Im letzten Kurs meines Aufbaustudiengangs
erstellten wir ein Video für eine
Online-Kampagne über Menschenhandel.
Mein Dozent sagte damals:
"Mit diesem Projekt werdet ihr
nicht die Welt verändern,
aber ihr gebt ein Löffelchen Zucker
in ein salziges Meer, um es zu versüßen."
Ihr denkt wahrscheinlich, Frieden beginnt
mit Präsidenten, Premierministern,
Regierungschefs bestimmter Länder,
gemeinsamem Händeschütteln
oder den Vereinten Nationen,
stark engagierten NGO-Mitarbeitern
in den Entwicklungsländern
für die Ärmsten der Armen.
Vor meinem Aufbaustudium
dachte ich genauso.
Aber heute erzähle ich euch davon,
dass Frieden bei uns selbst beginnt.
Ich ging nach Südkorea, um Feldforschung
über das Thema "Trostfrauen" zu betrieben.
"Trostfrauen" ist ein Euphemismus,
der während des Zweiten Weltkrieges
von der japanischen
Reichsarmee geprägt wurde.
Das waren Frauen, die von
der Armee zwangsprostituiert wurden,
und die Mehrheit von ihnen
stammte aus Südkorea.
Aber es gibt auch Überlebende aus China,
Taiwan, Indonesien
und von den Philippinen.
Als ich meinen Freunden
und meiner Familie in Japan erzählte,
dass ich das Thema "Trostfrauen"
untersuchen würde,
sagten sie: "Du bekommst es mit
einem sehr schwierigen Thema zu tun."
Ich fragte meine Mutter,
warum und sie sagte:
"Ich weiß, dass die japanische Armee
damals etwas Schreckliches getan hat,
aber über diesen beschämenden
Teil der Geschichte
wollen wir nicht mehr sprechen."
Viele von euch haben
wahrscheinlich letztes Jahr gehört,
dass die japanische
und südkoreanische Regierung
sich über das Thema
"Trostfrauen" geeinigt haben.
Die Einigung der japanischen
Regierung besagt,
sie bezahlt 1 Mrd. Yen an eine Stiftung,
die die südkoreanische Regierung
gründen will, um den älteren,
ehemaligen Trostfrauen
Gesundheitsdienste und
weitere Dienste anzubieten.
Zudem bat die japanische Regierung
um die Entfernung der Statue
vor der japanischen Botschaft,
die den Trostfrauen Tribut zollt.
Die Einigung wurde auch erreicht,
damit sich zukünftige Generationen
nicht mehr entschuldigen müssen.
Ich glaube hingegen,
dass die Statue nicht entfernt,
das Thema "Trostfrauen" weiter diskutiert
und an zukünftige Generationen
weitergegeben werden sollte,
damit sich die Geschichte
nicht wiederholt.
Sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt
ist nicht nur Teil der Vergangenheit,
sie ist auch in der modernen Welt
noch sehr verbreitet.
Frauen leiden unverhältnismäßig viel,
denn Gewalt ist oft geschlechtsbezogen,
zum Beispiel bei Vergewaltigungen
und häuslicher Gewalt.
Der Weltgesundheitsorganisation zufolge
erfährt jede dritte Frau weltweit
körperlichen oder sexuellen
Missbrauch in ihrem Leben.
Hier in Südkorea nimmt
die Anzahl sexueller Übergriffe zu.
Ein Experte sagt, es sei
nur die Spitze des Eisbergs,
da viele Frauen nicht darüber reden,
weil sie Angst haben, noch einmal
missbraucht zu werden.
In Japan haben wir eine ähnliche Lage.
Viele Missbrauchsopfer
möchten nicht darüber reden,
weil sie sich schämen
oder verletzt fühlen.
Männer orientierte, patriarchische
Gesellschaften machen es schwer,
über die Erfahrung von
sexuellen Übergriffen zu sprechen.
Denn als Missbrauchsopfer wird man
in unserer Gesellschaft stigmatisiert.
Ich bewundere die koreanischen
Frauen sehr, die sich getraut haben,
über ihre schmerzlichen Erfahrungen
als Trostfrauen zu erzählen.
Wir können uns nur
vorstellen, wie schwer es ist,
in der Öffentlichkeit darüber zu reden,
von japanischen Soldaten
immer wieder vergewaltigt
und im Krankheitsfall
nie umsorgt worden zu sein.
Viele Frauen wurden am Ende des Krieges
fallen gelassen und getötet.
Die überlebenden Trostfrauen
kämpfen immer noch für ihre Rechte
und die Wiederherstellung ihrer Würde.
Einige Überlebende nehmen
an einer wöchentlichen Demonstration
vor der japanischen Botschaft teil,
damit die japanische Regierung
die rechtliche Verantwortung
für den Fall übernimmt.
Als letzte Aufgabe meines Kurses
wollten wir ein Video für
eine Online-Kampagne erstellen,
das eine große Wirkung
bei den Zuschauern erzielt.
Mit meinen Kommilitoninnen
Arunima, Caroline und Rebekka
wollte ich auf Kinderhandel
aufmerksam machen.
Das war unser Beitrag
zur Versüßung des salzigen Meeres.
(Video)
(Piept)
(Knistert)
(Kratzt)
[Der internationalen
Arbeitsorganisation zufolge
werden schätzungsweise
17,2 Mio. Kinder weltwelt
zur häuslichen Sklaverei gezwungen.]
[Diese Kinder sind
teilweise erst 5 Jahre alt.]
[Es geschieht auf der ganzen Welt.]
[Ihr könnt Teil der Lösung sein!]
Die häusliche Versklavung von Kindern
ist eine Form von moderner Sklaverei.
Mit Millionen Kindern auf der ganzen Welt
wird Sklavenhandel betrieben,
mit dem falschen Versprechen einer
Ausbildung und eines besseren Lebens.
Viele dieser Kinder arbeiten
bis zu 18 Stunden pro Tag.
Und oft werden sie nicht bezahlt.
Die Welt wird diesen ausgebeuteten
Kindern den Rücken zukehren,
wenn nicht jemand den Mut aufbringt,
diese Vorgehensweise
und ihre Moral zu hinterfragen.
Selbst Veränderungen in Kultur und
Gesetzen zum Stopp des Kinderhandels
werden wahrscheinlich langsam kommen.
Nehmen wir etwa die Trostfrauen.
Viele von ihnen waren erst 12 Jahre alt,
als sie zur Prostitution gezwungen wurden.
Sie waren nicht in der Lage,
über ihre Erfahrungen
in der stark patriarchischen
Gesellschaft zu sprechen.
Aber mit der Demokratisierung
Südkoreas und der Frauenbewegung
sprachen sie zum ersten Mal
in den 1990er Jahren öffentlich darüber.
So wurde die Tür zum
Tabuthema "Trostfrauen" geöffnet
und von da an in Südkorea, Japan
und auf der ganzen Welt
darüber diskutiert.
Ich begann aus Neugier
an dem Thema zu arbeiten.
Ich hatte einige Fragen:
Warum kämpfen ältere Frauen immer noch
für ihre Rechte und die
Wiederherstellung ihrer Würde?
Wie und warum beteiligten sich die USA
am Erreichen dieser Einigung?
Wer beherrscht wirklich die Welt?
Ich hoffe auch, ein Löffelchen Zucker
in dieses salzige Meer zu geben.
Ich suche nach einer angemessenen Lösung,
das Leben von Frauen zu würdigen,
nicht nur das von
überlebenden älteren Frauen,
sondern auch das von vielen jungen Frauen,
die fallen gelassen und ermordet wurden,
auf dem Schlachtfeld
in einem fremden Land.
So können wir, glaube ich,
besser mit dem Thema "Sexuelle
und geschlechtsbezogene Gewalt" umgehen,
die in unseren Ländern vorherrscht.
Werden wir also neugierig auf
die Ausbeutung in der heutigen Welt.
Hinterfragen wir, warum die Welt
heute so ist, wie sie ist.
Warum sind manche Länder
reich und mächtig und andere nicht?
Warum werden bestimmte
Völker diskriminiert?
Warum machen bestimmte Leute
bestimmte Jobs in eurer Gemeinde?
Warum gibt es keine Frauen
in Sitzungssälen?
Warum werden Kinder
in der Schule gehänselt?
Reicht Menschen die Hand,
die eure Hilfe brauchen.
Eure Hilfe kann so klein
wie ein Löffelchen Zucker sein.
Aber wenn viele dies tun,
können wir die Welt verändern.
Ihr seht also, dass Frieden
im Grunde bei euch selbst beginnt.
Herzlichen Dank.
(Applaus)