Das ist eine Tomatenpflanze und das ist eine Blattlaus, die sie langsam tötet, indem sie ihr den Saft aus den Blättern saugt. Die Tomate mobilisiert physische und chemische Abwehrkräfte gegen die angreifenden Insekten. Doch damit nicht genug. Sie sendet auch Signale an Tomatenpflanzen in ihrer Umgebung, damit diese ihre eigene Abwehr aktivieren. Pflanzen werden ständig angegriffen. Die Bedrohungen reichen von winzigen Pilzen und Bakterien über kleine Pflanzenfresser wie Blattläuse, Raupen und Heuschrecken bis hin zu großen Pflanzenfressern wie Schildkröten, Koalas und Elefanten. Der Verzehr der Pflanzen versorgt sie mit zahlreichen Nährstoffen und Flüssigkeit aus Blättern, Stängeln, Früchten und Samen. Doch Pflanzen besitzen eine ganze Reihe innerer und äußerer Abwehrkräfte, die ihren Feinden den Appetit nehmen oder sie sogar töten. Pflanzliche Abwehr beginnt an der Oberfläche. Die Rinde von Baumstämmen ist reich an Lignin, einer starren, netzartigen Verbindung, die schwer zu durchbeißen und für Keime undurchlässig ist. Blätter schützen sich mit einer wachsartigen Schicht vor Insekten und Mikroben. Manche Pflanzen gehen noch einen Schritt weiter und warnen potenzielle Feinde mit schmerzhaften Gebilden. Dornen und Stacheln schrecken größere Pflanzenfresser ab. Gegen kleinere Schädlinge entwickeln manche Pflanzen spitze, haarähnliche Strukturen namens Trichome auf ihren Blättern. Die Kidneybohne bildet winzige Haken aus, die Bettwanzen und andere Insekten an den Füßen aufspießen. Bei einigen Arten setzen die Trichome auch chemische Reizmittel frei. Brennnesseln setzen ein Gemisch aus Histamin und anderen Toxinen frei, das beim Berühren Schmerzen und Entzündungen hervorruft. Bei anderen Pflanzenarten wird der Schmerz erst nach dem ersten Biss ausgelöst. Spinat, Kiwi, Ananas, Fuchsie und Rhabarber produzieren alle winzige, nadelförmige Kristalle namens Raphiden. Sie können im Maul von Tieren winzige Wunden verursachen, durch die Keime eindringen. Die Mimose hat eine Strategie entwickelt, die ihre Fressfeinde schon vom Probieren abhält. Spezielle Mechanorezeptoren nehmen Berührungen wahr und senden ein elektrisches Signal durch die Blättchen an den Stamm, dessen Zellen dann geladene Teilchen freisetzen. Die elektrische Aufladung entzieht den Zellen Wasser, sodass sie schrumpfen und sich die Blätter schließen. Diese Bewegung verscheucht Insekten und die welken Blätter erscheinen größeren Tieren unattraktiv. Wird die äußere Abwehr durchbrochen, aktiviert die Pflanze ihr Immunsystem. Anders als Tiere haben Pflanzen kein separates Immunsystem. Stattdessen kann jede einzelne Zelle Angreifer ausmachen und abwehren. Spezielle Rezeptoren können Moleküle erkennen, die auf gefährliche Mikroben oder Insekten hinweisen. Daraufhin startet das Immunsystem eine Reihe von Schutzmaßnahmen. Zur Abwehr weiterer Keime verdickt sich die wachsartige Schicht und die Zellwände werden stärker. Schließzellen versiegeln die Poren in den Blättern. Vertilgen Mikroben einen Teil der Pflanze, können sich die Zellen dort selbst zerstören und so die Infektion in Schach halten. Die Pflanze produziert auch für Mikroben und Insekten giftige Verbindungen, die oft speziell auf die Bedrohung abgestimmt sind. Viele Pflanzenkomponenten, die wir Menschen als Drogen, Heilmittel oder Gewürze verwenden, entstanden als Teil der pflanzlichen Immunsysteme, weil sie antimikrobiell oder insektizid wirken. Angegriffene Teile einer Pflanze warnen andere Bereiche mit Hormonen, flüchtigen Verbindungen oder sogar elektrischen Signalen. Sobald die Signale in diesen Bereichen ankommen, wird die Produktion von Abwehrstoffen angekurbelt. Einige Arten wie die Tomate alarmieren mit diesem Frühwarnsystem auch benachbarte Pflanzen. Manche Pflanzen können sogar Verbündete anlocken, die es dann ihrerseits mit den Möchtegern-Angreifern aufnehmen. Von Raupen befallene Baumwollpflanzen setzen einen speziellen Cocktail aus zehn bis zwölf Chemikalien frei. Diese Mischung lockt Schlupfwespen an, die ihre Eier in den Raupen ablegen. Pflanzen können einem Angriff zwar nicht entfliehen oder Fressfeinde mit Zähnen und Klauen abwehren --, doch ihre stabile Rüstung, ein reicher Vorrat an chemischen Waffen, Nachbarschaftswache und artübergreifende Verbündete können Fressfeinden das Leben ziemlich schwer machen.