bei Ihnen arbeiten, es
kommen immer mal neue Leute dazu. Wie wird
dann dafür gesorgt? Beispielsweise bei der
Frage, welche Suchbegriffe genutzt werden
dürfen und welche nicht. Wie wird
verwaltungskonformes Handeln bei Ihnen in
der Behörde gesichert, wenn es nicht
schriftlich festgehalten wird?
Zeuge: Also die Weisungen, die den
Sachgebietsleiter erreichen, werden
natürlich von ihm auf die
Arbeitsebene weitergegeben.
Opposition: Wie werden sie weitergegeben?
Zeuge: Ja das weiß ich nicht.
Lachen
Opposition: Also „Stille Post“? Also es
findet keine Verschriftlichung statt?
Zeuge: Nein. Das ist jetzt nicht zwingend.
Opposition: räuspert sich
Können Sie mir dann bitte die exakte
Formulierung der Weisung sagen? Was wurde
bei den Suchbegriffen zu EU
und NATO von Ihnen angewiesen?
Zeuge: Also die exakte
Formulierung weiß ich nicht mehr.
Opposition: Ja, aber wie sollen dann Ihre
Mitarbeiter das umsetzen, wenn noch nicht
einmal Sie die exakte Formulierung wissen?
Was war die Ansage? Was war die Weisung,
die Sie erteilt haben?
Zeuge: Also, im Detail weiß ich es nicht
mehr. Grob war es die Weisung, dass wir
Regierungsorganisationen
aus der Erfassung nehmen sollen.
Opposition: Regierungsorganisationen.
Zeuge: So ungefähr.
Opposition: Ukrainische?
Slowenische? Afrikanische?
Zeuge: EU, soweit ich weiß.
Opposition: EU, soweit Sie wissen.
Zeuge: Soweit ich mich jetzt erinnere, ja.
Opposition: Soweit Sie sich erinnern:
EU-Organisationen, Ministerien?
Zeuge: Ja.
Opposition: Vereine? Personen?
KFOR-Mitarbeiter? Rein oder raus?
Zeuge: Also das weiß ich nicht mehr. Es
waren EU-Organisationen, Regierungsstellen ...
Opposition: Das wissen Sie nicht mehr?
Zeuge: Nein.
Opposition: Ja das ist das Problem, wenn
man so etwas nicht aufschreibt, nicht?
Lachen, Applaus
Wie sollen das dann Ihre Mitarbeiterinnen
und Ihre Mitarbeiter noch wissen?
Zeuge: Also ich gehe davon aus, dass
es zu Rückfragen gekommen wäre ...
Lachen, Applaus
Wenn etwas unklar gewesen sein sollte.
Aber es kamen keine Rückfragen.
Opposition: Ja, aber Sie als Chef
erinnern sich ja nicht einmal mehr daran,
was Sie angewiesen haben.
Vorsitzender: Wir müssten dann auch jetzt wechseln,
die Fragezeit der Opposition ist bereits überschritten.
Opposition: Jesus.
Vorsitzender: Sehr geehrter Herr Zeuge.
Kennen Sie eine Operation, die „Glo...“ heißt?
Zeuge: Also ich kenne eine Operation, deren
Bezeichnung mit den drei Buchstaben G-L-O beginnt.
Vorsitzender: Ganz herzlichen Dank. Können
Sie zu dieser Operation etwas sagen?
Was ist das für eine Operation?
Geflüster
Zeuge: Also ich kann zu dieser Operation
was sagen. Aber ich muss leider mitteilen:
Meine Aussagegenehmigung erlaubt das
nur in nichtöffentlicher Sitzung.
Vorsitzender: Okay. Worum geht es bei der
Operation? Können Sie das sagen?
Zeuge: Um Fernmeldeaufklärung.
Lachen
Vorsitzender: Um Fernmeldeaufklärung also.
Okay. Aber ich glaube, das, was wir sagen
können, ist, dass es bei „Glo“
um Telefonate und Fax ging.
Zeuge: Gerne nichtöffentlich.
Vorsitzender: Ist das ein Projekt der
Fernmeldeaufklärung des BND oder sind
auch Dritte da beteiligt?
Zeuge: Eine mittelbare Beteiligung Dritter
fand statt. Ich würde Ihnen das gerne
ausführlicher darlegen. Aber bitte sehen
Sie es mir nach: Meine Aussagegenehmigung
erlaubt das nur in nichtöffentlicher Sitzung.
Vorsitzender: Okay. Was versteht man unter
„mittelbar“? Also ist es keine direkte
Kooperation gewesen, sondern eher
irgendwie unterstützend oder ...
Zeuge: Also wie soll ich sagen? Jetzt bin
ich natürlich hier in einer ...
Vorsitzender: In einer Zwickmühle.
Zeuge: ... ja, in einer Zwickmühle. Ich
würde das gern im Detail darlegen, warum
ich das so verklausuliert sage, aber ich
darf das leider nur nichtöffentlich.
Vorsitzender: Okay. Der mittelbare Dienst,
mit dem da zusammengearbeitet worden ist
oder mit dem da mittelbar zusammen-
gearbeitet worden ist, das ist ein Dienst der
Five-Eyes-Staaten, also der Australier,
der Neuseeländer, der Kanadier, der
Amerikaner oder der Briten, richtig?
Zeuge: Ja, so ist es.
Vorsitzender: Wäre jetzt auch misslich. Da
hätten wir sonst keinen Untersuchungsauftrag.
Lachen
Ich gehe mal davon aus, dass es
nicht die Australier, die Neuseeländer
und die Kanadier waren?
Lachen, Applaus
Zeuge: Also Sie bringen mich
jetzt in eine blöde Lage.
Vorsitzender: Will vielleicht die
Bundesregierung diese Frage beantworten?
Regierung: Nein, wir
wollen es nicht beantworten.
Vorsitzender: Ach so, schade.
Regierung: Wir wollen den Zeugen nur etwas
entlasten. Wir haben den Zeugen vorher
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
seine Aussagegenehmigung sich nicht auf
den Inhalt der Operation erstreckt. Auch
die Frage, wer beteiligt ist, würden wir
unter den Inhalt der Operation
subsumieren, sodass der Zeuge dafür
keine Aussagegenehmigung hat.
Vorsitzender: Okay, sprich:
Er würde es uns sagen, aber nicht hier.
Habe ich das richtig verstanden?
Regierung: Ja.
Vorsitzender: Okay, dann können wir ja
noch mal irgendwann darüber diskutieren,
ob „wer?“ inhaltlich ist. Da kann ich
jetzt nicht ganz folgen. Aber wenn wir die
Information bekommen, bin ich da schon
sehr dankbar. Gut, herzlichen Dank.
Wir kommen dann jetzt zur
nächsten Fragerunde. Frau Kollegin.
Koalition: Ja, danke, Herr Vorsitzender.
Die Presse hat darüber berichtet und
gesagt, dass es eine Operation gäbe mit dem
Namen „Glotaic“. Ist das diese Operation?
Zeuge: Also, tut mir leid ...
Regierung: Bitte in nichtöffentlicher Sitzung.
Koalition: Ja, gut. Ich wollte das nur
noch mal glattziehen, wir reden immer über
„Glo“, „Glo“, „Glo“ und wir alle wissen,
dass das Anfangsbuchstaben sind. In der
Presse ist halt dieser Name aufgetaucht.
Aber gut, dann klären wir das halt in
nichtöffentlicher Sitzung. Ich habe in
öffentlicher Sitzung keine Fragen mehr.
Vorsitzender: Gut, dann schaue ich noch
mal in die Runde, ob die Kollegen von der
Opposition noch Fragen haben? Das ist
der Fall. Dann, bitte Frau Abgeordnete.
Opposition: Herr Zeuge, welche Kenntnisse
haben Sie darüber, woher die Daten kamen,
die im Rahmen der Operation
Glo... verarbeitet wurden?
Zeuge: Ja, von diesem
Provider in Deutschland.
Opposition: Sie wissen nicht,
welcher Provider das ist?
Zeuge: Wie hieß der? MCI meine
ich. Oder was meinen Sie?
Opposition: Ja, das meine ich: Wie hieß
der Provider, von dem die Daten kamen.
Zeuge: Hehe. Also, arg viel kann
ich Ihnen dazu nicht sagen.
Opposition: Ja. Wir haben hier ein Problem.
Wir sind ja darauf angewiesen, dass die
Bundesregierung uns die Zeugen identifiziert,
die hier sachkundig Auskunft geben können.
Wir hatten gesagt: Wir wollen den Zeugen,
der uns sagen kann, was bei diesem Projekt
passiert ist. Und da hat man Sie geschickt.
Zeuge: Ja, das tut mir sehr leid ...
Lachen, Applaus
aber das ist jetzt nicht mein ... ähh
Opposition: Ja haben Sie denn eine
Erklärung dafür, warum Sie von der
Bundesregierung und vom BND
als Zeuge benannt wurden?
Rechtsanwalt: Das dürfen Sie
doch den Zeugen nicht fragen!
Woher soll er das denn wissen?
Opposition: Ja natürlich
kann ich das fragen.
Rechtsanwalt: Woher soll
der Zeuge das denn wissen?
Opposition: Ja das müssen Sie sich doch
selbst gefragt haben, als Sie die Ladung
bekommen haben! Mensch,
warum muss ich denn dahin?
Zeuge: Ja. Das habe ich mich auch gefragt.
Lachen, Applaus
Aber, jetzt habe ich da tatsächlich
mal eine Bitte, wenn ich die
unziemlicherweise äußern darf.
Vorsitzender: Gerne, bitte.
Zeuge: Ich bin heute sehr früh
aufgestanden. Und es ist immerhin schon
22 Uhr. Es wäre schon schön,
wenn Sie zum Ende kämen.
Opposition: Hm.
Vorsitzender: Es ist doch noch gar nicht
so spät. Wir haben doch schon bis 24 Uhr
gesessen. Wenn Sie allerdings sagen, Sie
können aus gesundheitlichen Gründen oder
anderen Dingen nicht mehr, dann sofort.
Aber ich kann die Fraktionen nicht einfach
in ihrem Fragerecht beschneiden.
Opposition: Danke.
Zeuge: Also, ich sage jetzt, mir reicht das,
weil ich doch ziemlich am Ende meiner Kräfte bin.
Vorsitzender: Verständlich,
alles klar. Dann danke schön ...
Zeuge: Ja bitte schön. Und jetzt
wäre ich dankbar, wenn mir jemand
ein Taxi bestellen könnte.
Gelächter
Vorsitzender: Ich denke,
das bekommen wir organisiert.
Opposition: Ich mache an dieser Stelle mal
eine Anmerkung: Ich kann es kaum verstehen
– und ich bin ja schon sehr
verständnisvoll – dass wir zu Dingen, die
in der Zeitung stehen wie Namen, wie
beteiligte Unternehmen hier im Parlament
keine Fragen stellen können. Ich versteh
das nicht. Es ist rational meiner Ansicht
nach nicht zu erklären. Ich empfinde das
als Popanz, wenn man das bei Dingen macht,
die öffentlich diskutiert werden. Mir
leuchtet das nicht ein. So, das wollte
ich jetzt auch mal loswerden.
Vorsitzender: Ganz herzlichen Dank.
Lachen
Ich sehe, weitere Fragen sind nicht mehr
da. Dann, Herr Zeuge, sind wir am Ende der
Vernehmung des heutigen Tages. Eine
nichtöffentliche oder eingestufte Sitzung
wird heute nicht mehr gewünscht. Ich darf
mich ganz herzlich für die Bereitschaft
bei Ihnen bedanken, dem Untersuchungsausschuss
Rede und Antwort auf die vielen Fragen
gestanden zu haben. Die Sitzung ist damit
geschlossen. Ich danke allen ganz herzlich,
insbesondere auch der Öffentlichkeit, für die
lange Teilnahme und wünsche Ihnen einen schönen Abend.
Applaus
Erzähler: Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Bitte, verzweifeln Sie nicht an der Demokratie.
Lachen
Sie ist mühsam, aber sie funktioniert.
Dieser Untersuchungsausschuss, von dem wir
Ihnen nur einen winzigen Ausschnitt
präsentieren konnten, hat viel zur
Aufklärung der NSA-Affäre beigetragen.
Und jetzt bitte ich Sie um einen
herzlichen Applaus für:
Felix Betzin als Vorsitzender
Applaus
Anna Biselli als Koalition
Applaus
Ulf Buermeyer als schlecht gelaunter Anwalt
Applaus
Elisabeth Pless als Opposition
Applaus
Wetterfrosch als allwissende Regierung
Applaus
und Johannes Wolf als Herr B.N.D.
Applaus und Anerkennungsrufe
Text: Anna Biselli und Kai Biermann
Applaus
zu den Darstellern:
Danke Euch für Eure Arbeit!
Ganz toll, sehr schön!
Applaus
Einen schönen Abend!
Applaus
Abspannmusik
Untertitel erstellt von c3subtitles.de
im Jahr 2017. Mach mit und hilf uns!