35C3 Vorspannmusik Herald Mirko: Kommen wir zum nächsten Thema: Die Polizeigesetze. Also ich würde sagen, von dem, was ich bisher gelesen habe... Demnächst heißt es, deine Nase passt mir nicht, geh mal in den Bau. So 'ne Zeit hatten wir schon mal. Ich kann mich erinnern, als ich jung war, ist da so eine Mauer gefallen, und dahinter sah es so ähnlich aus. Ich weiß nicht, ob ich das nochmal haben möchte. Deshalb freue ich mich sehr, dass Marie Bröckling und Constanze Kurz – beides, wie ich es ausdrücke, Journalisten von Netzpolitik.org – euch heute Abend zu den Polizeigesetzen zu sagen haben. Einen Riesen-Applaus. Applaus Constanze Kurz (CK): Ja, vielen Dank, Mirko. Wir überlegen gerade kurzfristig, ob wir doch auf Französisch umsteigen für diesen Vortrag, aber wir werden mal auf Deutsch fortfahren. Wir freuen uns über das große Interesse. Ich vermute mal, in den meisten (also diejenigen, die deutsch sind) Bundesländern sitzen hier Betroffene quasi. Wir wollen ein bisschen sprechen. Zum einen: Was steht in diesen Polizeigesetzen? Was sind die umstrittensten Vorhaben oder auch schon in's Gesetz gegossene Maßnahmen und Befugnisse? Wir wollen ein bisschen über die Proteste reden – lohnt sich durchaus auch – und wir haben, wie es sich für so 'nen ordentlichen Polizeigesetze-Talk gehört, auch ein paar schöne Forderungen am Ende, die sich hoffentlich mit euren Wünschen nach dem Vortrag so ein bisschen annähern. Wir finden schon die Entwicklungen sehr bedenklich, die sich im ganzen letzten Jahr gezeigt haben. Und darüber wollen wir sprechen. Warum wollen wir darüber sprechen? Wir hatten in mehrerer Hinsicht damit zu tun. Wir haben einerseits darüber geschrieben – kann man bei netzpolitik.org auch nachlesen. Das sind zum einen wir beide, aber auch andere Mitglieder aus der Redaktion. Wir selbst waren auch als Sachverständige in mehreren Bundesländern. Das heißt Marie und in meinem Fall auch Teams, unterschiedliche Teams aus dem CCC, haben sachverständige schriftliche Stellungnahme abgegeben in einigen Bundesländern. Und wir wollen auch ein bisschen darüber sprechen: Wie läuft das ab? Das war uns schon schon wichtig. Genau. Wir wollen beginnen mit der Frage der Proteste, weil wir sozusagen... Wir beginnen mit dem Positiven und kommen dann zu den immer fieseren Maßnahmen. Und zwar hatten wir, glaube ich, ein bisschen Glück dieses Jahr. Denn in Bayern war ja, wie alle wissen, eine Landtagswahl, die sicherlich dazu geführt hat, dass die Proteste ein bisschen breiter waren. Und ich muss aus meiner Perspektive sagen – ich weiß nicht, wie Marie das sieht, aber wir waren schon ein bisschen überrascht, wie, glaube ich, viele Teilnehmer auch der Demo, dass so viele kamen, und dass die Bilder dann doch relativ beeindruckend waren und die Politiker in der Folge auf die große Menge der Protestierenden auch reagieren mussten letztlich. Es ist dennoch nicht das erste Polizeigesetz in Bayern gewesen, sondern es gab eigentlich bereits in Hessen eine Diskussion davor. Da gehen wir dann später noch mal drauf ein. Aber die Proteste, die auch bundesweit bemerkt wurden und in der Presse berichtet wurden, die waren sicherlich erst in Bayern so groß. Und da hat uns, denke ich, der Landtagswahlkampf auch geholfen. Und wie man hier in diesen Beispielen sieht, waren vor allen Dingen die Spitzenpolitiker der CSU beliebte Verhohnepieplungs-Objekte auf den verschiedenen Plakaten, die man da finden konnte. Marie Bröckling (MB): Genau. Wie du gerade meintest, der Protest war sehr groß. Es war ja tatsächlich der größte Protest, den Bayern seit Jahren gesehen hat. Also an dem einen Tag in München waren es 40.000 Menschen. Das sind in Berlin Dimensionen, die man kennt, aber in Bayern sonst nicht. Und ich würde sagen, und da sind wir dann ja auch schon bei der nächsten Folie CK: Wir hatten ein paar Verbündete, die überraschend waren. MB: Genau, und der Protest war nicht nur unglaublich groß, der Protest war auch unglaublich vielfältig. Und das war vor allen Dingen in Bayern bemerkenswert. Es waren außer der CSU alle Parteien, die im Landtag sitzen, beteiligt mit ihren Gesamtverbänden und den Jugendverbänden. Es waren darüber hinaus Gewerkschaften beteiligt, teilweise. Und hier sehen wir das ja, die Polizeigewerkschaften haben sich kritisch geäußert, was ungewöhnlich ist. CK: Nicht alle natürlich. Wir haben ja zwei große Polizeigewerkschaften, aber hier der bekannte Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei war überraschend. Und es gab noch ein paar andere, vor allen Dingen später im Laufe des Jahres hinzu- tretende, Protestierende. Mir waren die eher fremd. Ich weiß nicht. Ich habe mit der Fußballszene nicht so furchtbar viel zu tun. Ich gehe mal einen weiter, kommen wir gleich zurück. Später kamen noch die Sprechchöre und die ziemlich organisierten Fußballvereine dazu, die sich diesem Protest anschlossen. Auch auf der Straße; nicht nur im Fußballstadion. Wer das vor allen Dingen in Hannover, in Niedersachsen erlebt hat – aus meiner Sicht – war sehr überrascht über die. Die hatten alle gleiche Shirts. Die konnten ordentlich singen. Die einzige, was vielleicht ein bisschen nachteilig war: Es waren durchweg Männer. Es wirkte so ein bisschen am Anfang, dachte ich so: „Oh, was ist das?“. Aber das hat sich herausgestellt als sehr schlagkräftig. Und die sind natürlich auch in besonderer Weise betroffen. Also, nein, nicht schlagkräftig, nein! Nein Gelächter Applaus Nein, tatsächlich waren das durchweg allesamt total positive familienfreundliche und absolut friedfertige Demos, wo schon alle so ein bisschen immer gewartet haben, ob es da irgendwo eskaliert, aber im Gegenteil. Ich geh noch mal zurück, weil ich auf Bayern zurückkommend nochmal kurz erwähnen will, wie die Politik auf diese großen Proteste reagiert hat. Und wir haben einen Orginal- Vertreter, nämlich... MB: Joachim Herrmann CK: Ja, den Innenminister Joachim Herrmann, den kennen ja sicherlich viele noch, der uns mal erklärt – vielleicht ist der Titel der Folie schon etwas erläuternd, warum so viele auf die Straße gingen. Hören wir was? Muss ich was tun? Ich versuche es nochmal, ja? Ich habe Ton an. Müsste eigentlich gehen. Ich versuch mal, lauter zu machen. Lachen im Publikum. CK: War eine Idee. Ich versuche es mal hiermit. Auch nicht. Aber ihr seht, hier ist ein...Ich versuche es nochmal, ja? Zwischenruf Gelächter Hmm, könnte ich einen Regiehinweis haben, weil wir haben das Audio getestet. Der Stecker steckt. Nochmal. Ich habe keine Ahnung, ob es läuft. Ich hätte noch eine andere Idee, ich probiere es auch mal hier. Anweisung des Technikers: Den Audioausgang auf .... umschalten CK: Auf was umstellen? MB: Ich habe es auch nicht gehört. CK: Oh, der Techniker ist informiert. Please help. Applaus im Publikum CK: Keine anderen Fenster anklicken. Lachen im Publikum CK: Sowas machen wir nur abends als Zusatz-Entertainment. Audio spielt, Applaus im Publikum CK: Wir gehen nochmal zurück, damit ihr von Anfang an hören könnt, was der wichtige Minister, der Landesinnenminister von Bayern, zu sagen hat. Audiowiedergabe startet Interviewer (I): … für die innere Sicherheit von Bayern zuständige Minister Joachim Herrmann. Guten Morgen. Innenminister Herrmann (IM): Guten Morgen. I: Waren Sie überrascht, wie viele Menschen da gestern gegen ihr Gesetz protestiert haben? Es waren deutlich mehr als erwartet. IM: Ja, in der Tat, es war eine beeindruckende Zahl. Und das war mehr als wohl die Veranstalter selbst erwartet haben. Das muss man Ernst nehmen. Aber ich bin vor allen Dingen doch überrascht davon, dass die zum Teil auch Lügenpropaganda der letzten Wochen wohl auch manche unbedarfte Menschen hier in die Irre geführt hat… CK: Also wir sehen: Der Grund für die Proteste war die Lügenpropaganda. MB: Und man muss ja auch dazu sagen: Wir haben auf netzpolitik.org vorher berichtet, und es hat mich so geärgert, was Joachim Herrmann da von sich gegeben hat, dass ich danach noch 2 Debunk-Artikel geschrieben habe über das, was Joachim Herrmann gesagt hat. Er hat dann aber nicht noch einmal darauf geantwortet. CK: Ich meine, die meisten werden das Ergebnis kennen. In Bayern muss man sich ja auch – oder jedenfalls vor der Wahl musste man sich mit keinem Koalitionär einigen. Das Bayerische Parteiaufgabengesetz ist beschlossen worden. Und Marie fand dafür eine schöne Überschrift, die übrigens wahrhaftig ist: Das Polizeigesetz ist mit den meisten Befugnissen seit 1945. Die haben sich also sehr weit aus dem Fenster gehängt. Und die, sozusagen, nachfolgenden Länder, über die wir auch gleich sprechen werden, oder auch die, die davor das Polizeirecht geändert haben, die haben diese Art von Ausweitung immerhin nicht durchgezogen. Wir wollen ein bisschen darauf eingehen – über die Proteste haben wir schon gesprochen. Die wollen wir jetzt nicht nochmal im Einzelnen ansprechen, sondern wir wollen vor allen Dingen darüber reden: Was sind denn die am meisten, auch vor allen Dingen von Juristen, aber teilweise auch von Technikern kritisierten Maßnahmen, die in den Gesetzen drin stehen? Und da gehen wir jetzt einmal durch. Wir werden nicht alle besprechen, sondern wir werden vor allen Dingen die umstrittenen besprechen. MB: Genau. Und ich glaube, der zentrale Punkt – und alle Menschen, die schon einmal darüber gelesen haben, werden es mitbekommen haben – ist die Figur des Gefährders. Und in der Debatte ging es dann immer wieder um diesen Rechtsbegriff der "drohenden Gefahr", der jetzt mit vielen neuen Maßnahmen belegt wurde. Ich glaube, das kann man als Nicht-Juristin oder Nicht-Jurist ein bisschen beiseite lassen, sondern sich tatsächlich einfach vor Augen führen, was … welche Idee dahinter steckt. Und das ist die Idee des Gefährders. Also dass wir Personen haben – und da... CK: Kommt danach. Erst die Fußfessel. dass wir Personen haben, die selber noch nichts getan haben, also es ist noch keine Straftat begangen worden; sie haben jetzt … sie sind auch noch nicht kurz vor der Begehung der Straftat – es zeichnet sich also noch keine konkrete Straftat ab –, sondern ich habe eine Person, von der ich bloß 2 Annahmen habe. Nämlich einerseits, dass sie gewillt ist, eine Straftat zu begehen, und zum anderen, dass sie dazu befähigt ist. Also dass sie grundsätzlich in der Lage ist, das auch zu verwirklichen. Das Wann und Wo dieser Straftat ist mir allerdings noch nicht bekannt. Und diese Person möchte ich jetzt mit neuen Maßnahmen belegen. Das ist im Prinzip der Kern vieler neuer Polizeigesetze, die gerade beschlossen worden sind. Okay. Das heißt, ich habe eine Person, ich habe einen Verdacht gegen diese Person. Sinn würde jetzt machen, diesen Verdacht aufzuklären. Dafür gibt es verdachtsaufklärende Maßnahmen: Überwachung; die Person … mehr Informationen über diese Person herausfinden. Was man jetzt aber auch gemacht hat – und da war Bayern das 1. Bundesland – ist, diese Person mit deutlich eingriffsintensiveren Maßnahmen zu belegen. Und das ist einerseits die elektronische Fußfessel. CK: Weniger für Frauen, aber auch für Frauen. MB: Elektronische Fußfessel ist im Prinzip nichts anderes als eine Standortüberwachung. Die Person trägt das am Bein, und damit kann ich dauerhaft den Standort dieser Person … kontrollieren, überwachen. Das ist natürlich eine total lustige Idee bei einer Person, der ich ja noch gar nichts vorwerfe. Ich weiß ja gar nicht, was diese Person machen möchte. Ich weiß auch nicht, wo sie es machen möchte. Jetzt kontrolliere ich dauerhaft den Standort. Da haben auch teilweise Juristinnen und Juristen gesagt: Na, wie soll mir das denn helfen, etwas zu verhindern, wo ich gar nicht weiß, an welchem Ort es stattfinden soll? Nun geht die Person mit der Fußfessel in die U-Bahn – und? Soll jetzt zugegriffen werden, oder nicht? Also die Maßnahme ist in sich … CK: Vielleicht sollte man 2 Dinge unterscheiden: Also ich glaube, die Sinnhaftigkeit, in gewisser Weise, dieser Fußfessel für andere Bereiche. Also etwa wenn jemand eine Bewährungsauflage hat, und damit könnte ihm eine Haft erspart sein, ja? Die erschließt sich. MB: Stalking ist auch ein häufiges Beispiel. CK: Genau. Ja, auch. Aber hier geht es halt um Gefährder, und ich will noch mal … Marie hat eben die Definition schon gebracht. Ich glaube, es gibt ein Auseinanderklaffen zwischen dem normalen Sprachgebrauch und der Tatsache, die juristisch gemeint ist. Wenn wir von einer drohenden Gefahr reden im Umgangsdeutsch, dann – irgendwie kommt da was auf uns zu, was uns droht. Aber faktisch ist die drohende Gefahr im Juristendeutsch eine Gefahr, die sich gerade noch nicht konkretisiert hat. Daran macht sich die Vorverlagerung erst fest. Das muss man also trennen von dem, wie wir es benutzen. Und leider bei der Fußfessel – das haben wir auch in die Stellungnahmen geschrieben, und andere Sachverständige – das waren übrigens zahlreiche, also richtig dutzende Sachverständige – haben diese Fälle auch aufgeführt. Es gibt nämlich Fälle, wo es tatsächlich Anschläge gegeben hat mit Angreifern, die eine Fußfessel trugen. Also die Praktikabilität ist in jeder Hinsicht zu bezweifeln. Aber gleichzeitig haben sie auch technische Fehler gemacht. Sie haben nicht in allen Polizeigesetzen gute Regeln dafür, wie diese Daten abgesichert sein müssen. Und wenn ich schon so ein Ding am Bein trage, erwarte ich zumindest, dass nicht irgendwelche Dritte auch noch mein Bewegungsprofil mitkriegen. Selbst da wurden eine Menge handwerkliche Fehler gemacht. Wobei natürlich die Tatsache, dass man jemand, der gerade keine sich konkretisieren diese Gefahr ausmacht, so ein Ding ans Bein pappt, natürlich der größere Kritikpunkt ist. Wir haben mal Beispiele mitgebracht, wir wollen zum einen darauf verweisen, dass die Sachverständigen-Stellungnahmen sämtlich öffentlich sind. Unsere sowieso, die wir geschrieben haben. Entweder bei ccc.de oder Maries sind öffentlich bei netzpolitik.org. Aber fast alle Innenausschüsse der Länder haben auch die Stellungnahmen dort, die in der Regel von Juristen sind, wie auch hier von Maria Scharlau von Amnesty International, die zwei wirklich sehr wunderbare, nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in Sachsen, Stellungnahmen geschrieben hat, die über das Verfassungsrecht sogar hinausgehen, und die sich mit Menschenrechten beschäftigen. Und sie hat das, finde ich, hier sehr gut auf den Punkt gebracht. Sie sagt: "Wir müssen uns immer darüber bewusst sein, dass wir eben nicht von Menschen reden, die sich einer Straftat verdächtig gemacht haben. Wir reden nicht von Menschen, die eine akute Gefahr darstellen, sodass sie sozusagen unmittelbar von der Straftatbegehung abgehalten werden müssen. Trotzdem werden diese Menschen eben über längere Zeit ihrer Freiheit beraubt." MB: Genau, ich glaube, das wäre der zweite Punkt, wo ich jetzt... Nach der elektronischen Fußfessel kommt jetzt sozusagen die zweite Maßnahme mit der Gefährderinnen und Gefährder belegt werden sollen nach den neuen Polizeigesetzen. Und die geht nochmal in ihrer Intensität weit über elektronische Fußfesseln hinaus. Hier sind wir jetzt echt in einem Bereich, das wird gefasst in dem Polizeigesetz unter "Präventivgewahrsam". Und was es beschreibt, ist letztendlich nichts anderes, als dass eine Person, die sich hat noch nichts zu Schulden kommen lassen, die bloß verdächtigt wird, in der Zukunft gewillt und befähigt zu sein, eine Straftat zu begehen, einzusperren, also ihrer Freiheit zu berauben. Das drastischste Mittel, was der Staat zur Verfügung hat. Und bisher, in den... Vor der Novellierung der Polizeigesetze schwankte das in den meisten Bundesländern zwischen 2-4 Tagen, ich glaube, teilweise... ja, 48 Stunden bis 56 Stunden... CK: Ich glaube, bis zu eine Woche, aber auf jeden Fall war die Spannbreite nicht groß. MB: Und jetzt reden wir immer, wenn es um die Novellierung der Polizeigesetze... reden wir immer ab zwei Wochen. 2 Wochen, 4 Wochen, Bayern 3 Monate. Also eine ganz neue Dimension und ich finde, dazu eine kleine Anekdote vielleicht aus NRW. Total spannend, ich saß im Innenausschuss in NRW als Sachverständiger und da gab es allen Ernstes die Debatte zwischen CDU und SPD, ob man dieser Person jetzt einen Anwaltsbeistand gewähren soll, wenn man sie einen Monat einsperrt. Und die SPD hat es gefordert, die SPD fordert Pflichtverteidiger. Das hat sich am Ende auch durchgesetzt, das ist jetzt so in NRW geregelt. Und tatsächlich war das Gegenargument – und auch plausibel – "Aber warum denn? Warum soll man dieser Person eine Anwältin oder einen Anwalt beiseite stellen, wir werfen ihr ja gar nichts vor. Wogegen soll die Person sich denn verteidigen?" Lachen, Applaus CK: Wir können vielleicht noch zweierlei vorwegnehmen. NRW... das Polizeigesetz ist mit den Änderungen, die Marie eben beschrieben hat, insbesondere, dass sie jetzt eben erlauben, dass man Anwälte hat, Ende Dezember oder Mitte Dezember auch noch in Kraft getreten. Und tatsächlich hat sich der Vertreter der SPD, der oppositionellen SPD, damit gebrüstet, dass sie diese Selbstverständlichkeit eines normalen Rechtsstaates in dieses Gesetz gedrückt haben. Es war also eine ganz bizarre parlamentarische Debatte. Eine letzte Anmerkung noch zu dieser... Wir sprechen gleich noch ein bisschen länger über diese Ingewahrsamnahme. Wir hatten am Anfang jetzt nicht so erzählt, dass wir auch noch ein bisschen über das Musterpolizeigesetz sprechen wollen. Und das Vorhaben, was im Koalitionsvertrag der von 2018 bis 2021 gilt, wie wir wissen, also von unserer aktuellen schwarz- schwarz-roten Koalition, dieses Musterpolizeigesetz angekündigt ist. Und tatsächlich ist diese Ingewahrsamnahme fast der einzige Aspekt im föderalen Polizeirecht, das ist ja Länderrecht, wo es sehr, sehr große Unterschiede überhaupt gibt. Das heißt, diese ganze Chimäre von "Wir hätten" – so steht es auch im Koalitionsvertrag -– "unterschiedliche Zonen der Sicherheit in Deutschland." ist Mumpitz. Jeder Polizeirechtler und jeder gute Jurist, der darüber schreibt, weiß das. Kann man darüber nachlesen, wird aber immer wieder behauptet. So ähnlich, wie wie es bei manchen anderen dieser Argumente auch haben. Man sagt, wir hätten unterschiedliche Zonen des Rechts, ich kann das mal zitieren aus dem Koalitionsvertrag: "Wir wollen keine Zonen unterschiedlicher Sicherheit in Deutschland. Dazu gehört eben die Erarbeitung eines gemeinsamen Musterpolizeirechts." Und guckt man sich das eben genauer an, dann sieht man, dass genau dieser Aspekt dieser Präventivhaft also dieses "Einfach mal-wegsperren" tatsächlich auch die einzigen wirklich signifikanten Unterschiede sind, die wir eigentlich haben. Also, das ist... Naja. Aber wir wollen mal darüber noch ein bisschen weiter sprechen. Wir haben nämlich auch noch folgenden Gedanken, auch aus Nordrhein-Westfalen. MB: Genau. Jörg Ennuschat, der war bei der ersten Anhörung in NRW, es gab zwei im Innenausschuss, und er bringt, und das fanden wir einen wichtigen und spannenden Gedanken, weil viele von diesen Gedanken, die die Sachverständigen vorbringen in den Innenausschüssen... Es gab oft Vorschläge, wie man Maßnahmen besser, sinnvoller gestalten kann, gehen unter, nachdem die Gesetze beschlossen wurden. Und hier, Jörg Ennuschat sagt: "Was passiert, wenn sich im Nachgang herausstellt, dass derjenige, der in Gewahrsam genommen ist, noch nicht einmal ein Gefährder war? Entsprechend großzügige Entschädigungsreglungen könnten mäßigend auf Behörden einwirken, nicht vorschnell von der Gewahrsamannahmemöglichkeit Gebrauch zu machen." Hat sich nicht durchgesetzt. CK: War schon eine Summe genannt, wie hoch die Entschädigungen dann ausfallen sollen? Man weiß ja, eine Haftentschädigung ist ja extrem niedrig in Deutschland. Also, wenn man fälschlich verurteilt wurde, zum Beispiel. Ich weiß nicht, waren da Summen im... ? Nein, keine Summen im Gespräch. Aber hey, man schafft sozusagen eine Ingewahrsamnahme und dann denkt man sich, um mäßigend auf die Behörden einzuwirken, aus, dass man ja eine Entschädigungszahlung einplanen könnte. Die ist allerdings dann so nicht kommen, oder? MB: Ist nicht eingetreten. CK: Ja, jedenfalls nicht in Nordrhein-Westfalen. MB: murmelnd ...weiter? CK: Es wird jetzt hier niemanden überraschen. Wir haben eine weitere Maßnahme, die in gleich mehreren Bundesländern sozusagen neu eingeführt wurde, nämlich verschiedene Formen des Staatstrojaners, den wir hier auf freier Wildbahn mal einfangen konnten. Ich will dazu nicht so sehr viel sagen. Weil ich glaube, dass... Der CCC arbeitet jetzt seit 10 Jahren dazu. Wir haben zwei Urteile aus Karlsruhe zu der Frage des Hackings von informationstechnischen Geräten. Aber ich will ein paar Aspekte ansprechen, die aus meiner Sicht neu sind, und die sich in den Diskussionen... im Wesentlichen den Kern des Themas in den Stellungnahmen des CCC natürlich widerspiegeln. Zum einen eine veränderte Situation in der IT-Sicherheit, also eine enorme IT-Vertrauenskrise, ein sehr viel höheres Wissen über den Markt mit IT- Sicherheitslücken. Das ist vor allen Dingen auf die Snowden-Jahre zurückzuführen. Wir haben eine veränderte Situation im Bund, wo die Firmen, die kommerzielle Staatstrojaner anbieten, ganz offensichtlich die Behörden erpressen, nämlich zu sagen: "Wir geben euch weder Quellcode noch weitere Informationen, ansonsten könnt ihr mit jemand anders Geschäfte machen." Das war im Innenausschuss im Bundestag auch eine relativ umstrittene Sache. Das ist also eine relativ neue Situation. Erinnern will ich auch daran, dass in der Legislaturperiode davor der Staatstrojaner mit mehreren Dutzend Straftaten in der neuen Strafprozessordnung festgeschrieben wurde. Wir haben also eine Bundesregelung, die ohnehin sehr umstritten ist, die 4 Verfassungsbeschwerden hat. Und zwar auch solche, die ernst zu nehmen sind, wo aber die Bundesländer, die sich jetzt neu für den Staatstrojaner entschieden haben, wir haben später eine Übersicht, überhaupt nicht Notiz von nehmen. Als wäre... hätte die Diskussion nie stattgefunden. MB: nickend Hm. Wir haben da auch einige, Marie vor allen Dingen in Nordrhein-Westfalen und ich selbst in Niedersachsen, ein paar Szenen erlebt, die überraschend sind, weil man einfach denkt, da haben die Politiker in den Landesparlamenten eine zehnjährige Debatte einfach nicht mitbekommen, und haben ein Wissen über dieses staatliche Hacking, was sich aus amerikanischen Vorabendserien speist. Erstaunlich. Also wirklich so... Soll ich mal die...? MB: Bitte erzähl sie uns! CK: Also, es gab eine Szene, ich muss sie erzählen, weil die was darüber sagt, wie das Kenntnisniveau ist, der Politiker, die darüber entscheiden. Es war eine Szene mit Doris Schröder-Köpf, die für die SPD im niedersächsischen Landtag sitzt, und zur SPD gehört. Und ich machte einige Vorschläge, die neu sind, weil ich auch mal sehen wollte, wie Parlamentarier reagieren. Unter anderem den Vorschlag, dass man, wenn man einen Staatstrojaner regelt, der für alle informationstechnischen Systeme gilt, dann sollte man vielleicht ein paar Ausnahmen machen. Zum Beispiel Medizinalgeräte oder Geräte, in denen man sitzt, z. B. ein Auto. Damit man eben nicht Leben oder Gesundheit von Menschen, die gehackt werden, staatlicherseits, gefährdet. Das schlug ich also vor, dass man sich mal als Jurist überlegen könnte, ich bin ja kein Jurist, können die sich ja überlegen, wie man das eventuell in Gesetzesform bringt, sodass man nicht durch das staatliche Hacken Leben oder Gesundheit gefährdet. Ich habe da so ein bisschen über WannaCry geredet, Viele werden sich erinnern, da waren ja viele Krankenhäuser betroffen. Wir haben keine Eingrenzung der Definition, was ein informationstechnisches System ist. Da sagte Doris Schröder-Köpf zu mir: "Ja, Frau Kurz. Wenn wir das aber machen, dann können sich doch die Verbrecher genau die Geräte nehmen." Gelächter CK: Denkt mal darüber nach, was sie da eigentlich sagt. Das ist so eine Vorstellung: "Ah, mit dem Staatstrojaner, da kann man jedes Gerät hacken." Es kommt mir halt ein bisschen vor wie in billigen Filmen. Keine Vorstellung davon: Was ist heute typisch? Was können die deutschen Behörden eigentlich hacken? Und mit welchen Mitteln? Sondern so eine Vorstellung, so wie: "Wir hacken uns überall rein! Und wenn wir eine gesetzliche Grenze einbauen würden, dann wäre das auch die technische Grenze." Das ist natürlich der absolute Unsinn. Ich habe ihnen da erzählt, was es so für Betriebssysteme gibt, und wofür jetzt zum Beispiel im Bund der Staatstrojaner bisher vorgesehen ist, also welche Systeme der überhaupt hacken könnte, was in der Standard-Leistungsbeschreibung steht. Da ist eine große...sozusagen... wie soll man es nennen... kognitive Dissonanz zwischen was technisch geht und was die Behörden mit den Mitteln, die sie haben, bezahlen können. Und was sozusagen in den Köpfen der darüber entscheidenden Politiker sind. Das ist sicherlich nur ein Beispiel. Mir geht es nicht um diese Politikerin. Mir geht es um die Vorstellung. Ich glaube, das war in Nordrhein-Westfalen so anders nicht, oder? MB: schulterzuckend Hm. Das ist eine... Müssen wir damit leben, dass wir 10 Jahre erzählt haben, was hacken bedeutet im staatlichen Sinne, aber das so weit ankommt als wäre das so eine Art schwarze Magie mit Leuten mit Sturmhauben, die einhändig... na ihr wisst schon. Ich denke wir lassen den Staatstrojaner mal beiseite, da kann man noch sehr viel mehr drüber sagen, wollen wir aber gar nicht. Wir haben versucht, die Argumente zusammenzuziehen. Und da waren keine außerhalb von... Aber das sollte man vielleicht auch mal bei der Gelegenheit sagen. MB: etwas flüsternd CK: Ja, wir haben keine Zeit. MB: lachend CK: Wir müssen zum nächsten übergehen. Wir haben auch noch andere technische Maßnahmen, die umstritten waren. Zum einen generell die Videoüberwachung. Aber die Videoüberwachung nicht mehr in der herkömmlichen Form, wie ich es mal nennen will, sondern die Videoüberwachung, die in eine Personenüberwachung übergeht, weil sie biometrische Komponenten hat. Also an allen Vorbeilaufenden irgendwelche Körperdaten aufnimmt. Hier wird kaum unterschieden, aus meiner Sicht. Man hat eine große Vermischung dieser sehr unterschiedlichen, qualitativ unterschiedlichen Techniken. Aber da hatten wir auch ein bisschen Hilfe, weil über die Videoüberwachung an sich wird relativ viel geforscht, schon lange, und insbesondere in Niedersachsen waren auch einige Ergebnisse solcher Studien da, die im Wesentlichen diese ganze Argumentation zerlegt haben. Die natürlich aber auch ohne, wie soll man sagen, ohne ein Hochschulstudium oder eine zweijährige Forschung jedem klar sind, dass eine Videokamera sich nicht zwischen Verbrecher und Opfer stürzt. Das ist natürlich keine neue Erkenntnis, aber... MB: Genau, ich glaube es wurde vor allem immer auf den Verdrängungseffekt verwiesen. CK: nickend Ja. Immer wenn andere Sachverständige, die dazu empirisch geforscht haben, gesprochen haben, ging es immer darum, was Videoüberwachung letztendlich bewirkt. Vor allem im Innenstadtbereich ist eine Verdrängung von Kriminalität. CK: Ja, genau. Aber das war nicht unser großer Schwerpunkt. Aber deutlich war... Zumindest mir wurde deutlich, in den Diskussionen gar nicht mal, dass das in alle polizeirechtlichen Regelungen reinkam, dass eben in diese Richtung: das nennen die so intelligente Videoüberwachung. Sie meinen aber oft Anomalie-Erkennung oder Biometrie. Da muss ich nicht näher darauf eingehen. Aber das ist sicherlich ein Bereich, auf den wir in Zukunft auch mehr achten müssen. Es gibt eine Klammer, Marie hat das vorhin schon kurz angesprochen, und die ist im Wesentlichen eigentlich der Schutz vor Terror. Am deutlichsten war mir das jetzt in Nordrhein-Westfalen noch, denn die Lesung, nach der dieses Gesetz dann beschlossen wurde, mit den Stimmen einiger Oppositionspolitiker sogar, die war unmittelbar nach dem Vorfall mit den Schusswaffen in Straßburg. Und tatsächlich stellt sich der NRW-Innenminister hin, als erstes. Der Innenminister, der heißt Herbert Reul, aus Nordrhein-Westfalen, stellt sich als erstes hin und sagt: "Man darf das ja eigentlich gar nicht sagen...", aber nimmt sofort den Bezug sozusagen zu dem aktuellen Anschlag. Um dann im nächsten Satz bei Pädophilen, Hooligans und Stalkern zu sein. Das ist so eine Klammer, ja. Eigentlich meinen sie Terroristen. Aber guckt man genauer hin, fangen wir eigentlich alle damit. Das ist so ein Muster. MB: Genau. Und da war ja auch immer unser Argument, immer wieder: Es wurde von den Regierungsparteien immer argumentiert: Wir machen das aufgrund... oder der Anlass wäre die aktuelle Gefährdungslage... Und das ist einfach zeitlich nicht zu beweisen. Es ist einfach so nicht richtig. Diese Welle an neuen Polizeigesetzen hat 2017 begonnen, dass jetzt alle Bundesländer nach und nach beginnen ihre Polizeigesetze zu novellieren. Und das ist einfach ganz klar eine Reaktion auf Rechtsprechung. Es gab ein Urteil vom Bundesverfassungsgericht und daraufhin haben alle begonnen das umzusetzen, was dort geschaffen wurde als neuer Rechtsbegriff. Diese Argumentation, die da öffentlichkeitswirksam manchmal gefahren wird, von wegen: Wir machen das, weil es jetzt gerade diesen Anlass gab, die ist einfach so nicht zu belegen. CK: Er hat sich tatsächlich, also das muss man sich mal vorstellen, stellt sich so ein Innenminister hin und sagt: "Hätten wir dieses Polizeigesetz gehabt – das darf man ja nicht sagen – aber hätten wir es gehabt, dann wären ja solche Anschläge zu verhindern." Das ist natürlich eine Frechheit und nicht beweisbar. Und das ist so eine Form von "gefühlter Politik". Man möchte dann irgendwie so eine Versicherung abgeben. MB: Genau. Und genau auf dieser Argumentation von "Man hätte irgendwas verhindern können", da haben wir auch noch ein Audio mitgebracht, was jetzt vielleicht funktioniert. CK: Müssen wir, glaube ich... Wir versuchen mal den Ton abzuspielen. Wir werden vielleicht nachher nochmal erklären, worauf er sich bezieht. Aber ich glaube, die Argumentation ist jedem verständlich. Ich versuche es nochmal, ja? Sind die Audioengel noch...? MB: Matthias Bäcker ist auch Jurist. CK: Genau. Anfang Audioeinspielung Radiosendung Matthias Bäcker: Ich glaube, dass deswegen das Arsenal, das wir haben, wozu ja auch noch kommt, dass eben Vorbereitungshandlungen zu terroristischen Delikten schon sehr früh strafbar sind. Dass das vollkommen ausreicht, um mit gefährlichen Personen umzugehen. Und dass dann vielleicht eher mal das tatsächliche behördliche Handeln auf der Grundlage der bestehenden rechtlichen Regelungen kritisch evaluieren sollte, bevor man behördliches Versagen mit einer Ausweitung des Befugniskreises der Behörden bekämpft. Radiomoderatorin: Matthias Bäcker war das, Rechtswissenschaftler an der Universität Mainz und er kritisiert... Ende Audioeinspielung Radiosendung Applaus CK: Mir ist es nicht klar, wie viele sich erinnern. Hier steht ja das Datum: Es war im Juni. Aber da war natürlich auch, waren die ersten Aspekte aus den Anis-Amri-Untersuchungsausschüssen klar und wo man die Defizite, die ja vor allen Dingen unter den bestehenden Gesetzen (polizeirechtlichen Regelungen) relativ klar herauskamen. Insbesondere, dass die Befugnisse sehr wohl bestanden, aber dass die eben in der Praxis, er nennt es hier Behördenversagen, quasi nicht in der ausreichenden Weise berücksichtigt wurden, um einen tatsächlichen Gefährder, der ja, Anis Amri war umzingelt von V-Leuten und wurde irgendwie gefilmt und beobachtet über Monate. Das ist eine Form von Versagen ist, die nicht kompensiert werden kann durch neue Befugnisse wie blöde und hacken. Ich finde, er hat das sehr auf den Punkt gebracht. Damit kann man auch mal sehr deutlich machen, dass wir in keinem dieser Sachverständigen-Anhörungen außerhalb von amtierenden Polizisten, haben wir keine Juristen oder Verfassungsrechtler getroffen, die anderer Meinung waren. Das kann man in den schriftlichen Stellungnahmen auch sehr gut nachlesen. Es gab auch keinen Landtag, zu MB Maria, ich weiß nicht, ob dir ein Beispiel einfällt? zum Publikum wo man dagegen argumentieren könnte, wo die mal ordentliche Zahlen vorgelegt haben. Etwa für den Staatstrojaner. Von wieviel Geräten reden wir denn da? Wie oft können Sie denn wirklich nicht an Daten ran? Sozusagen, dass sie mal Fakten auf den Tisch legen. Das ist im Prinzip nicht passiert, wenn man die Begründung für die Ausweitung der Befugnisse sieht. Also mir fällt jedenfalls kein Landtag ein, wo man das hätte zeigen können. Aber jetzt gehen wir in medias res. Wir haben eine visuelle Präsentation für euch vorbereitet, damit ihr einen Überblick bekommt: Wie sieht es denn aus und damit ihr die Betroffenheit in eurem eigenen Bundesland versteht. Und wir wollen so ein bisschen die Unterschiede, nicht alle, aber ein paar, in den Bundesländern erklären. Die helleren gelben oder weiß-gelben Flecken sind die Bundesländer, die ihr sowieso alle aus dem Geographie-Unterricht auswendig kennt, die neue Polizeirechte, entweder als Entwurf oder bereits beschlossen haben. Und wir haben zwei Stadtstaaten, nämlich Bremen und Berlin, gestrichen. Denn in Bremen ist der Entwurf, der neue, zum Polizeirecht tatsächlich nach einem politischen Streit zurückgenommen worden. Es gab also keine Erneuerung des Polizeirechts. MB: Aufgrund erfolgreichen Protests. Applaus CK: Ja. Ihr werdet es euch denken: Die Parteien in Bremen stellen das etwas anders da. Aber sei's drum. MB: Genau – und Berlin durchgestrichen. Berlin hat sich bisher zusammengesetzt. Es gibt noch keinen öffentlichen Entwurf. Also wir wissen noch nicht, was drinsteht, aber tatsächlich gab es schon öffentliche Stellungnahmen aus der Regierung und dort hieß es ganz eindeutig: Man möchte großes Vorbild werden. Berlin strebt an, das erste neue liberale Polizeigesetz zu schaffen und hat Großes vor. Wir sind sehr gespannt. CK: Berlin ist, wie ihr wisst, Rot-Rot-Grün und bisschen anders. MB: Was hier noch fehlt, ist das andere rot- rot-grüne Bundesland Thüringen. Thüringen hatte sich tatsächlich als einziges Bundesland – aus irgendwelchen Gründen hier nicht drauf – aber als einziges anderes Bundesland schon öffentlich gesagt, dass sie das Polizeigesetz nicht novellieren möchten, dass sie nicht vorhaben, in nächster Zeit neue Maßnahmen in ihr Polizeigesetz einzuarbeiten. CK: Also wir gehen jetztsozusagen von links nach rechts vor. Das ist nicht chronologisch. Wir wollen nur ein paar Unterschiede herausheben, die sich in den Bundesländern ergeben haben, und wir wollen den jeweiligen Status – also: Wo sind wir gerade? – angeben. Wir haben zuerst NRW. Da haben wir jetzt schon ein bisschen drüber gesprochen. Das ist kurz vorm Kongress im Parlament beschlossen worden mit der Zustimmung der SPD mit einer ganz bemerkenswerten Begründung. Die SPD hat gesagt: ,,Wir machen hier jetzt... seit Jahrzehnten sind wir hier die Regierung in NRW und jetzt sind die komischen Schwarzen dran, aber wir verstehen uns als – sozusagen – Staatspolitiker und wir sind dabei. Wir haben hier fünf Jahrzehnte Polizeirecht gestaltet, da stimmen wir mit." Und natürlich haben sie auch gesagt, dass sie alles das, was jetzt rechtsstaatlich ist, quasi selber in dieses neue Polizeirecht gekriegt haben. Die FDP hat sich enthalten. Ich habe mir diese ganze Debatte angesehen im Parlament, die wurde gestreamt. Wir haben nachher mal einen Ausschnitt. Die haben immer nur über Flüchtlinge geredet. Gelächter Zwei Redner, die haben aber im Wesentlichen über Flüchtlinge geredet. Die Argumentation war: Wenn wir die Flüchtlinge weg sind, haben wir keine Kriminalität. MB: ...und was vielleicht noch spannend ist zu NRW zu sagen: NRW hat viel Lob dafür bekommen, dass sie zwei Anhörungen durchgeführt haben. Das war tatsächlich total ungewöhnlich. Normalerweise ist ein Gesetzgebungsprozess... Es gibt einen Entwurf von der Regierung, dann gibt es eine Anhörung von Expertinnen und Experten. Und dann wird es beschlossen im Landtag oder noch einmal leicht verändert. Und NRW hat tatsächlich so viel Kritik abbekommen in der ersten Anhörung. Sie haben denen das um die Ohren gehauen, dass sie sich das danach nicht getraut haben und das tatsächlich nochmal geändert haben und nochmal in eine neue Anhörung gegeben haben. Das war spannend und ich habe hier, weil mir das immer ein großes Anliegen ist, nochmal eben nachgeschaut, was spannend ist in so einer Anhörung. Also ich war auch eingeladen in NRW in der zweiten Anhörung im Innenausschuss. Es waren zehn Leute insgesamt und davon waren 4 Polizisten. Das heißt: Wir haben 5 Juristen, ich und 4 Polizisten. Und das muss man sich mal vorstellen. Weil ich finde es immer wieder, wenn ich das Leuten erzähle, so verblüffend. Das sind Gewerkschaftsvertreter. Das ist wie wenn wir über ein neues Pflegegesetz reden würden und wir würden 4 Krankenschwestern einladen mit uns da zu sitzen und noch 6 andere Experten. Das gibt's in keinem anderen Bereich, dass die Leute, die das Gesetz betrifft, die es umsetzen, jetzt so aktiv miteingebunden werden und in so einer Überzahl auch so unverhältnismäßig eigentlich... CK: In Niedersachsen war es sogar noch ein bisschen schlimmer. Da waren wir beide, aber an unterschiedlichen Tagen in den Anhörungen. Da war es Hälfte-Hälfte. Die hatten drei Tage angesetzt, weil sie so viele Sachverständige haben und die Hälfte davon waren aktive Polizisten verschiedener Polizeipräsidien, die natürlich, verständliche, ja, total verständliches Interesse haben. Die wollen erstmal Verbrecher jagen und Befugnisse haben. Aber dass man die als Sachverständige anhört in einer eigenen Sache, ist natürlich ungewöhnlich auch in der Menge. Wir wollen hier auch nicht vergessen: Ist eine schwarz gelbe Koalitio. Sieht man immer an den Farben bei unseren schönen Grafiken. Selbstverständlich haben die Liberalen tatsächlich versucht darauf Einfluss zu nehmen. Auch die Altvorderen der Parteien, das ist sozusagen das Land von Burkhard Hirsch und Gerhart Baum, und haben sich dann natürlich durch die Änderungen, die sie dann aber beschlossen haben, auch sehr gebrüstet damit, dass sie natürlich diejenigen sind die die Spitzen aus diesem Polizeigesetz entfernt haben. Okay. Wir merken uns, wir gehen über – oder haben noch was Wichtiges vergessen? Doch, wir haben noch was vergessen, die... In NRW, Viele haben das mitbekommen, Vielleicht waren ja auch Einige dort, gab es ja diese kleine Hambacher-Forst-Anomalie. Also es waren ja rela... Ja. Wir merken uns das schon mal für Nachher, weil wir einen Ausschnitt haben, noch aus NRW. Aber wir merken uns, dass die fiesen Aktivisten ihre Fingernägel verätzt haben. Weil später kommen wir darauf zurück Wir merken uns also: Diese Proteste im Hambacher Forst spielen eine bedeutsame Rolle, weil da muss man ja was tun. "Denn es geht nicht nur gegen Extremisten sondern auch gegen Aktivisten." Das ist ein Zitat von Herrn Golland von der CDU – Na gut, ok: Niedersachsen. MB: Niedersachsen hat Anhörungen gemacht. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet. Tatsächlich ist nämlich etwas Spannendes passiert: Es gibt im niedersächsischen Landtag so etwas wie den wissenschaftlichen Dienst, also Juristinnen und Juristen, die im Landtag angestellt sind und dafür da sind, die Abgeordneten zu beraten, Gutachten zu erstellen. Und die haben nun das, was im Innenausschuss angehört wird zum Polizeigesetz und was eigentlich dort schon besprochen wurde, vorgelegt bekommen mit der Anweisung: ,,Macht doch daraus jetzt mal bitte Gesetz – Gesetzestext." und die waren so: ,,Um Gottes Willen!". CK: Das haben die auch faktisch gesagt. MB: Die haben ein sehr bemerkenswertes Dokument veröffentlicht, also, was öffentlich zugänglich ist, wo sie das tatsächlich, Stück für Stück für Stück, auseinandernehmen. Und einzelne Sachen, die ich eben zur elektronischen Fußfessel gesagt habe, kamen tatsächlich auch von denen. Wo sie auch gesagt haben: ,,Es ist für uns nicht nachvollziehbar, was man mit elektronischer Fußfessel bewirken möchte bei einer Person, der ich ja noch gar nichts Konkretes vorwerfe. CK: ...was das helfen soll. Naja, wir kannten dieses Konzept nicht. Wir sind jetzt auch nicht immer dauernd in allen Landtagen und so wär es mir auch aus keinem anderen Landtag bekannt. Die gelten auch als... Sie sind als sehr ordentlich arbeitend geachtet, aber sie halten natürlich den parlamentarischen Prozess in gewisser Weise auf. Da waren natürlich einige der Parlamentarier durchaus ungehalten darüber. Wir wollen... zu anderer Person Danke. ... noch erwähnen: Rainer Wendt war hier als Experte in einer Anhörung geladen – an dem Tag, wo du auch da warst, ne? Offenbar ist denen auch nichts mehr peinlich. Keine Ahnung. Naja der hat sich... das können wir jetzt nicht noch erzählen. Wir müssen... wir haben nicht mehr so viel Zeit. Niedersachsen. Baden-Württemberg. MK: Baden-Württemberg, hat 2017 schon mal Ende Dezember 2017 das Polizeigesetz schon mal novelliert und hat da schon einige Sachen reingeschrieben. Ich meine elektronische Fußfessel, CK: Staatstrojaner MK: Quellen-TKÜ ist schon drin und Videoüberwachung wurde auch ausgeweitet. Und es gibt jetzt aber noch einen neuen Entwurf. CK: Genau, aber da wissen wir natürlich nicht wie es weitergeht. Ich glaube aber, dass sich die Diskussionen natürlich ein bisschen geändert haben wegen der Proteste und wegen der anderen Anhörungen. Werden wir also sehen. MB: Hessen, da kannst du was zu sagen. CK: Ja – Hessen war eigentlich der erste Fall, der wirklich ein bisschen debattiert wurde, aber es gab noch nie so große Proteste. Hessen hat eine Anomalie, weswegen wir uns beim CCC sehr engagiert haben und auch die regionalen hessischen Erfahrungsaustausch-Kreise mit einer eigenen Website und Aktionen versucht haben mitzuhelfen. Denn hier wollte man erstmals einem Geheimdienst den Staatstrojaner erlauben. Das ist Gott sei Dank verhindert worden, aber das Polizeirecht hat natürlich durch die Novellierung trotzdem erhebliche neue Befugnisse inklusive des Staatstrojaners und weitere Erweiterungen erhalten. Auch da gibt es eine Stellungnahme, die jeder nachlesen kann – ccc.de. Aber auch alle anderen Stellungnahmen von mehr als 20 Sachverständigen, die allesamt auch extrem kritisch waren, kann man nachlesen. Dennoch ist es im Juni verabschiedet worden allerdings ohne Trojaner für Geheimdienste. Immerhin. Dann haben wir dieses schwarze Land. Jetzt ist es ja nach der Wahl nicht mehr Schwarz. Es ist jetzt schwarz-schwarz? Weiß ich gar nicht. Also die haben ja jetzt eine Koalition. Aber damals im Mai, als es durchgedrückt war, war ja noch eine absolute Mehrheit der CSU. MK: Genau. Ich glaube, auch wenn wir knapp in der Zeit sind, zwei Sachen sind mir ganz wichtig noch zu Bayern zu sagen. Die haben nämlich tatsächlich eine Sondernummer gemacht. In mehrerer Hinsicht. Also zum einen als einen Präventivgewahrsam. Bayern ist das einzige Bundesland, was da wirklich über alle hinausgeschossen hat. In Bayern hat man gedacht: 2 Wochen, 4 Wochen – das reicht uns alles nichts. Wenn wir diese Person für gefährlich halten und wir überhaupt nicht wissen, was wir dir vorwerfen, dann müssen wir sie einfach für immer einsperren können. Man hat den sogenannten und Unendlichkeitsgewahrsam geschaffen. Das heißt, man kann eine Person für 3 Monate auf Verdacht hin einsperren und das dann immer wieder um 3 Monate verlängern natürlich immer mit einem Richter oder Richterin, die da draufgucken muss. Aber es gibt keine... Im Gesetz ist keine Höchstdauer festgeschrieben. CK: Wir warten auf den ersten Fall der Ewigkeitsingewahrsamnahme. MK: Die 2. Sache – und ich finde, das ist nochmal... Bayern – erweiterte DNA- Analyse. Vielleicht haben manche Menschen das schon mal gehört, dass auch Bayern das einzige Bundesland bisher, das es eingeführt, hat und zwar gehts darum, dass man DNA-Spuren, die gefunden werden, untersuchen möchte und zwar möchte man unter anderem auch auf die Hautfarbe der Person und jetzt kommt die ,biogeografische Herkunft dieser Personen untersuchen. Das hat für enorm viel Protest gesorgt und es gibt eine ganz tolle Seite, die ich empfehlen kann, von Wissenschaftlerinnen aus Freiburg, die in dem Bereich forschen, Genetikern, Biologen, heißt: wie-dna.de, wo die ganz viele Information zu dem Thema zusammengesucht haben... irgendwie wissenschaftlich fundiertes Material. Das ist sehr lohnenswert CK: Also für die ist es noch schlimmer als bei uns in der Staatstrojaner-Debatte weil da ist so viel Unwissen unter denen, die es beschließen, deswegen... Ist eine sehr wissenschaftliche Seite, aber sie ist sehr lesenswert, weil man was lernen kann und weil es viele Mythen über die DNA- Analyse gibt. Okay, wir haben ein Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern noch. Da ist zwar kein Staatstrojaner drin, aber immerhin gibt es da auch die elektronische Fußfessel und Aufenthaltsverbote. Und wir können schon oder wir ahnen schon, dass es 2019 dann dann noch einen neuen verschärfenden Entwurf gibt – ist schon angekündigt. MB: Brandenburg... Rot-rote Regierung... Die sind gerade dabei. Es gibt schon den ersten Entwurf. In 2 Wochen gibt es die erste Anhörung. Und in Brandenburg gibts aber auch schon ein relativ großes Protest-Bündnis, die ziemlich aktiv sind und die da Einiges machen. Wird vermutlich im Frühjahr verabschiedet werden. CK: Ja, und enthält oder soll einen Trojaner enthalten, ist aber eben noch nicht geltendes Recht. Dann haben wir auch noch Sachsen, die letzten sozusagen. Ihr habt bestimmt schon überall gesehen. Hier hängen die Schilder für die Demo schon mal dran. Hier gibt es nämlich auch ein Bündnis wie in allen Ländern, ist bereits verabschiedet, aber ohne Trojaner. Dennoch insgesamt ein Verschärfen des Polizeirecht. MB: Noch nicht verabschiedet. CK: Noch nicht verabschiedet, aber MB: Regierungsentwurf CK: Und die Anhörungsunterlagen kann man nachlesen. Die sind beim Landtag online. Also wenn ihr wollt: Auf den Protestschildern sind auch die URL des Bündnisses zu sehen. MK: Jetzt kommt das versprochene Videomitschnitt. CK: Ja, richtig. Wir haben euch ein Beispiel mitgebracht. Wir haben eben schon mal drüber gesprochen. Als letztes Vielleicht als Letzes noch. Wir wollten eine Sache, glaube ich noch erwähnen. Wir sprachen vorhin über die Erweiterung der Strafprozessordnung. Also dass der Bundesgesetzgeber den Einsatz der Staatstrojaner deutlich erweitert hat. Im Prinzip ist diese Novellierung eine Form von Antwort, dass das, was im Bundesrecht erlaubt ist, jetzt auch in den Ländern mit relativ unterschiedlichen Regelungen – nicht in einer Essenz, aber in den Details – und das eben nicht abgewartet wurde, wie das Bundesverfassungsgericht in diesem Punkt weiter vorgehen wird. Und jetzt haben wir den wirklich sehr sympathischen Landesinnenminister. MK: Genau – und ich glaube man muss sich, bevor wir es abspielen, nochmal in Erinnerung rufen, was wir ganz zu Anfang gesagt haben, was immer argumentiert wird und was die Begründung immer war: ,Wir haben steigende Kriminalität und wir haben vor allen Dingen den internationalen Terrorismus, der uns droht. Deswegen brauchen wir diese neuen drastischen Eingriffsbefugnisse. Und das ist jetzt an dem Tag, an dem in NRW im Landtag das Polizeigesetz verabschiedet wurde. Der Kommentar von Innenminister Herbert Reul. CK: Das Bild hinten ist übrigens echt. Es sieht wirklich so aus in diesem Landtag. Wir haben erst gedacht... Als wir den Stream geklickt haben, dachten wir erst, das ist irgendwie eine Zeitschalte oderso. Aber es sieht wirklich so aus. Wir versuchen es mal mit dem Ton und Bild. Audio Herbert Reul: Die Informationsüberwachung, die Überwachung von Messenger- Diensten wie WhatsApp. Ja, und wir verlängern die bisherige 48-Stunden-Höchstfrist bei der Gewahrsamsstaat [unverst.]. Und zum Beispiel tun wir das, um Identitätsfeststellung zu organisieren. Denn 12 Stünden reichen nicht aus, wenn jemand sich die Fingerkuppen verklebt hat. Und wir können doch nicht jemanden, der tatverdächtig ist, gehen lassen, nur weil wir seine Identität nicht feststellen können, wie das im Moment der Fall ist. Das ist ein Drama! Das ist überhaupt nicht rechtsstaatlich, was da passiert im Moment. Hambacher Forst ist doch ein Vorgang, der muss doch jeden umtreiben! Jeder, der alle Fünf beisammen hat, muss sagen: ,Da werden Hunderte von Personen – tatverdächtige Personen – überprüft und bei der Hälfte kann man die Identität feststellen, bei den anderen nicht und zwar weil man keine Zeit hat. Das ist unmöglich. Es unmöglich, die Identität von 500 Personen in 12 Stunden festzustellen, wenn die sich weigern. Gelächter Und dann muss man sie wieder gehen lassen. Und dann machen die fröhlich weiter. Das macht doch keinen Sinn! Übrigens, ob jemand Applaus – zur Klarstellung: Das ist nicht die böse Tat des Staates, sondern, ob jemand in Gewahrsam kommt, hat jeder selbst in der Hand – im wahrsten Sinne des Wortes. Sobald er seinen Namen und seine Adresse nennt, ist er sofort auf freiem Fuß. Sofort! CK: Ist natürlich nicht, was Polizeirecht steht. Aber damit ihr Mal einen Eindruck von dem Niveau der Debatte aus diesen stundenlangen parlamentarischen Beratungen habt. MK: Genau. Und ich finde es tatsächlich schockierend. Ich finde es schockierend, weil ich saß 2 Wochen vorher noch im Innenausschuss und hab gesagt, dass ich große Sorge davor habe, dass, wenn man einmal solche Maßnahmen schafft, dass sie in Zukunft auf andere Personenkreise angewendet würden. Da hat man mir noch... kam aus allen Parteien: ,,Nein, Nein Nein. Es geht hier alles hoch rechtsstaatlich zu." Und dann Herbert Reul 2 Wochen später wie er sagt, er möchte das auf alle anwenden: Pädophile, Hooligans – Störer. CK: Aktivisten – damit ist der Hambacher Forst vor allem gemeint. Wir haben ein 2. Beispiel. Das war nicht mal eine Woche danach. Da hat sich derselbe Innenminister mit dem neuen Terror- Fahrzeug ,,Survivor-R" filmen lassen. Also die Aufrüstung der Polizei ist nicht nur von den technischen Befugnissen her... Und wir konnten uns diesen einen Kommentare hier nicht klemmen. Gelächter Applaus CK: Wer den nicht versteht, der ist nicht aus Sachsen – hier in Sachsen haben das sicherlich Viele mitbekommen. Aber nicht nur das, der ist... Herbert Reul ist auch... Gelächter CK: Er kann nichts für seine Optik. Aber er ist gefragt worden, ob er denn nun auch erwartet, dass da Verfassungsbeschwerden kommen. Und jetzt wollen wir euch mal vorspielen, was er meint. Anfang Audioeinspielung Radiosendung Radiomoderator: Haben Sie Sorge, Sie würden vom Verfassungsgerichtshof landen, mit Ihrem Gesetzentwurf? Herbert Reul: Das werden wir in jedem Fall, bei solchen Gerichten, die werden immer vorm Verfassungsgericht landen, weil irgendjemand immer klagt. Und darum ist es natürlich auch klug, es so zu machen, dass man dann beim Verfassungsrichter auch bestmögliche Chancen hat. Aber Sie wissen ja, bei Gericht und auf hoher See: Ganz sicher ist man nie. Ende Audioeinspielung Radiosendung CK: Nicht wahr, als sei es... MB: Irgendwer klagt immer CK: Als sei es selbstverständlich, dass man verfassungswidrige Gesetze macht. Ist eben so. Da kommt doch immer irgendeiner, der Beschwerde eingelegt. Das ist natürlich nicht so. Das ist eine interessante Verdrehung der Tatsachen. Ich hab' das schon oft gesagt, in den letzten 10 Jahren, wo ich mich mit irgendwie diesen Politikern über den Staatstrojaner streite. Der erste Interpret unserer Verfassung ist das Parlament und nicht die Richter, die es hinten klären. Ja, und wenn sie nicht dauernd von den Urteilen in ihre Gesetze kopieren würden, hätten sie auch nicht so viele Beschwerden an der Backe. Ja also, ich finde diese Begründung ist geradezu... Sie ist eigentlich... Applaus CK: Ich empöre mich schon wieder, aber wir haben noch 3 Minuten und jetzt kommen unsere zentralen Forderungen, in der Hoffnung, dass Ihr euch alle anschließt und sie bei den nächsten Demos laut skandiert. Kann man die skandieren? MB: Dafür haben wir sie sehr prägnant formuliert. lacht CK: Also, wir bleiben dabei, und ich glaube wir haben die besseren Argumente. Wir haben sogar mehr bessere Argumente bekommen, weil wir in Computern sitzen. Nur weil die im Gesetz informationstechnische Geräte heißen, werden wir unsere Opposition gegen Staatstrojaner fortsetzen. Es ist der falsche Weg. Er ist ein Weg der IT- Unsicherheit. Und IT-Sicherheit ist ein Teil der inneren Sicherheit. Wir setzen uns nach wie vor dafür ein, dass dieser Weg, dass staatlicherseits informationstechnische Geräte gehackt werden, nicht gegangen wird. Und meine Hoffnung ist nach wie vor, dass wir das auch durchsetzen können. Mal sehen. Der 2. Bereich ist vielleicht für's Skandieren jetzt nicht so einfach, weil der Kernbereichschutz heißt eigentlich in juristisch... Da kommt noch die private Lebensgestaltung daran. Ihr wisst, das ist so ein Terminus der Juristen, der das Höchstpersönliche meint. Und ich will das nochmal sagen: Da geht es nicht um die Privatssphäre, da geht es um die Intimssphäre, um das Höchstpersönliche, was wir auf diesen Geräten haben. Und also aus meiner Sicht zumindest, in den Anhörungen, wo ich selbst war, wurde sehr wenig über dieses Höchstpersönliche geredet. Das ist nicht wie die Privatsphäre, sondern sie ist absolut geschützt. Egal, was ich jemandem vorwerfe oder welche drohende Gefahr ich sehe, in diesen Kernbereich darf niemand eingreifen. Und aus meiner Sicht ist diese Debatte zu schwach. Wir müssen sie mehr betonen. Es wird jetzt immer schwieriger mit dem Skandieren, ne also... MB: Grundrechtsschonende Alternativen aktiv suchen. CK: Tatsächlich gibt's Alternativen, auch technischer Art, aber sie werden gar nicht mehr debattiert. Wenn man das versucht, als Sachverständiger vorzubringen, dass man dieses oder jenes vielleicht probieren könnte statt hacken, hat das wenig, einfach wenig Resonanz. Ich glaube, da müssen wir ganz deutlich sagen, dass wir das fordern. MB: Und ich glaube aber auch, weil so viele Juristinnen und Juristen in den Landtagen sitzen, also weil das die absolute Mehrheit der Sachverständigen und der Meinungen sind, die einfließen. Und da geht es ja immer nur noch darum: Wie kann man die Maßnahmen, über die man diskutiert, gerade noch so rechtsstaatlich umsetzen, statt darüber zu diskutieren, was für technische Alternativen es gibt? CK: Wir wollen weg von dieser gefühlten Sicherheitspolitik. Wenn sie nicht begründen können, warum sie eine Maßnahme brauchen, wenn sie keine Zahlen haben, wenn sie nicht bereit sind zu evaluieren: Nix da, ist nicht! Also da will ich auch nach wie vor, da will ich drauf bestehen, dass es, was jetzt teilweise auch so faktisch gesagt wird, ja: Das Gefühl sei gegen, dass man ein Gesetz macht. Ich denke, das sollten wir uns nicht verkaufen lassen. MB: Genau, gute Sicherheitspolitik... Applaus MB: ...gute Sicherheitspolitik ist nicht nur repressiv. Ich glaube, da geht es auch ganz klar um ein Vorgehen in den Landtagen. Sicherheitspolitik ist nicht nur, was in dem Polizeigesetz drin steht, sondern wenn ich Kriminalität im Innenstadtbereich habe, dann gibt es viele Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken. Raumplanerisch, städteplanerisch, aber nicht nur darüber, dass ich da mehr Videokameras aufhänge. Also nicht jedes soziale Problem hat eine technische Lösung, sondern da muss man in ganz andere Bereiche reingehen, um da Lösungen zu schaffen. CK: Dann haben wir die Forderung, die wir, glaube ich, auch... Applaus CK: ...die brauchen wir, glaube ich, nicht großartig begründen, wir haben auch keine Zeit mehr: Keine anlasslose Überwachung. Das seh ich einfach nicht ein. In der technisierten Welt ist das nichts, was sozusagen eine Zukunft haben sollte. Für alle Bereiche, ob es Biometrie ist oder Telekommunikationsdaten, Bewegungsdaten, whatever. Bleibt eine Forderung, die wir, glaube ich, auch ganz gut mit Gerichtsurteilen in Europa und in Deutschland begründen können. MB: zustimmend Hm. Und wir hätten gerne die Gesamtüberwachungsrechnung, aber wirklich! Könnt ihr euch noch erinnern, was das war? Wer weiß noch, was die Gesamtüberwachungsrechnung war? Seid Ihr noch wach? Wer weiß das noch? Oh, ich sehe wenig Hände. Hm, okay, oh Gott, das müssen wir jetzt ganz schnell machen. Die Gesamtüberwachungsrechnung ist ein Terminus aus einem Urteil vom Bundesverfassungsgericht. Dass man nämlich darauf blickt, wie viele verschiedene Arten von technisierter Überwachung können eigentlich gleichzeitig sozusagen berücksichtigt werden. Und damit kann man natürlich auch ganz toll widerlegen, dass es irgendwie so Lücken gäbe. Ja, so "growing dark". Sondern damit kann man sehr gut ausrechnen, wie viele Aspekte eines normalen digitalen Lebens heute schon mit polizeilichen Befugnissen abgegriffen werden könnten. Die würde ich gerne mal sehen. Die Österreicher haben das bisher gut vorgeführt. Die will ich hier auch. Und generell glaube ich, die Gefährderlogik müssen wir überwinden. Wir haben das dargestellt mit der drohenden Gefahr. Ich denke, wir sollten diese Vorverlagerung nicht weiter dulden. Wir haben einen letzten Punkt, den wir... MB: Aber vielleicht noch ganz kurz zur Gefährderlogik, weil ich das wirklich sehr wichtig finde. Genau, diese Idee, die sich da immer weiter zementiert, und die, glaube ich, schon seit einer ganzen Weile... Also, Gefährder ist eigentlich ein Begriff, den es noch gar nicht so lange gibt, der aber sehr populär geworden ist, und der ja auch medial viel verwendet wird. Und diese Idee, dass es Personen gibt, die einfach in sich intrinsisch gefährlich sind, ist widersprüchlich zu einem Rechtsstaat. Ich kann nicht davon ausgehen, dass diese Person irgendwie durch ihre... per Natur für immer gefährlich ist. Und dann muss ich ja zu dem Schluss kommen, dass ich die Person für immer einsperren muss. Diese ganze Idee, die dahinter steckt in dem Konzept, ist total problematisch und dem muss entgegengewirkt werden. Ich finde da solche Ansätze wie Unteilbar-Demos oder andere, also in anderen politischen Bewegungen derzeit, dass man nicht, dass man sich nicht segregieren lässt, sondern dass ich mir bei jeder Maßnahme vorstelle, dass auch ich davon betroffen sein kann und nicht diese "Anderen", diese "Gefährder". Total wichtig. Applaus CK: Also ehe uns jetzt, ehe uns jetzt Mirco von der Bühne schmeißt: Die Kriegswaffen wollen wir schon noch erwähnen, das betrifft vor allen Dingen Brandenburg. Die haben nämlich Explosivmittel in ihren Entwurf geschrieben, die zwar sozusagen grundsätzlich sehr vorsichtig eingesetzt werden sollen, die... zum Beispiel Handgranaten ist das, und so. Womit man auch keine Personen töten oder fluchtunfähig machen soll, aber MB: Aber jetzt kommt's. CK: ...falls man dazu kommt, haben sie als Ausnahme Kinder und Schwangere schon mal in den Entwurf geschrieben oder das Werfen von Explosivmitteln in Menschenmengen. Erstaunen im Publikum Ich glaube, es tut mir leid, da frag ich mich doch echt: Wo sind die denn abgebogen? Also, keine Kriegswaffen in Polizeihand! Handgranaten, also bitte! Okay, damit sind wir durch. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Mirco: Nur damit Twitter gleich nicht explodiert von wegen: "Mein Tretroller wurde geklaut." Auf dieser Seite der Bühne hat sich ein illegaler wilder Tretroller Parkplatz angesammelt, der wurde umgezogen komplett zum legalen. Und jetzt bitte nochmal einen Riesen-, tobenden, trampelnden Applaus. Applaus Abspannmusik Untertitel erstellt von c3subtitles.de im Jahr 2019. Mach mit und hilf uns!