36C3 Vorspannmusik Herald: „Wenn das, was die taz da schreibt, stimmt, dann ist es wirklich schlimm!" Diesen Satz hat eine Journalistin zu mir gesagt, als wir uns über den Fall Hannibal vor einiger Zeit unterhalten haben. Und gemeint ist damit eine Recherche, die zahlreiche Journalisten durchgeführt haben, unter anderem ein Recherche-Team der taz, die zwei Jahre lang an diesem Fall gesessen haben und etwas aufgedeckt haben, das so ungeheuerlich war, dass es zuerst kaum jemand glauben wollte. Worum ging es? Es ging unter anderem um einen SEK-Beamten, der 60.000 Schuss Munition geklaut hat und im Garten vergraben hat, um sich auf einen ominösen Tag X vorzubereiten. Es ging um Soldaten, die Todeslisten erstellt haben, auf denen dann Journalisten und Politiker standen, und es ging um einen gemeinnützigen Verein, der paramilitärische Trainings für Mitglieder einer geheimen Chat-Gruppe organisiert hat. Das klingt alles wie ein richtig schlechter Thriller aus der Bahnhofsbuchhandlung, ist aber tatsächlich Realität. Das ist Deutschland im Jahr 2019. Die beiden nächsten Referenten sind Teil des taz-Teams, die diesen ganzen Vorfall … oder diese ganzen Strukturen zwei Jahre lang intensiv recherchiert haben und dafür vollkommen zurecht mit zahlreichen Preisen überhäuft wurden. Bitte begrüsst gemeinsam mit mir ganz herzlich Sebastian Erb und Daniel Schulz, die euch jetzt etwas erzählen werden über die Affäre Hannibal. Applaus Sebastian: Hallo, guten Tag! Wir freuen uns, in so einem großen Saal … oder Halle sprechen zu können. Daniel: Stadion. S: Wir, das sind Daniel Schulz hier zu meiner Rechten D: und Sebastian Erb. Unser Vortrag hat den Titel „Die Affäre Hannibal“. Wir sprechen, wie gesagt, über ein Netzwerk von Soldaten, Polizisten und anderen Behörden, Mitarbeitern, die rechtsextrem sind, und mit diesem Netzwerk haben wir die vergangenen zwei Jahre verbracht darüber was herauszufinden. Inzwischen ist der Hashtag, den wir diesem Netzwerk gegeben haben, nämlich Hannibal, so'n bisschen zu 'ner Art Chiffre geworden für alles, was schiefläuft in den sogenannten Sicherheitsbehörden. S: Moment! Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr? War da was? Fragen wir doch mal diesen Herrn. Video startet Christoph Gramm: Insbesondere haben wir bislang keine extremistischen Netzwerke entdeckt. Politisch motivierte Gewaltbereitschaft spielt in der Bundeswehr derzeit keine Rolle. Video endet S: Das ist Christoph Gramm. Er ist Präsident des Bundesamtes für den militärischen Abschirmdienst, auch bekannt als MAD, das ist der Geheimdienst der Bundeswehr. Und er hat das gesagt im November 2018, am 16. November 2018. Das war bei der Anhörung der Chefs der Nachrichtendienste im Bundestag im Parlamentarischen Kontrollgremium, das normalerweise streng geheim tagt, aber eben einmal im Jahr das auch öffentlich macht und da hat sich eben der MAD-Chef geäußert. D: Der Zeitpunkt ist insofern interessant, weil er zwischen zwei Veröffentlichungen liegt. Einmal hat der Focus, einmal hat die taz zu diesem Zeitpunkt einen Text über eben jenes Netzwerk gebracht – noch in einem sehr frühen Stadium. Und der Focus und die taz bilden, man mag es nicht glauben, keinen Rechercheverbund, natürlich. Sondern wir haben unabhängig voneinander recherchiert. Und wir fragen heute in dem Vortrag: Was ist seitdem passiert? Was hat sich geändert und was würde oder wird Herr Gramm eigentlich heute zu diesem Thema sagen? S: Das Netzwerk, über das wir sprechen, eben dann Hannibals Schattennetzwerk, ein geheimes Netzwerk von Männern, die sich verbunden haben, einerseits in Chatgruppen, aber auch sozusagen außerhalb des Internet. Und das sind Männer, die den Staat eigentlich schützen sollten, die ihm aber misstrauen oder gar, ja, in Gefahr bringen. Im Zentrum des Netzwerks steht ein Mann. Er heißt Andre S. Anfang 30 ist er, Soldat der Bundeswehr im Rang eines Hauptfeldwebels. Er ist nicht irgendein Soldat sondern Elitesoldat des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr. Das ist die Einheit für die härtesten Einsätze, wenn's um Geiselbefreiung im Ausland geht von deutschen Staatsbürgern oder auch Terroristenjagd in Afghanistan. Das KSK ist geheim unterwegs, selbst der Bundestag erfährt erst im Nachhinein, ob's überhaupt irgendwelche Einsätze gab. Sie machen aber auch Imagewerbung auf YouTube oder Alexa. Andre S. nennt sich mit seinem Spitznamen Hannibal. Und zwar das hat nichts mit Elefanten zu tun, sondern es geht um Hannibal, aus dem A-Team. Video läuft John "Hannibal" Smith: Hehehehe Templeton "Faceman" Peck: Was steht denn drauf? "Hannibal": Was draufsteht? Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert. A-Team Thema,Video endet D: Hannibal vernetzt sich in verschiedenen Chats mit anderen Gleichgesinnten, sogenannten Preppern. Da redet man dann darüber, Safehäuser anzulegen, Lebensmittel zu horten oder auch Fluchtrouten für den Fall einer Katastrophe auszukundschaften. Diese Katastrophe ist der ominöse Tag X. Tag X kann vieles sein: von einer Naturkatastrophe über eine russische Invasion bis hin zu der rassistischen Vision, dass uns sozusagen Migranten alle überrennen werden eines Tages. Und für diesen Fall, finden einige radikalisierte Mitglieder auch, sei es auch okay, Waffen zu horten und vielleicht auch politische Gegner umzubringen und dafür Feindeslisten anzulegen. S: Hannibal hat auch einen Verein gegründet. Der heißt Uniter e.V. mit Sitz in Stuttgart. Eine NGO, wie sie sich selbst bezeichnet. Ein Berufsnetzwerk von aktiven und ehemaligen Spezialkräften, unter anderem aus der Bundeswehr und auch der Polizei. Das ist die offizielle Darstellung. Hinter den Kulissen sieht es ein bisschen anders aus, wie wir herausfinden konnten. Dort heißt es dann nämlich von Aussteigern, der Verein sei organisiert wie eine Sekte. Und in diesem Verein hat der Bundeswehrsoldat Hannibal Zivilisten trainiert in Militärtaktik und es wurde … oder wird … es wurde zumindest gearbeitet an einem Aufbau einer bewaffneten Einheit, der sogenannten Defence. Der Verein hat auch wenig Berührungsängste mit fragwürdigen Akteuren. So wollte er zum Beispiel mit dem Präsidenten Duterte in den Philippinen kooperieren. Das ist, viele werden es wissen, der Autokrat, der unter anderem dafür bekannt wurde, dass er vermeintliche Drogenkriminelle ohne Prozess hinrichten lässt. D: Der Verein Uniter an sich ist nicht per se rechtsextrem, aber Rechtsextreme fühlen sich dort sehr wohl. So könnte man es rechtlich vielleicht ausdrücken …rechtlich abgesichert. Da ist zum Beispiel Franco A. unterwegs gewesen. Das ist der Bundeswehrsoldat, der sich als syrischer Flüchtling ausgegeben hat und der Anschläge geplant haben soll. Der steht deswegen auch bald vor Gericht. Im Hannibal-Komplex, im Hannibal Netzwerk waren auch unterwegs die Leute aus der sogenannten Nordkreuz-Gruppe. Mindestens zwei von denen gelten dem Generalbundesanwalt als verdächtig rechts- terroristische Straftaten geplant zu haben. Der Gründer und Administrator des Nordkreuz-Netzwerkes, Marco G. ist gerade vom Landgericht Schwerin verurteilt worden wegen illegalen Waffen- und Munitionsbesitzes. S: Wichtig an dieser Stelle ist: Wenn wir hier die männliche Form benutzen und von Männern reden – das ist kein generisches Maskulinum. Sondern es gibt in diesem Netzwerk, soweit wir es herausfinden konnten, so gut wie keine Frauen. Und wenn, dann sind das irgendwie die Ehefrauen von manchen oder so. Also die spielen da wirklich keine Rolle. Das ist ein elitärer Männerbund, den wir uns hier anschauen. Wir haben hier mal leicht vereinfacht das Netzwerk skizziert so wie wir es recherchieren konnten. Man sieht eben, dass im Zentrum oben Hannibal steht, der verschiedene Sachen gegründet hat: einmal diese Prepper-Chats. Die waren aufgeteilt nach den Himmelsrichtungen. Im Süden war Franco A. unterwegs. Dann im Norden die Männer von Nordkreuz, gegen die auch ermittelt wird. Im Westen, Osten, gab's auch. Auch Österreich und die Schweiz und verschiedene andere Gruppen. Er hat eben auch den Verein gegründet, Uniter e.V., wo verschiedene Leute drin waren. Und wir haben manche Sachen hier auch weggelassen. Z.B. wer alles von denen Freimaurer ist. Die spielen da auch eine Rolle, dass da viele Freimaurer sind. Und manche Polizisten, Soldaten sind in einen Lazarus-Orden feierlich eingetreten. Solche Dinge sehen wir da auch. Wichtig ist, dass das Netzwerk keine feste Organisationsstruktur hat. Also es ist nicht so, dass von oben jemand sagt, was gemacht wird, sondern das sind Verbindungen, die mal enger sind, mal loser, manche inzwischen wieder gekappt, die sich auch ändern. Und einer, der jetzt hier irgendwie links unten im Netzwerk ist, der muss gar nicht unbedingt wissen, was die anderen rechts oben so machen. Und das ist nicht unbedingt nur Zufall, sondern teilweise auch so gewollt, dass die Leute sich auch gar nicht mit echtem Namen vielleicht kennen, sondern dass sie, sozusagen in den einzelnen Gruppen dann irgendwo unterwegs sind und vielleicht die anderen nur per Nickname kennen. Wir werden jetzt bisschen berichten, wie wir überhaupt dazu gekommen sind zu dem Thema zu recherchieren und wie wir das gemacht haben und dann ganz am Ende dann auch gerne Fragen beantworten. Also wie hat das angefangen? Wie kamen wir zu Hannibal oder Hannibal zu uns? Wie war das? D: Ganz am Anfang stand eine Meldung wie diese, wahrscheinlich genau die, von der dpa. Also das war irgendwie klar, in Mecklenburg-Vorpommern wird wegen Terrorverdacht untersucht und unsere Reporterin Kristina Schmidt ist dann da hingefahren. Damals war von Hannibal natürlich noch nicht die Rede. Wir kannten diesen Decknamen noch nicht, aber es gab eine Besonderheit: und zwar hat der Generalbundesanwalt nicht Polizeikräfte aus Mecklenburg-Vorpommern hinzugezogen. Die wurden bewusst ausgeschlossen. Das liegt unter anderem daran, dass es zwei Verdächtige gab. Einer von denen war Kriminalpolizist. Auch unter den Zeugen waren Polizisten und Leute, die mit dem Militär zu tun hatten. Und deswegen wurden die nicht mit hinzugezogen. Wir haben uns natürlich zu diesem Zeitpunkt gefragt … also es war dann klar, oder relativ bald klar: Die Leute sind im Netzwerk unterwegs. Es hat so 30 – manchmal hat man auch 40 – Mitglieder oder Leute, die damit zu tun haben. Wir haben uns damals gefragt: auch als Journalisten wollten wir aus dem NSU-Debakel lernen, was auch ein journalistisches Versagen teilweise war: Ist es ein neuer NSU? Das haben nicht nur wir uns gefragt. Das haben sich auch andere gefragt und in dieser Stimmung entschied sich dann – das wissen wir heute, dass das eine strategische Entscheidung war – einer der Leute, nämlich der führende Kopf dieses Netzwerks im Norden, ein Interview im Panorama zu geben. Marko G.: Der Grund der Gruppe ist im Grunde nur … nur eine, wie soll ich das nennen, neumodern nennt man das die Prepper-Szene, wenn Ihnen das 'was sagt: Prepper, vorbereiten. Das sind so Leute, die sich auf 'ne Krise, auf 'ne Umweltkatastrophe, auf irgendwelche Engpässe in der Versorgung und dergleichen versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten vorzubereiten. Es ging los eben mit Nahrungsmittelvorräten, Wasseraufbereitung, Energieversorgung. Einige haben sich ein Aggregat gekauft, ne? Stromaggregat und so weiter. D: Ja (räuspert sich), das ist Marco G. Den Namen kann man sich mal vormerken. Der kommt später öfter nochmal. Marco G ist eine Schlüsselfigur im Hannibal-Komplex, weil er der Gründer und Administrator von Nordkreuz ist, also diesem Chat-Netzwerk im Norden. Marco G. ist seit 30 Jahren Polizist, 13 Jahre Landeskriminalamt, sehr lange Spezialeinsatzkräfte, war früher sozusagen Fernspäher bei der Bundeswehr, also Elitesoldat. So Leute, die man über die feindlichen Linien abwirft und die dann selbst zurechtkommen müssen. Ist also sehr, sehr gut ausgebildet. Und nach diesem Interview gab's so'n, wie soll ich sagen, bundesweites Durchatmen. Erleichterung: „Puh, es sind ja nur Prepper.“ Die einen dachten: „Okay, das sind harmlose Typen, die Konserven horten.“ Die anderen dachten: „Hm, okay schon Spinner irgendwie, aber auch nicht gefährlich.“ Und mitten in dieser Erleichterung hinein haben wir dann von so einer Szene erfahren an einem Imbiss, an einer Landstraße nach Schwerin, wo sich vier Männer verabredet haben. Linke, also am Tag X könnte man ja eventuell in so Bundeswehr-Lkws beiseite schaffen und verschwinden lassen. Also wir reden hier sozusagen über ein, weiß ich nicht, Geiselnahmen- oder vielleicht auch Vorbereitung-zur-Tötungs-Szenario. Die Sache ist die: Bundeswehr-Lkws – das ist für diese Männer nicht so weit hergeholt gewesen, die sich da getroffen haben, weil: die waren allesamt Reservisten der Bundeswehr. Die wären da durchaus rangekommen. Das ist auch recht praktisch. Wenn es so einen Tag X wirklich mal gäbe, kommt man wahrscheinlich mit dem Bundeswehr-Lkw noch am ehesten durch irgendwelche Straßensperren oder so durch. Reservisten – das klingt erst mal so nach alten Männern, die vielleicht auch schon mal ein bisschen dicker sind und die sich irgendwie über die guten alten Zeiten bei der Armee unterhalten. Es gibt aber durchaus auch aktive Reservistenkompanien und die werden tatsächlich bei Naturkatastrophen oder wie zum Beispiel bei so Ereignissen wie beim G20-Gipfel eingesetzt. Sieht ja schon mal so ein bisschen nach Tag X aus, ne? Ausgerechnet die Reservistenkompanie aus Mecklenburg- Vorpommern sollte in Hamburg eingesetzt werden beim G-20-Gipfel. Der Kommandant wäre ein Nordkreuz-Prepper gewesen. Das haben die Nachrichtendienste kurz vorher noch gemerkt und ihn aus dem Verkehr gezogen. Also, sozusagen, er hat diese Einheit nicht kommandiert. Und wir sind ja ihm und verschiedenen anderen Leuten während unserer Recherchen begegnet und wir haben uns halt oft gefragt: Sind diese Leute rechtsextrem? Wir können das ja vielleicht schon im Vorhinein mal sagen. Also wir sind dem klassischen Rechtsextremen nicht begegnet, so Kameradschaftsleute, NPDler, was weiß ich. Was wir gefunden haben, sind so mittelalte bis ältere, ja, weiße Männer, die sich nach der stärkeren Zuwanderung ab 2015 und der darauf folgenden Organisationskrise quasi radikalisiert haben, teilweise innerhalb von relativ kurzer Zeit. Und diese Männer wähnten sich im Besitz einer exklusiven Wahrheit, wie die Lage in Deutschland wirklich ist. Diese exklusive Wahrheit bekam sie unter anderem von Hannibal, der nämlich dann in den Chats so geschrieben hat mit seiner Autorität als KSK-Soldaten, als hätte er Informationen, die anderen verschwiegen werden. S: Sogenannter investigativer Journalismus sieht ja oft so aus, dass man gute Kontakte hat zu jemandem, der ein Papier hat, eine ganze Akte vielleicht, die er einem rüberschieben kann. Und dann kann man sich alles anschauen, analysieren, gewichten, aufschreiben und hat dann einen exklusiven Text oder was auch immer für eine Veröffentlichungsform. Das war in dem Fall nicht so. Die Akte mussten wir sozusagen selber füllen. Und was haben wir also gemacht? Das war im Prinzip wie eine eigene Ermittlung, kann man sagen. Und wichtig an der Stelle ist: die Prepper- Chats als solche in dieser Form gab es zu dem Zeitpunkt schon gar nicht mehr. Weil da hat Hannibal gesagt: „Macht die mal lieber wieder zu.“ Das war zu dem Zeitpunkt als Franco A. Anfang 2017 aufgeflogen ist. Da war's dann doch so ein bisschen zu heiß. Und so kennt man dann auch nicht unbedingt die kompletten Chatverläufe. Teile davon konnten wir mal lesen oder haben es gehört. Im Gericht wurden auch Sachen vorgelesen. Was haben wir also gemacht? Ein Teil der Recherche war online. Wir haben uns dann also auch im Zweifel mal 287 Likes bei Hochzeitsfotos angeschaut, irgendwelche Bilderstrecken über Bodyguard-Workshops – immer auf der Suche nach Leuten, die vielleicht 'ne Rolle spielen, die man wiedererkennt, die relevant sein könnten. Manchmal muss man Profilnamen erraten oder ausprobieren, über die Rückwärtssuche, dass man mit einem Foto wieder zu anderen Profilen kommt. Manchmal konnten wir auch Usernames oder Telefonnummern, die wir aus den Chats kannten, dann einem Profil zuordnen. Und so erfährt man dann von vielen Verbindungen und Personen, die einem noch unbekannt waren. Instagram ist sehr beliebt bei diesen Leuten. Da können sie dann was posen mit Waffen, mit Patches oder auch mal mit Zigarren. Und das war dann auffällig, dass wenn wir dann intensiv da recherchiert haben, dann auch viele Sachen verschwunden sind. Also mal da 'n Like, hier mal 'ne Freundschaft bei Facebook gekündigt, hier mal ein ganzer Beitrag gelöscht. Also es wurde aufgeräumt, Verbindung gekappt. Wir haben natürlich das Wichtigste gesichert. Bei Facebook sind die Männer sehr aktiv. Sie laden sich zu Veranstaltungen ein oder sagen was für ein tolles Training das doch war oder dieses Patch sieht doch super aus oder sie teilen auch die Rechercheergebnisse der taz. Das dann, in Klammern, meistens nicht so wohlwollend. Aktiv sind sie auch sehr bei LinkedIn. Ich persönlich wusste gar nicht, dass das ein richtiges soziales Netzwerk ist, wo man irgendwie auch liken und posten und teilen kann. Das hier zum Beispiel ist das Profil von Hannibal. Er nennt sich da auch Hannibal. Rechts neben dem Namen ist ein Freimaurer Symbol. Er hat hier zum Beispiel so Global-Crisis-Management angeboten und 77 Personen bezeugen, dass er militärische Kenntnisse habe und er wollte auch mal Investoren suchen für ein 14 Millionen Euro Projekt. Auch der Verein Uniter, schon erwähnt, der hat natürlich auch einen eigenen Auftritt mit Website und Accounts. Was sehen wir da? Wir sehen zum Beispiel dieses Organigramm. Das ist (kichert) nicht irgendwie so 'ne Behörde oder eine größere Firma, sondern ein Verein mit vielleicht ein paar hundert Mitgliedern, die dann so Sachen haben wie District Leader und eine sogenannte Medical Response Unit, also relativ komplex. Wir sehen aber auch so Sachen wie einen Tanzkurs oder Fan-Artikel oder eine Weltkarte. Uniter behauptet in 64 Ländern unterwegs und aktiv zu sein. Natürlich gibt es auch eine Über-Uns-Seite auf der Website, wo dann steht, dass radikale Ansichten in dem Verein nichts zu suchen haben. Was ein Bild bekommt man also, wenn man da so drauf schaut? Ja, ein bisschen … vielleicht ein bisschen größenwahnsinnig. Vielleicht sind das irgendwie auch Spinner, aber vielleicht doch harmlos. Das ist zumindest das Bild, das Uniter ganz gerne vermitteln möchte. Und das funktioniert auch bis zu einem gewissen Grad. Es ist ja auch so, dass auch eine Behörde wie der Verfassungsschutz zu einem Zeitpunkt, wo der Verein zum Beispiel keinen Beobachtungsobjekt ist, offiziell gar nicht so viel mehr darf wie sich Webseiten anschauen. Und dann klickt man sich da durch und dann … ja, kommt man vielleicht zu so einem Schluss: Alles nicht so schlimm. Und das ist zumindest öffentlich nach allen Äußerungen auch so, dass: Der Verein wird nicht beobachtet vom Verfassungsschutz, also auch nicht als extremistisch eingestuft. Wir konnten online auch sehr, sehr wichtige Sachen finden. Das zum Beispiel ist ein Post von einem … freundlicherweise von einem Provinzpolitiker in den Philippinen. Der hat mal ganz viele Powerpoint- Präsentationsfolien von so einem Treffen abfotografiert, wo eben Uniter sich angedient hat mit Sicherheitskräften von Duterte in den Philippinen aktiv zu werden. Und das konnte man einfach so auf Facebook finden. Man findet auch Sachen natürlich online oft, die vielleicht interessant sind, mehr oder weniger, aber nicht so besonders relevant. Ein Beispiel – jetzt wirklich exklusiv hier zum ersten Mal überhaupt präsentiert: ein Foto von Hannibals Hund. Das ist der Hund. Er heißt E.. Gelächter Ja nicht so wichtig, aber man findet ihn, wenn man lange genug sucht. Diese ganzen Recherchen online, die waren sehr zeitaufwendig und wichtig. Aber sie waren nicht das Entscheidende. Denn viel wichtiger war es rauszugehen. Weil, natürlich sind die entscheidenden Sachen nicht online oder wurden schon gelöscht und viele Sachen kann auch erst richtig einschätzen, wenn man mit den Leuten geredet hat. Also, welche Online- Verbindung? Was spielt die wirklich für eine Rolle dann da draußen? Und dann haben wir eben an vielen Türen geklingelt. Wir waren unterwegs an, ja allen möglichen Gegenden, haben dann manchmal Leute getroffen, an seltsamen Orten – Stichwort McDonalds – oder auch vor irgendeinem Einfamilienhaus in Mecklenburg-Vorpommern. Es war komischerweise immer kalt, also wir haben im Winter irgendwie hauptsächlich dann diese D: Warum ist denn da 'ne Palme zu sehen? Das Geschichtsfeld. Ich kann mich da nur an (unverständlich) erinnern. S: Ah so. Ja das ist: Symbolfoto. Soweit wären wir nicht gereist wahrschenlich. Zumindest spielte das da keine Rolle. Und irgendwann haben wir dann auch Unterlagen gehabt, paar interne Vereinsunterlagen bekommen oder dann auch in Ermittlungsakten einsehen können. Sehr gut war, das nach den ersten Veröffentlichungen sich Leute bei uns gemeldet haben, also Informanten, die aus dem Netzwerk waren, drumherum, die, was gehört haben. Und das war interessant und auch wichtig für uns. Einmal wegen der Inhalte, die sie uns erzählt haben, aber auch: das waren Leute, die tendenziell, würde ich jetzt mal so vermuten, tendenziell weit rechts von uns stehen politisch, die aber das, was sie da erlebt haben, gesehen haben, nicht okay fanden, die das sehr problematisch fanden. Und das hat uns dann auch nochmal bestärkt da dranzubleiben, wenn sogar die Leute, die das, sozusagen, vielleicht alles ein bisschen lockerer sehen, dann auch schon als Problem wahrgenommen haben. Und ein bisschen schwierig für uns war, dass dann die Leute uns teilweise gespiegelt haben, dass sie selber Angst haben und nicht genau wissen, ob sie in Gefahr sind, wenn sie mit uns reden. Und das sind alles Leute, die im Zweifel in Afghanistan irgendwie im Krieg unterwegs waren und ganz andere Sachen schon erlebt haben. Und das hat uns auch ein bisschen zu denken gegeben. Was ist wirklich da in dem Netzwerk da alles passiert. Und es war auch die Rede, dass ein Kopfgeld ausgesetzt wurde für eben dann Menschen, die mit der Presse reden, was natürlich einmal mehr noch uns dazu gebracht hat, natürlich möglichst sichere Kommunikationswege und so weiter zu benutzen. Vielen Dank immer an dieser Stelle auch an die Leute, die sich … ja, die uns Informationen gegeben haben, weil ohne die hätten wir das gar nicht recherchieren können. Applaus D: Ja, es gab am Anfang, als wir angefangen zu berichten, immer so die Frage: „Warum wird nicht über Hannibal berichtet?“ Und dann gab es Berichte darüber, dass nicht berichtet wird. Es gibt aber erstens schon seit Anfang an durchaus auch Recherchen großer Medienhäuser wie z.B. Focus – hatte er schon erwähnt – aber auch RedaktionsNetzwerk Deutschland oder so, die relativ am Anfang schon mit dabei waren. Und dann waren es vor allen Dingen aber die, sagen wir mal, nicht so etablierten Medien, die uns am Anfang auch schon quasi unterstützt haben oder die die, weiß ich nicht, mehr Resonanz auf die Recherche eingefordert haben. Das ist zum Beispiel Übermedien, das ist ja hier zu sehen. Das war einer der ersten, die quasi reagiert haben und gefragt haben, wo denn so die Reaktionen bleiben. Auch das ist hier in Leipzig beheimatete, sehr schöne Radio detektor.fm hat uns zum Beispiel zu einem Podcast eingeladen und da hat dann Christina Schmidt, die das Team da schon geleitet hat, dann darüber gesprochen über die Frage „Wie rechts steht die Bundeswehr?“. Es gab doch auch sozusagen Resonanz ganz stark in der – ich sag jetzt mal dieses unbeliebte Wort – Netzöffentlichkeit, also auf Twitter zum Beispiel: wichtige Accounts wie Reconquista Internet, die dann Redebedarf hatten. Ob da nicht doch mehr dran ist und ob man diesen Dingen nicht nachgehen sollte? Sehr schnell angekommen ist die Recherche auch in den deutschen Parlamenten, im Bundestag, in den Länderparlamenten. Das spiegelt sich vor allen Dingen in der Zahl der Anfragen wider. Es gibt inzwischen halt allein im Bundestag über ein Dutzend solcher Anfragen. Die Sache ist immer: da kommt oft nicht so viel bei raus. In NRW heißt es dann: „Es gibt keine Erkenntnisse.“ In Bayern hieß es dann: „Es gibt keine gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Bewertung der Aktivitäten.“ Da merkt man halt einfach immer so Schwierigkeiten in der Einschätzung, die wir ja manchmal auch hatten. So ist es ja nicht. Wenn dann zum Beispiel Peter Tauber, der Staatssekretär im Verteidigungsministerium ist, sagt: „Ja, meine Oma hatte auch Konserven im Schrank. Ist die jetzt auch 'ne Prepperin, oder was? Ist die jetzt auch gefährlich?“ Dann dazwischen immer wieder der Chef des MAD, der irgendwie sagt: „Wir haben keine gewaltbereiten Extremisten in der Bundeswehr gefunden.“ Das hat der Verteidigungsausschuss gesagt, im Innenausschuss, im Parlamentarischen Kontrollgremium. Und das Parlamentarische Kontrollgremium hat sich dann trotzdem mal über 100 Aktenordner kommen lassen, unter anderem vom Generalbundesanwalt, um sich mit dem Komplex zu beschäftigen, und die haben auch einen speziellen Bericht dazu angefordert, der noch nicht fertig ist und der mal Auskunft über dieses Netzwerk geben soll. Was der MAD-Chef hätte wissen können bei all der Beschwichtigung und all dem Sagen, dass er keine gewaltbereiten Extremisten festgestellt hat, ist, dass es von seiner Behörde aus ja durchaus eine Verbindung zu Hannibal gab damals schon. Hannibal war nämlich eine sogenannte Auskunftsperson des Militärischen Abschirmdienstes. Das ist eine Quelle, könnte man sagen. Also da hat Hannibal auch schon über die Chats und über Uniter erzählt. Seine Verbindung in den Geheimdienst war Dieter W. Hier ist er zu sehen, ohne Kopf, weil … Ja, aus rechtlichen Gründen. Dieter W., Stand Anfang dieses Jahres vor Gericht in Köln, weil er in dem Verdacht stand, Hannibal vor Razzien gewarnt zu haben. Der Generalbundesanwalt hat nämlich 2017 bei mehreren KSK-Soldaten Durchsuchungen veranstaltet, um herauszufinden, inwieweit Franco A. und dieses Netzwerk um ihn herum und die Soldaten etwas miteinander zu tun haben. Sie haben bei Hannibal nicht viel gefunden, was unter anderem daran liegt, dass mindestens ein Laptop und mehrere Datenträger verschwunden sind. Die Ermittler hatten den Verdacht, Dieter W. könnte da etwas nachgeholfen haben. Das Gericht konnte ihm das nicht nachweisen und er ist in erster Instanz entsprechend freigesprochen worden. S: Das war nicht die einzige seltsame Verbindung, die wir gefunden haben zwischen einem Nachrichtendienst und diesem Netzwerk. Meine Kollegin Christina Schmidt und ich waren im Februar an einem kalten Winterabend mal … haben wir an der Tür geklingelt in 'nem Stuttgarter Vorort, weil wir mit Ringo M. sprechen wollten. Den Namen haben wir ganz normal im Vereinsregister gefunden. Das war nämlich einer, der den Verein mitgegründet hat, Uniter e.V. 2016, und der auch der Gründungsvorsitzende war. Also eigentlich eine ganz normale Person, die man eben mal befragt, wenn man über diesen Verein etwas wissen will. Kleine Randnotiz: Manche kennen vielleicht Ringo M. noch als Ringo L., so hieß er früher und er war Polizist und Kollege und Vorgesetzter in der Böblinger Bereitschaftspolizei von Michèle Kiesewetter, dem letzten Opfer des NSU. Wir sind also an diesem Haus, das ist so'n mehrstöckiges Wohnhaus mit so'nem Außentreppenhaus, und klingeln an der Tür. Es ist jemand da, weil innen ist Licht. Das Licht geht aus, im Flur geht die innere Tür zu. Also offenkundig will da jemand nicht mit uns reden. Kein Problem. Was wir immer machen dann: wir hinterlassen eine schriftliche Nachricht. Christina Schmidt hat angefangen zu schreiben und sie war noch nicht fertig mit einem halben DIN A5-Zettel als wir Türen schlagen hören unten an der Straße. Und dann schauen wir runter und sehen einen schwarzen Porsche Cayenne, der vorgefahren ist und vier Männer die so in Formation auf das Haus zulaufen. Und wir so: „Hmm, okay.“ Wir konnten nicht viel machen außer da runter zu gehen und zu fragen: „Wer ist denn da?“ Wir haben ihn auch schon erkannt. Einer von den Vieren war Ringo M, einer hat sich als sein Anwalt vorgestellt, aber der … der war kein Anwalt. Interessant war, Ringo M. hatte Redebedarf. Er war da mit Badelatschen und Socken – wie gesagt, ein kalter Februarabend – und dann plauderten wir halt ein bisschen, weil jetzt oder nie. Das war klar: die Chance kommt nicht nochmal. Und dann haben wir ihn gefragt, wie das so war mit dem Verein. Wir wussten schon, dass er relativ kurzfristig vom Vorstand wieder zurückgetreten ist. Sagt er: „Ja, das lag an meinem Arbeitgeber. Das war irgendwie nicht so gut, das zu kombinieren.“ Dann fragen wir: „Ja, wer war denn der Arbeitgeber? Sie müssen auch nicht den Namen sagen. Aber war das 'ne Behörde? Ist das 'ne Firma?“ Auf die Frage wollte er nicht so richtig antworten. Wir hatten schon eine ganz gute Vermutung, wer der Arbeitgeber sein könnte. Und dann haben wir am Schluss auch gefragt: „Sie arbeiten doch hier in Baden-Württemberg für den Verfassungsschutz?“ Dann sagt er: „Nein“. Das war aber gelogen. Das konnten wir dann auch nachweisen, haben das dann geschrieben, wurde auch ziemlich schnell vom Innenministerium Baden-Württemberg bestätigt und gab dann da auch in Baden-Württemberg so ein bisschen Aufregung. Was ja schon interessant ist, dass der Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz eben diesen Verein überhaupt erst gründet und dann wenige Monate später ganz abrupt sich zurückzieht von einem Vorstandsposten. Kurz danach fliegt Franco A. auf, der auch eben in diesem Uniter-Preppergruppen-Umfeld da unterwegs war und der auch sogar ein Uniter-Patch zu Haus hatte. Also zumindest offiziell Mitglied war er nicht, so wird beteuert, aber er hat ja zumindest eine sehr große Nähe zu diesem Verein. Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden- Württemberg wäre ja dafür zuständig zu schauen: Was macht dieser Verein? Sind die so, wie sie sich geben, oder vielleicht ist es doch ein bisschen problematisch? Müssen wir da genauer hinschauen? Da kann man sich schon die Frage stellen: Wie objektiv kann ein Geheimdienst denn eigentlich sich so'ne Organisation anschauen, wenn der eigene Mitarbeiter sie überhaupt erst mit ins Leben gerufen hat? Also gibt es da vielleicht eine Nähe, die im Zweifel ein bisschen zu groß ist? Jetzt kommen die konkreten Folgen, die unsere Recherchen dann doch auch hatten. Also in dem Fall haben wir das geschrieben und dann gab es überhaupt einige Folgen, die unsere Recherchen hatten. Es haben sich nämlich einige Organisationen dann auch distanziert von Uniter e.V. D: Also zum Beispiel dieses Trainingsgelände in der Ortschaft Mosbach, wo Uniter paramilitärische Trainings durchgeführt hat. Da darf Uniter nicht mehr drauf. S: Das Innenministerium Baden-Württemberg hat sich distanziert und hat Ringo M. dann vor allem erst mal weg versetzt vom Verfassungsschutz in eine andere Behörde und auch beteuert, er sei rein privat dort gewesen, nicht im offiziellen Auftrag. Und Innenminister Thomas Strobl von der CDU in Baden-Württemberg sprach von einem Störgefühl. D: Die Bundespolizei hat Ermittlungen eingeleitet gegen mindestens einen Polizisten, von denen wir wissen, wegen Tragen eines Uniter-Patches. S: Der Waffenhersteller Heckler & Koch hat sich auch von … will mit dem Verein nichts mehr zu tun haben. Er hatte geschäftliche Kontakte mit einigen Uniter-Leuten und auch das Uniter-Logo, wie man hier sehen kann, war auch mal auf einer offiziellen Werbeanzeige zu sehen. D: Der Autovermieter Sixt hat seinen Sicherheitschef und einige Sicherheits Mitarbeiter entlassen. Der Sicherheitschef von Sixt war bei Uniter sehr aktiv. S: Und auch der Energiekonzern RWE hat reagiert. Da waren Uniter-Mitglieder … hatten eine Sicherheitsfirma und haben unter anderem auch Uniter-Mitglieder eingesetzt bei Einsätzen rund um den Hambacher Forst. Andere sind da zögerlicher, andere Organisationen. Und das ist ja auch, muss man ja auch sagen, das ist eine Grauzone, die wir hier sehen, wenn man diesen Verein jetzt mal speziell sich anschaut. Und die Grauzone nutzen aber die Leute auch ganz geschickt. Also sie üben Militär-Taktik mit sogenannten Anscheinswaffen in aller Regel. Das heißt, dass ist ein Sturmgewehr, das aussieht wie ein Sturmgewehr, sich so anfühlt, man mit dem üben kann, aber es ist keine echte Waffe, sondern eine Airsoft-Waffe und deshalb nicht verboten. Dann üben sie Schießen auf einem Schießstand, die ja auch so Schieß-Kino kann man ja alles super üben. Aber wenn man Sportschütze ist, dann – oder sogar auch Behördenmitarbeiter – dann ist das auch völlig legal. Man kann natürlich an einem Tag X oder wann auch immer diese Sachen dann kombinieren und dann hat man Leute, die gut schießen können vom Schießstand, die Militärtaktik können und wenn man das dann kombiniert, dann ist es ja vielleicht eine Gefahr. Und dieses Netzwerk ist, so in der Form, wie wir es kennen, vor einem Tag X aufgeflogen, als auch zu einem relativ frühen Zeitpunkt und glücklicherweise sozusagen ist nichts richtig Schlimmes passiert. Aber das erschwert natürlich auch ein bisschen dann die eindeutige Bewertung. D: Also wir wollen noch mal sagen dazu kurz, was sich dort eigentlich für Männer finden. Also der Verfassungsschutz schätzt Franco A. und sein Umfeld schon durchaus als rechtsextrem ein, genauso auch die Verdächtigen, die im Umfeld der Nordkreuz- Ermittlungen aufgefallen sind. Es ist aber schon so, dass ein Großteil davon sich eher sozusagen in Wochen oder Monaten irgendwie quasi blitzradikalisiert haben. Das ist so ein Terminus, den man eher so vom islamistischen Terror sonst normalerweise kennt, zumindestens von Teilen davon. Das heißt also Leute, die eigentlich keine bekannten Rechtsextremen sind, sondern die sich nach 2015 radikalisiert haben und in Richtung des Rechtsextremen gewandert sind. Wir finden meistens auch nicht das, was man ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild nennt, sondern ein je nach Persönlichkeit zusammengestelltes Puzzle aus Ideologiefragmenten. Wichtig dabei sind zwei Dinge: Rassismus und eine Feindschaft gegenüber der Linken, also dem Antifa e.V. und so. Also sozusagen relativ undifferenziert das Feindbild sozusagen, was die Linke betrifft. Und diese Analyse stammt gar nicht von uns, obwohl sie von uns hätte kommen können, sondern vom Verfassungsschutz, der quasi eine Analyse erstellt hat, wie man denn künftig mit den neuen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus umgehen soll. Der Verfassungsschutz sagt natürlich auch immer gleich, was ihm fehlt, nämlich, wenn das so ist, wie es jetzt ist, oft auch offensichtliche Ansatzpunkte für die nachrichtendienstliche Aufklärung. Was möchte der Verfassungsschutz dann? Horst Seehofer hat einen Gesetzentwurf schon länger, also schon länger vor diesen Recherchen veröffentlicht. Und da möchte er zum Beispiel, dass Verfassungsschutz unter bestimmten Bedingungen, wie es immer so schön heißt, in die Smartphones seiner Zielpersonen eindringen kann, um Chats mitzulesen, zum Beispiel. S: Schauen wir noch mal dorthin, wo die Recherchen begonnen haben: nach Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurden im Juni dieses Jahres … gab es da noch mal große Durchsuchungsmaßnahmen. Es wurde bei vier SEK-Beamten durchsucht und die wurden auch festgenommen, weil sie massenhaft Munition und auch Waffenmunition geklaut haben sollen, teilweise auch aus Polizeibeständen, und dann vor allem aufbewahrt und auch Waffen. Und gesammelt das ganze soll halt Marco G. gemacht haben, der Polizist, den wir vorhin ja schon im Panorama-Interview gesehen haben. Eben die Munition sammeln für einen Tag X. Und da war dann die Rede von knapp 60.000 Schuss Munition. Und noch was ist passiert im Sommer dieses Jahres. Es wurden Leute informiert, vor allem in Mecklenburg- Vorpommern, die sich auf einer sogenannten Feindesliste, sogar auf der wichtigsten von diesen Adresssammlungen und der bedeutendsten, befunden haben. Die wurden nicht informiert, um sie zu warnen, oder zu sagen "Hier, jetzt passt mal auf. Es könnte sein, jemand hat was Böses vor." sondern die wurden dann irgendwann informiert, weil das BKA sie als Zeugen befragt hat und dadurch erst haben sie mitbekommen, was da eigentlich sozusagen, dass sie auf so'ner Liste stehen. Es wurden dann auf öffentlichen Druck hin – es gab dann sehr viel Berichterstattung über das Thema – dann auch alle möglichen anderen Leute informiert, die dann auf allen möglichen Listen standen, die dann teilweise auch jetzt nicht die allergrößte sozusagen direkte Gefährdungseinschätzung haben. Wobei man auch sagen muss: Offiziell ist überhaupt niemand auf diesen Listen überhaupt wirklich gefährdet. Auf einer acht-stufigen Skala ist das sozusagen die zweitunterste Stufe nach offizieller Einschätzung. Und in diesen Schreiben, die die Leute dann bekommen haben, da stand nicht mal drin um was es überhaupt geht. Das heißt, das war für viele ein Rätsel, die dann uns angerufen haben und gefragt haben: „Was bedeutet das eigentlich, wenn ich diese Schreiben bekomme?“ Und in Mecklenburg ist noch dann was passiert, was wir recherchieren konnten. Und zwar hat Innenminister Caffier von der CDU hat, kurz nachdem die Prepper da zum ersten Mal Thema waren, im Spätsommer 2017 irgendwie gesagt: „Jaa … diese Prepper … wir wissen gar nicht, wie viele gibt's da? Sind sie gefährlich oder nicht?“ Und er hat eine Kommission eingerichtet, die sogenannte Prepper- Kommission mit ganz vielen Polizisten, Innenministeriumsleuten und aber auch so Landeszentrale für politische Bildung und ein paar Wissenschaftler. Diese Kommission wollte eigentlich einen Abschlussbericht veröffentlichen. Das hat sie bis heute nicht gemacht. Wir kennen den auch nicht, aber wir kennen interne Unterlagen dieser Kommission und können inzwischen ganz gut sagen, was diese Kommission eigentlich herausgefunden hat inzwischen. Ähm, nicht viel. Das mal so kurz gespoilert. Sie haben nämlich erst mal haben sie sozusagen mal den aktuellen also alles was mit Nordkreuz zu tun hat, erst mal ausgeklammert, alles, was Ermittlungen sind und natürlich haben sie dann erst mal ganz viel gar nicht mit rein nehmen können. Sie haben in dem Polizeisystem nicht viel gefunden, weil natürlich Prepper da gar nicht da irgendwie ausdrücklich genannt werden. Sie haben dann gesagt: Okay, wir müssen nochmal online noch suchen, was wir da so finden. Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes war zuständig vom Landesamt, also bzw. der Abteilung im Innenministerium für Verfassungsschutz, und der hat dann in zwei Sitzungen, waren das glaub' ich, hat der dann sozusagen präsentiert, was sie herausgefunden, was er herausgefunden hat. Er hat herausgefunden, dass es bei Facebook offene und – es waren 6 Stück, glaub' ich – offene und geschlossene Gruppen gibt, wo sich Prepper organisieren. Und dann bei der nächsten Siztung sagt er: „Ja in den offenen … eigentlich nichts Problematisches. Und die geschlossen … pfft … da sieht man ja nicht, kommt man nicht rein. Das wäre zu aufwendig.“ Also das war ungefähr das Niveau wie sich diese Kommission damit beschäftigt hat. Sie hat sehr viel Zeit damit verbracht zu überlegen: Ja, wie nennen wir eigentlich diese Prepper? Vor allem wie nennen wir diese problematischen Prepper? Weil sozusagen alle irgendwie problematisch zu finden, das ist nicht okay. Es gibt irgendwie auch Gute, die ja sich eben für Katastrophen vorbereiten, wie ja auch irgendwie empfohlen wird? Und dann gibt's irgendwie die bösen Prepper. Und sie haben sich dann geeinigt auf einen Begriff: RadiPre. Das sind sozusagen die bösen Trepper. Ich glaube nicht, dass er sich durchsetzen wird. Die Kommissionsmitgliedern haben immer wieder darauf gedrängt, diesen Bericht zu veröffentlichen. Und zwar zum ersten Mal wollten sie veröffentlichen im November 2018 rum. Da kamen dann dummerweise Medienartikel dazwischen, die irgendwie nicht so übereingestimmt haben mit dem, was in diesem Bericht drin gestanden wäre. Also haben sie es verschoben. Dann eben jetzt im August 2019 nochmal. Die Kommisionsmitglieder haben dann glaub' ich da auch keine Lust mehr länger zu tagen, auch in sehr großen Abständen, inzwischen, haben gesagt: „Lass uns doch das was wir haben veröffentlichen und dann schauen wir weiter.“ Da hieß es dann in einem internen Vermerk: „Der Bericht hat erhebliche Mängel.“ Also das ist ein Zitat. Und das sei der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, und deshalb wird er weiterhin nicht veröffentlicht. Es gibt noch eine andere Kommission, die dann eingesetzt wurde von Caffier, die sogenannte SEK- Kommission, als unabhängige Kommission. Und die sollten herausfinden, was eigentlich mit diesen SEKs da los ist, wo ja dann irgendwie Leute Munition abzweigen und für den Tag X sammeln und einer davon irgendwie jetzt dann auch vor Gericht stand. Und dieser Bericht, da steht dann so was drin, dass in einer von drei SEK- Einsatzgruppen. Zitat: „rechtsextremistische, insbesondere fremdenfeindlich geprägte Einstellungen entsprechende Fehlverhaltensweisen vorzufinden seien, außerdem eine mangelnde Aufmerksamkeit und fehlende Konsequenz von Vorgesetzten auf allen Ebenen und Defizite im Bereich der Fach- und Dienstaufsicht.“ Also ein ziemliches Desaster. In einer normalen Welt würde das vielleicht einen Rücktritt mit sich bringen – in Mecklenburg-Vorpommern auf jeden Fall nicht. Aber Caffier hat Änderungen angekündigt. Das SEK, zum Beispiel, soll der Landes- und Bereitschaftspolizei zugeordnet werden, nicht mehr dem LKA. Es soll in Zukunft auch immer ein Psychologe dabei sein im Auswahlverfahren. Und es sollen mehr Frauen in die Landespolizei, weil dann sei das schon alles … mit diesen … nicht mehr so problematisch. Und es gab auch personelle … ja … Konsequenzen, so wurde das genannt: Zwei leitende Polizisten werden versetzt. Der eine innerhalb des Innenministeriums, und der andere wechselt vom LKA … der LKA-Chef wechselt zum Verfassungsschutz. D: Genau. Eine weitere Konsequenz aus den Ermittlungen, könnte man sagen, war der Prozess gegen Marco G., eben diese Schlüsselfigur, den Gründer und Administrator von Nordkreuz. Marco G. stand vorm Landgericht Schwerin im November und Dezember, war angeklagt wegen Verstößen gegen das Waffengesetz, Kriegswaffenkontrollgesetz und Sprengstoffgesetz. Die Staatsanwältin hat 42 Minuten gebraucht, um vorzulesen, was er alles so gehortet hatte an Waffen, Munition – also ungefähr so eine Schulstunde lang. Wir haben es gestoppt. Also von daher: die Zahl ist gerichtsfest. Und Marco G. hat sich … also und um Nordkreuz ging es eigentlich nur am Rande. Es ist sozusagen quasi als Motiv vielleicht fürs Waffensammeln oder so hat die Staatsanwaltschaft das in Betracht gezogen. Aber darüber ist eigentlich nicht verhandelt worden. Marco G. hat sich im Prozess eingelassen, also er hat schriftlich und mündlich auf Fragen geantwortet und hat quasi gesagt: „Ja, ok, vielleicht war ich etwas unordentlich mit dieser Munition und ja, diese Maschinenpistole, die aus Bundeswehrbeständen geklaut wurde, die habe ich aus Abenteuerlust auf einem halbdunklen Parkplatz gekauft und dann bei meinen Schwiegereltern irgendwie vergessen im Schrank. Und meine Chats? Ja, die gab's zwar, aber die waren völlig unpolitisch.“ Mal so die Gegenprobe: also die jetzt nicht als antifaschistische Gruppe bekannte Bundesregierung schätzt den Chat Vier Gewinnt, in dem Marco G. auch unter anderem war, als rechtsextrem ein. Es war in diesem Gerichtsprozess ein Kriminalpolizist vor Ort, der die Kommunikation von Marco G. ausgewertet hat. Nordkreuz-Chats konnte er nur bedingt auswerten, weil vor 2017 ja quasi viele Löschungen quasi dabei sind. Aber andere Chats wie Reisegruppe DD oder Dräschdn, die uns auch bekannt sind, konnte er auswerten. Und da hat dann Marco G. unter anderem zum Beispiel, fast schon einen Klassiker leider, zum 20. April 2017 ein Bild von Adolf Hitler verschickt, wo drunter stand: „Happy Birthday!“ Er hat ein Bild verschickt von Soldaten, die aussehen wie Wehrmachtssoldaten und die auf eine Person zielen, die am Boden liegt – augenscheinlich tot. Da drauf stand dann: „Asylantrag abgelehnt“. Genau. Also das ist dort im Gericht aufgetaucht und auch dementsprechend, wie gesagt, auch länglich an einem Verhandlungstag ausgebreitet worden. Das Gericht hat trotzdem die Beweise des Prozesses sehr zugunsten von Marco G ausgelegt. Es hat zum Beispiel gesagt – und das ist wirklich eine Lieblingsstrecke von mir aus allen Gerichtsprozessen, die ich jemals erlebt habe – also Marco G hat, so hat der Richter gesagt, nach einer ersten Durchsuchung bei ihm, da ist ja sehr viel Munition gefunden worden. Dann vor der zweiten Durchsuchung ja schon viel weniger illegale Munition erworben und der Richter hat gesagt: „Das ist ja schon ein Schritt in die richtige Richtung.“ Lachen im Publikum Und der Richter hat es ihm auch als … wie soll ich das nennen … als Vorteil ausgelegt, dass er über seine Einnahmen dieser Gruppe Buch geführt hat, weil: Terroristen führen keine Kassenbücher. Ja, weiß jeder! Also dieser schlagende Beweis ist auch dort zum Tragen gekommen. Das Urteil jedenfalls: ein Jahr und 9 Monate auf Bewährung. Zu Weihnachten war Marco G. wieder zu Hause bei Mutti. S: Der Prozess in Schwerin hat also gezeigt, dass es ziemlich schwierig ist, offenbar sich juristisch mit diesem Netzwerk … dem sozusagen irgendwie Herr zu werden. Und schauen wir noch mal genauer sozusagen auf die Lage da im Nordosten der Republik. Wir haben hier also eine Gruppe Nordkreuz, gegründet von Marco G und in dieser Gruppe sind zwei Leute. Gegen die wird ermittelt wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wie es Paragraph 89a Strafgesetzbuch, also Terror. Da ermittelt der Generalbundesanwalt. In der selben Gruppe haben wir … und diese Männer sollen irgendwie diese Feindeslisten angelegt haben und irgendwie Tötung irgendwie vielleicht im Sinn gehabt haben. In dieser selben Gruppe ist eben der Gründer Marco G., der zusammen dann offen– vielleicht, da wird noch ermittelt – mit anderen SEK- Beamten Munition irgendwie sich beschafft hat. Vieles davon war in der Tat dann auch legal, weil er Sportschütze auch war und sozusagen vieles legal haben durfte. Aber da er bestimmte Waffen, Munition für den Tag X, so hat das das Gericht auch festgestellt, gehortet hat. Und der ist inzwischen verurteilt, wenn es auch noch nicht rechtskräftig ist, weil die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hat und das wird getrennt betrachtet, obwohl es sozusagen diese eine Gruppe ist. Da fragen sich manche ja: Wieso wird hier nicht wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt? Man hat 3 Leute, die man braucht, könnte man machen. Das ist eine gute Frage, die wir uns natürlich auch stellen, die sich viele stellen. Der Generalbundesanwalt, der dann zuständig wäre und ist, der hat sich die auch gestellt, immer wieder geprüft, ob das irgendwie möglich wäre, hat da offenkundig keine Anhaltspunkte gesehen eben dieser Gruppe das gemeinsame Ziel nachzuweisen, dass sie gemeinsam schwere Straftaten begehen wollen mit einem politischen Hintergrund. Das hat er bisher zumindest so nicht gesehen und eben das Verfahren Marco G. an die Staatsanwaltschaft in Schwerin abgegeben wurde, wo dann eben der Prozess vor dem Landgericht gemacht werden konnte. Hier ist auch wieder auffällig, dass das getrennt gemacht wird. Die einen haben sozusagen die Feindeslisten und der andere hat die Munition und noch andere haben dann vielleicht die Waffen. Das kann Zufall sein. Vielleicht ist es aber auch Strategie. Apropos Netzwerksgrafik: auch das BKA, das Bundeskriminalamt, hat, mal so'ne Grafik inzwischen öffentlich vorgestellt. Das ist hier Holger Münch, der Chef des BKA auf der Herbsttagung der Behörde in diesem Jahr. Und das war sogar ein Beispiel, wo er so vorgestellt hat, wie man so ermittelt. Und man muss sagen: okay, er hat es ein bisschen übersichtlicher hinbekommen als wir. Der Bericht, der schon erwähnte Bericht für das Parlamentarische Kontrollgremium, der soll in Kürze fertig gestellt werden. Der dürfte ziemlich interessant werden. Das Problem ist: geheim. Aber zumindest drängen da Oppositionspolitiker drauf: soll er dann, zumindest eine Kurzfassung, zumindest auch öffentlich sein. D: Ja, von Uniter hat inzwischen irgendwie wahrscheinlich ganz Deutschland nochmal gehört. Weil ja vor wenigen Wochen erst die Affäre um Robert Möritz gab, einen Lokalpolitiker aus Sachsen-Anhalt. Da hat jemand auf Twitter gemerkt, dass er offenbar bei Uniter aktiv ist. Und dann hatte er auch eine rechtsextreme Vergangenheit, und er hat die schwarze Sonne tätowiert. Ein Symbol, was stark mit der SS in Verbindung gebracht wird. Die CDU hat da lange darüber diskutiert. Es hieß dann er interessierte sich irgendwie doch nur für die keltische Mythologie. Deswegen hat er sich tätowieren lassen. Man fragt sich immer, was passiert wäre, wenn er irgendwie, keine Ahnung, sich für Wale interessiert hätte. Dann wär das so groß, das wär ein Familientattoo geworden. Da hätten sich alle irgendwie so'nen Wal tätowieren müssen. Man weiß es nicht. Aber jedenfalls … Die CDU hat fast die Regierung zerlegt über diesen Mann, weil die Grünen natürlich wollten, dass … also zum Beispiel Teile der Grünen wollten, dass der Mann ausgeschlossen wird aus der Partei. Es gab sozusagen eine Regierungskrise in Sachsen-Anhalt und die hat dann Robert Möritz selbst gelöst, indem er aus der CDU ausgetreten ist. Also die Chance wäre … er hätte auch der CDU was sagen können über seine rechtsextremen Kontakte und ob er sich distanziert hat. Aber er hat den Austritt gewählt. In der CDU Sachsen-Anhalt mag es also noch nicht in allen Teilen angekommen sein, dass Uniter ein problematischer Verein ist, in dem sich Rechtsextreme sehr wohl fühlen. Die Parteivorsitzende Annegret Kramp- Karrenbauer, die auch Verteidigungsministerin ist, sieht das anders. Die sagte ja inzwischen: Wer sich also Mitglied bei Uniter ist oder sich mit Uniter-Symbolik schmückt, der setze sich schon dem Verdacht aus rechtsextremen Vereinen und Chats nahezustehen. S: Und was macht Hannibal? Das hier ist kein Fake oder Satire, sondern von der Uniter-Webseite. Er ist inzwischen von seinen Vereinsämtern offiziell zurückgetreten. Er hat zum Abschied ein eigens geschmiedetes Schwert geschenkt bekommen. Auch aus der Bundeswehr ist er raus seit Kurzem und er muss sich in Kürze verantworten vor Gericht wegen Verstoßes gegen das Waffen- und das Sprengstoffgesetz. Und was macht der MAD? Das noch zum Schluss. D: Also nach … nicht nur nach den Hannibal-Recherchen, sondern auch nach dem Mord an Walter Lübke und anderen Recherchen, die es inzwischen gibt über, ich sage mal rechtsextreme Rechtsradikale bei verschiedenen Sicherheitsbehörden, auch bei der Polizei, sollen das BKA und die Geheimdienste umgebaut werden. Den MAD trifft dieser Umbau am stärksten. Es soll mal ganz grundsätzlich ein bisschen weggegangen werden von dem Prinzip, dass Soldaten dort Soldaten beobachten. Da soll mehr Distanz reinkommen. Das heißt, 400 zivile Mitarbeiter sollen eingestellt werden. Das soll auch einen zivilen Vizepräsidenten des MAD geben. Nur zum Vergleich: der MAD hat jetzt so geschätzt 1200 Mitarbeiter ungefähr. Das heißt, es wären ganz schön viele. Und es soll auch eine Stelle beim Verteidigungsministerium geben, die dafür sorgt, dass so wenn der MAD die Hinweise auf rechtsextreme Gesinnung hat, dass die irgendwie auch disziplinarisch verfolgt werden diese Hinweise. Dann hat sich in diesem Jahr wieder in dieser öffentlichen Anhörung der MAD-Chef Herr Gramm nochmal geäußert zu der Frage: Gibt es rechtsextreme Netzwerke? Video läuft Konstantin von Notz: Können Sie das kurz und knackig sagen? Gibt es Netzwerke oder ein Netz von Rechtsextremisten in der Bundeswehr? Gramm: Kurz und knackig antworte ich darauf. Jein. Der Begriff des Netzwerks ist ja nun – und da haben wir uns ja schon mehrfach versucht zu verständigen – nicht so richtig scharf greifbar. Für den einen besteht ein Netzwerk darin, wenn drei Leute miteinander telefonieren und sich darüber austauschen, wie schrecklich unsere Bundeskanzlerin hilfsweise gegen viele Gesetze verstößt. Für andere ist ein Netzwerk eine Chatgruppe im Internet und ein Forum. Für wieder andere besteht ein Netzwerk aus einer entschlossenen Personengruppe, die das Ziel hat, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. So wie die dritte Gruppe ist, ist unser Verständnis vom Netzwerk im Sinne eines Rechtsbegriff, weil so steht es in Paragraf 4 Bundesverfassungsschutzgesetz drin. Das schließt aber selbstverständlich nicht aus, dass wir blind sind für Vernetzungprozesse unterhalb dieser entschlossenen Gruppierung. Dafür war ein bisschen der Begriff der Schattenarmee gebraucht. Und selbstverständlich sehen wir, dass es hier Personen, Bildungen, Zusammenschlüsse gibt auch unterhalb dieser Schwelle. Anders formuliert: auch Verfassungsfeinde können selbstverständlich sich untereinander vernetzen, sich austauschen, sich wechselseitig in ihrer verfassungsfeindlichen Überzeugung verstärken. Und das tun die auch. Und solche Zusammenhänge haben wir auch in der Bundeswehr festgestellt. Von Notz: Okay. Video endet D: Also einmal im vergangengen Jahr ein Nein. Jetzt ein längliches Jein. Also kein Netzwerk, aber eine doch deutliche Vernetzung. Uns bleibt nichts anderes übrig als weiter zu recherchieren und das werden wir tun. S: Wenn ihr unsere Texte lesen wollt, unter taz.de/hannibal findet ihr sie. Ansonsten gibt's da auch noch den Hashtag tazzahlich. Wir haben ein freiwilliges Bezahlmodell. Bezahlt uns doch Geld. Darüber freuen wir uns auch. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, auf jeden Fall, dass Ihr so früh aufgestanden seid, wenn jetzt noch Fragen sind, fragt! Applaus Herald: Vielen herzlichen Dank für diesen wirklich äußerst spannenden, aber auch sehr erschreckenden Vortrag. Wir haben jetzt noch ein wenig Zeit für Fragen und wir würden mit einer Frage aus dem Internet beginnen. Signal-Engel: Zunächst einmal danken Euch sehr viele Leute im IRC und sie fragen, ob es personelle oder Zusammenhänge oder Kontakte zu den Stay-Behind- und Gladio- Netzwerken gibt, die von der CIA initiiert wurden. S: Das ist auch eine beliebte Frage von Anfang an. Hashtag Hannibal gleich mit dem Hashtag Gladio. Wir haben da … also wir sind grundsätzlich auf der Suche, auch wie viele andere, was für Kontinuitäten es möglicherweise gibt von längeren sozusagen Organisationen, die vielleicht früher anders hießen. Wir haben da bisher keine Erkenntnisse, dass es da ähnliche Kontinuitäten oder Zusammenhänge zu diesem Phänomen gibt. H: Als nächstes eine Frage aus dem Saal und zwar von der Nummer 7. Mikro 7: Ist irgendwie bekannt, wie es dazu kommt, dass viele deutsche Geheimdienste, Inlandsgeheimdienste so ein unvorstellbar enges, sehr beschränktes Bild vom Rechtsextremismus haben? Wisst ihr dazu was? D: Na ja, man kann dann natürlich, wie soll ich sagen, verschiedene Theorien haben. Also der … Ich sag mal so: der Punkt ist, dass uns während dieser ganzen Recherche relativ oft von Behörden gerade am Anfang vermittelt wurde, da wäre nichts. Und wir haben auch öfter mal an uns selbst gezweifelt, ob wir vielleicht etwas sehen, was gar nicht da ist. Der Punkt ist nur: es gab da es immer so verschiedene Motivationen weiterzumachen. Ich zum Beispiel, ich bin ja Hashtag Baseballschlägerjahre, in den 90ern in Ostdeutschland aufgewachsen. Ich kenne dieses Gefühl, dass einem Behörden sagen, dass irgendwas nicht da ist (was dann vielleicht doch da ist). Und von anderen sozusagen – wir hatten 'ne relativ diverse Gruppe – wurden dann wiederum andere Gründe gesehen, warum man immer weitermachen sollte. Ich würde zum Beispiel sagen. Stichwort Diversität. Es ist ein Problem, zum Beispiel, der Geheimdienste, wenn dort nur männliche weiße Juristen arbeiten, – und zum großen Teil ist es so – die sozusagen eine bestimmte Ausbildung haben oder so. Dann zum Beispiel sehen wir das nicht. Also ich weiß, Diversity klingt immer so als so'n soft, weiß ich nicht, so'n softes Wort aber sozusagen bei deutschen Sicherheitsbehörden wäre es 'ne richtig harte Nummer, wenn man das dort mal einziehen würde, weil es einfach tatsächlich so ist. Leute mit unterschiedlichen Erfahrungen sehen unterschiedliche Dinge. Dann gibt's irgendwie teilweise ziemlich … da gibt's diese personellen Überschneidungen teilweise, von denen wir ja irgendwie gesprochen haben, und personelle Nähe. Und dann ist das einfach auch so. Es ist schwer … also auch wenn wir diesen Leuten gegenübergestanden haben, haben wir uns öfter gefragt: Ist der jetzt rechtsextrem oder nicht? Ist das irgend so'n Spinner- Opa, der irgendwie einfach zu viel irgendwie über, weiß ich nicht, seine Vorfahren nachliest, die bei der SS sind? Oder ist das wirklich gefährlich? Es ist oftmals einfach nicht so leicht einzuschätzen, vor allen Dingen nicht für Geheimdienste und Organisationen, die gerne mit juristischen Begriffen und Kategorien arbeiten. Also ist jemand so und so hart einzuordnen? Und daran ist ja auch nicht alles falsch. Denn wenn wir sozusagen alles irgendwie mit Verdacht erledigen würden in solchen Organisationen ist ja auch irgendwie klar, dass es nicht nur sich auf Rechts beschränken würde, sondern auch bei … auch sozusagen sich im linken Spektrum sozusagen manifestieren würde. Ich weiß nicht, ob das sozusagen die Frage beantwortet. Das wäre sozusagen mein Gedanke dazu. S: Noch ein ganz kurzer Hinweis zum Stichpunkt Diversität. Eigentlich stände hier auch Christina Schmidt, unsere Kollegin. Achten wir auch drauf. Sie kann leider heute nicht, aber es ist ganz viel nachzuhören zum Beispiel ein Podcast mit kattascha, wo Christina noch viel mehr erzählt. Findet man alles online. Kattascha: Genau. Unter denkangebot.org. Als nächstes noch eine Frage aus dem Internet. Signal: Ja, es wird gefragt, ob es für euch wegen der Recherchen persönliche Konsequenzen gab oder Einschüchterungsversuche. S: Ähm D: Ähm … ja. Also sozusagen. Sebastian hat ja erzählt von diesem Beispiel. Wenn da so Leute plötzlich vor einem stehen. Es gibt auch so Mails, in denen könnte man sagen Dinge, die man als Morddrohung verstehen könnte, geäußert worden sind. S: Aber nicht besonders spezifisch jetzt wegen dieser Recherche, würde ich sagen. Also eigentlich eher erstaunlich wenig, sozusagen. Es gibt schon Leute, die uns da nicht so richtig leiden können. Was immer ein bisschen inzwischen sehr witzig ist: Der Verein Uniter. Am Anfang konnten sie sich, wenn man sie angefragt hat, noch eine teure Rechtsanwaltskanzlei, eine sehr bekannte aus Köln leisten. Später haben sie dann selbst geantwortet und so viel Quatsch immer geantwortet, dass es dann irgendwie auch eher witzig war. So auf die Art haben die eben versucht uns am Anfang so'n bisschen einzuschüchtern juristisch. Aber das war so absurd, dass es uns auch nicht interessiert hat, ja. H: Dann hätten wir noch Zeit für eine Frage aus dem Saal und zwar bei der Nummer 8. Mikro 8: Hallo? Ja. Vielen Dank für die Recherche und eine Frage zu dem Tag X, der ja ganz oft genannt wurde. Gibt es da irgendwelche näheren Definitionen bzw. wer definiert das? Und dann vor allen Dingen auch: wer ruft ihn denn aus? S: Das ist auch 'ne gute Frage. Das weiß keiner so richtig. Es ist auch nicht klar definiert, was ist der Tag X. Es gibt da, zumindest sozusagen, die öffentliche … wenn man sie fragt ist dann eben dieses … 'ne Naturkatastrophe. Es kann ja mal 'nen Stromausfall geben, was es ja auch wirklich jetzt in Berlin-Köpenick ja zum Beispiel auch mal ein, zwei Tage, drei Tage irgendwie gibt. Das ist ja alles nicht unrealistisch. Und dass dann aber irgendwie … dass der nächste Schritt ist, dass die staatliche Ordnung zusammenbricht, wie genau man das dann auch definieren mag. Es gibt da keine klare Definition, aber innerhalb dieses Netzwerks, ganz schnell kommt dann eben das: „Wir haben irgendwie zu viele Migranten, die hier nach Deutschland kommen“, also das als Zitat, „ und die überrennen uns und da müssen wir dann gucken und dann kann keiner mehr uns irgendwie schützen. Dann müssen wir selber machen.“ Es gibt keine klare Definition. Das macht's natürlich auch gefährlich, weil's auch 'ne Kleingruppe geben kann, die sagen kann, die vielleicht, das jetzt mal als Beispiel, dass in Hamburg die sagen kann: Hier brennt's irgendwie. In ein paar Straßen im Schanzenviertel gibt's irgendwie Feuer. Vielleicht ist das schon Tag X und dann agieren sie. Oder ob der Tag X vielleicht – auch eine These – ausgelöst werden kann künstlich. Und da ist eben … Franco A. kommt da ins Spiel. Das ist 'ne These erstmal, die kann man … da kommt ja der Prozess aber erst noch. Da weiß man nicht so im Detail, ob's da so'n Zusammenhang gibt. Aber es könnte theoretisch sein, dass man sagt: „Ich als Flüchtling, zum Beispiel als Syrer getarnt, begehe irgendwie einen Anschlag.“ Und dann könnte das ein Tag X sein, wo andere wieder reagieren. Das ist so zum Beispiel eine Möglichkeit. Aber das ist in der Tat nicht klar definiert und deshalb auch, ja, sehr diffus. H: So. Ich sehe hier noch ganz viele Fragen. Wir haben leider nur noch Zeit für eine einzige und da würden wir das Mikro Nummer 3 nochmal nehmen. Mikro 3: Hi. Ihr hattet auf Eurer Netzwerkfolie den Timo H. erwähnt, der meines Wissens nach auch im NSU mit drin hang. Wie sieht da genau die Beziehung aus? S: Wir haben das hier mal aufgemalt. Diese Verbindung sind alle nicht zum NSU selbst, sondern zu dem Umfeld eines NSU-Opfers, eben Michèle Kiesewetter in Böblingen bei der Bereitschaftspolizei. Das ist uns eben aufgefallen, dass da einige Leute, die damals in dieser Polizeieinheit waren, dann wieder aufgetaucht sind. Vor allem Ringo M., der eben den Verein gegründet hat. Es tauchen auch so Leute auf wie Thomas B., der unter anderem auch vorher mal aufgefallen ist, weil er illegal Polizisten in Libyen ausgebildet hat. Und da ein Kollege war eben auch Timo H. Ob's da ne Bedeutung weiterhin gibt, wissen wir nicht. Wir haben natürlich da viel gesucht. Uns ist aber nur aufgefallen, dass da viele Leute wieder auftauchen. Martin Hess, zum Beispiel, der auch in der Einheit war, sitzt jetzt im Bundestag für die AfD und auch im Innenausschuss, wo dann eben Uniter, der Verein, den eben dann andere Ex-Kollegen da unterwegs sind, dann auch sozusagen thematisiert. Das war einfach nur 'ne Auffälligkeit. Und eben dann auch Timo H, der ja mal im Ku-Klux- Klan unterwegs war. Das sind Auffälligkeiten, wo wir aber nicht wissen, ob es da noch irgendeine Bedeutung überhaupt gibt dahinter. H: Ja. Vielen, vielen Dank Euch beiden! Noch einmal für diese sehr interessante Recherche, ich würde sagen, nochmal einen donnernden Applaus für Euch Beide und Euer Team! Applaus 36C3 Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2020. Mach mit und hilf uns!